Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] 3 Das Gedächtniss stirbt zuerst.

Ausnahmsweise erhält es sich auch bis ins hohe Alter, wofür der französische Bühnendichter Ancelot einen Beweis liefert, der ein so ausserordentliches Gedächtniss besass, dass er sein erstes Drama, das ins Meer gefallen war, aus dem Gedächtniss wiederschrieb. Und er erfreute sich desselben bis in die späten Lebensjahre.

It.: La memoria sen fugge dall' huomo, come lo schiavo dal suo signore. (Pazzaglia, 218, 4.)

4 Das Gedächtniss will geübt sein.

Frz.: Memoire et usage rendent l'homme sage. (Leroux, II, 261.)

5 Ein Gedächtniss wie ein Maltersack nicht alle Dinge fassen mag.

Frz.: L'on ne peut tout avoir en memoire. (Leroux, II, 255.)

Holl.: Geen korenmagazijn is groot genoeg, om alles te bewaren; geen geheugen zoo sterk, om alles te onthouden. (Harrebomee, I, 212.)

Lat.: Memoriam indigere calamo. (Bovill, III, 1.)

6 Ein gut Gedächtniss und ein scharfer Verstand sind selten beisammen.

Holl.: Een goed geheugen en verstand zijn zelden in een hoofd geplant. (Harrebomee, I, 212.)

It.: Chi troppo pensa perde la memoria, e chi non pensa perde la memoria. (Pazzaglia, 218, 1.)

7 Ein schwaches Gedächtniss muss man durch Erinnerungsbäder stärken.

Frz.: Memoire de ligiere (legere) duree de plume doit estre confortee (rafraeichie, renouvelee). (Leroux, II, 261.)

8 Gedächtnuss des Tods sündiget nicht. - Gruter, III, 41; Lehmann, II, 224, 16; 234, 13.

9 Ich habe ein gutes Gedächtniss, sagte der Dieb, ich fasse schnell, erinnere mich leicht und behalte lange.

Nach Kant sind dies die Merkmale eines guten Gedächtnisses. Die Schlesische Chronik (Breslau 1846, Nr. 7) glaubt, dass dieselben auch auf Diebe und Polizei passten.

10 Was nicht im Gedächtniss ist, das ist nicht unser.

Lat.: Tantum scimus quantum memoria tenemus. (Egeria, 294.)

11 Wenn das Gedächtniss schwach, denk desto öfter an die Sach'. - Seybold, 535.

12 Wer ein schlechtes Gedächtniss hat, muss gute Beine haben.

13 Wer kein gedächtnuss hat, bey dem thun die Füss das best. - Lehmann, 780, 9.

It.: Chi non ha memoria, habbia gambe. (Pazzaglia, 218, 2.)

*14 Ein Gedächtniss wie ein Plauderschaff1. - Schöpf, 511.

1) Ein Schaff, aus dem man das Wasser auspludern lässt. - Ein treues, ergiebiges Gedächtniss.

*15 Er hat ein Gedächtniss von Stahl.

Holl.: Hij heeft een stalen geheugen. (Harrebomee, I, 212.)

*16 Er hat ein Gedächtniss wie ein böser Schuldner.

Frz.: Qui veut scavoir l'art de memoire, ne soit disciple d'Albigny. (Leroux, II, 26.)

*17 Er hat ein Gedächtniss wie ein Hase, er verliert es im Laufen.

Wenn jemand eine Sache unter den Händen vergisst.

Frz.: Il a une memoire de lievre, il l'a perd en courant. (Lendroy, 913.)

Holl.: Hij heeft een geheugen als een kanonskogel (eene granaat) en eene keelgat als een bomketel. - Hij heeft een geheugen als eene garnaal, die is morgen vergeten, dat zij gisteren nog zwom. - Zijn geheugen schiet hem de kort. (Harrebomee, I, 212.)

*18 Er ist ein blosses Gedächtniss von einem Menschen.

Er besteht blos aus Haut und Knochen, die Sonne durchscheint ihn.


Gedanke.

1 An gedancken geht viel ein, wie am rohen Duch. - Lehmann, 240, 45.

2 An gedancken vnd geneetem Tuch geht viel ab. - Gruter, III, 6.

3 An (eigenen) Gedanken und gespanntem Tuche gehet viel abe. - Luther in der Auslegung des 7. Kap. Johannis, vgl. Heuseler, 236; Simrock, 3130; Körte, 1819; Kirchhofer, 238.

Lat.: Cogitationes saepissime fallunt. (Seybold, 80.)

4 Auff traurige Gedancken gehört ein frölich Liedlein. - Henisch, 1404, 3.

5 Aus einem grossen Gedanken werden viel kleine.

"Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu thun." (Schiller.)

[Spaltenumbruch] 6 Beste gedancken kommen erst hinden nach. - Gruter, III, 10.

7 Böse gedancken klopffen immer an; thue zu, so gehen sie davon. - Lehmann, 238, 5.

8 Böse Gedanken klopfen allzeit an.

Sprich du nur nicht: Herein!

9 Bösen Gedanken wehre, weil sie noch bloss sind; sind sie flügge, so suchen sie Nester.

10 Böser gedancken kann sich niemand erwehren; sie fallen ins Hertz, wie die Raben auff ein aass. - Lehmann, 239, 33.

11 Der beste Gedank' liegt oft unter der Bank.

12 Der böse Gedanke klopft, wenn man auch Thüren und Fenster verstopft.

13 Der gedancken straff darff niemand leiden. - Henisch, 1404, 5; Petri, II, 89.

14 Der Gedanke ist des Herzens Gevatter. (Lit.)

Von einem andern Standpunkte aus sagt Moleschott (Kreislauf des Lebens, Mainz 1852, S. 401): "Der Gedanke ist eine Bewegung des Stoffs."

15 Die besten gedancken kommen alweg hindennach. - Franck, I, 90a; II, 115b; Henisch, 1404, 10; Petri, II, 124; Gruter, I, 19; Lehmann, 238, 13; Lehmann, II, 51, 43; Schottel, 1128a; Mayer, II, 86; Latendorf II, 7; Eiselein, 214; Gaal, 1283; Simrock, 3131; Körte, 1821; Braun, I, 651.

It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 270, 4.)

Lat.: Cogitationes posteriores sunt saniores. (Gaal, 605.) - Posteriores cogitationes sapientiores esse solent. (Cicero.) (Eiselein, 214.)

16 Die besten Gedanken kommen hintennach, sagte der Pfarrer zur Köchin, als er aus der Kirche kam.

17 Die besten Gedanken kommen hintennach wie die hinkenden Kühe. - Mayer, I, 141.

18 Die ersten Gedanken der Weiber und die andern der Männer sind die besten.

19 Die ersten Gedanken sind die besten. - Eiselein, 213; Simrock, 3132; Winckler, V, 42.

20 Die Gedanken betrügen die Menschen.

21 Die Gedanken gehen nicht zum Richter.

Wer nicht schon Gedanken hat, ehe er Richter wird, kann sein Lebtag auf sie warten. Sehr treffend sagt der Araber von unwissenden Richtern: Er hinkt dem Kamele gleich, das mit schwachem Auge den Weg nur stolpert. Sein Urtheil ist das Urtheil aller Weiber.

22 Die Gedanken scheuchen (auch: erzeugen) Gespenster, andere gibt es nicht. (Wend. Lausitz.)

23 Die Gedanken sind kein Bastkorb.

24 Die grossen Gedanken kommen aus dem Herzen.

Vielleicht der bei uns sprichwörtlich gewordene Ausspruch des Franzosen Vauvenergues: "Les grandes pensees viennent du coeur."

25 Die guten Gedanken und die hinkenden Ross kommen allweil hernach. (Oberösterreich.)

26 Die letsten gedancken sind die besten. - Henisch, 1404, 1; Gaal, 605.

Zuweilen auch die schlechtesten.

Frz.: Les secondes pensees sont les meilleurs. (Gaal, 605.)

It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 279, 4.)

Lat.: Posteriores cogitationes potiores. (Gaal, 605.)

27 Dunckele gedancken kommen auss einem finstern Kopff. - Lehmann, 855, 17.

28 Ehe man seine Gedanken um Rath fragt, soll man seinen Beutel fragen.

29 Ein Centner Gedanken bezahlt kein Loth Schulden.

It.: Cento libre di pensieri non pagano un onzio di debito. (Pazzaglia, 279, 1.)

30 Ein Gedanke im Haus treibt den andern heraus.

31 Ein guter Gedanke kommt selten allein.

32 Ein guter Gedanke verzinst sich reichlich.

33 Ein schlechter Gedanke wird im Pult nicht besser.

Ein Angriff auf das Horazische: Nonum prematur in annum.

34 Einen Gedanken bringen zehn Schergen nicht aus dem Kopfe.

Lat.: Perfacile esse in mentem cogitationes admittere, difficile, excludere eas. (Bovill, I, 193b.)

35 Finstere Gedanken sind die Kinder eines melancholischen Kopfes. - Eiselein, 214.

[Spaltenumbruch] 3 Das Gedächtniss stirbt zuerst.

Ausnahmsweise erhält es sich auch bis ins hohe Alter, wofür der französische Bühnendichter Ancelot einen Beweis liefert, der ein so ausserordentliches Gedächtniss besass, dass er sein erstes Drama, das ins Meer gefallen war, aus dem Gedächtniss wiederschrieb. Und er erfreute sich desselben bis in die späten Lebensjahre.

It.: La memoria sen fugge dall' huomo, come lo schiavo dal suo signore. (Pazzaglia, 218, 4.)

4 Das Gedächtniss will geübt sein.

Frz.: Mémoire et usage rendent l'homme sage. (Leroux, II, 261.)

5 Ein Gedächtniss wie ein Maltersack nicht alle Dinge fassen mag.

Frz.: L'on ne peut tout avoir en mémoire. (Leroux, II, 255.)

Holl.: Geen korenmagazijn is groot genoeg, om alles te bewaren; geen geheugen zoo sterk, om alles te onthouden. (Harrebomée, I, 212.)

Lat.: Memoriam indigere calamo. (Bovill, III, 1.)

6 Ein gut Gedächtniss und ein scharfer Verstand sind selten beisammen.

Holl.: Een goed geheugen en verstand zijn zelden in een hoofd geplant. (Harrebomée, I, 212.)

It.: Chi troppo pensa perde la memoria, e chi non pensa perde la memoria. (Pazzaglia, 218, 1.)

7 Ein schwaches Gedächtniss muss man durch Erinnerungsbäder stärken.

Frz.: Mémoire de ligière (légère) durée de plume doit estre confortée (rafraîchie, renouvelée). (Leroux, II, 261.)

8 Gedächtnuss des Tods sündiget nicht.Gruter, III, 41; Lehmann, II, 224, 16; 234, 13.

9 Ich habe ein gutes Gedächtniss, sagte der Dieb, ich fasse schnell, erinnere mich leicht und behalte lange.

Nach Kant sind dies die Merkmale eines guten Gedächtnisses. Die Schlesische Chronik (Breslau 1846, Nr. 7) glaubt, dass dieselben auch auf Diebe und Polizei passten.

10 Was nicht im Gedächtniss ist, das ist nicht unser.

Lat.: Tantum scimus quantum memoria tenemus. (Egeria, 294.)

11 Wenn das Gedächtniss schwach, denk desto öfter an die Sach'.Seybold, 535.

12 Wer ein schlechtes Gedächtniss hat, muss gute Beine haben.

13 Wer kein gedächtnuss hat, bey dem thun die Füss das best.Lehmann, 780, 9.

It.: Chi non ha memoria, habbia gambe. (Pazzaglia, 218, 2.)

*14 Ein Gedächtniss wie ein Plûderschaff1. – Schöpf, 511.

1) Ein Schaff, aus dem man das Wasser auspludern lässt. – Ein treues, ergiebiges Gedächtniss.

*15 Er hat ein Gedächtniss von Stahl.

Holl.: Hij heeft een stalen geheugen. (Harrebomée, I, 212.)

*16 Er hat ein Gedächtniss wie ein böser Schuldner.

Frz.: Qui veut sçavoir l'art de mémoire, ne soit disciple d'Albigny. (Leroux, II, 26.)

*17 Er hat ein Gedächtniss wie ein Hase, er verliert es im Laufen.

Wenn jemand eine Sache unter den Händen vergisst.

Frz.: Il a une mémoire de lièvre, il l'a perd en courant. (Lendroy, 913.)

Holl.: Hij heeft een geheugen als een kanonskogel (eene granaat) en eene keelgat als een bomketel. – Hij heeft een geheugen als eene garnaal, die is morgen vergeten, dat zij gisteren nog zwom. – Zijn geheugen schiet hem de kort. (Harrebomée, I, 212.)

*18 Er ist ein blosses Gedächtniss von einem Menschen.

Er besteht blos aus Haut und Knochen, die Sonne durchscheint ihn.


Gedanke.

1 An gedancken geht viel ein, wie am rohen Duch.Lehmann, 240, 45.

2 An gedancken vnd geneetem Tuch geht viel ab.Gruter, III, 6.

3 An (eigenen) Gedanken und gespanntem Tuche gehet viel abe.Luther in der Auslegung des 7. Kap. Johannis, vgl. Heuseler, 236; Simrock, 3130; Körte, 1819; Kirchhofer, 238.

Lat.: Cogitationes saepissime fallunt. (Seybold, 80.)

4 Auff traurige Gedancken gehört ein frölich Liedlein.Henisch, 1404, 3.

5 Aus einem grossen Gedanken werden viel kleine.

„Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu thun.“ (Schiller.)

[Spaltenumbruch] 6 Beste gedancken kommen erst hinden nach.Gruter, III, 10.

7 Böse gedancken klopffen immer an; thue zu, so gehen sie davon.Lehmann, 238, 5.

8 Böse Gedanken klopfen allzeit an.

Sprich du nur nicht: Herein!

9 Bösen Gedanken wehre, weil sie noch bloss sind; sind sie flügge, so suchen sie Nester.

10 Böser gedancken kann sich niemand erwehren; sie fallen ins Hertz, wie die Raben auff ein aass.Lehmann, 239, 33.

11 Der beste Gedank' liegt oft unter der Bank.

12 Der böse Gedanke klopft, wenn man auch Thüren und Fenster verstopft.

13 Der gedancken straff darff niemand leiden.Henisch, 1404, 5; Petri, II, 89.

14 Der Gedanke ist des Herzens Gevatter. (Lit.)

Von einem andern Standpunkte aus sagt Moleschott (Kreislauf des Lebens, Mainz 1852, S. 401): „Der Gedanke ist eine Bewegung des Stoffs.“

15 Die besten gedancken kommen alweg hindennach.Franck, I, 90a; II, 115b; Henisch, 1404, 10; Petri, II, 124; Gruter, I, 19; Lehmann, 238, 13; Lehmann, II, 51, 43; Schottel, 1128a; Mayer, II, 86; Latendorf II, 7; Eiselein, 214; Gaal, 1283; Simrock, 3131; Körte, 1821; Braun, I, 651.

It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 270, 4.)

Lat.: Cogitationes posteriores sunt saniores. (Gaal, 605.) – Posteriores cogitationes sapientiores esse solent. (Cicero.) (Eiselein, 214.)

16 Die besten Gedanken kommen hintennach, sagte der Pfarrer zur Köchin, als er aus der Kirche kam.

17 Die besten Gedanken kommen hintennach wie die hinkenden Kühe.Mayer, I, 141.

18 Die ersten Gedanken der Weiber und die andern der Männer sind die besten.

19 Die ersten Gedanken sind die besten.Eiselein, 213; Simrock, 3132; Winckler, V, 42.

20 Die Gedanken betrügen die Menschen.

21 Die Gedanken gehen nicht zum Richter.

Wer nicht schon Gedanken hat, ehe er Richter wird, kann sein Lebtag auf sie warten. Sehr treffend sagt der Araber von unwissenden Richtern: Er hinkt dem Kamele gleich, das mit schwachem Auge den Weg nur stolpert. Sein Urtheil ist das Urtheil aller Weiber.

22 Die Gedanken scheuchen (auch: erzeugen) Gespenster, andere gibt es nicht. (Wend. Lausitz.)

23 Die Gedanken sind kein Bastkorb.

24 Die grossen Gedanken kommen aus dem Herzen.

Vielleicht der bei uns sprichwörtlich gewordene Ausspruch des Franzosen Vauvenergues: „Les grandes pensées viennent du coeur.“

25 Die guten Gedanken und die hinkenden Ross kommen allweil hernach. (Oberösterreich.)

26 Die letsten gedancken sind die besten.Henisch, 1404, 1; Gaal, 605.

Zuweilen auch die schlechtesten.

Frz.: Les secondes pensées sont les meilleurs. (Gaal, 605.)

It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 279, 4.)

Lat.: Posteriores cogitationes potiores. (Gaal, 605.)

27 Dunckele gedancken kommen auss einem finstern Kopff.Lehmann, 855, 17.

28 Ehe man seine Gedanken um Rath fragt, soll man seinen Beutel fragen.

29 Ein Centner Gedanken bezahlt kein Loth Schulden.

It.: Cento libre di pensieri non pagano un onzio di debito. (Pazzaglia, 279, 1.)

30 Ein Gedanke im Haus treibt den andern heraus.

31 Ein guter Gedanke kommt selten allein.

32 Ein guter Gedanke verzinst sich reichlich.

33 Ein schlechter Gedanke wird im Pult nicht besser.

Ein Angriff auf das Horazische: Nonum prematur in annum.

34 Einen Gedanken bringen zehn Schergen nicht aus dem Kopfe.

Lat.: Perfacile esse in mentem cogitationes admittere, difficile, excludere eas. (Bovill, I, 193b.)

35 Finstere Gedanken sind die Kinder eines melancholischen Kopfes.Eiselein, 214.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><pb facs="#f0725" n="[697]"/><cb n="1393"/>
3 Das Gedächtniss stirbt zuerst.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ausnahmsweise erhält es sich auch bis ins hohe Alter, wofür der französische Bühnendichter Ancelot einen Beweis liefert, der ein so ausserordentliches Gedächtniss besass, dass er sein erstes Drama, das ins Meer gefallen war, aus dem Gedächtniss wiederschrieb. Und er erfreute sich desselben bis in die späten Lebensjahre.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: La memoria sen fugge dall' huomo, come lo schiavo dal suo signore. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 218, 4.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">4 Das Gedächtniss will geübt sein.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Mémoire et usage rendent l'homme sage. (<hi rendition="#i">Leroux, II, 261.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Ein Gedächtniss wie ein Maltersack nicht alle Dinge fassen mag.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: L'on ne peut tout avoir en mémoire. (<hi rendition="#i">Leroux, II, 255.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Geen korenmagazijn is groot genoeg, om alles te bewaren; geen geheugen zoo sterk, om alles te onthouden. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 212.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Memoriam indigere calamo. (<hi rendition="#i">Bovill, III, 1.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">6 Ein gut Gedächtniss und ein scharfer Verstand sind selten beisammen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Een goed geheugen en verstand zijn zelden in een hoofd geplant. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 212.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi troppo pensa perde la memoria, e chi non pensa perde la memoria. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 218, 1.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">7 Ein schwaches Gedächtniss muss man durch Erinnerungsbäder stärken.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Mémoire de ligière (légère) durée de plume doit estre confortée (rafraîchie, renouvelée). (<hi rendition="#i">Leroux, II, 261.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">8 Gedächtnuss des Tods sündiget nicht.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 41; Lehmann, II, 224, 16; 234, 13.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Ich habe ein gutes Gedächtniss, sagte der Dieb, ich fasse schnell, erinnere mich leicht und behalte lange.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Nach <hi rendition="#i">Kant</hi> sind dies die Merkmale eines guten Gedächtnisses. Die <hi rendition="#i">Schlesische Chronik (Breslau 1846, Nr. 7)</hi> glaubt, dass dieselben auch auf Diebe und Polizei passten.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">10 Was nicht im Gedächtniss ist, das ist nicht unser.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Tantum scimus quantum memoria tenemus. (<hi rendition="#i">Egeria, 294.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">11 Wenn das Gedächtniss schwach, denk desto öfter an die Sach'.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Seybold, 535.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Wer ein schlechtes Gedächtniss hat, muss gute Beine haben.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Wer kein gedächtnuss hat, bey dem thun die Füss das best.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 780, 9.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi non ha memoria, habbia gambe. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 218, 2.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*14 Ein Gedächtniss wie ein Plûderschaff<hi rendition="#sup">1</hi>. &#x2013; Schöpf, 511.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#sup">1</hi>) Ein Schaff, aus dem man das Wasser auspludern lässt. &#x2013; Ein treues, ergiebiges Gedächtniss.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*15 Er hat ein Gedächtniss von Stahl.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij heeft een stalen geheugen. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 212.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*16 Er hat ein Gedächtniss wie ein böser Schuldner.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Qui veut sçavoir l'art de mémoire, ne soit disciple d'Albigny. (<hi rendition="#i">Leroux, II, 26.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*17 Er hat ein Gedächtniss wie ein Hase, er verliert es im Laufen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Wenn jemand eine Sache unter den Händen vergisst.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Il a une mémoire de lièvre, il l'a perd en courant. (<hi rendition="#i">Lendroy, 913.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Hij heeft een geheugen als een kanonskogel (eene granaat) en eene keelgat als een bomketel. &#x2013; Hij heeft een geheugen als eene garnaal, die is morgen vergeten, dat zij gisteren nog zwom. &#x2013; Zijn geheugen schiet hem de kort. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 212.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">*18 Er ist ein blosses Gedächtniss von einem Menschen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Er besteht blos aus Haut und Knochen, die Sonne durchscheint ihn.</p><lb/>
          <p/><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Gedanke.</hi> </head><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">1 An gedancken geht viel ein, wie am rohen Duch.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 240, 45.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">2 An gedancken vnd geneetem Tuch geht viel ab.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 6.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">3 An (eigenen) Gedanken und gespanntem Tuche gehet viel abe.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Luther in der Auslegung des 7. Kap. Johannis,</hi> vgl. <hi rendition="#i">Heuseler, 236; Simrock, 3130; Körte, 1819; Kirchhofer, 238.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Cogitationes saepissime fallunt. (<hi rendition="#i">Seybold, 80.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">4 Auff traurige Gedancken gehört ein frölich Liedlein.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1404, 3.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">5 Aus einem grossen Gedanken werden viel kleine.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">&#x201E;Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu thun.&#x201C; (<hi rendition="#i">Schiller.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger"><cb n="1394"/>
6 Beste gedancken kommen erst hinden nach.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Gruter, III, 10.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">7 Böse gedancken klopffen immer an; thue zu, so gehen sie davon.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 238, 5.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">8 Böse Gedanken klopfen allzeit an.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Sprich du nur nicht: Herein!</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">9 Bösen Gedanken wehre, weil sie noch bloss sind; sind sie flügge, so suchen sie Nester.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">10 Böser gedancken kann sich niemand erwehren; sie fallen ins Hertz, wie die Raben auff ein aass.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 239, 33.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">11 Der beste Gedank' liegt oft unter der Bank.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">12 Der böse Gedanke klopft, wenn man auch Thüren und Fenster verstopft.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">13 Der gedancken straff darff niemand leiden.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1404, 5; Petri, II, 89.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">14 Der Gedanke ist des Herzens Gevatter.</hi> (<hi rendition="#i">Lit.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et">Von einem andern Standpunkte aus sagt <hi rendition="#i">Moleschott</hi> (<hi rendition="#i">Kreislauf des Lebens, Mainz 1852, S. 401</hi>): &#x201E;Der Gedanke ist eine Bewegung des Stoffs.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">15 Die besten gedancken kommen alweg hindennach.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Franck, I, 90<hi rendition="#sup">a</hi>; II, 115<hi rendition="#sup">b</hi>; Henisch, 1404, 10; Petri, II, 124; Gruter, I, 19; Lehmann, 238, 13; Lehmann, II, 51, 43; Schottel, 1128<hi rendition="#sup">a</hi>; Mayer, II, 86; Latendorf II, 7; Eiselein, 214; Gaal, 1283; Simrock, 3131; Körte, 1821; Braun, I, 651.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: I secondi pensieri sono i migliori. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 270, 4.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Cogitationes posteriores sunt saniores. (<hi rendition="#i">Gaal, 605.</hi>) &#x2013; Posteriores cogitationes sapientiores esse solent. (<hi rendition="#i">Cicero.</hi>) (<hi rendition="#i">Eiselein, 214.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">16 Die besten Gedanken kommen hintennach, sagte der Pfarrer zur Köchin, als er aus der Kirche kam.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">17 Die besten Gedanken kommen hintennach wie die hinkenden Kühe.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Mayer, I, 141.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">18 Die ersten Gedanken der Weiber und die andern der Männer sind die besten.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">19 Die ersten Gedanken sind die besten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 213; Simrock, 3132; Winckler, V, 42.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">20 Die Gedanken betrügen die Menschen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">21 Die Gedanken gehen nicht zum Richter.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Wer nicht schon Gedanken hat, ehe er Richter wird, kann sein Lebtag auf sie warten. Sehr treffend sagt der Araber von unwissenden Richtern: Er hinkt dem Kamele gleich, das mit schwachem Auge den Weg nur stolpert. Sein Urtheil ist das Urtheil aller Weiber.</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">22 Die Gedanken scheuchen (auch: erzeugen) Gespenster, andere gibt es nicht.</hi> (<hi rendition="#i">Wend. Lausitz.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">23 Die Gedanken sind kein Bastkorb.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">24 Die grossen Gedanken kommen aus dem Herzen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Vielleicht der bei uns sprichwörtlich gewordene Ausspruch des Franzosen <hi rendition="#i">Vauvenergues:</hi> &#x201E;Les grandes pensées viennent du coeur.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">25 Die guten Gedanken und die hinkenden Ross kommen allweil hernach.</hi> (<hi rendition="#i">Oberösterreich.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">26 Die letsten gedancken sind die besten.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Henisch, 1404, 1; Gaal, 605.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et">Zuweilen auch die schlechtesten.</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: Les secondes pensées sont les meilleurs. (<hi rendition="#i">Gaal, 605.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: I secondi pensieri sono i migliori. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 279, 4.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Posteriores cogitationes potiores. (<hi rendition="#i">Gaal, 605.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">27 Dunckele gedancken kommen auss einem finstern Kopff.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Lehmann, 855, 17.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">28 Ehe man seine Gedanken um Rath fragt, soll man seinen Beutel fragen.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">29 Ein Centner Gedanken bezahlt kein Loth Schulden.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Cento libre di pensieri non pagano un onzio di debito. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 279, 1.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">30 Ein Gedanke im Haus treibt den andern heraus.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">31 Ein guter Gedanke kommt selten allein.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">32 Ein guter Gedanke verzinst sich reichlich.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">33 Ein schlechter Gedanke wird im Pult nicht besser.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et">Ein Angriff auf das Horazische: Nonum prematur in annum.</p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">34 Einen Gedanken bringen zehn Schergen nicht aus dem Kopfe.</hi> </p><lb/>
          <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Perfacile esse in mentem cogitationes admittere, difficile, excludere eas. (<hi rendition="#i">Bovill, I, 193<hi rendition="#sup">b</hi>.</hi>)</p><lb/>
          <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">35 Finstere Gedanken sind die Kinder eines melancholischen Kopfes.</hi> &#x2013; <hi rendition="#i">Eiselein, 214.</hi></p><lb/>
          <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">
</hi> </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[697]/0725] 3 Das Gedächtniss stirbt zuerst. Ausnahmsweise erhält es sich auch bis ins hohe Alter, wofür der französische Bühnendichter Ancelot einen Beweis liefert, der ein so ausserordentliches Gedächtniss besass, dass er sein erstes Drama, das ins Meer gefallen war, aus dem Gedächtniss wiederschrieb. Und er erfreute sich desselben bis in die späten Lebensjahre. It.: La memoria sen fugge dall' huomo, come lo schiavo dal suo signore. (Pazzaglia, 218, 4.) 4 Das Gedächtniss will geübt sein. Frz.: Mémoire et usage rendent l'homme sage. (Leroux, II, 261.) 5 Ein Gedächtniss wie ein Maltersack nicht alle Dinge fassen mag. Frz.: L'on ne peut tout avoir en mémoire. (Leroux, II, 255.) Holl.: Geen korenmagazijn is groot genoeg, om alles te bewaren; geen geheugen zoo sterk, om alles te onthouden. (Harrebomée, I, 212.) Lat.: Memoriam indigere calamo. (Bovill, III, 1.) 6 Ein gut Gedächtniss und ein scharfer Verstand sind selten beisammen. Holl.: Een goed geheugen en verstand zijn zelden in een hoofd geplant. (Harrebomée, I, 212.) It.: Chi troppo pensa perde la memoria, e chi non pensa perde la memoria. (Pazzaglia, 218, 1.) 7 Ein schwaches Gedächtniss muss man durch Erinnerungsbäder stärken. Frz.: Mémoire de ligière (légère) durée de plume doit estre confortée (rafraîchie, renouvelée). (Leroux, II, 261.) 8 Gedächtnuss des Tods sündiget nicht. – Gruter, III, 41; Lehmann, II, 224, 16; 234, 13. 9 Ich habe ein gutes Gedächtniss, sagte der Dieb, ich fasse schnell, erinnere mich leicht und behalte lange. Nach Kant sind dies die Merkmale eines guten Gedächtnisses. Die Schlesische Chronik (Breslau 1846, Nr. 7) glaubt, dass dieselben auch auf Diebe und Polizei passten. 10 Was nicht im Gedächtniss ist, das ist nicht unser. Lat.: Tantum scimus quantum memoria tenemus. (Egeria, 294.) 11 Wenn das Gedächtniss schwach, denk desto öfter an die Sach'. – Seybold, 535. 12 Wer ein schlechtes Gedächtniss hat, muss gute Beine haben. 13 Wer kein gedächtnuss hat, bey dem thun die Füss das best. – Lehmann, 780, 9. It.: Chi non ha memoria, habbia gambe. (Pazzaglia, 218, 2.) *14 Ein Gedächtniss wie ein Plûderschaff1. – Schöpf, 511. 1) Ein Schaff, aus dem man das Wasser auspludern lässt. – Ein treues, ergiebiges Gedächtniss. *15 Er hat ein Gedächtniss von Stahl. Holl.: Hij heeft een stalen geheugen. (Harrebomée, I, 212.) *16 Er hat ein Gedächtniss wie ein böser Schuldner. Frz.: Qui veut sçavoir l'art de mémoire, ne soit disciple d'Albigny. (Leroux, II, 26.) *17 Er hat ein Gedächtniss wie ein Hase, er verliert es im Laufen. Wenn jemand eine Sache unter den Händen vergisst. Frz.: Il a une mémoire de lièvre, il l'a perd en courant. (Lendroy, 913.) Holl.: Hij heeft een geheugen als een kanonskogel (eene granaat) en eene keelgat als een bomketel. – Hij heeft een geheugen als eene garnaal, die is morgen vergeten, dat zij gisteren nog zwom. – Zijn geheugen schiet hem de kort. (Harrebomée, I, 212.) *18 Er ist ein blosses Gedächtniss von einem Menschen. Er besteht blos aus Haut und Knochen, die Sonne durchscheint ihn. Gedanke. 1 An gedancken geht viel ein, wie am rohen Duch. – Lehmann, 240, 45. 2 An gedancken vnd geneetem Tuch geht viel ab. – Gruter, III, 6. 3 An (eigenen) Gedanken und gespanntem Tuche gehet viel abe. – Luther in der Auslegung des 7. Kap. Johannis, vgl. Heuseler, 236; Simrock, 3130; Körte, 1819; Kirchhofer, 238. Lat.: Cogitationes saepissime fallunt. (Seybold, 80.) 4 Auff traurige Gedancken gehört ein frölich Liedlein. – Henisch, 1404, 3. 5 Aus einem grossen Gedanken werden viel kleine. „Wenn die Könige bauen, haben die Kärrner zu thun.“ (Schiller.) 6 Beste gedancken kommen erst hinden nach. – Gruter, III, 10. 7 Böse gedancken klopffen immer an; thue zu, so gehen sie davon. – Lehmann, 238, 5. 8 Böse Gedanken klopfen allzeit an. Sprich du nur nicht: Herein! 9 Bösen Gedanken wehre, weil sie noch bloss sind; sind sie flügge, so suchen sie Nester. 10 Böser gedancken kann sich niemand erwehren; sie fallen ins Hertz, wie die Raben auff ein aass. – Lehmann, 239, 33. 11 Der beste Gedank' liegt oft unter der Bank. 12 Der böse Gedanke klopft, wenn man auch Thüren und Fenster verstopft. 13 Der gedancken straff darff niemand leiden. – Henisch, 1404, 5; Petri, II, 89. 14 Der Gedanke ist des Herzens Gevatter. (Lit.) Von einem andern Standpunkte aus sagt Moleschott (Kreislauf des Lebens, Mainz 1852, S. 401): „Der Gedanke ist eine Bewegung des Stoffs.“ 15 Die besten gedancken kommen alweg hindennach. – Franck, I, 90a; II, 115b; Henisch, 1404, 10; Petri, II, 124; Gruter, I, 19; Lehmann, 238, 13; Lehmann, II, 51, 43; Schottel, 1128a; Mayer, II, 86; Latendorf II, 7; Eiselein, 214; Gaal, 1283; Simrock, 3131; Körte, 1821; Braun, I, 651. It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 270, 4.) Lat.: Cogitationes posteriores sunt saniores. (Gaal, 605.) – Posteriores cogitationes sapientiores esse solent. (Cicero.) (Eiselein, 214.) 16 Die besten Gedanken kommen hintennach, sagte der Pfarrer zur Köchin, als er aus der Kirche kam. 17 Die besten Gedanken kommen hintennach wie die hinkenden Kühe. – Mayer, I, 141. 18 Die ersten Gedanken der Weiber und die andern der Männer sind die besten. 19 Die ersten Gedanken sind die besten. – Eiselein, 213; Simrock, 3132; Winckler, V, 42. 20 Die Gedanken betrügen die Menschen. 21 Die Gedanken gehen nicht zum Richter. Wer nicht schon Gedanken hat, ehe er Richter wird, kann sein Lebtag auf sie warten. Sehr treffend sagt der Araber von unwissenden Richtern: Er hinkt dem Kamele gleich, das mit schwachem Auge den Weg nur stolpert. Sein Urtheil ist das Urtheil aller Weiber. 22 Die Gedanken scheuchen (auch: erzeugen) Gespenster, andere gibt es nicht. (Wend. Lausitz.) 23 Die Gedanken sind kein Bastkorb. 24 Die grossen Gedanken kommen aus dem Herzen. Vielleicht der bei uns sprichwörtlich gewordene Ausspruch des Franzosen Vauvenergues: „Les grandes pensées viennent du coeur.“ 25 Die guten Gedanken und die hinkenden Ross kommen allweil hernach. (Oberösterreich.) 26 Die letsten gedancken sind die besten. – Henisch, 1404, 1; Gaal, 605. Zuweilen auch die schlechtesten. Frz.: Les secondes pensées sont les meilleurs. (Gaal, 605.) It.: I secondi pensieri sono i migliori. (Pazzaglia, 279, 4.) Lat.: Posteriores cogitationes potiores. (Gaal, 605.) 27 Dunckele gedancken kommen auss einem finstern Kopff. – Lehmann, 855, 17. 28 Ehe man seine Gedanken um Rath fragt, soll man seinen Beutel fragen. 29 Ein Centner Gedanken bezahlt kein Loth Schulden. It.: Cento libre di pensieri non pagano un onzio di debito. (Pazzaglia, 279, 1.) 30 Ein Gedanke im Haus treibt den andern heraus. 31 Ein guter Gedanke kommt selten allein. 32 Ein guter Gedanke verzinst sich reichlich. 33 Ein schlechter Gedanke wird im Pult nicht besser. Ein Angriff auf das Horazische: Nonum prematur in annum. 34 Einen Gedanken bringen zehn Schergen nicht aus dem Kopfe. Lat.: Perfacile esse in mentem cogitationes admittere, difficile, excludere eas. (Bovill, I, 193b.) 35 Finstere Gedanken sind die Kinder eines melancholischen Kopfes. – Eiselein, 214.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T08:54:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T08:54:38Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/725
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [697]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/725>, abgerufen am 21.11.2024.