Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] muss die Person, dem das Thier künftig zur Pflege übergeben ist, diesem alsogleich, nachdem sie es übernommen hat, als Futter reichen. (Baumgarten.) Glückseiche. An der Glückseiche wächst die Hochmuthsflechte. Glückselig. 1 Der ist glückselig, der auf eines andern Unkosten klug wird. - Winckler, VI, 67. 2 Glückselig ist der Ackersmann, wenn ers nur recht erkennen kann. - Petri, II, 342. 3 Glückselig ist der Mann, der mit seinem Ochssen Ackern kan. - Henisch, 1657, 59; Petri, II, 342. 4 Glückselig ist, wer gut lebt und selig stirbt. Dän.: Lyksalighed bestaaer i et godt levnet og salig död. (Prov. dan., 404.) 5 Sie sind nicht alle glückselig, die mit dem Donat in die Seite geworffen sind. - Petri II, 523. 6 Wer glückselig ist, hat viel Freunde. - Henisch, 1657, 69. Glückselige. 1 Die Glückselige1 sind wie Gottes Säw, die er Mestet zum schlachten, die Frommen sindt die Magern, die gehören jhme zu als die nichts nutz. - Lehmann, 347, 79. 1) Hier die mit irdischen Glücksgütern Begünstigten. 2 Die Glückseligen sterben beyzeit. - Franck, I, 70b; Henisch, 1657, 58; Lehmann, II, 70, 30; Simrock, 3820. Glücksfall. Wo Glücksfall ist, da ist noch mehr Zufall. - Körte, 2284; Reinsberg II, 95. Glücksgaul. Wer auf dem Glücksgaul reitet, ist vorm Abwerfen nicht sicher. Die Letten sagen: Der Glücksgaul liebt das Ausschlagen. (Reinsberg, II, 101.) Glückshaar. Ein Glückshaar zieht mehr als hundert Pferde. Glückshafen. Der Glückshafen und das Glücksrad sind nicht an allen Orten. Glückshäublein. *1 Ein Glückshäublein mit auf die Welt bringen. - Kirchhofer, 156. *2 Ich hab' ein Glückshäublein mit auf die Welt gebracht, man hat's vor Dreck nicht gesehen. - Körte, 2252. So antworten die Schweizer scherzhaft, wenn man sie glücklich preist. Daher, weil man früher Kinder, die mit einem Häutchen um den Kopf, das man Glückshäublein nannte, geboren wurden, für Glückskinder hielt. Baumgarten (Programm, 5, 6) bemerkt: "In der Sage tragen die Geister Hüte. Fortunatus Wünschhütl ist aus dem Volksbuche bekannt. Wodan, der Gott des Wunsches, trägt einen breiten Hut. So haben die Glückskinder um ihr Haupt eine Haut oder Haube." (S. Helm.) Glückskarren. Die den Glückskarren ziehen, sind oft klüger als die, so drinsitzen. - Altmann VI, 499. Glückskind. 1 Das Glückskind hat immer guten Wind. Die Aegypter sagen von einem solchen Glückskinde: Wirf ihn in den Nil, er kommt wieder heraus und mit einem Fisch im Maul. (Körte, 2216; Reinsberg IV, 135.) Und die Jakuten: Wenn ein Glückskind auf ein Eichhorn zielt, so sieht es einen Bären fallen. Wir nennen einen, der mehr Glück hat, als er verdient, auch einen Glückspilz (s. d.), und solche, die planmässig auf die Gunst des Glücks speculiren, Glücksritter und Glücksjäger. 2 Das ist ein Glückskind. Was ist ein Glückskind? Er sitzt dem Glück im Schos und lebt wie Gott in Frankreich, sagen die Deutschen. Er lebt im Klee, wie die Engländer, oder wie das Schwein in der Eichelmast, wie die Sarden sagen. Er ist nach den Italiern in Jupiter's Schos geboren, hat den Wind, wie die Venetier wissen, mit sich, das Glück läuft ihm hinterdrein. Es regnet ihm in den Sack, der Zucker fällt ihm in den Kessel. Nach Ansicht der Spanier fällt ihm das Brot, nach der der Kroaten die Axt in Honig, oder wie die Perser meinen, in Butter; und wovon er nachts träumt, das hat er bei Tage, wie die Holländer versichern. (Reinsberg IV, 135-136.) Holl.: Het is een troetelkind van het geluk. (Harrebomee, I, 227.) [Spaltenumbruch] 3 Glückskinder haben ein gut Muttertheil. Dän.: Lykkens börn maae rose deres moder. (Prov. dan., 404.) *4 Er ist ein Glückskind. Frz.: C'est le fils de la poule blanche. ( Lendroy, 145.) Glückspilz. Es ist ein Glückspilz. "Er hat das Unglück, überall Glück zu haben, wo die grössten Männer der Welt Unglück hatten, und das macht ihn uns verhasst. Wir sehen in ihm nur den Sieg der Dummheit über das Genie." (Heine, Reisebilder, Hamburg, 1834, IV, 286.) Glücksrad. 1 Das Glücksrad geht vmb. - Franck, I, 80a; Henisch, 1657, 22; Petri, II, 62; Gruter, I, 11; Sailer, 211; Simrock, 3749. "Das glück ist ein freund der vnbleiblichen ding vnd kan nit still stehn, sonder das glücks rad fürt ein auff den andern ab." Frz.: La roue de la fortune n'est pas tousjours une. (Leroux, II, 246.) 2 Das Glücksrad kehret sich bald vmb. - Lehmann, 832, 59. In Venetien sagt man: Des Glückes Rad geht Tag und Nacht, einer seufzt, der andere lacht. Die Kroaten: Wie sich die Kugel dreht, so springt das Geschick der Welt. Die Czechen: Das Rad dreht sich rings herum; und der Leute Sachen drehen sich mit dem Rade. (Reinsberg II, 102.) Mhd.: Hiut ist er arm, der e was reich, daz glücke rat louft ungeleich. (Boner.) (Zingerle, 68.) Böhm.: Kolo se dokola toci. - Lidske veci se v kole toci. (Celakovsky, 150.) Dän.: Lykkens hiul er ustadigt. - Lykke-hiulet löber snart om. (Prov. dan., 404.) Lat.: Fortuna volubilis errat. - Rota saepe rotat. (Pistor., I, 78.) - Versatur celeri sors levis orbe rotae. (Tiberius.) (Kruse, 1172.) 3 Fängt das Glücksrad an zu drehen, so bleibt es nicht stehen. Dän.: Naar hiulet begynder först at haelde, er det snart ude med lykken. (Prov. dan., 402.) 4 Glücksrad treit vier Mann: der eine steigt auf, der andere steigt ab, der dritte ist oben, der vierte unten. Bildende Kunst und Dichtkunst der alten Welt gaben den Gottheiten des Geschicks, der Tyche, der Fortuna, der Nemesis als Symbol ein Rad bei, oder auch eine Kugel. In Bildwerken liegen diese neben den Füssen der Göttin oder ihr unter den Füssen, und sie schwebt darauf, oder die Kugel ihr auch auf dem Haupte. Dichter und Redner späterer Zeit fügen dazu noch die andere Vorstellung, dass Fortuna die Menschen auf ihr Rad setze und sie mit dessen Umschwunge auf- und niedersteigen lasse, eine Vorstellung, die in den Sprichwörtern Boden gewonnen hat, aber ungeachtet ihrer Anschaulichkeit von der bildenden Kunst verschmäht worden ist. Die Vorstellung von einem Rade des Glücks pflanzte sich aus der alten Welt in die mittelalterliche fort. Ihre Entlehnung aber aus einer fremden Vorzeit gibt sich besonders dadurch zu erkennen, dass unsere Dichter hierbei nur selten den heimischen Eigennamen des Glücks, das Wort Sölde, gebrauchen, gewöhnlicher das leblose Abstractum Glück, wo nicht gar das lateinische Fortuna. Mit besonderer Vorliebe ergriff man das Bild von den auf das Glücksrad gesetzten oder gestiegenen und mit ihm auf und ab geführten Menschen. Das Glücksrad ging über in die Sage (vgl. Grimm, Sagen, I, 286 u. 437). Die Baumeister wussten das Glücksrad gut zu bildhauerischem Schmucke zu verwenden und brauchten es öfter als Einfassung der runden Giebelfenster über den Portalen der Kirchen. Da das Glück die Welt regiert, so brachte man das Rad desselben auch noch in Bezug auf den Kreislauf und den Wechsel in dem Weltall. Wie man sonst schon gewohnt war, die Wandelbarkeit des Glücks mit den Mondphasen zu vergleichen, ja als abhängig davon zu betrachten (vgl. Schmeller, IV, 22, und Grimm, Myth., 671 fg.), so nun auch das Glücksrad dem Rade des Mondes. In der Zusammenstellung des Glücks mit dem Monde liegt auch der Grund, aus welchem das Glücksrad in der wirklichen Ausführung wie in der Beschreibung der Dichter mit vier Personen besetzt zu sein pflegt; die Zahl entspricht den vier Mondvierteln. Seit dem 12. Jahrhundert gewann die Vorstellung, dass die Erde eine Kugel sei', immer mehr Geltung und somit empfahl sich auch das andere Sinnbild, das die antike Kunst der Glücksgöttin gibt, die Kugel, den Dichtern, obgleich es nie so geläufig worden ist, als das Rad, da sie nicht in gleich malerischer und abenteuerlicher Weise mit klimmenden und stürzenden Menschen zu besetzen war, wie das Glücksrad. Die Dichter nennen die Kugel des Glücks bald einen Ball, bald eine Scheibe. Scheibe gilt im Alt- und Mittelhochdeutschen wie noch jetzt in Mundarten auch für den Begriff der Kugel und den des Cylinders. (Vgl. den mit zahlreichen Belegstellen aus der Literatur des Mittelalters versehenen [Spaltenumbruch] muss die Person, dem das Thier künftig zur Pflege übergeben ist, diesem alsogleich, nachdem sie es übernommen hat, als Futter reichen. (Baumgarten.) Glückseiche. An der Glückseiche wächst die Hochmuthsflechte. 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Ihre Entlehnung aber aus einer fremden Vorzeit gibt sich besonders dadurch zu erkennen, dass unsere Dichter hierbei nur selten den heimischen Eigennamen des Glücks, das Wort Sölde, gebrauchen, gewöhnlicher das leblose Abstractum Glück, wo nicht gar das lateinische <hi rendition="#i">Fortuna.</hi> Mit besonderer Vorliebe ergriff man das Bild von den auf das Glücksrad gesetzten oder gestiegenen und mit ihm auf und ab geführten Menschen. Das Glücksrad ging über in die Sage (vgl. <hi rendition="#i">Grimm, Sagen, I, 286 u. 437</hi>). Die Baumeister wussten das Glücksrad gut zu bildhauerischem Schmucke zu verwenden und brauchten es öfter als Einfassung der runden Giebelfenster über den Portalen der Kirchen. Da das Glück die Welt regiert, so brachte man das Rad desselben auch noch in Bezug auf den Kreislauf und den Wechsel in dem Weltall. Wie man sonst schon gewohnt war, die Wandelbarkeit des Glücks mit den Mondphasen zu vergleichen, ja als abhängig davon zu betrachten (vgl. <hi rendition="#i">Schmeller, IV, 22,</hi> und <hi rendition="#i">Grimm, Myth., 671 fg.</hi>), so nun auch das Glücksrad dem Rade des Mondes. In der Zusammenstellung des Glücks mit dem Monde liegt auch der Grund, aus welchem das Glücksrad in der wirklichen Ausführung wie in der Beschreibung der Dichter mit vier Personen besetzt zu sein pflegt; die Zahl entspricht den vier Mondvierteln. Seit dem 12. Jahrhundert gewann die Vorstellung, dass die Erde eine Kugel sei', immer mehr Geltung und somit empfahl sich auch das andere Sinnbild, das die antike Kunst der Glücksgöttin gibt, die Kugel, den Dichtern, obgleich es nie so geläufig worden ist, als das Rad, da sie nicht in gleich malerischer und abenteuerlicher Weise mit klimmenden und stürzenden Menschen zu besetzen war, wie das Glücksrad. Die Dichter nennen die Kugel des Glücks bald einen Ball, bald eine Scheibe. Scheibe gilt im Alt- und Mittelhochdeutschen wie noch jetzt in Mundarten auch für den Begriff der Kugel und den des Cylinders. (Vgl. den mit zahlreichen Belegstellen aus der Literatur des Mittelalters versehenen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[890]/0918]
muss die Person, dem das Thier künftig zur Pflege übergeben ist, diesem alsogleich, nachdem sie es übernommen hat, als Futter reichen. (Baumgarten.)
Glückseiche.
An der Glückseiche wächst die Hochmuthsflechte.
Glückselig.
1 Der ist glückselig, der auf eines andern Unkosten klug wird. – Winckler, VI, 67.
2 Glückselig ist der Ackersmann, wenn ers nur recht erkennen kann. – Petri, II, 342.
3 Glückselig ist der Mann, der mit seinem Ochssen Ackern kan. – Henisch, 1657, 59; Petri, II, 342.
4 Glückselig ist, wer gut lebt und selig stirbt.
Dän.: Lyksalighed bestaaer i et godt levnet og salig død. (Prov. dan., 404.)
5 Sie sind nicht alle glückselig, die mit dem Donat in die Seite geworffen sind. – Petri II, 523.
6 Wer glückselig ist, hat viel Freunde. – Henisch, 1657, 69.
Glückselige.
1 Die Glückselige1 sind wie Gottes Säw, die er Mestet zum schlachten, die Frommen sindt die Magern, die gehören jhme zu als die nichts nutz. – Lehmann, 347, 79.
1) Hier die mit irdischen Glücksgütern Begünstigten.
2 Die Glückseligen sterben beyzeit. – Franck, I, 70b; Henisch, 1657, 58; Lehmann, II, 70, 30; Simrock, 3820.
Glücksfall.
Wo Glücksfall ist, da ist noch mehr Zufall. – Körte, 2284; Reinsberg II, 95.
Glücksgaul.
Wer auf dem Glücksgaul reitet, ist vorm Abwerfen nicht sicher.
Die Letten sagen: Der Glücksgaul liebt das Ausschlagen. (Reinsberg, II, 101.)
Glückshaar.
Ein Glückshaar zieht mehr als hundert Pferde.
Glückshafen.
Der Glückshafen und das Glücksrad sind nicht an allen Orten.
Glückshäublein.
*1 Ein Glückshäublein mit auf die Welt bringen. – Kirchhofer, 156.
*2 Ich hab' ein Glückshäublein mit auf die Welt gebracht, man hat's vor Dreck nicht gesehen. – Körte, 2252.
So antworten die Schweizer scherzhaft, wenn man sie glücklich preist. Daher, weil man früher Kinder, die mit einem Häutchen um den Kopf, das man Glückshäublein nannte, geboren wurden, für Glückskinder hielt. Baumgarten (Programm, 5, 6) bemerkt: „In der Sage tragen die Geister Hüte. Fortunatus Wünschhütl ist aus dem Volksbuche bekannt. Wodan, der Gott des Wunsches, trägt einen breiten Hut. So haben die Glückskinder um ihr Haupt eine Haut oder Haube.“ (S. Helm.)
Glückskarren.
Die den Glückskarren ziehen, sind oft klüger als die, so drinsitzen. – Altmann VI, 499.
Glückskind.
1 Das Glückskind hat immer guten Wind.
Die Aegypter sagen von einem solchen Glückskinde: Wirf ihn in den Nil, er kommt wieder heraus und mit einem Fisch im Maul. (Körte, 2216; Reinsberg IV, 135.) Und die Jakuten: Wenn ein Glückskind auf ein Eichhorn zielt, so sieht es einen Bären fallen. Wir nennen einen, der mehr Glück hat, als er verdient, auch einen Glückspilz (s. d.), und solche, die planmässig auf die Gunst des Glücks speculiren, Glücksritter und Glücksjäger.
2 Das ist ein Glückskind.
Was ist ein Glückskind? Er sitzt dem Glück im Schos und lebt wie Gott in Frankreich, sagen die Deutschen. Er lebt im Klee, wie die Engländer, oder wie das Schwein in der Eichelmast, wie die Sarden sagen. Er ist nach den Italiern in Jupiter's Schos geboren, hat den Wind, wie die Venetier wissen, mit sich, das Glück läuft ihm hinterdrein. Es regnet ihm in den Sack, der Zucker fällt ihm in den Kessel. Nach Ansicht der Spanier fällt ihm das Brot, nach der der Kroaten die Axt in Honig, oder wie die Perser meinen, in Butter; und wovon er nachts träumt, das hat er bei Tage, wie die Holländer versichern. (Reinsberg IV, 135-136.)
Holl.: Het is een troetelkind van het geluk. (Harrebomée, I, 227.)
3 Glückskinder haben ein gut Muttertheil.
Dän.: Lykkens børn maae rose deres moder. (Prov. dan., 404.)
*4 Er ist ein Glückskind.
Frz.: C'est le fils de la poule blanche. ( Lendroy, 145.)
Glückspilz.
Es ist ein Glückspilz.
„Er hat das Unglück, überall Glück zu haben, wo die grössten Männer der Welt Unglück hatten, und das macht ihn uns verhasst. Wir sehen in ihm nur den Sieg der Dummheit über das Genie.“ (Heine, Reisebilder, Hamburg, 1834, IV, 286.)
Glücksrad.
1 Das Glücksrad geht vmb. – Franck, I, 80a; Henisch, 1657, 22; Petri, II, 62; Gruter, I, 11; Sailer, 211; Simrock, 3749.
„Das glück ist ein freund der vnbleiblichen ding vnd kan nit still stehn, sonder das glücks rad fürt ein auff den andern ab.“
Frz.: La roue de la fortune n'est pas tousjours une. (Leroux, II, 246.)
2 Das Glücksrad kehret sich bald vmb. – Lehmann, 832, 59.
In Venetien sagt man: Des Glückes Rad geht Tag und Nacht, einer seufzt, der andere lacht. Die Kroaten: Wie sich die Kugel dreht, so springt das Geschick der Welt. Die Czechen: Das Rad dreht sich rings herum; und der Leute Sachen drehen sich mit dem Rade. (Reinsberg II, 102.)
Mhd.: Hiut ist er arm, der ê was rîch, daz glücke rat louft ungelîch. (Boner.) (Zingerle, 68.)
Böhm.: Kolo se dokola točí. – Lidske vĕci se v kole točí. (Čelakovský, 150.)
Dän.: Lykkens hiul er ustadigt. – Lykke-hiulet løber snart om. (Prov. dan., 404.)
Lat.: Fortuna volubilis errat. – Rota saepe rotat. (Pistor., I, 78.) – Versatur celeri sors levis orbe rotae. (Tiberius.) (Kruse, 1172.)
3 Fängt das Glücksrad an zu drehen, so bleibt es nicht stehen.
Dän.: Naar hiulet begynder først at hælde, er det snart ude med lykken. (Prov. dan., 402.)
4 Glücksrad treit vier Mann: der eine steigt auf, der andere steigt ab, der dritte ist oben, der vierte unten.
Bildende Kunst und Dichtkunst der alten Welt gaben den Gottheiten des Geschicks, der Tyche, der Fortuna, der Nemesis als Symbol ein Rad bei, oder auch eine Kugel. In Bildwerken liegen diese neben den Füssen der Göttin oder ihr unter den Füssen, und sie schwebt darauf, oder die Kugel ihr auch auf dem Haupte. Dichter und Redner späterer Zeit fügen dazu noch die andere Vorstellung, dass Fortuna die Menschen auf ihr Rad setze und sie mit dessen Umschwunge auf- und niedersteigen lasse, eine Vorstellung, die in den Sprichwörtern Boden gewonnen hat, aber ungeachtet ihrer Anschaulichkeit von der bildenden Kunst verschmäht worden ist. Die Vorstellung von einem Rade des Glücks pflanzte sich aus der alten Welt in die mittelalterliche fort. Ihre Entlehnung aber aus einer fremden Vorzeit gibt sich besonders dadurch zu erkennen, dass unsere Dichter hierbei nur selten den heimischen Eigennamen des Glücks, das Wort Sölde, gebrauchen, gewöhnlicher das leblose Abstractum Glück, wo nicht gar das lateinische Fortuna. Mit besonderer Vorliebe ergriff man das Bild von den auf das Glücksrad gesetzten oder gestiegenen und mit ihm auf und ab geführten Menschen. Das Glücksrad ging über in die Sage (vgl. Grimm, Sagen, I, 286 u. 437). Die Baumeister wussten das Glücksrad gut zu bildhauerischem Schmucke zu verwenden und brauchten es öfter als Einfassung der runden Giebelfenster über den Portalen der Kirchen. Da das Glück die Welt regiert, so brachte man das Rad desselben auch noch in Bezug auf den Kreislauf und den Wechsel in dem Weltall. Wie man sonst schon gewohnt war, die Wandelbarkeit des Glücks mit den Mondphasen zu vergleichen, ja als abhängig davon zu betrachten (vgl. Schmeller, IV, 22, und Grimm, Myth., 671 fg.), so nun auch das Glücksrad dem Rade des Mondes. In der Zusammenstellung des Glücks mit dem Monde liegt auch der Grund, aus welchem das Glücksrad in der wirklichen Ausführung wie in der Beschreibung der Dichter mit vier Personen besetzt zu sein pflegt; die Zahl entspricht den vier Mondvierteln. Seit dem 12. Jahrhundert gewann die Vorstellung, dass die Erde eine Kugel sei', immer mehr Geltung und somit empfahl sich auch das andere Sinnbild, das die antike Kunst der Glücksgöttin gibt, die Kugel, den Dichtern, obgleich es nie so geläufig worden ist, als das Rad, da sie nicht in gleich malerischer und abenteuerlicher Weise mit klimmenden und stürzenden Menschen zu besetzen war, wie das Glücksrad. Die Dichter nennen die Kugel des Glücks bald einen Ball, bald eine Scheibe. Scheibe gilt im Alt- und Mittelhochdeutschen wie noch jetzt in Mundarten auch für den Begriff der Kugel und den des Cylinders. (Vgl. den mit zahlreichen Belegstellen aus der Literatur des Mittelalters versehenen
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