Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch] 168 Wenn Hunger und Durst sich heirathen, gehen die Kinder betteln. - Schlechta, 9. 169 Wer ohne Hunger essen soll, dem schmeckt die Speise selten wohl. 170 Wer ohne Hunger kaut, dem schmeckt Braten wie Bohnenkraut. 171 Wo Hunger ist, da sticht auch eine zweizinkige Gabel. 172 Wo hunger regiert, die stärcke man verliert. - Gruter, III, 116; Lehmann, II, 884, 325; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408. 173 Wo man mit dem Hunger zu Feld muss ligen, kan man mit dem Feind nicht kriegen. - Gruter, III, 117; Lehmann, II, 884, 330; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408. "Köndt doch der Hörnin Seyfried auff einmal nicht zween bestehn, viel weniger ich den Mars vnd Hunger." (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.) 174 Zum hunger dient auch wol ein Leberwurst, ein gut Mass Wein aber lescht den durst. - Gruter, III, 119; Lehmann, II, 905, 16. *175 An'n Hanger hoan ei schon, dass ih'n or'ntli siech vor meiner. (Steiermark.) Personification eines heftigen Hungers. *176 Da steht der Hunger Schildwacht und der Schmacht präsentirt das Gewehr. (Westf.) Zur Bezeichung grosser Armuth. *177 Das ist ein Hunger, welcher einen Panzer (Harnisch) bricht. - Burckhardt, 284. Von unmässiger Begierde oder Habsucht. Frz.: A bon goaut et faim, n'y a mauvais bain. (Körte, 3066.) It.: L'asino che ha fame, mangia d'ogni strame. (Gaal, 935.) Lat.: Fames meliaea. (Erasm., 720; Philippi, I, 164.) - Saguntina fames. *178 Dat is nig för den Hunger edder Döst. - Dähnert, 200a. Um zu sagen: Das sind nicht eigentliche Nahrungsmittel, sondern Leckerbissen. *179 Den Hunger mit Wind stillen. Sich oder andere mit Idealen füttern. *180 Der Hunger (jüdisch: Roow) esst'n uf. - Tendlau, 208. *181 Der Hunger ist ihr Küchenmeister. Holl.: Zij hebben den honger gebakken en den dorst gebrouwen. (Harrebomee, I, 324.) *182 Der Hunger siehet (guckt, scheint) jhm zu den Augen (Fenster) herauss. - Herberger, I, 270; Eiselein, 335; Körte, 3051a; Braun, I, 1568. Holl.: De honger ziet hem ten oogen uit. (Harrebomee, I, 323.) *183 Der Hunger sihet ihm aus den Augen. - Pauli, Postilla, 36b. *184 Der Hunger treibt jn aus dem bett. - Eyering, I, 125. *185 Der Hunger treibt's nei. (Oberlausitz.) *186 Der kann vor Hunger nicht sacht (langsam) gehen. (Ostpreuss.) - Frischbier, 221. *187 Du musst auf den Hunger essen, der noch kommt. (Meiningen.) Zu einem Besuch, der zu geniessen ablehnt, weil er keinen Hunger habe. *188 Er darf nie Hunger leiden, er muss nur oft sehr lange aufs Essen warten. *189 Er hat Hunger für zehn. Die Russen sagen: Er hat Hunger für zehn Schwangere. (Altmann VI, 513.) *190 Er hat Hunger wie ein Offizier und Tractament wie ein Gemeiner. (Ostpreuss.) - Frischbier2, 1762. *191 Er hat Hunger wie ein Staar. (Nürtingen.) *192 Er hat Hunger wie ein Wolf (Wehrwolf). *193 Er hat Hunger wie eine Kirchenmaus. (Rottenburg.) *194 Er kan sich des hungers kaum erweren. - Agricola I, 705; Tappius, 236b; Schottel, 1140a. Holl.: Hij kan zich tegen den honger naauw verweren. (Harrebomee, I, 323.) Lat.: Ad incitas redactus. (Tappius, 336a.) *195 Er kann vor Hunger nicht aus den Augen heraussehen. [Spaltenumbruch] *196 Er kann vor Hunger nicht kacken. (Rottenburg.) *197 Er muss Hunger leiden, dass die Schwarte kracht. (Meiningen.) *198 Er schreit Hunger und sitzt am vollen Tisch. Frz.: Crier famine sur un tos de ble. (Lendroy, 148.) *199 Hei heat Hunger äs en Wulw. (Büren.) "Der Wolf ist gar ein begierig reissend Thier, das lange hungern kann, aber darnach frissts desto sehrer." (Coler, 583.) Holl.: Hij heeft een' honger als een paard. (Harrebomee, I, 323.) Lat.: Saguntina famos. (Seybold, 536.) *200 Honger hebben, as en Kerkenmaus. (Meurs.) - Firmenich, I, 462, 128. *201 Hunger und Durst hei e-n-angere (einander) g'hürothet. (Solothurn.) - Schild, 86, 320. *202 Hunger und Durst heirathen einander. Als der in dürftigen Umständen lebende Dacier sich mit Fräulein Lefevre verheirathete, bemerkte der Herzog von Orleans: "Nun vermählt sich der Hunger mit dem Durst." (Einfälle, 105.) Die Basken: Wenn beide Eheleute ohne Mittel sind, machen sie die Hochzeit der Arbeit oder der Noth. (Reinsberg I, 115.) Frz.: C'est la faim qui epouse la soif. (Lendroy, 695.) Holl.: Het is de honger, die met den dorst trouwt. (Harrebomee, I, 323.) Poln.: Zzenil sie biedak z bieda. (Lompa, 27.) *203 Hunger und Kummer leiden. - Mathesy, 13b; Chemnitius, II, 363; Sabbathsteuffel im Theatrum Diabolorum, 485a. "Der Winter schleicht aber daher, mir wil lauffen ein spulen leer, dass ich muss leiden hungr vnd Kummer." (H. Sachs, Fastnachtspiel, III, CCCLI, 1.) *204 Sich selber vor Hunger fressen. - Körte, 3054a. Hungerburg. * Er ist aus Hungerburg und Nirgendheim. Ohne Brot und ohne Heimat. In der satirischen und lachlustigen Zeit des Mittelalters, wo sich Narrenvereine bildeten, hatten, vor Ausbruch der Bauernkriege, die Bewohner des Amts Schorndorf einen (Narren-)Staat gegründet, der sich den Armen Konrad (Keinrath) nannte und in welchen man sich hauptsächlich von den Gütern unterhielt, die man in Hungerburg und Nirgendheim besass. Hungerfeld. * Im Hungerfelde wohnen. - Körte, 3054b. Lat.: Famis campus. (Erasm., 720.) Hungergriebe. * Hungergrebn schmelfen. (Oberharz.) Grieben = die von ausgebratenem Fett bleibenden Rückstände. Hungerland. * Ins Hungerland ziehen. (S. Hungertuch 2.) - Herberger, I, 2, 305. Hungerleiden. 1 Bei denen ist Hungerleiden Broatis (Gebratenes). (Alpheim bei Riedlingen.) 2 Bei denen ist Hungerleiden Trumpf. (Alpheim bei Riedlingen.) 3 Hungerleiden ist ein gewisses Einkommen. - Körte, 3060; Simrock, 5092; Braun, I, 1571. Sprache des Geizes. *4 Hungerleiden wie einer, der den Bäcker zum Feinde hat. Hungerleider. Willst du einen Hungerleider, so behalte ihn, sagte der Bettler, und er gab seinem Weibe das Kind, dem er den Arm brechen wollte. Wo das Betteln eine förmliche gesellschaftliche Einrichtung ist, gibt es Bettlerfamilien, die auch ihre gesunden Kinder zu ihrem Stande erziehen und sie, um ihr Los zu sichern, absichtlich zum Krüppel machen. Ein solcher Bettler in Basel brach dem ersten Kinde, das ihm sein Weib gebar, den Fuss; dem zweiten wollte er den Arm brechen, wogegen aber seine Frau Einspruch erhob. Er gab ihr darauf das Kind mit den obigen Worten. Hungermücke. * Es sind Hungermücken. Wie man im gemeinen Leben die Schmarotzer nennt. Die Redensart kommt wahrscheinlich aus dem Lateinischen, denn bei den Römern hiessen Gäste, die sich ungebeten einfanden, Muscae (Mücken). Hungern. 1 Der hungert, findet den Doctorhut. - Sailer, 197. 2 Hungern und essen sehen, ist zum Vergehen. "Denn", sagt L. Börne (Gesammelte Schriften, X), "durch die Augen wird kein Hunger gestillt; gemalte Früchte haben noch keinen satt gemacht."
[Spaltenumbruch] 168 Wenn Hunger und Durst sich heirathen, gehen die Kinder betteln. – Schlechta, 9. 169 Wer ohne Hunger essen soll, dem schmeckt die Speise selten wohl. 170 Wer ohne Hunger kaut, dem schmeckt Braten wie Bohnenkraut. 171 Wo Hunger ist, da sticht auch eine zweizinkige Gabel. 172 Wo hunger regiert, die stärcke man verliert. – Gruter, III, 116; Lehmann, II, 884, 325; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408. 173 Wo man mit dem Hunger zu Feld muss ligen, kan man mit dem Feind nicht kriegen. – Gruter, III, 117; Lehmann, II, 884, 330; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408. „Köndt doch der Hörnin Seyfried auff einmal nicht zween bestehn, viel weniger ich den Mars vnd Hunger.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.) 174 Zum hunger dient auch wol ein Leberwurst, ein gut Mass Wein aber lescht den durst. – Gruter, III, 119; Lehmann, II, 905, 16. *175 An'n Hanger hoan î schon, dass ih'n or'ntli siech vor meiner. (Steiermark.) 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168 Wenn Hunger und Durst sich heirathen, gehen die Kinder betteln. – Schlechta, 9.
169 Wer ohne Hunger essen soll, dem schmeckt die Speise selten wohl.
170 Wer ohne Hunger kaut, dem schmeckt Braten wie Bohnenkraut.
171 Wo Hunger ist, da sticht auch eine zweizinkige Gabel.
172 Wo hunger regiert, die stärcke man verliert. – Gruter, III, 116; Lehmann, II, 884, 325; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.
173 Wo man mit dem Hunger zu Feld muss ligen, kan man mit dem Feind nicht kriegen. – Gruter, III, 117; Lehmann, II, 884, 330; Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.
„Köndt doch der Hörnin Seyfried auff einmal nicht zween bestehn, viel weniger ich den Mars vnd Hunger.“ (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 408.)
174 Zum hunger dient auch wol ein Leberwurst, ein gut Mass Wein aber lescht den durst. – Gruter, III, 119; Lehmann, II, 905, 16.
*175 An'n Hanger hoan î schon, dass ih'n or'ntli siech vor meiner. (Steiermark.)
Personification eines heftigen Hungers.
*176 Da steht der Hunger Schildwacht und der Schmacht präsentirt das Gewehr. (Westf.)
Zur Bezeichung grosser Armuth.
*177 Das ist ein Hunger, welcher einen Panzer (Harnisch) bricht. – Burckhardt, 284.
Von unmässiger Begierde oder Habsucht.
Frz.: A bon goût et faim, n'y a mauvais bain. (Körte, 3066.)
It.: L'asino che ha fame, mangia d'ogni strame. (Gaal, 935.)
Lat.: Fames meliaea. (Erasm., 720; Philippi, I, 164.) – Saguntina fames.
*178 Dat is nig för den Hunger edder Döst. – Dähnert, 200a.
Um zu sagen: Das sind nicht eigentliche Nahrungsmittel, sondern Leckerbissen.
*179 Den Hunger mit Wind stillen.
Sich oder andere mit Idealen füttern.
*180 Der Hunger (jüdisch: Roow) esst'n uf. – Tendlau, 208.
*181 Der Hunger ist ihr Küchenmeister.
Holl.: Zij hebben den honger gebakken en den dorst gebrouwen. (Harrebomée, I, 324.)
*182 Der Hunger siehet (guckt, scheint) jhm zu den Augen (Fenster) herauss. – Herberger, I, 270; Eiselein, 335; Körte, 3051a; Braun, I, 1568.
Holl.: De honger ziet hem ten oogen uit. (Harrebomée, I, 323.)
*183 Der Hunger sihet ihm aus den Augen. – Pauli, Postilla, 36b.
*184 Der Hunger treibt jn aus dem bett. – Eyering, I, 125.
*185 Der Hunger treibt's nei. (Oberlausitz.)
*186 Der kann vor Hunger nicht sacht (langsam) gehen. (Ostpreuss.) – Frischbier, 221.
*187 Du musst auf den Hunger essen, der noch kommt. (Meiningen.)
Zu einem Besuch, der zu geniessen ablehnt, weil er keinen Hunger habe.
*188 Er darf nie Hunger leiden, er muss nur oft sehr lange aufs Essen warten.
*189 Er hat Hunger für zehn.
Die Russen sagen: Er hat Hunger für zehn Schwangere. (Altmann VI, 513.)
*190 Er hat Hunger wie ein Offizier und Tractament wie ein Gemeiner. (Ostpreuss.) – Frischbier2, 1762.
*191 Er hat Hunger wie ein Staar. (Nürtingen.)
*192 Er hat Hunger wie ein Wolf (Wehrwolf).
*193 Er hat Hunger wie eine Kirchenmaus. (Rottenburg.)
*194 Er kan sich des hungers kaum erweren. – Agricola I, 705; Tappius, 236b; Schottel, 1140a.
Holl.: Hij kan zich tegen den honger naauw verweren. (Harrebomée, I, 323.)
Lat.: Ad incitas redactus. (Tappius, 336a.)
*195 Er kann vor Hunger nicht aus den Augen heraussehen.
*196 Er kann vor Hunger nicht kacken. (Rottenburg.)
*197 Er muss Hunger leiden, dass die Schwarte kracht. (Meiningen.)
*198 Er schreit Hunger und sitzt am vollen Tisch.
Frz.: Crier famine sur un tos de blé. (Lendroy, 148.)
*199 Hei heat Hunger äs en Wulw. (Büren.)
„Der Wolf ist gar ein begierig reissend Thier, das lange hungern kann, aber darnach frissts desto sehrer.“ (Coler, 583.)
Holl.: Hij heeft een' honger als een paard. (Harrebomée, I, 323.)
Lat.: Saguntina famos. (Seybold, 536.)
*200 Honger hebben, as en Kerkenmûs. (Meurs.) – Firmenich, I, 462, 128.
*201 Hunger und Durst hei e-n-angere (einander) g'hürothet. (Solothurn.) – Schild, 86, 320.
*202 Hunger und Durst heirathen einander.
Als der in dürftigen Umständen lebende Dacier sich mit Fräulein Lefevre verheirathete, bemerkte der Herzog von Orleans: „Nun vermählt sich der Hunger mit dem Durst.“ (Einfälle, 105.) Die Basken: Wenn beide Eheleute ohne Mittel sind, machen sie die Hochzeit der Arbeit oder der Noth. (Reinsberg I, 115.)
Frz.: C'est la faim qui épouse la soif. (Lendroy, 695.)
Holl.: Het is de honger, die met den dorst trouwt. (Harrebomée, I, 323.)
Poln.: Žženił się biedak z biedą. (Lompa, 27.)
*203 Hunger und Kummer leiden. – Mathesy, 13b; Chemnitius, II, 363; Sabbathsteuffel im Theatrum Diabolorum, 485a.
„Der Winter schleicht aber daher, mir wil lauffen ein spulen leer, dass ich muss leiden hungr vnd Kummer.“ (H. Sachs, Fastnachtspiel, III, CCCLI, 1.)
*204 Sich selber vor Hunger fressen. – Körte, 3054a.
Hungerburg.
* Er ist aus Hungerburg und Nirgendheim.
Ohne Brot und ohne Heimat. In der satirischen und lachlustigen Zeit des Mittelalters, wo sich Narrenvereine bildeten, hatten, vor Ausbruch der Bauernkriege, die Bewohner des Amts Schorndorf einen (Narren-)Staat gegründet, der sich den Armen Konrad (Keinrath) nannte und in welchen man sich hauptsächlich von den Gütern unterhielt, die man in Hungerburg und Nirgendheim besass.
Hungerfeld.
* Im Hungerfelde wohnen. – Körte, 3054b.
Lat.: Famis campus. (Erasm., 720.)
Hungergriebe.
* Hungergrebn schmelfen. (Oberharz.)
Grieben = die von ausgebratenem Fett bleibenden Rückstände.
Hungerland.
* Ins Hungerland ziehen. (S. Hungertuch 2.) – Herberger, I, 2, 305.
Hungerleiden.
1 Bei denen ist Hungerleiden Broatis (Gebratenes). (Alpheim bei Riedlingen.)
2 Bei denen ist Hungerleiden Trumpf. (Alpheim bei Riedlingen.)
3 Hungerleiden ist ein gewisses Einkommen. – Körte, 3060; Simrock, 5092; Braun, I, 1571.
Sprache des Geizes.
*4 Hungerleiden wie einer, der den Bäcker zum Feinde hat.
Hungerleider.
Willst du einen Hungerleider, so behalte ihn, sagte der Bettler, und er gab seinem Weibe das Kind, dem er den Arm brechen wollte.
Wo das Betteln eine förmliche gesellschaftliche Einrichtung ist, gibt es Bettlerfamilien, die auch ihre gesunden Kinder zu ihrem Stande erziehen und sie, um ihr Los zu sichern, absichtlich zum Krüppel machen. Ein solcher Bettler in Basel brach dem ersten Kinde, das ihm sein Weib gebar, den Fuss; dem zweiten wollte er den Arm brechen, wogegen aber seine Frau Einspruch erhob. Er gab ihr darauf das Kind mit den obigen Worten.
Hungermücke.
* Es sind Hungermücken.
Wie man im gemeinen Leben die Schmarotzer nennt. Die Redensart kommt wahrscheinlich aus dem Lateinischen, denn bei den Römern hiessen Gäste, die sich ungebeten einfanden, Muscae (Mücken).
Hungern.
1 Der hungert, findet den Doctorhut. – Sailer, 197.
2 Hungern und essen sehen, ist zum Vergehen.
„Denn“, sagt L. Börne (Gesammelte Schriften, X), „durch die Augen wird kein Hunger gestillt; gemalte Früchte haben noch keinen satt gemacht.“
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