Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 2. Leipzig, 1870.[Spaltenumbruch] 135 Was wir heute haben gethan, das wolle vns Gott vergeben; morgen wollen wir wieder heben an, gont vns Gott das leben. - Petri, III, 12. 136 Wat hüte nich is, kann morgen wären. - Shambach, II, 425; Danneil, 243. Was heute nicht ist, kann morgen werden. Der folgende Tag kann bringen, woran wir den vorhergehenden nicht gedacht haben. 137 Wer heute hat getrunken, der will morgen saufen. 138 Wer heute mit rudert, soll morgen mit fahren. - Simrock, 4728; Braun, I, 1362. 139 Wer heute was spart, wird morgen was haben. Holl.: Die heden wat spaart, heeft morgen wat. (Harrebomee, I, 292.) 140 Wer sich heut' nicht bessert, wird morgen ärger. - Braun, I, 206. 141 Zwischen heut' und morgen liegt eine lange Frist; man muss drob schnell besorgen, wenn man munter ist. Holl.: Tusschen heden en morgen kan nog veel gebeuren. (Harrebomee, I, 293.) 142 Heute geht's nicht. - Eiselein, 308. Lat.: Hodie nihil succedit. (Eiselein, 308.) *143 Heute will ich ihn nicht um seine Tochter bitten. *144 Oeck si nich von hiede, ok nich von gistern. - Frischbier2, 1608. *145 Von hiede op morge. - Frischbier2, 1609. Was sehr vorübergehend ist. *146 Wei sünd uk nich van hüt un gistern. (Pommern.) Heuwagen. 1 Geit de Heuwage in'n Drecke, sau geit de Arnewagen kecke. - Schambach, II, 634. Geht der Heuwagen im Dreck, so geht der Erntewagen keck, d. h. er rollt auf trockenem und festem Boden leicht dahin. 2 Wenn de Heuwagen geit kecke, sau geit de Arnewagen ni'n Drecke. - Schambach, II, 634. Ist zur Zeit der Heuernte das Wetter trocken und schön, so ist es zur Zeit der Roggenernte regnicht, und umgekehrt. *3 Einen ganzen Heuwagen voll. (Nürtingen.) Um grossen Vorrath von etwas auszudrücken. Hevelke. * Herr Hevelke, nu gohne se mött emm. (Königsberg.) - Frsichbier, 220; Frischbier2, 1157. Zwar schon oben unter "Gehen" 94 aufgeführt. Da aber später noch eine ergänzende Erklärung eingegangen, so folgt sie hier. Die Neuen Preussischen Provinzialblätter (1846, I, 150) enthalten über dies echt königsberger Sprichwort Folgendes: "Hevelke" hiess ein königsberger Kaufmann, der etwa noch vor 70 Jahren hier lebte. Wenn die Speicharbeiter abends in sein Comptoir traten, um ihr Tagelohn in Empfang zu nehmen, meldeten sie sich gewöhnlich mit den Worten: "Herr Hevelke, nu gohne wi", d. h. nun machen wir Feierabend. Diese Redensart hatte sich der Papagei des Dienstherrn, der in demselben Locale seinen Platz hatte, abgelernt, und als eines Tages die Katze eindrang, den armen Vogel erpackte und mit ihm die Treppe herunterstürzte, nahm er alle seine Sprachkenntnisse zusammen und schrie aus Leibeskräften: "Herr Hevelke, nu gohne wi." Diese letzten Worte des Todescandidaten sind seitdem in Königsberg sprichwörtlich geworden, um zu sagen: "Nun ist es aus mit ihm (mir)." Da man aber nicht gern sein eigenes Ende beredet, sagt man fast immer: "Herr Hevelke, nu gohne se mött emm." Heven. Wenn de Heven fallt, so ligg wi der all unner. (S. Himmel.) - Schütze, II, 133. Hevenwunder. * Een grot Hevenwunder1 derut maken. - Richey, 94. 1) Wunder am Himmel. - Etwas herausstreichen, übertreiben. Hewlin. Fünffzehn Hewlin gehen auff einen Bissen. - Herberger, II, 7. Hexe. 1 Den Hexen hilft das Leugnen nicht, man erkennt sie am Gewicht. Im Jahre 1729 wurden nach den Berichten Kaysslers (Forts. Neuester Reisen) zu Segedin in Ungarn der Stadtrichter mit seiner Frau und 34 Personen lebendig verbrannt. Der Stadtrichter war mit seiner Corpulenz auf eine Wage gelegt und für zu leicht erklärt worden. [Spaltenumbruch] Man sagte, er habe kaum 7 Loth gewogen. So beklagenswerth diese Verirrung des menschlichen Verstandes igt, so hat doch ein Gelehrter, Ad. Scribon (in seiner Epist. de purgalione Saganarum super aquam frigidam projectarum), als unzweifelhaft bewiesen, dass Hexen und Hexenmeister von leichterm Gewichte seien, weil der Teufel als Geist seine Bundesfreunde auch geistig, d. i. leicht mache. (Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Leipzig 1827, S. 1518.) 2 Eine gescheite Hexe kann auch ohne Besenstiel tanzen. 3 Es ist keine Hexe so alt, sie sieht nach dem Besen in der Walpurgisnacht. Dän.: Aldrig er saa gammel en kierling, at kommer der ild paa hende, hun springer jo. (Prov. dan., 340.) 4 Es sind nicht überall Hexen, wo eine Ofengabel liegt. Ofengabel, Besenstiel, Spinnrocken oder auch ein schwarzer Bock, worauf sie sich setzen, dienen den Hexen, wenn sie in der Walpurgisnacht durch den Schornstein hoch durch die Lüfte sich auf den Blocksberg zur Conferenz begeben, wo der Teufel ihrer wartet und den Vorsitz führt. Nach dem Concert, wobei teuflische Thiere die Musik besorgen und die Hexen um ihr Oberhaupt tanzen, findet ein Festmahl statt, wobei Toaste ausgebracht und loyale Reden gehalten werden. Jede Hexe versichert dem Beelzebub ihre Treue. Um Schlag 12 geht alles auseinander in der Weise der Herfahrt. Zu München liess im Jahre 1770 der Licentiat Model eine Abhandlung drucken, worin er mit Ernst und Eifer zu behaupten sucht, dass man die Ausfahrt der Hexen glauben müsse, was auch für den, dessen Vernunft sich auch nur in Einem Falle dem Glauben unterworfen hat, nicht schwer ist. (Vgl. über Hexen und Hexenmeister Braun, Bibliothek des Frohsinns, Bd. 4, Hft. 2, Nr. 25 fg.) 5 Hexen haben allzeit Unheil im Sinn. Wie auch H. Heine in seinen Reisebildern (II, 24) behauptet. 6 Hexen weinen nicht. - Eisenhart, 606; Hertius, I, 113; Pistor., X, 48; Simrock, 4733. Gehört zu den physiognomischen Sprichwörtern, und ist eins von denen, welches in der Blütezeit der Hexenprocesse auf das richterliche Urtheil nicht ohne Einfluss war. 7 Ist die Hexe fertig, so sind auch die rothen Augen da. Die Russen: Von der, die als Hexe gilt, sagt jeder, sie haben rothe Augen. (Altmann VI, 482.) 8 Ist die Hexe verbrannt, wird Ruh' im Land. Weil sie angeblich Hagelwetter, Stürme, Ungeziefer u. s. w. (s. Hexe 9 und Hexen 2) hervorbrachten. In der Blütezeit der Hexenverfolgung war in England daher ein Preis von 20 Schilling auf das Auswittern einer "Verbündeten des Satans" gesetzt. Ein schottischer Denunciant, später wegen Meineides gehangen, bekannte selbst, dass er 220 Frauen auf solche Weise ums Leben gebracht habe. (Grenzboten, XV, 1, 161.) Man schätzt die Zahl der als Hexen und Zauberer hingerichteten Personen auf 91/2 Million. (Vgl. Pierer, Universal-Lexikon.) Der Bischof von Bamberg liess allein innerhalb fünf Jahren 600, der Bischof von Würzburg 900 Personen verbrennen. (Gesellschafter, Magdeburg 1784.) Doch blieben unsere Bischöfe immer noch in ihren Leistungen hinter den Wazaramos (ostafrikanischer Negerstamm) bedeutend zurück, welche nicht nur die Hexen, sondern auch deren Kinder verbrennen, um das ganze aufspriesende Geschlecht auszurotten. (Ausland, 1860, S. 724.) *9 Do es en Hex en de Kerk. (Meurs.) - Firmenich, I, 407, 422. Im Sauerlande: Do was 'ne Heckse in der Kerken. Um Ungehöriges zu bezeichnen. - Auch ausserhalb Deutschlands spielt die Hexe ihre Rolle. Die Bewohner der Ebene von Brescia fürchten die stria (Hexe) und vecia (Alte), denen sie alles Unkraut, jedes der Cultur unfähige Land, die Krankheiten der Pflanzen und Thiere, sowie die unauflösbaren Knoten in den Mähnen und Schwänzen der Pferde zuschreiben. In den ersten warmen Frühlingstagen sagt man: Auch die Hexe ist herausgekommen; und wenn bei grosser Trockenheit auf den Feldern Dünste aufsteigen und sich zitternd hin- und herbewegen, heisst es in der ganzen Lombardei: "Die Alte tanzt", weil man glaubt, sie drehe sich in der Erde um, wenn Kälte eintritt. Die schmuziggelben Kreideschichten, das Anzeichen ehemaliger Sümpfe, auf die man beim Graben häufig stösst, nennt man das "Bett" oder "Nest der Alten", und wenn die Baumstämme knistern oder "seufzen", so spricht man: "Die Hexe weint." In den Gebirgsdörfern hält man besonders hohe und alte Bäume für Tanzplätze der Hexen bei ihren nächtlichen Zusammenkünften. (Vgl. Reinsberg, Festgebräuche in Oberitalien in den Hausblättern, Stuttgart 1865, S. 305 fg.) *10 Es hat ihm eine Hexe aufs Pulver gepisst. - Eiselein, 516; Simrock, 8029. "Der Teufel kann nicht mehr losdrücken, seit ihm eine Klosterhexe aufs Pulver gepisst hat." (Fischart.)
[Spaltenumbruch] 135 Was wir heute haben gethan, das wolle vns Gott vergeben; morgen wollen wir wieder heben an, gont vns Gott das leben. – Petri, III, 12. 136 Wat hüte nich is, kann morgen wären. – Shambach, II, 425; Danneil, 243. Was heute nicht ist, kann morgen werden. Der folgende Tag kann bringen, woran wir den vorhergehenden nicht gedacht haben. 137 Wer heute hat getrunken, der will morgen saufen. 138 Wer heute mit rudert, soll morgen mit fahren. – Simrock, 4728; Braun, I, 1362. 139 Wer heute was spart, wird morgen was haben. Holl.: Die heden wat spaart, heeft morgen wat. (Harrebomée, I, 292.) 140 Wer sich heut' nicht bessert, wird morgen ärger. – Braun, I, 206. 141 Zwischen heut' und morgen liegt eine lange Frist; man muss drob schnell besorgen, wenn man munter ist. Holl.: Tusschen heden en morgen kan nog veel gebeuren. (Harrebomée, I, 293.) 142 Heute geht's nicht. – Eiselein, 308. Lat.: Hodie nihil succedit. (Eiselein, 308.) *143 Heute will ich ihn nicht um seine Tochter bitten. *144 Oeck si nich von hiede, ok nich von gistern. – Frischbier2, 1608. *145 Von hiede op morge. – Frischbier2, 1609. Was sehr vorübergehend ist. *146 Wî sünd uk nich van hüt un gistern. (Pommern.) Heuwagen. 1 Geit de Heuwâge in'n Drecke, sau geit de Arnewâgen kecke. – Schambach, II, 634. Geht der Heuwagen im Dreck, so geht der Erntewagen keck, d. h. er rollt auf trockenem und festem Boden leicht dahin. 2 Wenn de Heuwagen geit kecke, sau geit de Arnewagen ni'n Drecke. – Schambach, II, 634. Ist zur Zeit der Heuernte das Wetter trocken und schön, so ist es zur Zeit der Roggenernte regnicht, und umgekehrt. *3 Einen ganzen Heuwagen voll. (Nürtingen.) Um grossen Vorrath von etwas auszudrücken. Hevelke. * Herr Hevelke, nu gohne se mött emm. (Königsberg.) – Frsichbier, 220; Frischbier2, 1157. Zwar schon oben unter „Gehen“ 94 aufgeführt. Da aber später noch eine ergänzende Erklärung eingegangen, so folgt sie hier. Die Neuen Preussischen Provinzialblätter (1846, I, 150) enthalten über dies echt königsberger Sprichwort Folgendes: „Hevelke“ hiess ein königsberger Kaufmann, der etwa noch vor 70 Jahren hier lebte. Wenn die Speicharbeiter abends in sein Comptoir traten, um ihr Tagelohn in Empfang zu nehmen, meldeten sie sich gewöhnlich mit den Worten: „Herr Hevelke, nu gohne wi“, d. h. nun machen wir Feierabend. Diese Redensart hatte sich der Papagei des Dienstherrn, der in demselben Locale seinen Platz hatte, abgelernt, und als eines Tages die Katze eindrang, den armen Vogel erpackte und mit ihm die Treppe herunterstürzte, nahm er alle seine Sprachkenntnisse zusammen und schrie aus Leibeskräften: „Herr Hevelke, nu gohne wi.“ Diese letzten Worte des Todescandidaten sind seitdem in Königsberg sprichwörtlich geworden, um zu sagen: „Nun ist es aus mit ihm (mir).“ Da man aber nicht gern sein eigenes Ende beredet, sagt man fast immer: „Herr Hevelke, nu gohne se mött emm.“ Heven. 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Der Bischof von Bamberg liess allein innerhalb fünf Jahren 600, der Bischof von Würzburg 900 Personen verbrennen. (Gesellschafter, Magdeburg 1784.) Doch blieben unsere Bischöfe immer noch in ihren Leistungen hinter den Wazaramos (ostafrikanischer Negerstamm) bedeutend zurück, welche nicht nur die Hexen, sondern auch deren Kinder verbrennen, um das ganze aufspriesende Geschlecht auszurotten. (Ausland, 1860, S. 724.) *9 Do es en Hex en de Kerk. (Meurs.) – Firmenich, I, 407, 422. Im Sauerlande: Do was 'ne Heckse in der Kerken. Um Ungehöriges zu bezeichnen. – Auch ausserhalb Deutschlands spielt die Hexe ihre Rolle. Die Bewohner der Ebene von Brescia fürchten die stria (Hexe) und vecia (Alte), denen sie alles Unkraut, jedes der Cultur unfähige Land, die Krankheiten der Pflanzen und Thiere, sowie die unauflösbaren Knoten in den Mähnen und Schwänzen der Pferde zuschreiben. 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Die schmuziggelben Kreideschichten, das Anzeichen ehemaliger Sümpfe, auf die man beim Graben häufig stösst, nennt man das „Bett“ oder „Nest der Alten“, und wenn die Baumstämme knistern oder „seufzen“, so spricht man: „Die Hexe weint.“ In den Gebirgsdörfern hält man besonders hohe und alte Bäume für Tanzplätze der Hexen bei ihren nächtlichen Zusammenkünften. (Vgl. <hi rendition="#i">Reinsberg, Festgebräuche in Oberitalien in den Hausblättern, Stuttgart 1865, S. 305 fg.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*10 Es hat ihm eine Hexe aufs Pulver gepisst.</hi> – <hi rendition="#i">Eiselein, 516; Simrock, 8029.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">„Der Teufel kann nicht mehr losdrücken, seit ihm eine Klosterhexe aufs Pulver gepisst hat.“ (<hi rendition="#i">Fischart.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[320]/0326]
135 Was wir heute haben gethan, das wolle vns Gott vergeben; morgen wollen wir wieder heben an, gont vns Gott das leben. – Petri, III, 12.
136 Wat hüte nich is, kann morgen wären. – Shambach, II, 425; Danneil, 243.
Was heute nicht ist, kann morgen werden. Der folgende Tag kann bringen, woran wir den vorhergehenden nicht gedacht haben.
137 Wer heute hat getrunken, der will morgen saufen.
138 Wer heute mit rudert, soll morgen mit fahren. – Simrock, 4728; Braun, I, 1362.
139 Wer heute was spart, wird morgen was haben.
Holl.: Die heden wat spaart, heeft morgen wat. (Harrebomée, I, 292.)
140 Wer sich heut' nicht bessert, wird morgen ärger. – Braun, I, 206.
141 Zwischen heut' und morgen liegt eine lange Frist; man muss drob schnell besorgen, wenn man munter ist.
Holl.: Tusschen heden en morgen kan nog veel gebeuren. (Harrebomée, I, 293.)
142 Heute geht's nicht. – Eiselein, 308.
Lat.: Hodie nihil succedit. (Eiselein, 308.)
*143 Heute will ich ihn nicht um seine Tochter bitten.
*144 Oeck si nich von hiede, ok nich von gistern. – Frischbier2, 1608.
*145 Von hiede op morge. – Frischbier2, 1609.
Was sehr vorübergehend ist.
*146 Wî sünd uk nich van hüt un gistern. (Pommern.)
Heuwagen.
1 Geit de Heuwâge in'n Drecke, sau geit de Arnewâgen kecke. – Schambach, II, 634.
Geht der Heuwagen im Dreck, so geht der Erntewagen keck, d. h. er rollt auf trockenem und festem Boden leicht dahin.
2 Wenn de Heuwagen geit kecke, sau geit de Arnewagen ni'n Drecke. – Schambach, II, 634.
Ist zur Zeit der Heuernte das Wetter trocken und schön, so ist es zur Zeit der Roggenernte regnicht, und umgekehrt.
*3 Einen ganzen Heuwagen voll. (Nürtingen.)
Um grossen Vorrath von etwas auszudrücken.
Hevelke.
* Herr Hevelke, nu gohne se mött emm. (Königsberg.) – Frsichbier, 220; Frischbier2, 1157.
Zwar schon oben unter „Gehen“ 94 aufgeführt. Da aber später noch eine ergänzende Erklärung eingegangen, so folgt sie hier. Die Neuen Preussischen Provinzialblätter (1846, I, 150) enthalten über dies echt königsberger Sprichwort Folgendes: „Hevelke“ hiess ein königsberger Kaufmann, der etwa noch vor 70 Jahren hier lebte. Wenn die Speicharbeiter abends in sein Comptoir traten, um ihr Tagelohn in Empfang zu nehmen, meldeten sie sich gewöhnlich mit den Worten: „Herr Hevelke, nu gohne wi“, d. h. nun machen wir Feierabend. Diese Redensart hatte sich der Papagei des Dienstherrn, der in demselben Locale seinen Platz hatte, abgelernt, und als eines Tages die Katze eindrang, den armen Vogel erpackte und mit ihm die Treppe herunterstürzte, nahm er alle seine Sprachkenntnisse zusammen und schrie aus Leibeskräften: „Herr Hevelke, nu gohne wi.“ Diese letzten Worte des Todescandidaten sind seitdem in Königsberg sprichwörtlich geworden, um zu sagen: „Nun ist es aus mit ihm (mir).“ Da man aber nicht gern sein eigenes Ende beredet, sagt man fast immer: „Herr Hevelke, nu gohne se mött emm.“
Heven.
Wenn de Heven fallt, so ligg wi der all unner. (S. Himmel.) – Schütze, II, 133.
Hevenwunder.
* Een grôt Hevenwunder1 derut maken. – Richey, 94.
1) Wunder am Himmel. – Etwas herausstreichen, übertreiben.
Hewlin.
Fünffzehn Hewlin gehen auff einen Bissen. – Herberger, II, 7.
Hexe.
1 Den Hexen hilft das Leugnen nicht, man erkennt sie am Gewicht.
Im Jahre 1729 wurden nach den Berichten Kaysslers (Forts. Neuester Reisen) zu Segedin in Ungarn der Stadtrichter mit seiner Frau und 34 Personen lebendig verbrannt. Der Stadtrichter war mit seiner Corpulenz auf eine Wage gelegt und für zu leicht erklärt worden.
Man sagte, er habe kaum 7 Loth gewogen. So beklagenswerth diese Verirrung des menschlichen Verstandes igt, so hat doch ein Gelehrter, Ad. Scribon (in seiner Epist. de purgalione Saganarum super aquam frigidam projectarum), als unzweifelhaft bewiesen, dass Hexen und Hexenmeister von leichterm Gewichte seien, weil der Teufel als Geist seine Bundesfreunde auch geistig, d. i. leicht mache. (Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Leipzig 1827, S. 1518.)
2 Eine gescheite Hexe kann auch ohne Besenstiel tanzen.
3 Es ist keine Hexe so alt, sie sieht nach dem Besen in der Walpurgisnacht.
Dän.: Aldrig er saa gammel en kierling, at kommer der ild paa hende, hun springer jo. (Prov. dan., 340.)
4 Es sind nicht überall Hexen, wo eine Ofengabel liegt.
Ofengabel, Besenstiel, Spinnrocken oder auch ein schwarzer Bock, worauf sie sich setzen, dienen den Hexen, wenn sie in der Walpurgisnacht durch den Schornstein hoch durch die Lüfte sich auf den Blocksberg zur Conferenz begeben, wo der Teufel ihrer wartet und den Vorsitz führt. Nach dem Concert, wobei teuflische Thiere die Musik besorgen und die Hexen um ihr Oberhaupt tanzen, findet ein Festmahl statt, wobei Toaste ausgebracht und loyale Reden gehalten werden. Jede Hexe versichert dem Beelzebub ihre Treue. Um Schlag 12 geht alles auseinander in der Weise der Herfahrt. Zu München liess im Jahre 1770 der Licentiat Model eine Abhandlung drucken, worin er mit Ernst und Eifer zu behaupten sucht, dass man die Ausfahrt der Hexen glauben müsse, was auch für den, dessen Vernunft sich auch nur in Einem Falle dem Glauben unterworfen hat, nicht schwer ist. (Vgl. über Hexen und Hexenmeister Braun, Bibliothek des Frohsinns, Bd. 4, Hft. 2, Nr. 25 fg.)
5 Hexen haben allzeit Unheil im Sinn.
Wie auch H. Heine in seinen Reisebildern (II, 24) behauptet.
6 Hexen weinen nicht. – Eisenhart, 606; Hertius, I, 113; Pistor., X, 48; Simrock, 4733.
Gehört zu den physiognomischen Sprichwörtern, und ist eins von denen, welches in der Blütezeit der Hexenprocesse auf das richterliche Urtheil nicht ohne Einfluss war.
7 Ist die Hexe fertig, so sind auch die rothen Augen da.
Die Russen: Von der, die als Hexe gilt, sagt jeder, sie haben rothe Augen. (Altmann VI, 482.)
8 Ist die Hexe verbrannt, wird Ruh' im Land.
Weil sie angeblich Hagelwetter, Stürme, Ungeziefer u. s. w. (s. Hexe 9 und Hexen 2) hervorbrachten. In der Blütezeit der Hexenverfolgung war in England daher ein Preis von 20 Schilling auf das Auswittern einer „Verbündeten des Satans“ gesetzt. Ein schottischer Denunciant, später wegen Meineides gehangen, bekannte selbst, dass er 220 Frauen auf solche Weise ums Leben gebracht habe. (Grenzboten, XV, 1, 161.) Man schätzt die Zahl der als Hexen und Zauberer hingerichteten Personen auf 91/2 Million. (Vgl. Pierer, Universal-Lexikon.) Der Bischof von Bamberg liess allein innerhalb fünf Jahren 600, der Bischof von Würzburg 900 Personen verbrennen. (Gesellschafter, Magdeburg 1784.) Doch blieben unsere Bischöfe immer noch in ihren Leistungen hinter den Wazaramos (ostafrikanischer Negerstamm) bedeutend zurück, welche nicht nur die Hexen, sondern auch deren Kinder verbrennen, um das ganze aufspriesende Geschlecht auszurotten. (Ausland, 1860, S. 724.)
*9 Do es en Hex en de Kerk. (Meurs.) – Firmenich, I, 407, 422.
Im Sauerlande: Do was 'ne Heckse in der Kerken. Um Ungehöriges zu bezeichnen. – Auch ausserhalb Deutschlands spielt die Hexe ihre Rolle. Die Bewohner der Ebene von Brescia fürchten die stria (Hexe) und vecia (Alte), denen sie alles Unkraut, jedes der Cultur unfähige Land, die Krankheiten der Pflanzen und Thiere, sowie die unauflösbaren Knoten in den Mähnen und Schwänzen der Pferde zuschreiben. In den ersten warmen Frühlingstagen sagt man: Auch die Hexe ist herausgekommen; und wenn bei grosser Trockenheit auf den Feldern Dünste aufsteigen und sich zitternd hin- und herbewegen, heisst es in der ganzen Lombardei: „Die Alte tanzt“, weil man glaubt, sie drehe sich in der Erde um, wenn Kälte eintritt. Die schmuziggelben Kreideschichten, das Anzeichen ehemaliger Sümpfe, auf die man beim Graben häufig stösst, nennt man das „Bett“ oder „Nest der Alten“, und wenn die Baumstämme knistern oder „seufzen“, so spricht man: „Die Hexe weint.“ In den Gebirgsdörfern hält man besonders hohe und alte Bäume für Tanzplätze der Hexen bei ihren nächtlichen Zusammenkünften. (Vgl. Reinsberg, Festgebräuche in Oberitalien in den Hausblättern, Stuttgart 1865, S. 305 fg.)
*10 Es hat ihm eine Hexe aufs Pulver gepisst. – Eiselein, 516; Simrock, 8029.
„Der Teufel kann nicht mehr losdrücken, seit ihm eine Klosterhexe aufs Pulver gepisst hat.“ (Fischart.)
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