Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Geide.

Wann die Geide aussgedrusen, so werden sie gesund darnach. - Henisch, 1583, 39.


Geier.

1 Der Geier hol' die alte Leier.

Lat.: Ridetur chorda qui semper oberrat eadem. (Philippi, II, 158.)

2 Die Giren fliegen gerne dar, wo sie des Aases nehmen wahr.

3 Ein gefangener Geier hat auch noch Krallen.

Die schärfsten Krallen soll nach einem böhmischen Sprichwort der Geier haben, der sich in einen Habicht verwandelt hat: Verwandlungen, die der Volksglaube ehedem vielseitig annahm: Kdyz se kane zjestrabi, vice drape nezli rozeny jestrab. (Celakovsky, 101.)

Poln.: Kiedy zjastrzebieje sowa, chce wyzszej latae sokola. (Celakovsky, 101.)

4 Ein Geier, der Aas frisst, riecht nicht nach Ambra.

5 Ein Geier heckt kein Zeislein aus.

Lat.: Colubra restim non parit. (Binder II, 528; Petron., 45, 297.)

6 Einen Geier lässt niemand unter sein Dach bauen.

7 Was der Geier einmal in seinen Klauen hat, das lässt er nicht los.

8 Wenn der Geier stirbt, weinen die Hühner nicht.

9 Wenn der Geier todt ist, so muss man auch das Nest (noch) zerstören.

10 Wenn du ein Geier bist, so pass' aufs Aas.

Von Erbschleichern, die auf den Tod kinderloser Greise lauern, wie Raubvögel auf Aas.

11 Wer einen Geyer schindet, hat ein magern Vogel. - Henisch, 1441, 45; Petri, II, 701; Simrock, 3176.

12 Wer wie ein Geier gelebt, wird nicht wie eine Taube sterben. - Parömiakon, 2725.

13 Wo der Geier will einziehen, müssen die Tauben fliehen.

*14 A frässe a Geer, wenn a nicht zoappelte. - Gomolcke, 509.

*15 A froit en Geer (oder: an tudte Geer) dernoch. - Robinson, 155; Gomolcke, 22.

*16 A werd ei Geiers1 Kiche kummen. (Schles.) - Frommann, III, 248, 255.

1) Verhüllung für Teufel. Die Scheu des Volks, gewisse Wörter, wie Gott, Christus, Himmel, Sakrament u. s. w. auszusprechen, erstreckt sich namentlich auf den Teufel, dessen Namen, besonders in früherer Zeit, zu nennen man ganz besonders zu vermeiden suchte. In allen Gegenden finden sich dafür Ausdrücke, die entweder aus dem Namen Teufel entstellt sind, weil man auf diese Weise doch das unmittelbare Nennen vermied; oder sie beziehen sich auf seine Gestalt und Farbe, und sind noch andern Ursprungs. Dahin gehören auch die Redensarten: Hol's der Geier! Hol's der Hund! (Vgl. Deutscher 3 u. Frommann, II, 501; III, 252, 243.)

*17 Das mag der Geier holen!

In Tirol denkt man bei dieser sprichwörtlichen Verwünschungsformel zunächst wol nur an den Lämmergeier, der zuweilen selbst kleine Kinder überfällt und in seinen Klauen durch die Luft als Beute mit sich fortträgt.

*18 Das mag der Geier wissen!

Frz.: Le diable n'en sait rien.

*19 Das ist der Geier im Taubenschlage.

Wenn durch irgendetwas grosse Bestürzung und Verwirrung erzeugt wird.

*20 Dass dich der Geier schände! - Eiselein, 216.

*21 Dass dir's der Geier gesegne! - Schottel, 1113a.

In den Redensarten: Zum Geier! Dass dich der Geier! u. m. a. steht Geier (in mehreren Mundarten Geier) verhüllend für Teufel. (Vgl. Donner 30, Henker, Kukuk, Seele, Teufel, wie Frommann, II, 506.)

*22 Dass ihn der Geier hole!

*23 Der Geyer hat a Water derzwischen gemacht. (Schles.)

"Wen ober der geyer ewe e Water derzwischen macht." (Palm, 51, 5.) Wenn etwas dazwischenkommt, das die Ausführung des Plans, die Erreichung des Zwecks hindert.

*24 Der Geier ist (wieder) los.

Dass Geier hier eine Verhüllung für Teufel ist, sieht man aus dem böhmischen Ausdruck: Kozel jest utrzeny (Der Bock ist los).

*25 Der Geyr sitten gor zum Oogen rauss. - Robinson, 277.

[Spaltenumbruch] *26 Einen dürren Geier schinden.

Im Jahre 1567 wurde auf dem Markte zu Gotha das Blutgerüst Wilhelm von Grumbach's, der den Bischof von Würzburg ermordet hatte, errichtet. Als der Verurtheilte entkleidet wurde, sprach er mit grösster Ruhe zum Henker: "Du schindest heut' einen dürren Geier."

*27 Er ist des Geiers Schatten (Gefährte).

Von Erbschleichern und andern Habgierigen.

*28 Es ist, wie wenn man den Gyren rupfte. (Schweiz.) - Kirchhofer, 79; Eiselein, 265.

Wenn sich alle gegen einen vereinigen, um ihn zu drücken oder ihm den Untergang zu bereiten. Die Redensart ist von einem sehr alten Pfänderspiel entlehnt, wobei alle über einen herfallen, und das wahrscheinlich den Vögeln nachgeahmt ist, die, wenn sie einen Geier (schweizerisch: Gyr) oder einen andern Raubvogel gewahren, sich versammeln und ihn mit grossem Geschrei verfolgen. Wie alt das erwähnte Spiel ist, zeigt der Titel einer polemischen Schrift, welche vor 300 Jahren zu Zürich gegen den bischöflichen Vicar Joh. Faber unter dem Titel Das Gyrenrupfen erschien.

*29 Hoat dich der Geer schun drüber geführt. - Gomolcke, 420; Frommann, III, 413, 489.

*30 Hut a denn a Geer? - Gomolcke, 438; Robinson, 724.

*31 Ihr froit an tudten Geer darnoch, was 's Kurn gilt. - Gomolcke, 611.

*32 Wenn de nuer bim Geier wärscht! (Elsass.)

*33 Wo Geier's. - Eiselein, 216.

*34 Woas der Geier nich koan, weil a jung is. - Gomolcke, 1072; Frommann, III, 249, 270.

Macht der Jugend bei Erreichung von gewissen Absichten.

*35 Zum Geier! - Eiselein, 216.


Geige.

1 Alte Geigen vberzeucht man auch mit newen saiten. - Gruter, III, 5; Lehmann, II, 34, 32; Simrock, 3177; Reinsberg I, 118.

Von ungleichen Heirathen. (S. 24.)

2 Auf einer alten Geige ist der Tanz gemacht, ehe die neue gestimmt ist. - Eiselein, 216.

3 Auf einer verstimmten Geige bringt auch ein guter Spieler keine reinen Töne.

4 Die Geige ist gut, wann sie nur ein streich helt. - Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 155.

5 Die Geige, wonach der Advocat tanzt, ist ein Schinken. - Illustrirtes Familien-Journal, 1859, 112a.

6 Die Geigen sind gestimmt, der Tanz kann losgehen.

7 Ein kleine Geig ist mit Einem Fiedelbogen offt nicht zufrieden. - Lehmann, 401, 52; Eiselein, 216; Simrock, 3187.

Um Geilheit zu bezeichnen.

8 Eine alte Geige klingt besser als eine neue. - Parömiakon, 1552.

Vorzug des Alters vor der unerfahrenen, noch nicht von den mancherlei Schicksalen des Lebens rein gestimmten Jugend.

9 Eine Geige wirkt mehr als eine Feige. - Parömiakon, 1525.

Nämlich Ohrfeige. Vorzug der Milde vor der Strenge. Mit einem freundlichen Worte setzt man oft mehr durch als mit einem Faustschlage.

10 Einer gestimmten Geige zwei Jahre trauen ist besser als einem Mädchen zwei Minuten.

11 Lange Geige, übler Ton.

12 Man muss offt ein ander Geig nehmen vnd spielen wie die Geig will. - Lehmann, 77, 45.

13 Mancher will nicht nach der Teutschen noch Welschen Geigen tantzen. - Lehmann, 768, 14.

14 Mann muss ein andere Geig nemen, wenn mann die erst nit gern hört. - Lehmann, 176, 17.

15 Ohne Geige tanzt man nicht.

Die Franzosen sagen: Le parlement n'a presque jamais danse sans viole -, weil seit den Jahren 1506-1642 elf Mitglieder der Familie Violle einen Sitz im Parlament gehabt haben. (Leroux, II, 55.)

16 Wenn die Geige nährt den Mann, nimmt sie ihn zum Fiedler an. - Eiselein, 216.

17 Wenn die Geige stimmt, muss man nicht an den Wirbeln drehen.

*18 Alles soll zu seiner Geige stimmen.

*19 Doat äs ein (eine) wä en Gech. - Frommann, V, 35, 63.

Sie ist immer lustig.

[Spaltenumbruch]
Geide.

Wann die Geide aussgedrusen, so werden sie gesund darnach.Henisch, 1583, 39.


Geier.

1 Der Geier hol' die alte Leier.

Lat.: Ridetur chorda qui semper oberrat eadem. (Philippi, II, 158.)

2 Die Giren fliegen gerne dar, wo sie des Aases nehmen wahr.

3 Ein gefangener Geier hat auch noch Krallen.

Die schärfsten Krallen soll nach einem böhmischen Sprichwort der Geier haben, der sich in einen Habicht verwandelt hat: Verwandlungen, die der Volksglaube ehedem vielseitig annahm: Když se kánĕ zjestřabí, vice drápe nežli rozený jestřáb. (Čelakovský, 101.)

Poln.: Kiedy zjastrzębieje sowa, chce wyžszéj lataé sokoła. (Čelakovský, 101.)

4 Ein Geier, der Aas frisst, riecht nicht nach Ambra.

5 Ein Geier heckt kein Zeislein aus.

Lat.: Colubra restim non parit. (Binder II, 528; Petron., 45, 297.)

6 Einen Geier lässt niemand unter sein Dach bauen.

7 Was der Geier einmal in seinen Klauen hat, das lässt er nicht los.

8 Wenn der Geier stirbt, weinen die Hühner nicht.

9 Wenn der Geier todt ist, so muss man auch das Nest (noch) zerstören.

10 Wenn du ein Geier bist, so pass' aufs Aas.

Von Erbschleichern, die auf den Tod kinderloser Greise lauern, wie Raubvögel auf Aas.

11 Wer einen Geyer schindet, hat ein magern Vogel.Henisch, 1441, 45; Petri, II, 701; Simrock, 3176.

12 Wer wie ein Geier gelebt, wird nicht wie eine Taube sterben.Parömiakon, 2725.

13 Wo der Geier will einziehen, müssen die Tauben fliehen.

*14 A frässe a Geer, wenn a nicht zoappelte.Gomolcke, 509.

*15 A froit en Geer (oder: an tudte Geer) dernoch.Robinson, 155; Gomolcke, 22.

*16 A werd ei Geiers1 Kiche kummen. (Schles.) – Frommann, III, 248, 255.

1) Verhüllung für Teufel. Die Scheu des Volks, gewisse Wörter, wie Gott, Christus, Himmel, Sakrament u. s. w. auszusprechen, erstreckt sich namentlich auf den Teufel, dessen Namen, besonders in früherer Zeit, zu nennen man ganz besonders zu vermeiden suchte. In allen Gegenden finden sich dafür Ausdrücke, die entweder aus dem Namen Teufel entstellt sind, weil man auf diese Weise doch das unmittelbare Nennen vermied; oder sie beziehen sich auf seine Gestalt und Farbe, und sind noch andern Ursprungs. Dahin gehören auch die Redensarten: Hol's der Geier! Hol's der Hund! (Vgl. Deutscher 3 u. Frommann, II, 501; III, 252, 243.)

*17 Das mag der Geier holen!

In Tirol denkt man bei dieser sprichwörtlichen Verwünschungsformel zunächst wol nur an den Lämmergeier, der zuweilen selbst kleine Kinder überfällt und in seinen Klauen durch die Luft als Beute mit sich fortträgt.

*18 Das mag der Geier wissen!

Frz.: Le diable n'en sait rien.

*19 Das ist der Geier im Taubenschlage.

Wenn durch irgendetwas grosse Bestürzung und Verwirrung erzeugt wird.

*20 Dass dich der Geier schände!Eiselein, 216.

*21 Dass dir's der Geier gesegne!Schottel, 1113a.

In den Redensarten: Zum Geier! Dass dich der Geier! u. m. a. steht Geier (in mehreren Mundarten Géier) verhüllend für Teufel. (Vgl. Donner 30, Henker, Kukuk, Seele, Teufel, wie Frommann, II, 506.)

*22 Dass ihn der Geier hole!

*23 Der Geyer hat a Water derzwischen gemacht. (Schles.)

„Wen ober der geyer ewe e Water derzwischen macht.“ (Palm, 51, 5.) Wenn etwas dazwischenkommt, das die Ausführung des Plans, die Erreichung des Zwecks hindert.

*24 Der Geier ist (wieder) los.

Dass Geier hier eine Verhüllung für Teufel ist, sieht man aus dem böhmischen Ausdruck: Kožel jest utržený (Der Bock ist los).

*25 Der Geyr sitten gor zum Oogen rauss.Robinson, 277.

[Spaltenumbruch] *26 Einen dürren Geier schinden.

Im Jahre 1567 wurde auf dem Markte zu Gotha das Blutgerüst Wilhelm von Grumbach's, der den Bischof von Würzburg ermordet hatte, errichtet. Als der Verurtheilte entkleidet wurde, sprach er mit grösster Ruhe zum Henker: „Du schindest heut' einen dürren Geier.“

*27 Er ist des Geiers Schatten (Gefährte).

Von Erbschleichern und andern Habgierigen.

*28 Es ist, wie wenn man den Gyren rupfte. (Schweiz.) – Kirchhofer, 79; Eiselein, 265.

Wenn sich alle gegen einen vereinigen, um ihn zu drücken oder ihm den Untergang zu bereiten. Die Redensart ist von einem sehr alten Pfänderspiel entlehnt, wobei alle über einen herfallen, und das wahrscheinlich den Vögeln nachgeahmt ist, die, wenn sie einen Geier (schweizerisch: Gyr) oder einen andern Raubvogel gewahren, sich versammeln und ihn mit grossem Geschrei verfolgen. Wie alt das erwähnte Spiel ist, zeigt der Titel einer polemischen Schrift, welche vor 300 Jahren zu Zürich gegen den bischöflichen Vicar Joh. Faber unter dem Titel Das Gyrenrupfen erschien.

*29 Hoat dich der Geer schun drüber geführt.Gomolcke, 420; Frommann, III, 413, 489.

*30 Hut a denn a Geer?Gomolcke, 438; Robinson, 724.

*31 Ihr froit an tudten Geer darnoch, was 's Kurn gilt.Gomolcke, 611.

*32 Wenn de nuer bim Géier wärscht! (Elsass.)

*33 Wo Geier's.Eiselein, 216.

*34 Woas der Geier nich koan, weil a jung is.Gomolcke, 1072; Frommann, III, 249, 270.

Macht der Jugend bei Erreichung von gewissen Absichten.

*35 Zum Geier!Eiselein, 216.


Geige.

1 Alte Geigen vberzeucht man auch mit newen saiten.Gruter, III, 5; Lehmann, II, 34, 32; Simrock, 3177; Reinsberg I, 118.

Von ungleichen Heirathen. (S. 24.)

2 Auf einer alten Geige ist der Tanz gemacht, ehe die neue gestimmt ist.Eiselein, 216.

3 Auf einer verstimmten Geige bringt auch ein guter Spieler keine reinen Töne.

4 Die Geige ist gut, wann sie nur ein streich helt.Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 155.

5 Die Geige, wonach der Advocat tanzt, ist ein Schinken.Illustrirtes Familien-Journal, 1859, 112a.

6 Die Geigen sind gestimmt, der Tanz kann losgehen.

7 Ein kleine Geig ist mit Einem Fiedelbogen offt nicht zufrieden.Lehmann, 401, 52; Eiselein, 216; Simrock, 3187.

Um Geilheit zu bezeichnen.

8 Eine alte Geige klingt besser als eine neue.Parömiakon, 1552.

Vorzug des Alters vor der unerfahrenen, noch nicht von den mancherlei Schicksalen des Lebens rein gestimmten Jugend.

9 Eine Geige wirkt mehr als eine Feige.Parömiakon, 1525.

Nämlich Ohrfeige. Vorzug der Milde vor der Strenge. Mit einem freundlichen Worte setzt man oft mehr durch als mit einem Faustschlage.

10 Einer gestimmten Geige zwei Jahre trauen ist besser als einem Mädchen zwei Minuten.

11 Lange Geige, übler Ton.

12 Man muss offt ein ander Geig nehmen vnd spielen wie die Geig will.Lehmann, 77, 45.

13 Mancher will nicht nach der Teutschen noch Welschen Geigen tantzen.Lehmann, 768, 14.

14 Mann muss ein andere Geig nemen, wenn mann die erst nit gern hört.Lehmann, 176, 17.

15 Ohne Geige tanzt man nicht.

Die Franzosen sagen: Le parlement n'a presque jamais dansé sans viole –, weil seit den Jahren 1506-1642 elf Mitglieder der Familie Violle einen Sitz im Parlament gehabt haben. (Leroux, II, 55.)

16 Wenn die Geige nährt den Mann, nimmt sie ihn zum Fiedler an.Eiselein, 216.

17 Wenn die Geige stimmt, muss man nicht an den Wirbeln drehen.

*18 Alles soll zu seiner Geige stimmen.

*19 Doat äs în (eine) wä en Gêch.Frommann, V, 35, 63.

Sie ist immer lustig.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0750" n="[722]"/>
        <cb n="1443"/>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Geide.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Wann die Geide aussgedrusen, so werden sie gesund darnach.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1583, 39.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Geier.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 Der Geier hol' die alte Leier.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Ridetur chorda qui semper oberrat eadem. (<hi rendition="#i">Philippi, II, 158.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Die Giren fliegen gerne dar, wo sie des Aases nehmen wahr.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Ein gefangener Geier hat auch noch Krallen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die schärfsten Krallen soll nach einem böhmischen Sprichwort der Geier haben, der sich in einen Habicht verwandelt hat: Verwandlungen, die der Volksglaube ehedem vielseitig annahm: Kdy&#x017E; se kán&#x0115; zjest&#x0159;abí, vice drápe ne&#x017E;li rozený jest&#x0159;áb. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 101.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Kiedy zjastrz&#x0119;bieje sowa, chce wy&#x017E;széj lataé soko&#x0142;a. (<hi rendition="#i">&#x010C;elakovský, 101.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Ein Geier, der Aas frisst, riecht nicht nach Ambra.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Ein Geier heckt kein Zeislein aus.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Colubra restim non parit. (<hi rendition="#i">Binder II, 528; Petron., 45, 297.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Einen Geier lässt niemand unter sein Dach bauen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Was der Geier einmal in seinen Klauen hat, das lässt er nicht los.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Wenn der Geier stirbt, weinen die Hühner nicht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Wenn der Geier todt ist, so muss man auch das Nest (noch) zerstören.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Wenn du ein Geier bist, so pass' aufs Aas.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Von Erbschleichern, die auf den Tod kinderloser Greise lauern, wie Raubvögel auf Aas.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Wer einen Geyer schindet, hat ein magern Vogel.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1441, 45; Petri, II, 701; Simrock, 3176.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Wer wie ein Geier gelebt, wird nicht wie eine Taube sterben.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 2725.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">13 Wo der Geier will einziehen, müssen die Tauben fliehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*14 A frässe a Geer, wenn a nicht zoappelte.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 509.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*15 A froit en Geer (oder: an tudte Geer) dernoch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Robinson, 155; Gomolcke, 22.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*16 A werd ei Geiers<hi rendition="#sup">1</hi> Kiche kummen.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Frommann, III, 248, 255.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Verhüllung für Teufel. Die Scheu des Volks, gewisse Wörter, wie Gott, Christus, Himmel, Sakrament u. s. w. auszusprechen, erstreckt sich namentlich auf den Teufel, dessen Namen, besonders in früherer Zeit, zu nennen man ganz besonders zu vermeiden suchte. In allen Gegenden finden sich dafür Ausdrücke, die entweder aus dem Namen Teufel entstellt sind, weil man auf diese Weise doch das unmittelbare Nennen vermied; oder sie beziehen sich auf seine Gestalt und Farbe, und sind noch andern Ursprungs. Dahin gehören auch die Redensarten: Hol's der Geier! Hol's der Hund! (Vgl. Deutscher 3 u. <hi rendition="#i">Frommann, II, 501; III, 252, 243.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*17 Das mag der Geier holen!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">In Tirol denkt man bei dieser sprichwörtlichen Verwünschungsformel zunächst wol nur an den Lämmergeier, der zuweilen selbst kleine Kinder überfällt und in seinen Klauen durch die Luft als Beute mit sich fortträgt.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*18 Das mag der Geier wissen!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Le diable n'en sait rien.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*19 Das ist der Geier im Taubenschlage.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn durch irgendetwas grosse Bestürzung und Verwirrung erzeugt wird.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*20 Dass dich der Geier schände!</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 216.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*21 Dass dir's der Geier gesegne!</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Schottel, 1113<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">In den Redensarten: Zum Geier! Dass dich der Geier! u. m. a. steht Geier (in mehreren Mundarten Géier) verhüllend für Teufel. (Vgl. Donner 30, Henker, Kukuk, Seele, Teufel, wie <hi rendition="#i">Frommann, II, 506.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*22 Dass ihn der Geier hole!</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*23 Der Geyer hat a Water derzwischen gemacht.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Wen ober der geyer ewe e Water derzwischen macht.&#x201C; (<hi rendition="#i">Palm, 51, 5.</hi>) Wenn etwas dazwischenkommt, das die Ausführung des Plans, die Erreichung des Zwecks hindert.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*24 Der Geier ist (wieder) los.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Dass Geier hier eine Verhüllung für Teufel ist, sieht man aus dem böhmischen Ausdruck: Ko&#x017E;el jest utr&#x017E;ený (Der Bock ist los).</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*25 Der Geyr sitten gor zum Oogen rauss.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Robinson, 277.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="1444"/>
*26 Einen dürren Geier schinden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Im Jahre 1567 wurde auf dem Markte zu Gotha das Blutgerüst Wilhelm von Grumbach's, der den Bischof von Würzburg ermordet hatte, errichtet. Als der Verurtheilte entkleidet wurde, sprach er mit grösster Ruhe zum Henker: &#x201E;Du schindest heut' einen dürren Geier.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*27 Er ist des Geiers Schatten (Gefährte).</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Von Erbschleichern und andern Habgierigen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*28 Es ist, wie wenn man den Gyren rupfte.</hi> (<hi rendition="#i">Schweiz.</hi>) &#x2013; <hi rendition="#i">Kirchhofer, 79; Eiselein, 265.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn sich alle gegen einen vereinigen, um ihn zu drücken oder ihm den Untergang zu bereiten. Die Redensart ist von einem sehr alten Pfänderspiel entlehnt, wobei alle über einen herfallen, und das wahrscheinlich den Vögeln nachgeahmt ist, die, wenn sie einen Geier (schweizerisch: Gyr) oder einen andern Raubvogel gewahren, sich versammeln und ihn mit grossem Geschrei verfolgen. Wie alt das erwähnte Spiel ist, zeigt der Titel einer polemischen Schrift, welche vor 300 Jahren zu Zürich gegen den bischöflichen Vicar Joh. Faber unter dem Titel <hi rendition="#i">Das Gyrenrupfen</hi> erschien.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*29 Hoat dich der Geer schun drüber geführt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 420; Frommann, III, 413, 489.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*30 Hut a denn a Geer?</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 438; Robinson, 724.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*31 Ihr froit an tudten Geer darnoch, was 's Kurn gilt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 611.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*32 Wenn de nuer bim Géier wärscht!</hi> (<hi rendition="#i">Elsass.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*33 Wo Geier's.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 216.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*34 Woas der Geier nich koan, weil a jung is.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gomolcke, 1072; Frommann, III, 249, 270.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Macht der Jugend bei Erreichung von gewissen Absichten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*35 Zum Geier!</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 216.</hi></p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Geige.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Alte Geigen vberzeucht man auch mit newen saiten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 5; Lehmann, II, 34, 32; Simrock, 3177; Reinsberg I, 118.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Von ungleichen Heirathen. (S. 24.)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Auf einer alten Geige ist der Tanz gemacht, ehe die neue gestimmt ist.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 216.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">3 Auf einer verstimmten Geige bringt auch ein guter Spieler keine reinen Töne.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Die Geige ist gut, wann sie nur ein streich helt.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 155.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">5 Die Geige, wonach der Advocat tanzt, ist ein Schinken.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Illustrirtes Familien-Journal, 1859, 112<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Die Geigen sind gestimmt, der Tanz kann losgehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Ein kleine Geig ist mit Einem Fiedelbogen offt nicht zufrieden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 401, 52; Eiselein, 216; Simrock, 3187.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Um Geilheit zu bezeichnen.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Eine alte Geige klingt besser als eine neue.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 1552.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Vorzug des Alters vor der unerfahrenen, noch nicht von den mancherlei Schicksalen des Lebens rein gestimmten Jugend.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">9 Eine Geige wirkt mehr als eine Feige.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Parömiakon, 1525.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Nämlich Ohrfeige. Vorzug der Milde vor der Strenge. Mit einem freundlichen Worte setzt man oft mehr durch als mit einem Faustschlage.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Einer gestimmten Geige zwei Jahre trauen ist besser als einem Mädchen zwei Minuten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Lange Geige, übler Ton.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">12 Man muss offt ein ander Geig nehmen vnd spielen wie die Geig will.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 77, 45.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Mancher will nicht nach der Teutschen noch Welschen Geigen tantzen.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 768, 14.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Mann muss ein andere Geig nemen, wenn mann die erst nit gern hört.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 176, 17.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">15 Ohne Geige tanzt man nicht.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Die Franzosen sagen: Le parlement n'a presque jamais dansé sans viole &#x2013;, weil seit den Jahren 1506-1642 elf Mitglieder der Familie Violle einen Sitz im Parlament gehabt haben. (<hi rendition="#i">Leroux, II, 55.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">16 Wenn die Geige nährt den Mann, nimmt sie ihn zum Fiedler an.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 216.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">17 Wenn die Geige stimmt, muss man nicht an den Wirbeln drehen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*18 Alles soll zu seiner Geige stimmen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*19 Doat äs în (eine) wä en Gêch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Frommann, V, 35, 63.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Sie ist immer lustig.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[722]/0750] Geide. Wann die Geide aussgedrusen, so werden sie gesund darnach. – Henisch, 1583, 39. Geier. 1 Der Geier hol' die alte Leier. Lat.: Ridetur chorda qui semper oberrat eadem. (Philippi, II, 158.) 2 Die Giren fliegen gerne dar, wo sie des Aases nehmen wahr. 3 Ein gefangener Geier hat auch noch Krallen. Die schärfsten Krallen soll nach einem böhmischen Sprichwort der Geier haben, der sich in einen Habicht verwandelt hat: Verwandlungen, die der Volksglaube ehedem vielseitig annahm: Když se kánĕ zjestřabí, vice drápe nežli rozený jestřáb. (Čelakovský, 101.) Poln.: Kiedy zjastrzębieje sowa, chce wyžszéj lataé sokoła. (Čelakovský, 101.) 4 Ein Geier, der Aas frisst, riecht nicht nach Ambra. 5 Ein Geier heckt kein Zeislein aus. Lat.: Colubra restim non parit. (Binder II, 528; Petron., 45, 297.) 6 Einen Geier lässt niemand unter sein Dach bauen. 7 Was der Geier einmal in seinen Klauen hat, das lässt er nicht los. 8 Wenn der Geier stirbt, weinen die Hühner nicht. 9 Wenn der Geier todt ist, so muss man auch das Nest (noch) zerstören. 10 Wenn du ein Geier bist, so pass' aufs Aas. Von Erbschleichern, die auf den Tod kinderloser Greise lauern, wie Raubvögel auf Aas. 11 Wer einen Geyer schindet, hat ein magern Vogel. – Henisch, 1441, 45; Petri, II, 701; Simrock, 3176. 12 Wer wie ein Geier gelebt, wird nicht wie eine Taube sterben. – Parömiakon, 2725. 13 Wo der Geier will einziehen, müssen die Tauben fliehen. *14 A frässe a Geer, wenn a nicht zoappelte. – Gomolcke, 509. *15 A froit en Geer (oder: an tudte Geer) dernoch. – Robinson, 155; Gomolcke, 22. *16 A werd ei Geiers1 Kiche kummen. (Schles.) – Frommann, III, 248, 255. 1) Verhüllung für Teufel. Die Scheu des Volks, gewisse Wörter, wie Gott, Christus, Himmel, Sakrament u. s. w. auszusprechen, erstreckt sich namentlich auf den Teufel, dessen Namen, besonders in früherer Zeit, zu nennen man ganz besonders zu vermeiden suchte. In allen Gegenden finden sich dafür Ausdrücke, die entweder aus dem Namen Teufel entstellt sind, weil man auf diese Weise doch das unmittelbare Nennen vermied; oder sie beziehen sich auf seine Gestalt und Farbe, und sind noch andern Ursprungs. Dahin gehören auch die Redensarten: Hol's der Geier! Hol's der Hund! (Vgl. Deutscher 3 u. Frommann, II, 501; III, 252, 243.) *17 Das mag der Geier holen! In Tirol denkt man bei dieser sprichwörtlichen Verwünschungsformel zunächst wol nur an den Lämmergeier, der zuweilen selbst kleine Kinder überfällt und in seinen Klauen durch die Luft als Beute mit sich fortträgt. *18 Das mag der Geier wissen! Frz.: Le diable n'en sait rien. *19 Das ist der Geier im Taubenschlage. Wenn durch irgendetwas grosse Bestürzung und Verwirrung erzeugt wird. *20 Dass dich der Geier schände! – Eiselein, 216. *21 Dass dir's der Geier gesegne! – Schottel, 1113a. In den Redensarten: Zum Geier! Dass dich der Geier! u. m. a. steht Geier (in mehreren Mundarten Géier) verhüllend für Teufel. (Vgl. Donner 30, Henker, Kukuk, Seele, Teufel, wie Frommann, II, 506.) *22 Dass ihn der Geier hole! *23 Der Geyer hat a Water derzwischen gemacht. (Schles.) „Wen ober der geyer ewe e Water derzwischen macht.“ (Palm, 51, 5.) Wenn etwas dazwischenkommt, das die Ausführung des Plans, die Erreichung des Zwecks hindert. *24 Der Geier ist (wieder) los. Dass Geier hier eine Verhüllung für Teufel ist, sieht man aus dem böhmischen Ausdruck: Kožel jest utržený (Der Bock ist los). *25 Der Geyr sitten gor zum Oogen rauss. – Robinson, 277. *26 Einen dürren Geier schinden. Im Jahre 1567 wurde auf dem Markte zu Gotha das Blutgerüst Wilhelm von Grumbach's, der den Bischof von Würzburg ermordet hatte, errichtet. Als der Verurtheilte entkleidet wurde, sprach er mit grösster Ruhe zum Henker: „Du schindest heut' einen dürren Geier.“ *27 Er ist des Geiers Schatten (Gefährte). Von Erbschleichern und andern Habgierigen. *28 Es ist, wie wenn man den Gyren rupfte. (Schweiz.) – Kirchhofer, 79; Eiselein, 265. Wenn sich alle gegen einen vereinigen, um ihn zu drücken oder ihm den Untergang zu bereiten. Die Redensart ist von einem sehr alten Pfänderspiel entlehnt, wobei alle über einen herfallen, und das wahrscheinlich den Vögeln nachgeahmt ist, die, wenn sie einen Geier (schweizerisch: Gyr) oder einen andern Raubvogel gewahren, sich versammeln und ihn mit grossem Geschrei verfolgen. Wie alt das erwähnte Spiel ist, zeigt der Titel einer polemischen Schrift, welche vor 300 Jahren zu Zürich gegen den bischöflichen Vicar Joh. Faber unter dem Titel Das Gyrenrupfen erschien. *29 Hoat dich der Geer schun drüber geführt. – Gomolcke, 420; Frommann, III, 413, 489. *30 Hut a denn a Geer? – Gomolcke, 438; Robinson, 724. *31 Ihr froit an tudten Geer darnoch, was 's Kurn gilt. – Gomolcke, 611. *32 Wenn de nuer bim Géier wärscht! (Elsass.) *33 Wo Geier's. – Eiselein, 216. *34 Woas der Geier nich koan, weil a jung is. – Gomolcke, 1072; Frommann, III, 249, 270. Macht der Jugend bei Erreichung von gewissen Absichten. *35 Zum Geier! – Eiselein, 216. Geige. 1 Alte Geigen vberzeucht man auch mit newen saiten. – Gruter, III, 5; Lehmann, II, 34, 32; Simrock, 3177; Reinsberg I, 118. Von ungleichen Heirathen. (S. 24.) 2 Auf einer alten Geige ist der Tanz gemacht, ehe die neue gestimmt ist. – Eiselein, 216. 3 Auf einer verstimmten Geige bringt auch ein guter Spieler keine reinen Töne. 4 Die Geige ist gut, wann sie nur ein streich helt. – Gruter, III, 21; Lehmann, II, 84, 155. 5 Die Geige, wonach der Advocat tanzt, ist ein Schinken. – Illustrirtes Familien-Journal, 1859, 112a. 6 Die Geigen sind gestimmt, der Tanz kann losgehen. 7 Ein kleine Geig ist mit Einem Fiedelbogen offt nicht zufrieden. – Lehmann, 401, 52; Eiselein, 216; Simrock, 3187. Um Geilheit zu bezeichnen. 8 Eine alte Geige klingt besser als eine neue. – Parömiakon, 1552. Vorzug des Alters vor der unerfahrenen, noch nicht von den mancherlei Schicksalen des Lebens rein gestimmten Jugend. 9 Eine Geige wirkt mehr als eine Feige. – Parömiakon, 1525. Nämlich Ohrfeige. Vorzug der Milde vor der Strenge. Mit einem freundlichen Worte setzt man oft mehr durch als mit einem Faustschlage. 10 Einer gestimmten Geige zwei Jahre trauen ist besser als einem Mädchen zwei Minuten. 11 Lange Geige, übler Ton. 12 Man muss offt ein ander Geig nehmen vnd spielen wie die Geig will. – Lehmann, 77, 45. 13 Mancher will nicht nach der Teutschen noch Welschen Geigen tantzen. – Lehmann, 768, 14. 14 Mann muss ein andere Geig nemen, wenn mann die erst nit gern hört. – Lehmann, 176, 17. 15 Ohne Geige tanzt man nicht. Die Franzosen sagen: Le parlement n'a presque jamais dansé sans viole –, weil seit den Jahren 1506-1642 elf Mitglieder der Familie Violle einen Sitz im Parlament gehabt haben. (Leroux, II, 55.) 16 Wenn die Geige nährt den Mann, nimmt sie ihn zum Fiedler an. – Eiselein, 216. 17 Wenn die Geige stimmt, muss man nicht an den Wirbeln drehen. *18 Alles soll zu seiner Geige stimmen. *19 Doat äs în (eine) wä en Gêch. – Frommann, V, 35, 63. Sie ist immer lustig.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/750
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [722]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/750>, abgerufen am 22.12.2024.