Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] Gegenwärtiger. Dem gegenwertigen gebührt, was gegenwertig, vnnd dem nachkommenden, was hernach kommet. - Lehmann, 247, 36. Gegenwehr. 1 Gegenwehr ist erlaubt. - Kirchhofer, 221; Graf, 390, 571. Die Gegenwehr ist nur innerhalb der Grenzen der Nothwehr erlaubt. 2 Gegenwehr ist nicht (niemand) verboten. (S. Nothwehr.) - Graf, 390, 570; Hillebrand, 193, 275; Eiselein, 215; Simrock, 3167; Philippi, I, 41. Nämlich dann nicht, wenn sie als Nothwehr erscheint. Dieser war im Mittelalter und ist unter freien Verfassungen noch jetzt (England, Nordamerika) ein weites Feld gewährt. "Wenn einem gewalt geschähe in dem seinen, so soll der hauswirt denselben todtschlagen und unter dem sülle ein loch durchgraben und den thäter darunter durchziehen und (als Scheinbusse) dem haushahnen den kopf abhauen und dem getödteten auf die brust legen, oder einen örden schilling; damit soll er gebessert (gebüsst) seyn." Vgl. Grimm, Weisth., III, 308, und dessen Rechtsalt., 679. - Schiller lässt den Stauffacher sagen: "Der Güter höchstes dürfen wir vertheidigen gegen Gewalt." Lat.: Armaque in armatos sumere jura sinunt. (Eiselein, 215.) Gegenwind. * Gegenwind haben. - Sendbrief von der Messkrankheit, Satire gegen Murner. Gehaben. Fragt jemand, wie wir uns gehaben, so sagt, wir sind lebend begraben. Geharnischte. Zehn Geharnischte können einem Nackten kein Hemd ausziehen. Aehnlich die Osmanen bei Schlechta, 145. Gehauen. *1 Es ist weder gehauen noch gestochen. Man bedient sich dieser Redensart, wenn jemand etwas Ungereimtes zu Markte bringt. Wahrscheinlich von Bildhauerei und Kupferstich entlehnt. Jemand meint, die Redensart müsse von einem Fechtmeister oder Epigrammatiker, also einem geistigen Fechtmeister, herrühren, da es beiden oft weniger um Unterricht und Verbesserung, als um das liebe Brot zu thun sei. Schlesisch: 'S wider gehoh'n noch gestoh'n. (Palm, 58, 3.) *2 Ma wess nich, ob's gehaun noch gestochen is. (Schles.) - Frommann, 245, 115; Robinson, 145. Gehäuse. Wer blos aufs Gehäuse sieht, kauft schlechte Uhren. Geheb. * Er ist geheber dan ein Sib. - Schottel, 1115a. Gehege. *1 Einem ins Gehege gehen. - Sandvoss, 331. Einen auszustechen suchen, ihm den Vorrang abgewinnen, ihm einen Vortheil wegschnappen, seine Absichten und Plane durchkreuzen. Frz.: Aller sur les brisees de quelqu'un. - Mettre la faucille dans la moisson d'autrui. (Lendroy, 719.) *2 Er chunnt em i's G'heg. (Solothurn.) - Schild, 76, 223. *3 Schreite nicht zu fern auss dem geheg. - Petri, II, 532. Gehei. * Ein Gehei an etwas haben (mit etwas treiben). "Da werden Spötter daraus, die aus Gottes Wort das Gehei und Gespött treiben." (Luther; Saltzmann, Anh. 30.) Geheien. 1 Wer sich nicht will lassen geheyen1, der muss die Welt meiden. - Henisch, 1436, 63. 1) Verspotten (illudere, ludificare). *2 Es g'heit e. (Solothurn.) - Schild, 83, 301. Es ärgert ihn. *3 Was g'heit 's e. (Solothurn.) - Schild, 83, 302. Was geht es ihm an! Vgl. über das Wort geheyen (g'heien), keyen, wie den vielseitigen Gebrauch desselben Stalder, II, 31. Geheim. 1 Es ist nicht so gheym, das alweg bleib im geheym. - Franck, II, 17b. 2 Es ist so geheim, dass es ein Blinder greifen kann. Dän.: Det er saa lönligt, at ikke end de blinde kunde see det. (Prov. dan., 396.) 3 Geheym bleib geheym. - Franck, I, 112a; Petri, II, 326; Schottel, 1141a. [Spaltenumbruch] 4 Was geheim bleiben soll, muss man geheim halten. Geheimniss. 1 An einem Geheimniss ist kein Segen. Jüd.-deutsch: An e Sod is kaan Brooche. (Tendlau, 847.) 2 Das Geheimniss ist dein Gefangener, so lange du es bewahrst; du aber bist sein Gefangener, wenn du es offenbarst. - Sailer, 281. Und um zu zeigen, wie vorsichtig man mit Geheimnissen umgehen soll, sagen die Araber im Sprichwort: Bei dunkler Nacht ziehe kein weiss Kleid an, es verräth dich! It.: Segreto confidato non e piu segreto. (Bohn I, 125.) - Si fa schiavo, e non lo sa chi dice il suo secreto a chi nol sa. (Pazzaglia, 344, 7.) 3 Das grösste Geheimniss zur Erhaltung der Hoheit1 ist, dieselbe vor den Unterthanen geheim zu halten. - Opel, 374. 1) Hoheit, Ansehen, Würde. 4 Ein Geheimniss bewahrt jede Frau, sie trägt weder Jahre noch Fehler zur Schau. (Mailand.) 5 Ein Geheimniss erfährt man am leichtesten bei Händeln und beim Wein. Span.: Si secretos quieres saber, buscalos en el pesar o en el placer. (Bohn I, 257.) 6 Ein Geheimniss ist beim Weibe verschlossen, wie Wasser, in ein Sieb gegossen. Daher warnt ein venetianisches Sprichwort: Erzähle deine Geheimnisse nicht den Frauen. Und in Bergamo sagt man: Das Geheimniss der Frauen erfährt nicht eine, als ihr, als ich und die ganze Gemeine. Die Spanier empfehlen, einer Frau und einer Elster nur das anzuvertrauen, was alle Welt wissen kann. Die französischen Neger behaupten: Wenn der Mann seine Geheimnisse seiner Frau anvertraut, so wird sie ihn auf den Teufelsweg bringen. (Reinsberg I, 15 u. 16.) 7 Ein Geheimniss ist schwer zu bewahren. Böhm.: Ze vsech veci nejtezsi zamlceti tajemstvi. (Celakovsky, 78.) 8 Ein Geheimniss juckt auf der Zunge. Böhm.: Svrbi jazyk toho, kdo vi co tajneho. (Celakovsky, 78.) Poln.: Swierzbi jezyk tego, kto wie co tajemnego (dwornego). (Celakovsky, 78.) 9 Ein Geheimniss muss man auch seinem Hemde nicht verrathen. Böhm.: Co chces miti tajneho, mej u sebe sameho. (Celakovsky, 79.) Frz.: Ne dire a ta fame ce que tu celer veus. (Leroux, I, 149.) It.: Tua camiscia non sappia il tuo secreto. (Pazzaglia, 328, 8.) 10 Von zehn Geheimnissen soll man neun bei sich bewahren und das zehnte nicht ausplaudern. Dän.: Aabenbar een af tusinde hemmelige sager; man giör endnu bedre at aabenbare ingen deraf. (Prov. dan., 1.) 11 Was Geheimniss bleiben soll, muss man niemand anvertrauen. Denn, sagen die Basken: Ein Geheimniss auch hinter dem Busch gesagt, wird bald öffentlich. - Hinter dem Busch ist oft ein Ohr. (Reinsberg III, 78.) Die krimschen Tataren: Lege dein Geheimniss in den Mund des Bosporus, er wird es dem Schwarzen Meere verrathen. (Altmann III.) Der Abyssinier: Wenn dein Geheimniss der Nil hört, so wird es auch die Wüste erfahren. (Altmann II.) Frz.: Dire ne doibs ton secret, derriere paroy ne forest. (Leroux, I, 48.) - Ta chemise ne sache ta guise. (Lendroy, 1600.) Span.: Tras pared ni tras seto, no digas en secreto. (Bohn I, 259.) 12 Wenn du dein Geheimniss bewahren willst, so sage es keiner Frau. Frz.: On ne doibt dire son secret a femme, fol et enfant. (Leroux, II, 273.) Lat.: Secreta infanti, ebrio, mulieri, stulto. (Bovill, I, 50.) 13 Wer die Geheimnisse des Herrn wissen will, muss dem Bedienten auf den Zahn fühlen. Es muss sehr selten vorkommen, dass Diener ein Geheimniss bewahren; denn ein morgenländisches Sprichwort sagt: Ein Geheimniss, das im Munde eines Dieners verfault, riecht wie Bisam. Frz.: Pour savoir le secret du maeitre il faut langueyer ses valets. 14 Wer ein Geheimniss will haben kund, vertraue es einem verschwiegenen Mund. "Nichts kommt so rasch in Umlauf als ein Geheimniss." (Roman und Wirklichkeit von Miss L. E. Landon.) It.: In bocca del discreto cio, ch' e publico e secreto. (Pazzaglia, 344, 9.) [Spaltenumbruch] Gegenwärtiger. Dem gegenwertigen gebührt, was gegenwertig, vnnd dem nachkommenden, was hernach kommet. – Lehmann, 247, 36. Gegenwehr. 1 Gegenwehr ist erlaubt. – Kirchhofer, 221; Graf, 390, 571. Die Gegenwehr ist nur innerhalb der Grenzen der Nothwehr erlaubt. 2 Gegenwehr ist nicht (niemand) verboten. (S. Nothwehr.) – Graf, 390, 570; Hillebrand, 193, 275; Eiselein, 215; Simrock, 3167; Philippi, I, 41. Nämlich dann nicht, wenn sie als Nothwehr erscheint. Dieser war im Mittelalter und ist unter freien Verfassungen noch jetzt (England, Nordamerika) ein weites Feld gewährt. „Wenn einem gewalt geschähe in dem seinen, so soll der hauswirt denselben todtschlagen und unter dem sülle ein loch durchgraben und den thäter darunter durchziehen und (als Scheinbusse) dem haushahnen den kopf abhauen und dem getödteten auf die brust legen, oder einen örden schilling; damit soll er gebessert (gebüsst) seyn.“ Vgl. Grimm, Weisth., III, 308, und dessen Rechtsalt., 679. – Schiller lässt den Stauffacher sagen: „Der Güter höchstes dürfen wir vertheidigen gegen Gewalt.“ Lat.: Armaque in armatos sumere jura sinunt. (Eiselein, 215.) Gegenwind. * Gegenwind haben. – Sendbrief von der Messkrankheit, Satire gegen Murner. Gehaben. Fragt jemand, wie wir uns gehaben, so sagt, wir sind lebend begraben. Geharnischte. Zehn Geharnischte können einem Nackten kein Hemd ausziehen. Aehnlich die Osmanen bei Schlechta, 145. Gehauen. *1 Es ist weder gehauen noch gestochen. Man bedient sich dieser Redensart, wenn jemand etwas Ungereimtes zu Markte bringt. Wahrscheinlich von Bildhauerei und Kupferstich entlehnt. Jemand meint, die Redensart müsse von einem Fechtmeister oder Epigrammatiker, also einem geistigen Fechtmeister, herrühren, da es beiden oft weniger um Unterricht und Verbesserung, als um das liebe Brot zu thun sei. Schlesisch: 'S wider gehoh'n noch gestoh'n. (Palm, 58, 3.) *2 Ma wêss nich, ob's gehaun noch gestochen is. (Schles.) – Frommann, 245, 115; Robinson, 145. Gehäuse. Wer blos aufs Gehäuse sieht, kauft schlechte Uhren. Geheb. * Er ist geheber dan ein Sib. – Schottel, 1115a. Gehege. *1 Einem ins Gehege gehen. – Sandvoss, 331. Einen auszustechen suchen, ihm den Vorrang abgewinnen, ihm einen Vortheil wegschnappen, seine Absichten und Plane durchkreuzen. Frz.: Aller sur les brisées de quelqu'un. – Mettre la faucille dans la moisson d'autrui. (Lendroy, 719.) *2 Er chunnt em i's G'heg. (Solothurn.) – Schild, 76, 223. *3 Schreite nicht zu fern auss dem geheg. – Petri, II, 532. Gehei. * Ein Gehei an etwas haben (mit etwas treiben). „Da werden Spötter daraus, die aus Gottes Wort das Gehei und Gespött treiben.“ (Luther; Saltzmann, Anh. 30.) Geheien. 1 Wer sich nicht will lassen geheyen1, der muss die Welt meiden. – Henisch, 1436, 63. 1) Verspotten (illudere, ludificare). *2 Es g'heit e. (Solothurn.) – Schild, 83, 301. Es ärgert ihn. *3 Was g'heit 's e. (Solothurn.) – Schild, 83, 302. Was geht es ihm an! Vgl. über das Wort geheyen (g'heien), keyen, wie den vielseitigen Gebrauch desselben Stalder, II, 31. Geheim. 1 Es ist nicht so gheym, das alweg bleib im geheym. – Franck, II, 17b. 2 Es ist so geheim, dass es ein Blinder greifen kann. Dän.: Det er saa lønligt, at ikke end de blinde kunde see det. (Prov. dan., 396.) 3 Geheym bleib geheym. – Franck, I, 112a; Petri, II, 326; Schottel, 1141a. [Spaltenumbruch] 4 Was geheim bleiben soll, muss man geheim halten. Geheimniss. 1 An einem Geheimniss ist kein Segen. Jüd.-deutsch: An e Sod is kaan Brooche. (Tendlau, 847.) 2 Das Geheimniss ist dein Gefangener, so lange du es bewahrst; du aber bist sein Gefangener, wenn du es offenbarst. – Sailer, 281. Und um zu zeigen, wie vorsichtig man mit Geheimnissen umgehen soll, sagen die Araber im Sprichwort: Bei dunkler Nacht ziehe kein weiss Kleid an, es verräth dich! It.: Segreto confidato non è più segreto. (Bohn I, 125.) – Si fa schiavo, e non lo sa chi dice il suo secreto a chi nol sà. (Pazzaglia, 344, 7.) 3 Das grösste Geheimniss zur Erhaltung der Hoheit1 ist, dieselbe vor den Unterthanen geheim zu halten. – Opel, 374. 1) Hoheit, Ansehen, Würde. 4 Ein Geheimniss bewahrt jede Frau, sie trägt weder Jahre noch Fehler zur Schau. (Mailand.) 5 Ein Geheimniss erfährt man am leichtesten bei Händeln und beim Wein. Span.: Si secretos quieres saber, búscalos en el pesar ó en el placer. (Bohn I, 257.) 6 Ein Geheimniss ist beim Weibe verschlossen, wie Wasser, in ein Sieb gegossen. Daher warnt ein venetianisches Sprichwort: Erzähle deine Geheimnisse nicht den Frauen. Und in Bergamo sagt man: Das Geheimniss der Frauen erfährt nicht eine, als ihr, als ich und die ganze Gemeine. Die Spanier empfehlen, einer Frau und einer Elster nur das anzuvertrauen, was alle Welt wissen kann. Die französischen Neger behaupten: Wenn der Mann seine Geheimnisse seiner Frau anvertraut, so wird sie ihn auf den Teufelsweg bringen. (Reinsberg I, 15 u. 16.) 7 Ein Geheimniss ist schwer zu bewahren. Böhm.: Ze všech vĕcí nejtĕžší zamlčeti tajemství. (Čelakovský, 78.) 8 Ein Geheimniss juckt auf der Zunge. Böhm.: Svrbí jazyk toho, kdo ví co tajného. (Čelakovský, 78.) Poln.: Swierzbi język tego, kto wie co tajemnego (dwornego). (Čelakovský, 78.) 9 Ein Geheimniss muss man auch seinem Hemde nicht verrathen. Böhm.: Co chceš míti tajneho, mĕj u sebe samého. (Čelakovský, 79.) Frz.: Ne dire à ta fame ce que tu celer veus. (Leroux, I, 149.) It.: Tua camiscia non sappia il tuo secreto. (Pazzaglia, 328, 8.) 10 Von zehn Geheimnissen soll man neun bei sich bewahren und das zehnte nicht ausplaudern. Dän.: Aabenbar een af tusinde hemmelige sager; man giør endnu bedre at aabenbare ingen deraf. (Prov. dan., 1.) 11 Was Geheimniss bleiben soll, muss man niemand anvertrauen. Denn, sagen die Basken: Ein Geheimniss auch hinter dem Busch gesagt, wird bald öffentlich. – Hinter dem Busch ist oft ein Ohr. (Reinsberg III, 78.) Die krimschen Tataren: Lege dein Geheimniss in den Mund des Bosporus, er wird es dem Schwarzen Meere verrathen. (Altmann III.) Der Abyssinier: Wenn dein Geheimniss der Nil hört, so wird es auch die Wüste erfahren. (Altmann II.) Frz.: Dire ne doibs ton secret, derrière paroy ne forest. (Leroux, I, 48.) – Ta chemise ne sache ta guise. (Lendroy, 1600.) Span.: Tras pared ni tras seto, no digas en secreto. (Bohn I, 259.) 12 Wenn du dein Geheimniss bewahren willst, so sage es keiner Frau. Frz.: On ne doibt dire son secret à femme, fol et enfant. (Leroux, II, 273.) Lat.: Secreta infanti, ebrio, mulieri, stulto. (Bovill, I, 50.) 13 Wer die Geheimnisse des Herrn wissen will, muss dem Bedienten auf den Zahn fühlen. Es muss sehr selten vorkommen, dass Diener ein Geheimniss bewahren; denn ein morgenländisches Sprichwort sagt: Ein Geheimniss, das im Munde eines Dieners verfault, riecht wie Bisam. Frz.: Pour savoir le secret du maître il faut langueyer ses valets. 14 Wer ein Geheimniss will haben kund, vertraue es einem verschwiegenen Mund. „Nichts kommt so rasch in Umlauf als ein Geheimniss.“ (Roman und Wirklichkeit von Miss L. E. Landon.) It.: In bocca del discreto ciò, ch' è publico è secreto. (Pazzaglia, 344, 9.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p> <pb facs="#f0738" n="[710]"/> <cb n="1419"/> </p><lb/> <p/><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gegenwärtiger.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">Dem gegenwertigen gebührt, was gegenwertig, vnnd dem nachkommenden, was hernach kommet.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 247, 36.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gegenwehr.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Gegenwehr ist erlaubt.</hi> – <hi rendition="#i">Kirchhofer, 221; Graf, 390, 571.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Die Gegenwehr ist nur innerhalb der Grenzen der Nothwehr erlaubt.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Gegenwehr ist nicht (niemand) verboten. (S. Nothwehr.)</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 390, 570; Hillebrand, 193, 275; Eiselein, 215; Simrock, 3167; Philippi, I, 41.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Nämlich dann nicht, wenn sie als Nothwehr erscheint. Dieser war im Mittelalter und ist unter freien Verfassungen noch jetzt (England, Nordamerika) ein weites Feld gewährt. „Wenn einem gewalt geschähe in dem seinen, so soll der hauswirt denselben todtschlagen und unter dem sülle ein loch durchgraben und den thäter darunter durchziehen und (als Scheinbusse) dem haushahnen den kopf abhauen und dem getödteten auf die brust legen, oder einen örden schilling; damit soll er gebessert (gebüsst) seyn.“ Vgl. <hi rendition="#i">Grimm, Weisth., III, 308,</hi> und dessen <hi rendition="#i">Rechtsalt., 679.</hi> – <hi rendition="#i">Schiller</hi> lässt den Stauffacher sagen: „Der Güter höchstes dürfen wir vertheidigen gegen Gewalt.“</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Armaque in armatos sumere jura sinunt. (<hi rendition="#i">Eiselein, 215.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gegenwind.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Gegenwind haben.</hi> – <hi rendition="#i">Sendbrief von der Messkrankheit, Satire gegen Murner.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gehaben.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Fragt jemand, wie wir uns gehaben, so sagt, wir sind lebend begraben.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Geharnischte.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Zehn Geharnischte können einem Nackten kein Hemd ausziehen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Aehnlich die Osmanen bei <hi rendition="#i">Schlechta, 145.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gehauen.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*1 Es ist weder gehauen noch gestochen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Man bedient sich dieser Redensart, wenn jemand etwas Ungereimtes zu Markte bringt. Wahrscheinlich von Bildhauerei und Kupferstich entlehnt. Jemand meint, die Redensart müsse von einem Fechtmeister oder Epigrammatiker, also einem geistigen Fechtmeister, herrühren, da es beiden oft weniger um Unterricht und Verbesserung, als um das liebe Brot zu thun sei. Schlesisch: 'S wider gehoh'n noch gestoh'n. (<hi rendition="#i">Palm, 58, 3.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Ma wêss nich, ob's gehaun noch gestochen is.</hi> (<hi rendition="#i">Schles.</hi>) – <hi rendition="#i">Frommann, 245, 115; Robinson, 145.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gehäuse.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">Wer blos aufs Gehäuse sieht, kauft schlechte Uhren.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Geheb.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">* Er ist geheber dan ein Sib.</hi> – <hi rendition="#i">Schottel, 1115<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gehege.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*1 Einem ins Gehege gehen.</hi> – <hi rendition="#i">Sandvoss, 331.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Einen auszustechen suchen, ihm den Vorrang abgewinnen, ihm einen Vortheil wegschnappen, seine Absichten und Plane durchkreuzen.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Aller sur les brisées de quelqu'un. – Mettre la faucille dans la moisson d'autrui. (<hi rendition="#i">Lendroy, 719.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Er chunnt em i's G'heg.</hi> (<hi rendition="#i">Solothurn.</hi>) – <hi rendition="#i">Schild, 76, 223.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Schreite nicht zu fern auss dem geheg.</hi> – <hi rendition="#i">Petri, II, 532.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Gehei.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">* Ein Gehei an etwas haben (mit etwas treiben).</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Da werden Spötter daraus, die aus Gottes Wort das Gehei und Gespött treiben.“ (<hi rendition="#i">Luther; Saltzmann, Anh. 30.</hi>)</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Geheien.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Wer sich nicht will lassen geheyen<hi rendition="#sup">1</hi>, der muss die Welt meiden.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1436, 63.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Verspotten (illudere, ludificare).</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*2 Es g'heit e.</hi> (<hi rendition="#i">Solothurn.</hi>) – <hi rendition="#i">Schild, 83, 301.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Es ärgert ihn.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">*3 Was g'heit 's e.</hi> (<hi rendition="#i">Solothurn.</hi>) – <hi rendition="#i">Schild, 83, 302.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Was geht es ihm an! Vgl. über das Wort geheyen (g'heien), keyen, wie den vielseitigen Gebrauch desselben <hi rendition="#i">Stalder, II, 31.</hi></p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Geheim.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 Es ist nicht so gheym, das alweg bleib im geheym.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, II, 17<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">2 Es ist so geheim, dass es ein Blinder greifen kann.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Det er saa lønligt, at ikke end de blinde kunde see det. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 396.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Geheym bleib geheym.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 112<hi rendition="#sup">a</hi>; Petri, II, 326; Schottel, 1141<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="1420"/> 4 Was geheim bleiben soll, muss man geheim halten.</hi> </p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Geheimniss.</hi> </head><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">1 An einem Geheimniss ist kein Segen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Jüd.-deutsch</hi>: An e Sod is kaan Brooche. (<hi rendition="#i">Tendlau, 847.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 Das Geheimniss ist dein Gefangener, so lange du es bewahrst; du aber bist sein Gefangener, wenn du es offenbarst.</hi> – <hi rendition="#i">Sailer, 281.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Und um zu zeigen, wie vorsichtig man mit Geheimnissen umgehen soll, sagen die Araber im Sprichwort: Bei dunkler Nacht ziehe kein weiss Kleid an, es verräth dich!</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Segreto confidato non è più segreto. (<hi rendition="#i">Bohn I, 125.</hi>) – Si fa schiavo, e non lo sa chi dice il suo secreto a chi nol sà. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 344, 7.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 Das grösste Geheimniss zur Erhaltung der Hoheit<hi rendition="#sup">1</hi> ist, dieselbe vor den Unterthanen geheim zu halten.</hi> – <hi rendition="#i">Opel, 374.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Hoheit, Ansehen, Würde.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Ein Geheimniss bewahrt jede Frau, sie trägt weder Jahre noch Fehler zur Schau.</hi> (<hi rendition="#i">Mailand.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Ein Geheimniss erfährt man am leichtesten bei Händeln und beim Wein.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Span.</hi>: Si secretos quieres saber, búscalos en el pesar ó en el placer. (<hi rendition="#i">Bohn I, 257.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Ein Geheimniss ist beim Weibe verschlossen, wie Wasser, in ein Sieb gegossen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Daher warnt ein venetianisches Sprichwort: Erzähle deine Geheimnisse nicht den Frauen. Und in Bergamo sagt man: Das Geheimniss der Frauen erfährt nicht eine, als ihr, als ich und die ganze Gemeine. Die Spanier empfehlen, einer Frau und einer Elster nur das anzuvertrauen, was alle Welt wissen kann. Die französischen Neger behaupten: Wenn der Mann seine Geheimnisse seiner Frau anvertraut, so wird sie ihn auf den Teufelsweg bringen. (<hi rendition="#i">Reinsberg I, 15 u. 16.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Ein Geheimniss ist schwer zu bewahren.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Ze všech vĕcí nejtĕžší zamlčeti tajemství. (<hi rendition="#i">Čelakovský, 78.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Ein Geheimniss juckt auf der Zunge.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Svrbí jazyk toho, kdo ví co tajného. (<hi rendition="#i">Čelakovský, 78.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Swierzbi język tego, kto wie co tajemnego (dwornego). (<hi rendition="#i">Čelakovský, 78.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Ein Geheimniss muss man auch seinem Hemde nicht verrathen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Böhm.</hi>: Co chceš míti tajneho, mĕj u sebe samého. (<hi rendition="#i">Čelakovský, 79.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Ne dire à ta fame ce que tu celer veus. (<hi rendition="#i">Leroux, I, 149.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Tua camiscia non sappia il tuo secreto. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 328, 8.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Von zehn Geheimnissen soll man neun bei sich bewahren und das zehnte nicht ausplaudern.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Aabenbar een af tusinde hemmelige sager; man giør endnu bedre at aabenbare ingen deraf. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 1.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Was Geheimniss bleiben soll, muss man niemand anvertrauen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Denn, sagen die Basken: Ein Geheimniss auch hinter dem Busch gesagt, wird bald öffentlich. – Hinter dem Busch ist oft ein Ohr. (<hi rendition="#i">Reinsberg III, 78.</hi>) Die krimschen Tataren: Lege dein Geheimniss in den Mund des Bosporus, er wird es dem Schwarzen Meere verrathen. (<hi rendition="#i">Altmann III.</hi>) Der Abyssinier: Wenn dein Geheimniss der Nil hört, so wird es auch die Wüste erfahren. (<hi rendition="#i">Altmann II.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Dire ne doibs ton secret, derrière paroy ne forest. (<hi rendition="#i">Leroux, I, 48.</hi>) – Ta chemise ne sache ta guise. (<hi rendition="#i">Lendroy, 1600.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Span.</hi>: Tras pared ni tras seto, no digas en secreto. (<hi rendition="#i">Bohn I, 259.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Wenn du dein Geheimniss bewahren willst, so sage es keiner Frau.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: On ne doibt dire son secret à femme, fol et enfant. (<hi rendition="#i">Leroux, II, 273.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Secreta infanti, ebrio, mulieri, stulto. (<hi rendition="#i">Bovill, I, 50.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">13 Wer die Geheimnisse des Herrn wissen will, muss dem Bedienten auf den Zahn fühlen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Es muss sehr selten vorkommen, dass Diener ein Geheimniss bewahren; denn ein morgenländisches Sprichwort sagt: Ein Geheimniss, das im Munde eines Dieners verfault, riecht wie Bisam.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Pour savoir le secret du maître il faut langueyer ses valets.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">14 Wer ein Geheimniss will haben kund, vertraue es einem verschwiegenen Mund.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">„Nichts kommt so rasch in Umlauf als ein Geheimniss.“ (<hi rendition="#i">Roman und Wirklichkeit von Miss L. E. Landon.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: In bocca del discreto ciò, ch' è publico è secreto. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 344, 9.</hi>)</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[710]/0738]
Gegenwärtiger.
Dem gegenwertigen gebührt, was gegenwertig, vnnd dem nachkommenden, was hernach kommet. – Lehmann, 247, 36.
Gegenwehr.
1 Gegenwehr ist erlaubt. – Kirchhofer, 221; Graf, 390, 571.
Die Gegenwehr ist nur innerhalb der Grenzen der Nothwehr erlaubt.
2 Gegenwehr ist nicht (niemand) verboten. (S. Nothwehr.) – Graf, 390, 570; Hillebrand, 193, 275; Eiselein, 215; Simrock, 3167; Philippi, I, 41.
Nämlich dann nicht, wenn sie als Nothwehr erscheint. Dieser war im Mittelalter und ist unter freien Verfassungen noch jetzt (England, Nordamerika) ein weites Feld gewährt. „Wenn einem gewalt geschähe in dem seinen, so soll der hauswirt denselben todtschlagen und unter dem sülle ein loch durchgraben und den thäter darunter durchziehen und (als Scheinbusse) dem haushahnen den kopf abhauen und dem getödteten auf die brust legen, oder einen örden schilling; damit soll er gebessert (gebüsst) seyn.“ Vgl. Grimm, Weisth., III, 308, und dessen Rechtsalt., 679. – Schiller lässt den Stauffacher sagen: „Der Güter höchstes dürfen wir vertheidigen gegen Gewalt.“
Lat.: Armaque in armatos sumere jura sinunt. (Eiselein, 215.)
Gegenwind.
* Gegenwind haben. – Sendbrief von der Messkrankheit, Satire gegen Murner.
Gehaben.
Fragt jemand, wie wir uns gehaben, so sagt, wir sind lebend begraben.
Geharnischte.
Zehn Geharnischte können einem Nackten kein Hemd ausziehen.
Aehnlich die Osmanen bei Schlechta, 145.
Gehauen.
*1 Es ist weder gehauen noch gestochen.
Man bedient sich dieser Redensart, wenn jemand etwas Ungereimtes zu Markte bringt. Wahrscheinlich von Bildhauerei und Kupferstich entlehnt. Jemand meint, die Redensart müsse von einem Fechtmeister oder Epigrammatiker, also einem geistigen Fechtmeister, herrühren, da es beiden oft weniger um Unterricht und Verbesserung, als um das liebe Brot zu thun sei. Schlesisch: 'S wider gehoh'n noch gestoh'n. (Palm, 58, 3.)
*2 Ma wêss nich, ob's gehaun noch gestochen is. (Schles.) – Frommann, 245, 115; Robinson, 145.
Gehäuse.
Wer blos aufs Gehäuse sieht, kauft schlechte Uhren.
Geheb.
* Er ist geheber dan ein Sib. – Schottel, 1115a.
Gehege.
*1 Einem ins Gehege gehen. – Sandvoss, 331.
Einen auszustechen suchen, ihm den Vorrang abgewinnen, ihm einen Vortheil wegschnappen, seine Absichten und Plane durchkreuzen.
Frz.: Aller sur les brisées de quelqu'un. – Mettre la faucille dans la moisson d'autrui. (Lendroy, 719.)
*2 Er chunnt em i's G'heg. (Solothurn.) – Schild, 76, 223.
*3 Schreite nicht zu fern auss dem geheg. – Petri, II, 532.
Gehei.
* Ein Gehei an etwas haben (mit etwas treiben).
„Da werden Spötter daraus, die aus Gottes Wort das Gehei und Gespött treiben.“ (Luther; Saltzmann, Anh. 30.)
Geheien.
1 Wer sich nicht will lassen geheyen1, der muss die Welt meiden. – Henisch, 1436, 63.
1) Verspotten (illudere, ludificare).
*2 Es g'heit e. (Solothurn.) – Schild, 83, 301.
Es ärgert ihn.
*3 Was g'heit 's e. (Solothurn.) – Schild, 83, 302.
Was geht es ihm an! Vgl. über das Wort geheyen (g'heien), keyen, wie den vielseitigen Gebrauch desselben Stalder, II, 31.
Geheim.
1 Es ist nicht so gheym, das alweg bleib im geheym. – Franck, II, 17b.
2 Es ist so geheim, dass es ein Blinder greifen kann.
Dän.: Det er saa lønligt, at ikke end de blinde kunde see det. (Prov. dan., 396.)
3 Geheym bleib geheym. – Franck, I, 112a; Petri, II, 326; Schottel, 1141a.
4 Was geheim bleiben soll, muss man geheim halten.
Geheimniss.
1 An einem Geheimniss ist kein Segen.
Jüd.-deutsch: An e Sod is kaan Brooche. (Tendlau, 847.)
2 Das Geheimniss ist dein Gefangener, so lange du es bewahrst; du aber bist sein Gefangener, wenn du es offenbarst. – Sailer, 281.
Und um zu zeigen, wie vorsichtig man mit Geheimnissen umgehen soll, sagen die Araber im Sprichwort: Bei dunkler Nacht ziehe kein weiss Kleid an, es verräth dich!
It.: Segreto confidato non è più segreto. (Bohn I, 125.) – Si fa schiavo, e non lo sa chi dice il suo secreto a chi nol sà. (Pazzaglia, 344, 7.)
3 Das grösste Geheimniss zur Erhaltung der Hoheit1 ist, dieselbe vor den Unterthanen geheim zu halten. – Opel, 374.
1) Hoheit, Ansehen, Würde.
4 Ein Geheimniss bewahrt jede Frau, sie trägt weder Jahre noch Fehler zur Schau. (Mailand.)
5 Ein Geheimniss erfährt man am leichtesten bei Händeln und beim Wein.
Span.: Si secretos quieres saber, búscalos en el pesar ó en el placer. (Bohn I, 257.)
6 Ein Geheimniss ist beim Weibe verschlossen, wie Wasser, in ein Sieb gegossen.
Daher warnt ein venetianisches Sprichwort: Erzähle deine Geheimnisse nicht den Frauen. Und in Bergamo sagt man: Das Geheimniss der Frauen erfährt nicht eine, als ihr, als ich und die ganze Gemeine. Die Spanier empfehlen, einer Frau und einer Elster nur das anzuvertrauen, was alle Welt wissen kann. Die französischen Neger behaupten: Wenn der Mann seine Geheimnisse seiner Frau anvertraut, so wird sie ihn auf den Teufelsweg bringen. (Reinsberg I, 15 u. 16.)
7 Ein Geheimniss ist schwer zu bewahren.
Böhm.: Ze všech vĕcí nejtĕžší zamlčeti tajemství. (Čelakovský, 78.)
8 Ein Geheimniss juckt auf der Zunge.
Böhm.: Svrbí jazyk toho, kdo ví co tajného. (Čelakovský, 78.)
Poln.: Swierzbi język tego, kto wie co tajemnego (dwornego). (Čelakovský, 78.)
9 Ein Geheimniss muss man auch seinem Hemde nicht verrathen.
Böhm.: Co chceš míti tajneho, mĕj u sebe samého. (Čelakovský, 79.)
Frz.: Ne dire à ta fame ce que tu celer veus. (Leroux, I, 149.)
It.: Tua camiscia non sappia il tuo secreto. (Pazzaglia, 328, 8.)
10 Von zehn Geheimnissen soll man neun bei sich bewahren und das zehnte nicht ausplaudern.
Dän.: Aabenbar een af tusinde hemmelige sager; man giør endnu bedre at aabenbare ingen deraf. (Prov. dan., 1.)
11 Was Geheimniss bleiben soll, muss man niemand anvertrauen.
Denn, sagen die Basken: Ein Geheimniss auch hinter dem Busch gesagt, wird bald öffentlich. – Hinter dem Busch ist oft ein Ohr. (Reinsberg III, 78.) Die krimschen Tataren: Lege dein Geheimniss in den Mund des Bosporus, er wird es dem Schwarzen Meere verrathen. (Altmann III.) Der Abyssinier: Wenn dein Geheimniss der Nil hört, so wird es auch die Wüste erfahren. (Altmann II.)
Frz.: Dire ne doibs ton secret, derrière paroy ne forest. (Leroux, I, 48.) – Ta chemise ne sache ta guise. (Lendroy, 1600.)
Span.: Tras pared ni tras seto, no digas en secreto. (Bohn I, 259.)
12 Wenn du dein Geheimniss bewahren willst, so sage es keiner Frau.
Frz.: On ne doibt dire son secret à femme, fol et enfant. (Leroux, II, 273.)
Lat.: Secreta infanti, ebrio, mulieri, stulto. (Bovill, I, 50.)
13 Wer die Geheimnisse des Herrn wissen will, muss dem Bedienten auf den Zahn fühlen.
Es muss sehr selten vorkommen, dass Diener ein Geheimniss bewahren; denn ein morgenländisches Sprichwort sagt: Ein Geheimniss, das im Munde eines Dieners verfault, riecht wie Bisam.
Frz.: Pour savoir le secret du maître il faut langueyer ses valets.
14 Wer ein Geheimniss will haben kund, vertraue es einem verschwiegenen Mund.
„Nichts kommt so rasch in Umlauf als ein Geheimniss.“ (Roman und Wirklichkeit von Miss L. E. Landon.)
It.: In bocca del discreto ciò, ch' è publico è secreto. (Pazzaglia, 344, 9.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |