Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] stolz auf seine Gelehrsamkeit, dass er sich in den Unterschriften seiner Briefe selbst an bekannte Personen: "illustrissimum et clarissimum virum Serenissimi Magni Ducis Etrurium Bibliothecarium Ingeniorum Phoenicem Scientiarum Monstrum" zu nennen pflegte. Wenn Philipp Melanchthon studirte, neigte er sich auf die linke Seite und schien, wenn er ging, zu hinken. Wer damals ein Schüler Melanchthon's sein wollte, musste, wie er, den Kopf auf die Seite hängen und hinkend einhergehen. Cardanus hielt viel auf Wahrsagerei und Träume. Just. Lipsius hatte drei Hunde, die er mehr als seine Frau liebte. Einer schlief bei ihm im Bett und lag bei ihm in der Studirstube; der andere lag vor seiner Thür und biss jeden, der ihn besuchte; der dritte begleitete ihn, wenn er Collegia las. Prof. Mangelsdorf konnte nicht leiden, ihn während seiner Vorlesungen anzusehen. Diderot agirte mit Händen und Füssen, wenn er arbeitete, keuchte, rannte im Zimmer auf und ab, warf seine Perrüke in die Luft, fing sie auf, setzte sie auf den Kopf, schleuderte sie wieder in die Luft und stiess dabei unterdrückte Schreie aus oder gerieth in Zuckungen. Als man ihn einst in Thränen schwimmend fand und nach der Ursache fragte, antwortete er: "Ich weine über eine Erzählung, die ich mir eben ausdenke." Der Jurist Andreä kam zwanzig Jahre in kein Bett, sondern schlief auf einer Bärenhaut. Montan ass nie Fleisch, Thom. Lansius trank nichts anderes als Wasser. Der Superintendent Reimann in Hildesheim ist funfzehn Jahre nicht in seinen Garten gekommen und hat dreissig Jahre keinen Stuhl in seiner Studirstube gehabt. Nikolaus Lenau lag bis 12 Uhr wachend im Bett und trank im Unmass starken Kaffee, um den orientalischen Dichtersinn zu erzeugen. 39 Es ist noch kein Gelehrter vom Himmel gefallen. - Kirchhofer, 215; Simrock, 3357; Sailer, 183; Mayer, I, 156; für Franken: Frommann, VI, 320, 257. Ein junger Gelehrter, sagt ein talmudisches Sprichwort, gleicht dem Saatkorn unter einer Erdscholle, schiesst es einmal empor, so wächst es desto schneller. Böhm.: Nikdo se nenarodil mudrcem. - Zadny uceny s nebe nespadl. (Celakovsky, 216.) Frz.: Nul n'a la science infuse. - On ne naeit pas savant. Lat.: Qui nunquam male, nunquam bene. (Binder I, 1480; II, 2794; Buchler, 33; Seybold, 495.) 40 Gelehrte reden viel gutes, aber keiner thut es. - Lehmann, 299, 86. Dän.: Laerde love tit dyderne og giöre lasterne, tale godt og giöre det ei. (Prov. dan., 373.) 41 Gelehrte seind der Kunst vbers Fass gekommen. - Lehmann, 293, 5. 42 Gelehrte seind geschickt zu regieren, Soldaten zu beschirmen. - Lehmann, 294, 26. W. Menzel nennt die Gelehrten die Schweinsborsten an der grossen Kleiderbürste der Weltcultur. (Streckverse, 78.) 43 Gelehrte seind wie ein Gaucklers Würffel abgerürt. - Lehmann, 293, 5. 44 Gelehrte vnd vngelehrte sind so weit vnterscheiden als Lebendige vnd Todte. - Petri, II, 332. 45 Gelehrte wissen's, Tapfere thun's. 46 Gelehrten gebührt zu sagen, ich hab's gelesen, Soldaten: ich hab's gethan. - Lehmann, 442, 98; Simrock, 3356. 47 Grosse Gelehrte sind selten grosse Heilige. Frz.: Les grands clercs ne sont pas les plus fins. (Bohn I, 34.) Holl.: Groote geleerden zijn zelden groote heiligen. (Harrebomee, I, 223.) 48 Kann ein Gelehrter Geld gewinnen, so thut er nichts nach rechten Sinnen. 49 Kein Gelehrter kann berühmt werden, er fange denn ein Sekt und neue Lehr an. - Opel, 388. 50 Koan G'leandar is nid van Himm'l g'folln. (Niederösterreich.) - Frommann, III, 390, 18. 51 Met Gelehden es net got strikke (streiten). (Köln.) - Firmenich, I, 473, 88. Holl.: Het is even gevaarlijk met geleerden te redeneren, als met de grooten kersen te eten. (Harrebomee, I, 223.) 52 'T sünt nich all Geliirten, de in de Böker keiken. (Strelitz.) - Firmenich, III, 74, 129. 53 Under de Gelerde göfft et de grötste Osse. (Fischhausen.) - Frischbier, 1224. Insofern man scherzhaft die Ochsen, weil man sie pflügen gelehrt hat, zu den Gelehrten zählt. (S. 22.) 54 Von den Gelehrten leidet Christus am meisten. - Körte, 1985; Simrock, 3354; Braun, I, 715. 55 Vor Gelehrten ist bös predigen. Dän.: Det er baade godt og ondt at praedikke for laerde folk. (Prov. dan., 458.) [Spaltenumbruch] 56 Wenn die gelehrten regieren oder die Regenden studiern, so steht es wol vmb ein Regiment. - Petri, II, 643. 57 Wer Gelehrte will lehren und Ketzer bekehren, macht sich unnütze Mühe. Böhm.: Kdyz uceneho ucis, zbuhdarma ho kazis. (Celakovsky, 218.) 58 Wir Gelehrten wissen schon, was gut schmeckt, sagte der Esel zum Schaf, als er nach einer Distel schnappte. Frz.: Compagnie de clercs. (Leroux, II, 92.) 59 Wo keine Gelehrte sind, da gilt Hans Ungelehrt als Meister. - Kritzinger, 45b. *60 Darüber sind die Gelehrten noch nicht einig. - Eiselein, 223. Holl.: De geleerdsten zijn het niet eens. (Harrebomee, I, 223.) Lat.: Adhuc sub judice lis est. (Eiselein, 223.) *61 Das wollen wir den gelerten befehlen (überlassen). - Franck, II, 116b; Tappius, 183a; Körte, 1990; Simrock, 3360. Wir wollen uns mit der Untersuchung der Sache nicht erfolglos den Kopf zerbrechen, da sie über unser Verständniss geht. Holl.: Dat mogen de geleerden beslissen. (Harrebomee, I, 223.) Lat.: Bellum Cononi curae sit. (Tappius, 182b; Binder II, 324; Philippi, I, 56; Seybold, 52.) - Quae supra nos, nihil ad nos. (Binder I, 1427.) *62 Er gehört unter die Gelehrten, wie der Frosch unter die Vögel. *63 Er will den Gelehrten predigen. Frz.: Parler latin devant un Cordelier. (Starschedel, 499.) *64 Er will's den Gelehrten befehlen, die werden die Todten rathsfragen. - Lehmann, 721, 2. Der Sorglose, Unbekümmerte. (S. Finger.) *65 Wir wollen das die gelerten lassen ausrichten, - Franck, II, 116b; Tappius, 183a; Eyering, I, 362; Sailer, 119. Gelehrtester. Die Geloertste senn die Verkoertste, die Geschecktste (Geschicktesten) senn de Liederlichste onn de Gescheidste mache de dömmste Sträch. (Meiningen.) Geleit. 1 Es ist dem Geleit nicht mehr zu trauen. - Eiselein, 223. 2 Geleite ward nie Recht. - Graf, 498, 100. Zur Zeit des Faustrechts führte der Reisende bewaffnete Begleitung bei sich oder erkaufte sich Geleitsbriefe, die seit der Befestigung des Landfriedens nicht nur zwecklos, sondern geradezu unrecht wurden. Mhd.: Kain gelaitt ward nye recht. (Maurer, 149, 129.) 3 Gut Geleit schützt vor viel Fährlichkeit. Mhd.: Ich hort ie sagen, der niht hat geleites, der mac missevarn. (Bitterolf.) (Zingerle, 49.) Holl.: Goed geleide hindert kwaad. (Harrebomee, I, 224.) 4 Jedermann ist Geleits frei. - Graf, 498, 98. Mhd.: Ain yedlich man ist geleitz frey. (Maurer, 149, 129.) 5 Kein Geleit ist Recht. - Graf, 498, 99. Wenn der Bürger, um sicher von einem Orte zum andern zu gehen, noch eines besondern Schutzes bedarf; so kann natürlich von einem Rechtszustande nicht die Rede sein. Hat er diesen Schutz nicht nöthig und er wird ihm von Unberufenen aufgedrängt, so ist er ebenfalls kein Recht. Mhd.: Keyn geleite in recht. (Lemann, V, 21.) 6 Wer des Geleites will geniessen, muss nicht neue Böcke schiessen. - Graf, 442, 348; Eiselein, 223; Simrock, 3363; Hillebrand, 235. Wer sicheres Geleit (s. 7) hat, muss sich gesetzlich halten und nicht neue Verbrechen begehen, sonst geht er desselben verlustig. 7 Wer des Geleits geniessen will, muss sich geleitlich halten. - Pistor., X, 16; Eisenhart, 588; Graf, 442, 347; Simrock, 3362; Hillebrand, 234. Unter "sicherm Geleit" ist die Freiheit zu verstehen, vor Gericht zu erscheinen und frei wieder abzuziehen, ohne eine Gefangennehmung besorgen zu dürfen. In den Zeiten der Fehden und des Faustrechts, in denen sich sogar der Adel auf Strassenraub legte, musste man von jedem Fürsten, durch dessen Gebiet man reiste, sicheres Geleit erbitten. Dieses wurde indess nur für solche Verbrechen ertheilt, die jemand begangen haben sollte, und es konnte ihm das Geleit entzogen werden, sobald er neue Verbrechen beging; daher fordert das Sprichwort von denen, die mit "sicherm Geleit" versehen sind, ein ordentliches Betragen, damit nicht dessenungeachtet eine gefängliche Einziehung nöthig werde.
[Spaltenumbruch] stolz auf seine Gelehrsamkeit, dass er sich in den Unterschriften seiner Briefe selbst an bekannte Personen: „illustrissimum et clarissimum virum Serenissimi Magni Ducis Etrurium Bibliothecarium Ingeniorum Phoenicem Scientiarum Monstrum“ zu nennen pflegte. Wenn Philipp Melanchthon studirte, neigte er sich auf die linke Seite und schien, wenn er ging, zu hinken. Wer damals ein Schüler Melanchthon's sein wollte, musste, wie er, den Kopf auf die Seite hängen und hinkend einhergehen. Cardanus hielt viel auf Wahrsagerei und Träume. Just. Lipsius hatte drei Hunde, die er mehr als seine Frau liebte. Einer schlief bei ihm im Bett und lag bei ihm in der Studirstube; der andere lag vor seiner Thür und biss jeden, der ihn besuchte; der dritte begleitete ihn, wenn er Collegia las. Prof. Mangelsdorf konnte nicht leiden, ihn während seiner Vorlesungen anzusehen. Diderot agirte mit Händen und Füssen, wenn er arbeitete, keuchte, rannte im Zimmer auf und ab, warf seine Perrüke in die Luft, fing sie auf, setzte sie auf den Kopf, schleuderte sie wieder in die Luft und stiess dabei unterdrückte Schreie aus oder gerieth in Zuckungen. Als man ihn einst in Thränen schwimmend fand und nach der Ursache fragte, antwortete er: „Ich weine über eine Erzählung, die ich mir eben ausdenke.“ Der Jurist Andreä kam zwanzig Jahre in kein Bett, sondern schlief auf einer Bärenhaut. Montan ass nie Fleisch, Thom. Lansius trank nichts anderes als Wasser. Der Superintendent Reimann in Hildesheim ist funfzehn Jahre nicht in seinen Garten gekommen und hat dreissig Jahre keinen Stuhl in seiner Studirstube gehabt. Nikolaus Lenau lag bis 12 Uhr wachend im Bett und trank im Unmass starken Kaffee, um den orientalischen Dichtersinn zu erzeugen. 39 Es ist noch kein Gelehrter vom Himmel gefallen. – Kirchhofer, 215; Simrock, 3357; Sailer, 183; Mayer, I, 156; für Franken: Frommann, VI, 320, 257. Ein junger Gelehrter, sagt ein talmudisches Sprichwort, gleicht dem Saatkorn unter einer Erdscholle, schiesst es einmal empor, so wächst es desto schneller. Böhm.: Nikdo se nenarodil mudrcem. – Żádný učený s nebe nespadl. (Čelakovský, 216.) Frz.: Nul n'a la science infuse. – On ne naît pas savant. Lat.: Qui nunquam male, nunquam bene. (Binder I, 1480; II, 2794; Buchler, 33; Seybold, 495.) 40 Gelehrte reden viel gutes, aber keiner thut es. – Lehmann, 299, 86. Dän.: Lærde love tit dyderne og giøre lasterne, tale godt og giøre det ei. (Prov. dan., 373.) 41 Gelehrte seind der Kunst vbers Fass gekommen. – Lehmann, 293, 5. 42 Gelehrte seind geschickt zu regieren, Soldaten zu beschirmen. – Lehmann, 294, 26. W. Menzel nennt die Gelehrten die Schweinsborsten an der grossen Kleiderbürste der Weltcultur. (Streckverse, 78.) 43 Gelehrte seind wie ein Gaucklers Würffel abgerürt. – Lehmann, 293, 5. 44 Gelehrte vnd vngelehrte sind so weit vnterscheiden als Lebendige vnd Todte. – Petri, II, 332. 45 Gelehrte wissen's, Tapfere thun's. 46 Gelehrten gebührt zu sagen, ich hab's gelesen, Soldaten: ich hab's gethan. – Lehmann, 442, 98; Simrock, 3356. 47 Grosse Gelehrte sind selten grosse Heilige. Frz.: Les grands clercs ne sont pas les plus fins. (Bohn I, 34.) Holl.: Groote geleerden zijn zelden groote heiligen. (Harrebomée, I, 223.) 48 Kann ein Gelehrter Geld gewinnen, so thut er nichts nach rechten Sinnen. 49 Kein Gelehrter kann berühmt werden, er fange denn ein Sekt und neue Lehr an. – Opel, 388. 50 Koan G'leandar is nid van Himm'l g'folln. (Niederösterreich.) – Frommann, III, 390, 18. 51 Met Gelehden es net gôt strikke (streiten). (Köln.) – Firmenich, I, 473, 88. Holl.: Het is even gevaarlijk met geleerden te redeneren, als met de grooten kersen te eten. (Harrebomée, I, 223.) 52 'T sünt nich all Geliirten, de in de Böker kîken. (Strelitz.) – Firmenich, III, 74, 129. 53 Under de Gelerde göfft et de grötste Osse. (Fischhausen.) – Frischbier, 1224. Insofern man scherzhaft die Ochsen, weil man sie pflügen gelehrt hat, zu den Gelehrten zählt. (S. 22.) 54 Von den Gelehrten leidet Christus am meisten. – Körte, 1985; Simrock, 3354; Braun, I, 715. 55 Vor Gelehrten ist bös predigen. Dän.: Det er baade godt og ondt at prædikke for lærde folk. (Prov. dan., 458.) [Spaltenumbruch] 56 Wenn die gelehrten regieren oder die Regenden studiern, so steht es wol vmb ein Regiment. – Petri, II, 643. 57 Wer Gelehrte will lehren und Ketzer bekehren, macht sich unnütze Mühe. Böhm.: Když učeného učís, zbůhdarma ho kaziš. (Čelakovský, 218.) 58 Wir Gelehrten wissen schon, was gut schmeckt, sagte der Esel zum Schaf, als er nach einer Distel schnappte. Frz.: Compagnie de clercs. (Leroux, II, 92.) 59 Wo keine Gelehrte sind, da gilt Hans Ungelehrt als Meister. – Kritzinger, 45b. *60 Darüber sind die Gelehrten noch nicht einig. – Eiselein, 223. Holl.: De geleerdsten zijn het niet eens. (Harrebomée, I, 223.) Lat.: Adhuc sub judice lis est. (Eiselein, 223.) *61 Das wollen wir den gelerten befehlen (überlassen). – Franck, II, 116b; Tappius, 183a; Körte, 1990; Simrock, 3360. Wir wollen uns mit der Untersuchung der Sache nicht erfolglos den Kopf zerbrechen, da sie über unser Verständniss geht. Holl.: Dat mogen de geleerden beslissen. (Harrebomée, I, 223.) Lat.: Bellum Cononi curae sit. (Tappius, 182b; Binder II, 324; Philippi, I, 56; Seybold, 52.) – Quae supra nos, nihil ad nos. (Binder I, 1427.) *62 Er gehört unter die Gelehrten, wie der Frosch unter die Vögel. *63 Er will den Gelehrten predigen. Frz.: Parler latin devant un Cordelier. 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Diderot agirte mit Händen und Füssen, wenn er arbeitete, keuchte, rannte im Zimmer auf und ab, warf seine Perrüke in die Luft, fing sie auf, setzte sie auf den Kopf, schleuderte sie wieder in die Luft und stiess dabei unterdrückte Schreie aus oder gerieth in Zuckungen. Als man ihn einst in Thränen schwimmend fand und nach der Ursache fragte, antwortete er: „Ich weine über eine Erzählung, die ich mir eben ausdenke.“ Der Jurist Andreä kam zwanzig Jahre in kein Bett, sondern schlief auf einer Bärenhaut. Montan ass nie Fleisch, Thom. Lansius trank nichts anderes als Wasser. Der Superintendent Reimann in Hildesheim ist funfzehn Jahre nicht in seinen Garten gekommen und hat dreissig Jahre keinen Stuhl in seiner Studirstube gehabt. 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In den Zeiten der Fehden und des Faustrechts, in denen sich sogar der Adel auf Strassenraub legte, musste man von jedem Fürsten, durch dessen Gebiet man reiste, sicheres Geleit erbitten. Dieses wurde indess nur für solche Verbrechen ertheilt, die jemand begangen haben sollte, und es konnte ihm das Geleit entzogen werden, sobald er neue Verbrechen beging; daher fordert das Sprichwort von denen, die mit „sicherm Geleit“ versehen sind, ein ordentliches Betragen, damit nicht dessenungeachtet eine gefängliche Einziehung nöthig werde.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[768]/0796]
stolz auf seine Gelehrsamkeit, dass er sich in den Unterschriften seiner Briefe selbst an bekannte Personen: „illustrissimum et clarissimum virum Serenissimi Magni Ducis Etrurium Bibliothecarium Ingeniorum Phoenicem Scientiarum Monstrum“ zu nennen pflegte. Wenn Philipp Melanchthon studirte, neigte er sich auf die linke Seite und schien, wenn er ging, zu hinken. Wer damals ein Schüler Melanchthon's sein wollte, musste, wie er, den Kopf auf die Seite hängen und hinkend einhergehen. Cardanus hielt viel auf Wahrsagerei und Träume. Just. Lipsius hatte drei Hunde, die er mehr als seine Frau liebte. Einer schlief bei ihm im Bett und lag bei ihm in der Studirstube; der andere lag vor seiner Thür und biss jeden, der ihn besuchte; der dritte begleitete ihn, wenn er Collegia las. Prof. Mangelsdorf konnte nicht leiden, ihn während seiner Vorlesungen anzusehen. Diderot agirte mit Händen und Füssen, wenn er arbeitete, keuchte, rannte im Zimmer auf und ab, warf seine Perrüke in die Luft, fing sie auf, setzte sie auf den Kopf, schleuderte sie wieder in die Luft und stiess dabei unterdrückte Schreie aus oder gerieth in Zuckungen. Als man ihn einst in Thränen schwimmend fand und nach der Ursache fragte, antwortete er: „Ich weine über eine Erzählung, die ich mir eben ausdenke.“ Der Jurist Andreä kam zwanzig Jahre in kein Bett, sondern schlief auf einer Bärenhaut. Montan ass nie Fleisch, Thom. Lansius trank nichts anderes als Wasser. Der Superintendent Reimann in Hildesheim ist funfzehn Jahre nicht in seinen Garten gekommen und hat dreissig Jahre keinen Stuhl in seiner Studirstube gehabt. Nikolaus Lenau lag bis 12 Uhr wachend im Bett und trank im Unmass starken Kaffee, um den orientalischen Dichtersinn zu erzeugen.
39 Es ist noch kein Gelehrter vom Himmel gefallen. – Kirchhofer, 215; Simrock, 3357; Sailer, 183; Mayer, I, 156; für Franken: Frommann, VI, 320, 257.
Ein junger Gelehrter, sagt ein talmudisches Sprichwort, gleicht dem Saatkorn unter einer Erdscholle, schiesst es einmal empor, so wächst es desto schneller.
Böhm.: Nikdo se nenarodil mudrcem. – Żádný učený s nebe nespadl. (Čelakovský, 216.)
Frz.: Nul n'a la science infuse. – On ne naît pas savant.
Lat.: Qui nunquam male, nunquam bene. (Binder I, 1480; II, 2794; Buchler, 33; Seybold, 495.)
40 Gelehrte reden viel gutes, aber keiner thut es. – Lehmann, 299, 86.
Dän.: Lærde love tit dyderne og giøre lasterne, tale godt og giøre det ei. (Prov. dan., 373.)
41 Gelehrte seind der Kunst vbers Fass gekommen. – Lehmann, 293, 5.
42 Gelehrte seind geschickt zu regieren, Soldaten zu beschirmen. – Lehmann, 294, 26.
W. Menzel nennt die Gelehrten die Schweinsborsten an der grossen Kleiderbürste der Weltcultur. (Streckverse, 78.)
43 Gelehrte seind wie ein Gaucklers Würffel abgerürt. – Lehmann, 293, 5.
44 Gelehrte vnd vngelehrte sind so weit vnterscheiden als Lebendige vnd Todte. – Petri, II, 332.
45 Gelehrte wissen's, Tapfere thun's.
46 Gelehrten gebührt zu sagen, ich hab's gelesen, Soldaten: ich hab's gethan. – Lehmann, 442, 98; Simrock, 3356.
47 Grosse Gelehrte sind selten grosse Heilige.
Frz.: Les grands clercs ne sont pas les plus fins. (Bohn I, 34.)
Holl.: Groote geleerden zijn zelden groote heiligen. (Harrebomée, I, 223.)
48 Kann ein Gelehrter Geld gewinnen, so thut er nichts nach rechten Sinnen.
49 Kein Gelehrter kann berühmt werden, er fange denn ein Sekt und neue Lehr an. – Opel, 388.
50 Koan G'leandar is nid van Himm'l g'folln. (Niederösterreich.) – Frommann, III, 390, 18.
51 Met Gelehden es net gôt strikke (streiten). (Köln.) – Firmenich, I, 473, 88.
Holl.: Het is even gevaarlijk met geleerden te redeneren, als met de grooten kersen te eten. (Harrebomée, I, 223.)
52 'T sünt nich all Geliirten, de in de Böker kîken. (Strelitz.) – Firmenich, III, 74, 129.
53 Under de Gelerde göfft et de grötste Osse. (Fischhausen.) – Frischbier, 1224.
Insofern man scherzhaft die Ochsen, weil man sie pflügen gelehrt hat, zu den Gelehrten zählt. (S. 22.)
54 Von den Gelehrten leidet Christus am meisten. – Körte, 1985; Simrock, 3354; Braun, I, 715.
55 Vor Gelehrten ist bös predigen.
Dän.: Det er baade godt og ondt at prædikke for lærde folk. (Prov. dan., 458.)
56 Wenn die gelehrten regieren oder die Regenden studiern, so steht es wol vmb ein Regiment. – Petri, II, 643.
57 Wer Gelehrte will lehren und Ketzer bekehren, macht sich unnütze Mühe.
Böhm.: Když učeného učís, zbůhdarma ho kaziš. (Čelakovský, 218.)
58 Wir Gelehrten wissen schon, was gut schmeckt, sagte der Esel zum Schaf, als er nach einer Distel schnappte.
Frz.: Compagnie de clercs. (Leroux, II, 92.)
59 Wo keine Gelehrte sind, da gilt Hans Ungelehrt als Meister. – Kritzinger, 45b.
*60 Darüber sind die Gelehrten noch nicht einig. – Eiselein, 223.
Holl.: De geleerdsten zijn het niet eens. (Harrebomée, I, 223.)
Lat.: Adhuc sub judice lis est. (Eiselein, 223.)
*61 Das wollen wir den gelerten befehlen (überlassen). – Franck, II, 116b; Tappius, 183a; Körte, 1990; Simrock, 3360.
Wir wollen uns mit der Untersuchung der Sache nicht erfolglos den Kopf zerbrechen, da sie über unser Verständniss geht.
Holl.: Dat mogen de geleerden beslissen. (Harrebomée, I, 223.)
Lat.: Bellum Cononi curae sit. (Tappius, 182b; Binder II, 324; Philippi, I, 56; Seybold, 52.) – Quae supra nos, nihil ad nos. (Binder I, 1427.)
*62 Er gehört unter die Gelehrten, wie der Frosch unter die Vögel.
*63 Er will den Gelehrten predigen.
Frz.: Parler latin devant un Cordelier. (Starschedel, 499.)
*64 Er will's den Gelehrten befehlen, die werden die Todten rathsfragen. – Lehmann, 721, 2.
Der Sorglose, Unbekümmerte. (S. Finger.)
*65 Wir wollen das die gelerten lassen ausrichten, – Franck, II, 116b; Tappius, 183a; Eyering, I, 362; Sailer, 119.
Gelehrtester.
Die Geloërtste senn die Verkoërtste, die Geschecktste (Geschicktesten) senn de Liederlichste onn de Gescheidste mache de dömmste Sträch. (Meiningen.)
Geleit.
1 Es ist dem Geleit nicht mehr zu trauen. – Eiselein, 223.
2 Geleite ward nie Recht. – Graf, 498, 100.
Zur Zeit des Faustrechts führte der Reisende bewaffnete Begleitung bei sich oder erkaufte sich Geleitsbriefe, die seit der Befestigung des Landfriedens nicht nur zwecklos, sondern geradezu unrecht wurden.
Mhd.: Kain gelaitt ward nye recht. (Maurer, 149, 129.)
3 Gut Geleit schützt vor viel Fährlichkeit.
Mhd.: Ich hôrt ie sagen, der niht hât geleites, der mac missevarn. (Bitterolf.) (Zingerle, 49.)
Holl.: Goed geleide hindert kwaad. (Harrebomée, I, 224.)
4 Jedermann ist Geleits frei. – Graf, 498, 98.
Mhd.: Ain yedlich man ist geleitz frey. (Maurer, 149, 129.)
5 Kein Geleit ist Recht. – Graf, 498, 99.
Wenn der Bürger, um sicher von einem Orte zum andern zu gehen, noch eines besondern Schutzes bedarf; so kann natürlich von einem Rechtszustande nicht die Rede sein. Hat er diesen Schutz nicht nöthig und er wird ihm von Unberufenen aufgedrängt, so ist er ebenfalls kein Recht.
Mhd.: Keyn geleite in recht. (Lemann, V, 21.)
6 Wer des Geleites will geniessen, muss nicht neue Böcke schiessen. – Graf, 442, 348; Eiselein, 223; Simrock, 3363; Hillebrand, 235.
Wer sicheres Geleit (s. 7) hat, muss sich gesetzlich halten und nicht neue Verbrechen begehen, sonst geht er desselben verlustig.
7 Wer des Geleits geniessen will, muss sich geleitlich halten. – Pistor., X, 16; Eisenhart, 588; Graf, 442, 347; Simrock, 3362; Hillebrand, 234.
Unter „sicherm Geleit“ ist die Freiheit zu verstehen, vor Gericht zu erscheinen und frei wieder abzuziehen, ohne eine Gefangennehmung besorgen zu dürfen. In den Zeiten der Fehden und des Faustrechts, in denen sich sogar der Adel auf Strassenraub legte, musste man von jedem Fürsten, durch dessen Gebiet man reiste, sicheres Geleit erbitten. Dieses wurde indess nur für solche Verbrechen ertheilt, die jemand begangen haben sollte, und es konnte ihm das Geleit entzogen werden, sobald er neue Verbrechen beging; daher fordert das Sprichwort von denen, die mit „sicherm Geleit“ versehen sind, ein ordentliches Betragen, damit nicht dessenungeachtet eine gefängliche Einziehung nöthig werde.
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