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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] 2 Der ist nicht ehrenwerth, der flucht ohn noth vnd schwert, in frembde geheg fehrt vnd falsch ding hoch bewert, vnd vnrecht gut begert vnd sich auff seinem herd mit bösen leuten nehrt. - Henisch, 811.

3 Der ist nicht ehrenwerth, der gold von seinem bulen begert. - Henisch, 811.

4 Der ist nicht ehrenwerth, der sich der Schande rühmt.

5 Der ist nicht ehrenwerth, von dem sich Scham und Tugend kehrt.

*6 Er ist ehrenwerth wie der Pfaff von Hagenlach, den schwang man mit ruten auss. - Henisch, 811.


Ehrenwort.

1 Ehrenwort binden nicht. - Henisch, 812; Gruter, I, 23 u. III, 25; Simrock, 1835; Eisenhart, 335; Pistor., III, 71; Graf, 228, 33; Hertius, I, 10; Eiselein, 135; Hillebrand, 98; Egenolff, 341b; Lehmann, II, 146, 4; Körte, 1013; Petri, II, 161.

"Es seind nur eeren wort, die binden niemans." (Pauli, Schimpf, 52b.) Unter Ehrenworten ist hier nicht das gewöhnliche Ehrenwort, es sind vielmehr Versprechungen (Complimente, Höflichkeitsäusserungen) darunter verstanden, die nicht in der Absicht gegeben worden sind, sie zu halten oder zu erfüllen, wodurch eine Zusage allein verbindlich wird, sondern vielmehr, um jemand auf eine höfliche Art los zu werden, um den äussern Anstand zu beobachten, oder solche, die sich auf Ruhmredigkeit, Schmeichelei u. dgl. gründen. Auf solche Ehrenworte hielten unsere Vorfahren nichts; sie gaben ihre Versprechungen wohlbedacht und bekräftigten sie mit einem Handschlage. Wer eine solche Zusage nicht hielt, war bei ihnen Gegenstand der tiefsten Verachtung. "Ehrenworte (verba honoris) die binden Niemans." (Geiler.)

Dän.: Aere-bud binder intet. (Prov. dan., 13.)

Lat.: Verba honestatis non obligant. (Eiselein, 135.)

2 Ehrenwort ist darum kein wahr Wort. - Simrock, 1836; Körte, 1014.

Frz.: Foi de gentilhomme, un autre gage vaut mieux. - Un compliment n'est pas un engagement.


Ehrenwunden.

Ehrenwunden sind schwer (oder: sind am schlimmsten) zu heilen.


Ehrerbietigkeit.

Ehrerbietigkeit findet überall offene Thür. - Winckler, XIV, 97; XVII, 31.


Ehrflucht.

* Ehrflucht - Ehrsucht. - Petri, II, 159; Körte, 994, 159.


Ehrgeiz.

1 Ehrgeitz ist ein Mutter aller ketzereyen. - Henisch, 809; Petri, II, 160.

Das wäre noch der verzeihlichste Ehrgeiz, welcher neue Ansichten über Dinge erzeugte.

2 Ehrgeitz ist ein wurtzel der vneinigkeit. - Henisch, 809; Petri, II, 160.

3 Ehrgeitz sein Thorheit mehr beweist, denn das jhn Kunst vnd Weissheit preist. - Petri, II, 160.

4 Ehrgeitz vnd hoffart ist ein verzehrend fewer. - Henisch, 809; Petri, II, 160.

Holl.: Eerpijn is erger dan tandpijn. (Harrebomee, I, 173.)

5 Ehrgeitz vnd Neid erreget Streit. - Petri, II, 160.

6 Ehrgeiz führt öfter ins Weh als in die Höh.

It.: Non tutti gl' ambiziosi devono alzarsi a gl' honori. (Puzzaglia, 8.)

7 Ehrgeiz lebt von Wind. - Simrock, 1837; Eiselein, 135.

8 Ehrgeiz und Flöhe springen gern in die Höhe.

Was mitunter sehr possirlich ist; denn je kleiner der Ehrgeizige ist, je grösser will er die Rolle in der Regel spielen.

9 Ehrgeiz und Groll machen den Menschen toll.

10 Ehrgeiz und Hass sind die schlimmsten Rathgeber.

11 Ehrgeiz und Wein nehmen den Kopf ein.

It.: L'ambizione inebria al par del vino. (Pazzaglia, 8.)

12 Falscher Ehrgeiz haut den Kopf ab. - Burckhardt, 406.

Führt ins Verderben.


Ehrgeizig.

* Ehrgeizig - ehrlos. - Petri, II, 159.


[Spaltenumbruch]
Ehrgierig.

*1 Ehrgierig as Hotes sein Hund, de 't Brod nich weer nem, dat se em enmal nam'n1 harrn. - Bueren, 459; Frommann, IV, 288, 454.

1) Genommen.

*2 Ergierig as Hote sein Hund, fret Flesk ut de Pott un let Bunken derin. (Ostfries.)


Ehrhunger.

Ehrhunger ist auch ein Hunger. - Simrock, 1838; Körte, 1015.

It.: L'ambizione e la croce degli ambiziosi.


Ehrkauf.

* Ehrkauf - Reukauf. - Schottel, 1132a; Simrock, 1839; Körte, 1016.

Von denen, die kaufen, um sich sehen zu lassen, theuer bezahlen aus blosser Grossthuerei.

Holl.: Eerkoop, rouwkoop. (Harrebomee, I, 173.)


Ehrlich (Adj.).

1 Besser ehrlich gestorben, als schändlich verdorben. - Simrock, 1853.

2 Besser ehrlich gewichen, als schändlich gefochten. - Winckler, IV, 94.

3 Ehrlich gelebt und selig gestorben, heisst auf Erden genugsam erworben.

4 Ehrlich hält ewig, sagte der Schneider, und dann kann man noch einen Schlafrock daraus machen.

5 Ehrlich hat die Kuh gestohlen.

Man darf deshalb niemand trauen, weil er Ehrlich heisst oder viel von seiner Ehrlichkeit spricht.

Holl.: Eeerlijk heeft de koe gestolen. (Harrebomee, I, 175.)

6 Ehrlich ist beschwerlich.

Man erzählt, Pittacus habe, als er sein Herrscheramt niedergelegt, gesagt: "Es ist schwer, gut sein." Und Solon, der die Weichlichkeit und Feigheit des Pittacus beurtheilte, soll gesagt haben: "Tugend hat der Mühe satt."

7 Ehrlich macht reich, aber langsam geht's her. - Körte, 1019; Steiger, 341; Simrock, 1847; Eiselein, 134; Zaupser, 92.

8 Ehrlich oder todt. - Pistor., VI, 48; Petri, II; Simrock, 1846.

9 Ehrlich scheuet kein Licht. - Simrock, 1848; Körte, 1020.

Lat.: Semper amant nitidam purissima pectora lucem. (Gaal, 326.)

10 Ehrlich währt am längsten. - Körte, 1017; Eiselein, 134; Kirchhofer, 147; Struve, 16; Siebenkees, 172; Beyer, II, 174; Müller, 13, 1 u. 58, 4; Büttner, 96; Hoffmann, 95; Ramann, I. Pred., I, 3; Venedey, 137; Simrock, 1843; Nopitsch, 72; Braun, I, 355.

Böhm.: Poctivost trva na vecnost. (Haug.)

Engl.: Knavery may serve for a turn; but honesty is best at long run. (Bohn II, 108.)

Frz.: Avec de la bonne foi on va le plus loin.

Holl.: Eerlijk duurt het langst. (Harrebomee, I, 175.)

Lat.: Probitas longum perdurat in aevum. (Eiselein, 134.)

Ung.: Legtovabb tart a mi becsületes. (Gaal, 325.)

11 Ehrlich währt am längsten, schuftig lebt in Aengsten. - Simrock, 1844.

12 Ehrlich währt ewig. - Simrock, 1845.

13 Ehrlich wollen wir alleweil sein, aber wir können's nicht alleweil sein. - Eiselein, 134.

14 Ehrlik hält am langesten; et werd wennig briuket. (Westf.)

15 Ich bin so ehrlich als du, sagte eine Hur' zur andern. - Bebel.

16 Lieber zehn ehrlich machen, als einen zum Schelm. - Simrock, 1852; Eisenhart, 82; Pistor., III, 69; Eiselein, 134; Sailer, 255.

Von Entziehung der Ehrenrechte. Die Ehre ging unsern Vorfahren über Gut und Leben. Der Verlust der Ehre galt für die höchste Strafe und hatte schwere Folgen. Wer für ehrlos erklärt war, erhielt keine richterliche Hülfe bei Beleidigungen, er durfte keinen Reinigungseid leisten, um sich von einem Verbrechen freizumachen, er konnte keine Ehrenstelle erlangen, keinen Zeugen abgeben u. s. w. Darum hat man auch die Ehrloserklärung nur mit der grössten Vorsicht ausgesprochen und durch das obige Sprichwort die Lehre geben wollen, dass in den Fällen, wo es noch zweifelhaft ist, ob jemand mit dem Verlust der Ehre zu bestrafen sei, der Richter nicht nach der Strenge der Gesetze verfahren solle, damit die Ehre des Angeklagten zum Nutzen des Landes noch erhalten werde.

[Spaltenumbruch] 2 Der ist nicht ehrenwerth, der flucht ohn noth vnd schwert, in frembde geheg fehrt vnd falsch ding hoch bewert, vnd vnrecht gut begert vnd sich auff seinem herd mit bösen leuten nehrt.Henisch, 811.

3 Der ist nicht ehrenwerth, der gold von seinem bulen begert.Henisch, 811.

4 Der ist nicht ehrenwerth, der sich der Schande rühmt.

5 Der ist nicht ehrenwerth, von dem sich Scham und Tugend kehrt.

*6 Er ist ehrenwerth wie der Pfaff von Hagenlach, den schwang man mit ruten auss.Henisch, 811.


Ehrenwort.

1 Ehrenwort binden nicht.Henisch, 812; Gruter, I, 23 u. III, 25; Simrock, 1835; Eisenhart, 335; Pistor., III, 71; Graf, 228, 33; Hertius, I, 10; Eiselein, 135; Hillebrand, 98; Egenolff, 341b; Lehmann, II, 146, 4; Körte, 1013; Petri, II, 161.

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Dän.: Aere-bud binder intet. (Prov. dan., 13.)

Lat.: Verba honestatis non obligant. (Eiselein, 135.)

2 Ehrenwort ist darum kein wahr Wort.Simrock, 1836; Körte, 1014.

Frz.: Foi de gentilhomme, un autre gage vaut mieux. – Un compliment n'est pas un engagement.


Ehrenwunden.

Ehrenwunden sind schwer (oder: sind am schlimmsten) zu heilen.


Ehrerbietigkeit.

Ehrerbietigkeit findet überall offene Thür.Winckler, XIV, 97; XVII, 31.


Ehrflucht.

* Ehrflucht – Ehrsucht.Petri, II, 159; Körte, 994, 159.


Ehrgeiz.

1 Ehrgeitz ist ein Mutter aller ketzereyen.Henisch, 809; Petri, II, 160.

Das wäre noch der verzeihlichste Ehrgeiz, welcher neue Ansichten über Dinge erzeugte.

2 Ehrgeitz ist ein wurtzel der vneinigkeit.Henisch, 809; Petri, II, 160.

3 Ehrgeitz sein Thorheit mehr beweist, denn das jhn Kunst vnd Weissheit preist.Petri, II, 160.

4 Ehrgeitz vnd hoffart ist ein verzehrend fewer.Henisch, 809; Petri, II, 160.

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5 Ehrgeitz vnd Neid erreget Streit.Petri, II, 160.

6 Ehrgeiz führt öfter ins Weh als in die Höh.

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7 Ehrgeiz lebt von Wind.Simrock, 1837; Eiselein, 135.

8 Ehrgeiz und Flöhe springen gern in die Höhe.

Was mitunter sehr possirlich ist; denn je kleiner der Ehrgeizige ist, je grösser will er die Rolle in der Regel spielen.

9 Ehrgeiz und Groll machen den Menschen toll.

10 Ehrgeiz und Hass sind die schlimmsten Rathgeber.

11 Ehrgeiz und Wein nehmen den Kopf ein.

It.: L'ambizione inebria al par del vino. (Pazzaglia, 8.)

12 Falscher Ehrgeiz haut den Kopf ab.Burckhardt, 406.

Führt ins Verderben.


Ehrgeizig.

* Ehrgeizig – ehrlos.Petri, II, 159.


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Ehrgierig.

*1 Ehrgierig as Hotes sîn Hund, de 't Brôd nich weer nêm, dat se em ênmal nam'n1 harrn.Bueren, 459; Frommann, IV, 288, 454.

1) Genommen.

*2 Êrgierig as Hote sîn Hund, frêt Flêsk ut de Pott un lêt Bunken derin. (Ostfries.)


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Ehrhunger ist auch ein Hunger.Simrock, 1838; Körte, 1015.

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Ehrkauf.

* Ehrkauf – Reukauf.Schottel, 1132a; Simrock, 1839; Körte, 1016.

Von denen, die kaufen, um sich sehen zu lassen, theuer bezahlen aus blosser Grossthuerei.

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1 Besser ehrlich gestorben, als schändlich verdorben.Simrock, 1853.

2 Besser ehrlich gewichen, als schändlich gefochten.Winckler, IV, 94.

3 Ehrlich gelebt und selig gestorben, heisst auf Erden genugsam erworben.

4 Ehrlich hält ewig, sagte der Schneider, und dann kann man noch einen Schlafrock daraus machen.

5 Ehrlich hat die Kuh gestohlen.

Man darf deshalb niemand trauen, weil er Ehrlich heisst oder viel von seiner Ehrlichkeit spricht.

Holl.: Eeerlijk heeft de koe gestolen. (Harrebomée, I, 175.)

6 Ehrlich ist beschwerlich.

Man erzählt, Pittacus habe, als er sein Herrscheramt niedergelegt, gesagt: „Es ist schwer, gut sein.“ Und Solon, der die Weichlichkeit und Feigheit des Pittacus beurtheilte, soll gesagt haben: „Tugend hat der Mühe satt.“

7 Ehrlich macht reich, aber langsam geht's her.Körte, 1019; Steiger, 341; Simrock, 1847; Eiselein, 134; Zaupser, 92.

8 Ehrlich oder todt.Pistor., VI, 48; Petri, II; Simrock, 1846.

9 Ehrlich scheuet kein Licht.Simrock, 1848; Körte, 1020.

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Böhm.: Poctivost trvá na vecnost. (Haug.)

Engl.: Knavery may serve for a turn; but honesty is best at long run. (Bohn II, 108.)

Frz.: Avec de la bonne foi on va le plus loin.

Holl.: Eerlijk duurt het langst. (Harrebomée, I, 175.)

Lat.: Probitas longum perdurat in aevum. (Eiselein, 134.)

Ung.: Legtovább tart a mi becsületes. (Gaal, 325.)

11 Ehrlich währt am längsten, schuftig lebt in Aengsten.Simrock, 1844.

12 Ehrlich währt ewig.Simrock, 1845.

13 Ehrlich wollen wir alleweil sein, aber wir können's nicht alleweil sein.Eiselein, 134.

14 Ehrlik hält am langesten; et werd wennig briuket. (Westf.)

15 Ich bin so ehrlich als du, sagte eine Hur' zur andern.Bebel.

16 Lieber zehn ehrlich machen, als einen zum Schelm.Simrock, 1852; Eisenhart, 82; Pistor., III, 69; Eiselein, 134; Sailer, 255.

Von Entziehung der Ehrenrechte. Die Ehre ging unsern Vorfahren über Gut und Leben. Der Verlust der Ehre galt für die höchste Strafe und hatte schwere Folgen. Wer für ehrlos erklärt war, erhielt keine richterliche Hülfe bei Beleidigungen, er durfte keinen Reinigungseid leisten, um sich von einem Verbrechen freizumachen, er konnte keine Ehrenstelle erlangen, keinen Zeugen abgeben u. s. w. Darum hat man auch die Ehrloserklärung nur mit der grössten Vorsicht ausgesprochen und durch das obige Sprichwort die Lehre geben wollen, dass in den Fällen, wo es noch zweifelhaft ist, ob jemand mit dem Verlust der Ehre zu bestrafen sei, der Richter nicht nach der Strenge der Gesetze verfahren solle, damit die Ehre des Angeklagten zum Nutzen des Landes noch erhalten werde.

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[[374]/0402] 2 Der ist nicht ehrenwerth, der flucht ohn noth vnd schwert, in frembde geheg fehrt vnd falsch ding hoch bewert, vnd vnrecht gut begert vnd sich auff seinem herd mit bösen leuten nehrt. – Henisch, 811. 3 Der ist nicht ehrenwerth, der gold von seinem bulen begert. – Henisch, 811. 4 Der ist nicht ehrenwerth, der sich der Schande rühmt. 5 Der ist nicht ehrenwerth, von dem sich Scham und Tugend kehrt. *6 Er ist ehrenwerth wie der Pfaff von Hagenlach, den schwang man mit ruten auss. – Henisch, 811. Ehrenwort. 1 Ehrenwort binden nicht. – Henisch, 812; Gruter, I, 23 u. III, 25; Simrock, 1835; Eisenhart, 335; Pistor., III, 71; Graf, 228, 33; Hertius, I, 10; Eiselein, 135; Hillebrand, 98; Egenolff, 341b; Lehmann, II, 146, 4; Körte, 1013; Petri, II, 161. „Es seind nur eeren wort, die binden niemans.“ (Pauli, Schimpf, 52b.) Unter Ehrenworten ist hier nicht das gewöhnliche Ehrenwort, es sind vielmehr Versprechungen (Complimente, Höflichkeitsäusserungen) darunter verstanden, die nicht in der Absicht gegeben worden sind, sie zu halten oder zu erfüllen, wodurch eine Zusage allein verbindlich wird, sondern vielmehr, um jemand auf eine höfliche Art los zu werden, um den äussern Anstand zu beobachten, oder solche, die sich auf Ruhmredigkeit, Schmeichelei u. dgl. gründen. Auf solche Ehrenworte hielten unsere Vorfahren nichts; sie gaben ihre Versprechungen wohlbedacht und bekräftigten sie mit einem Handschlage. Wer eine solche Zusage nicht hielt, war bei ihnen Gegenstand der tiefsten Verachtung. „Ehrenworte (verba honoris) die binden Niemans.“ (Geiler.) Dän.: Aere-bud binder intet. (Prov. dan., 13.) Lat.: Verba honestatis non obligant. (Eiselein, 135.) 2 Ehrenwort ist darum kein wahr Wort. – Simrock, 1836; Körte, 1014. Frz.: Foi de gentilhomme, un autre gage vaut mieux. – Un compliment n'est pas un engagement. Ehrenwunden. Ehrenwunden sind schwer (oder: sind am schlimmsten) zu heilen. Ehrerbietigkeit. Ehrerbietigkeit findet überall offene Thür. – Winckler, XIV, 97; XVII, 31. Ehrflucht. * Ehrflucht – Ehrsucht. – Petri, II, 159; Körte, 994, 159. Ehrgeiz. 1 Ehrgeitz ist ein Mutter aller ketzereyen. – Henisch, 809; Petri, II, 160. Das wäre noch der verzeihlichste Ehrgeiz, welcher neue Ansichten über Dinge erzeugte. 2 Ehrgeitz ist ein wurtzel der vneinigkeit. – Henisch, 809; Petri, II, 160. 3 Ehrgeitz sein Thorheit mehr beweist, denn das jhn Kunst vnd Weissheit preist. – Petri, II, 160. 4 Ehrgeitz vnd hoffart ist ein verzehrend fewer. – Henisch, 809; Petri, II, 160. Holl.: Eerpijn is erger dan tandpijn. (Harrebomée, I, 173.) 5 Ehrgeitz vnd Neid erreget Streit. – Petri, II, 160. 6 Ehrgeiz führt öfter ins Weh als in die Höh. It.: Non tutti gl' ambiziosi devono alzarsi a gl' honori. (Puzzaglia, 8.) 7 Ehrgeiz lebt von Wind. – Simrock, 1837; Eiselein, 135. 8 Ehrgeiz und Flöhe springen gern in die Höhe. Was mitunter sehr possirlich ist; denn je kleiner der Ehrgeizige ist, je grösser will er die Rolle in der Regel spielen. 9 Ehrgeiz und Groll machen den Menschen toll. 10 Ehrgeiz und Hass sind die schlimmsten Rathgeber. 11 Ehrgeiz und Wein nehmen den Kopf ein. It.: L'ambizione inebria al par del vino. (Pazzaglia, 8.) 12 Falscher Ehrgeiz haut den Kopf ab. – Burckhardt, 406. Führt ins Verderben. Ehrgeizig. * Ehrgeizig – ehrlos. – Petri, II, 159. Ehrgierig. *1 Ehrgierig as Hotes sîn Hund, de 't Brôd nich weer nêm, dat se em ênmal nam'n1 harrn. – Bueren, 459; Frommann, IV, 288, 454. 1) Genommen. *2 Êrgierig as Hote sîn Hund, frêt Flêsk ut de Pott un lêt Bunken derin. (Ostfries.) Ehrhunger. Ehrhunger ist auch ein Hunger. – Simrock, 1838; Körte, 1015. It.: L'ambizione è la croce degli ambiziosi. Ehrkauf. * Ehrkauf – Reukauf. – Schottel, 1132a; Simrock, 1839; Körte, 1016. Von denen, die kaufen, um sich sehen zu lassen, theuer bezahlen aus blosser Grossthuerei. Holl.: Eerkoop, rouwkoop. (Harrebomée, I, 173.) Ehrlich (Adj.). 1 Besser ehrlich gestorben, als schändlich verdorben. – Simrock, 1853. 2 Besser ehrlich gewichen, als schändlich gefochten. – Winckler, IV, 94. 3 Ehrlich gelebt und selig gestorben, heisst auf Erden genugsam erworben. 4 Ehrlich hält ewig, sagte der Schneider, und dann kann man noch einen Schlafrock daraus machen. 5 Ehrlich hat die Kuh gestohlen. Man darf deshalb niemand trauen, weil er Ehrlich heisst oder viel von seiner Ehrlichkeit spricht. Holl.: Eeerlijk heeft de koe gestolen. (Harrebomée, I, 175.) 6 Ehrlich ist beschwerlich. Man erzählt, Pittacus habe, als er sein Herrscheramt niedergelegt, gesagt: „Es ist schwer, gut sein.“ Und Solon, der die Weichlichkeit und Feigheit des Pittacus beurtheilte, soll gesagt haben: „Tugend hat der Mühe satt.“ 7 Ehrlich macht reich, aber langsam geht's her. – Körte, 1019; Steiger, 341; Simrock, 1847; Eiselein, 134; Zaupser, 92. 8 Ehrlich oder todt. – Pistor., VI, 48; Petri, II; Simrock, 1846. 9 Ehrlich scheuet kein Licht. – Simrock, 1848; Körte, 1020. Lat.: Semper amant nitidam purissima pectora lucem. (Gaal, 326.) 10 Ehrlich währt am längsten. – Körte, 1017; Eiselein, 134; Kirchhofer, 147; Struve, 16; Siebenkees, 172; Beyer, II, 174; Müller, 13, 1 u. 58, 4; Büttner, 96; Hoffmann, 95; Ramann, I. Pred., I, 3; Venedey, 137; Simrock, 1843; Nopitsch, 72; Braun, I, 355. Böhm.: Poctivost trvá na vecnost. (Haug.) Engl.: Knavery may serve for a turn; but honesty is best at long run. (Bohn II, 108.) Frz.: Avec de la bonne foi on va le plus loin. Holl.: Eerlijk duurt het langst. (Harrebomée, I, 175.) Lat.: Probitas longum perdurat in aevum. (Eiselein, 134.) Ung.: Legtovább tart a mi becsületes. (Gaal, 325.) 11 Ehrlich währt am längsten, schuftig lebt in Aengsten. – Simrock, 1844. 12 Ehrlich währt ewig. – Simrock, 1845. 13 Ehrlich wollen wir alleweil sein, aber wir können's nicht alleweil sein. – Eiselein, 134. 14 Ehrlik hält am langesten; et werd wennig briuket. (Westf.) 15 Ich bin so ehrlich als du, sagte eine Hur' zur andern. – Bebel. 16 Lieber zehn ehrlich machen, als einen zum Schelm. – Simrock, 1852; Eisenhart, 82; Pistor., III, 69; Eiselein, 134; Sailer, 255. Von Entziehung der Ehrenrechte. Die Ehre ging unsern Vorfahren über Gut und Leben. Der Verlust der Ehre galt für die höchste Strafe und hatte schwere Folgen. Wer für ehrlos erklärt war, erhielt keine richterliche Hülfe bei Beleidigungen, er durfte keinen Reinigungseid leisten, um sich von einem Verbrechen freizumachen, er konnte keine Ehrenstelle erlangen, keinen Zeugen abgeben u. s. w. Darum hat man auch die Ehrloserklärung nur mit der grössten Vorsicht ausgesprochen und durch das obige Sprichwort die Lehre geben wollen, dass in den Fällen, wo es noch zweifelhaft ist, ob jemand mit dem Verlust der Ehre zu bestrafen sei, der Richter nicht nach der Strenge der Gesetze verfahren solle, damit die Ehre des Angeklagten zum Nutzen des Landes noch erhalten werde.

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [374]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/402>, abgerufen am 21.11.2024.