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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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Besitz theilen sollten, ein Drittel des Jahres aber A. zu freier Verfügung bleibe; dieses schenkte er der Venus, so dass er nun acht Monate auf der Oberwelt und vier bei Proserpina zubrachte. Mars ward eifersüchtig auf ihn, und sandte dem jagdlustigen jungen Helden einen Eber zu, mit dem er einen Kampf einging, in welchem der Eber zwar erlegt, doch vorher A. tödtlich verwundet wurde. Venus eilte auf die Nachricht von dem Unglück so schnell herbei, dass sie nicht einmal der zarten Füsse schonte, denen, von Dornen geritzt, Blut entquoll, wovon die bis dahin weissen Rosen roth wurden; allein die Göttin kam zu spät, sie konnte nur um ihren Liebling weinen und sein Blut mit Nectar besprengen, worauf aus demselben Anemonen entsprangen. Doch erlangte sie von Jupiter, dass er nach seinem Tode die Hälfte jedes Jahres bei ihr im Olymp zubringen durfte. Die Trauer der Venus um Adonis Tod ist vielfältig Gegenstand der antiken Kunst geworden; nebenan sehen wir die Nachbildung eines dahin gehörigen alten Gemäldes. Von Venus' Liebe


Fig. 6.
zu A. schreibt sich der gemeinschaftliche Dienst her, den Beide an mehreren Orten hatten; auch hatte A. nicht selten Capellen in dem Tempel anderer Götter, wie zu Argos in dem des Jupiter Servator. - Die Mythographen weichen in ihren Angaben über Adonis sehr von einander ab: so gibt man ihm bald Cinyras und Metharme, bald Phönix und Alphesiböa, bald Thias und Myrrha zu Eltern. Syrien und daselbst besonders Byblus war der Hauptsitz der Verehrung dieses Gottes, welche erst später unter bedeutenden Modificationen nach Griechenland wanderte, wesshalb man annehmen darf, dass sein Name mit dem hebräischen Adon, (Herr) zusammenhängt. Wahrscheinlich versinnbildlicht der Mythus von A. und Venus ursprünglich die Idee von der alljährlich absterbenden und sich wieder erneuernden Vegetation der Erde, welche von der Einwirkung der Sonne abhängt, worauf auch die Zeiten der Adonis-Feste hinweisen, welche in Phönicien und Aegypten um die Sommer-Sonnenwende, in Griechenland um die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche Statt fanden. Da von Aegypten bei diesem Feste ein Schiff nach Byblus geschickt wurde, welches bei seiner Rückkehr die Nachricht von der Wiederfindung des A. mitbrachte, und ganz derselbe Zusammenhang beider Länder in der Sage von Osiris' zerstücktem, auf dem Meere nach Byblus getriebenem und wiederbelebtem Leichnam vorkommt, so deutet diess stark auf die ursprüngliche Einheit des Adonis und des Osiris hin.


Adonisgärten (Gr. M.), flache Gefässe von verschiedenen, oft sehr kostbaren Stoffen, welche Erde enthielten, die mit leicht keimenden Samen besäet wurde, um beim Adonisfeste als Symbole des schnellen Emporblühens und eben so raschen Vergehens zu dienen.


Adorea (Röm. Götterdienst.), die leichten, flachen Kuchen aus Mehl und Salz, welche man beim Opfer darbrachte, theils um sie zu verbrennen, theils zum Gebrauch der Priester. Das Opfer, welches nur aus solchen Kuchen bestand, hiess Adorea sacrificia.


Adoscht (Pers. M.), ein ungefähr 1/2 Fuss hoher, heilig gehaltener, roher Stein in den Feuertempeln der alten Guebern (Feueranbeter, d. h. sogenannte, denn sie beten nicht das Feuer an, sondern verrichten ihr Gebet nur in Gegenwart des Feuers).


Adrammelech (Phön. Myth.), ein blutiger, Menschenopfer verlangender Götze der Sapharwäher, welche als Colonisten nach Samarien geführt wurden. Man opferte


Fig. 7.
ihm Kinder; spätere Forscher wollen in ihm die Sonne erkennen.


Adranus (Ital. M.), Gott der sicilischen Völker, dessen Haupttempel bei Adranum stand. Dieser Tempel war von einer grossen Schaar abgerichteter Hunde bewacht, von denen man sagt, dass sie Trunkene geleiteten, aber schlechte Menschen zerrissen.


Adrasta, auch Adresta (Gr. M.), Dienerin der Helena, nachdem diese aus Troja wieder nach Lacedämon zurückgekehrt war. Homer erwähnt ihrer bei der schönen Schilderung der Erscheinung jener Fürstin, als Telemachus, seinen Vater suchend, bei Menelaus verweilte, Odyssee 4, 120 ffg.


Adrastea (Gr. M.), die "Rächerin, Unentfliehbare", 1) Tochter des Oceanus, oder des Erebus, und der Nacht, einerlei mit Nemesis (s. d.), Abgebildet wird sie mit einem Steuerruder oder mit einem Rade. Wir geben hier eine Abbildung nach einem sehr schönen antiken Basrelief, welches bei Rom gefunden wurde. Einige leiten den Namen A. von Adrast her, welcher, zum Andenken an den Eteocles, der Nemesis bei Theben einen berühmten Tempel gründete. - 2) A., Tochter des cretischen Königs Melissus, welcher von der Mutter Jupiters, Rhea, dieser als neugebornes Kind in der dictäischen Höhle auf Creta zur Erziehung übergeben wurde.


Besitz theilen sollten, ein Drittel des Jahres aber A. zu freier Verfügung bleibe; dieses schenkte er der Venus, so dass er nun acht Monate auf der Oberwelt und vier bei Proserpina zubrachte. Mars ward eifersüchtig auf ihn, und sandte dem jagdlustigen jungen Helden einen Eber zu, mit dem er einen Kampf einging, in welchem der Eber zwar erlegt, doch vorher A. tödtlich verwundet wurde. Venus eilte auf die Nachricht von dem Unglück so schnell herbei, dass sie nicht einmal der zarten Füsse schonte, denen, von Dornen geritzt, Blut entquoll, wovon die bis dahin weissen Rosen roth wurden; allein die Göttin kam zu spät, sie konnte nur um ihren Liebling weinen und sein Blut mit Nectar besprengen, worauf aus demselben Anemonen entsprangen. Doch erlangte sie von Jupiter, dass er nach seinem Tode die Hälfte jedes Jahres bei ihr im Olymp zubringen durfte. Die Trauer der Venus um Adonis Tod ist vielfältig Gegenstand der antiken Kunst geworden; nebenan sehen wir die Nachbildung eines dahin gehörigen alten Gemäldes. Von Venus' Liebe


Fig. 6.
zu A. schreibt sich der gemeinschaftliche Dienst her, den Beide an mehreren Orten hatten; auch hatte A. nicht selten Capellen in dem Tempel anderer Götter, wie zu Argos in dem des Jupiter Servator. – Die Mythographen weichen in ihren Angaben über Adonis sehr von einander ab: so gibt man ihm bald Cinyras und Metharme, bald Phönix und Alphesiböa, bald Thias und Myrrha zu Eltern. Syrien und daselbst besonders Byblus war der Hauptsitz der Verehrung dieses Gottes, welche erst später unter bedeutenden Modificationen nach Griechenland wanderte, wesshalb man annehmen darf, dass sein Name mit dem hebräischen Adon, (Herr) zusammenhängt. Wahrscheinlich versinnbildlicht der Mythus von A. und Venus ursprünglich die Idee von der alljährlich absterbenden und sich wieder erneuernden Vegetation der Erde, welche von der Einwirkung der Sonne abhängt, worauf auch die Zeiten der Adonis-Feste hinweisen, welche in Phönicien und Aegypten um die Sommer-Sonnenwende, in Griechenland um die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche Statt fanden. Da von Aegypten bei diesem Feste ein Schiff nach Byblus geschickt wurde, welches bei seiner Rückkehr die Nachricht von der Wiederfindung des A. mitbrachte, und ganz derselbe Zusammenhang beider Länder in der Sage von Osiris' zerstücktem, auf dem Meere nach Byblus getriebenem und wiederbelebtem Leichnam vorkommt, so deutet diess stark auf die ursprüngliche Einheit des Adonis und des Osiris hin.


Adonisgärten (Gr. M.), flache Gefässe von verschiedenen, oft sehr kostbaren Stoffen, welche Erde enthielten, die mit leicht keimenden Samen besäet wurde, um beim Adonisfeste als Symbole des schnellen Emporblühens und eben so raschen Vergehens zu dienen.


Adorea (Röm. Götterdienst.), die leichten, flachen Kuchen aus Mehl und Salz, welche man beim Opfer darbrachte, theils um sie zu verbrennen, theils zum Gebrauch der Priester. Das Opfer, welches nur aus solchen Kuchen bestand, hiess Adorea sacrificia.


Adoscht (Pers. M.), ein ungefähr 1/2 Fuss hoher, heilig gehaltener, roher Stein in den Feuertempeln der alten Guebern (Feueranbeter, d. h. sogenannte, denn sie beten nicht das Feuer an, sondern verrichten ihr Gebet nur in Gegenwart des Feuers).


Adrammelech (Phön. Myth.), ein blutiger, Menschenopfer verlangender Götze der Sapharwäher, welche als Colonisten nach Samarien geführt wurden. Man opferte


Fig. 7.
ihm Kinder; spätere Forscher wollen in ihm die Sonne erkennen.


Adranus (Ital. M.), Gott der sicilischen Völker, dessen Haupttempel bei Adranum stand. Dieser Tempel war von einer grossen Schaar abgerichteter Hunde bewacht, von denen man sagt, dass sie Trunkene geleiteten, aber schlechte Menschen zerrissen.


Adrasta, auch Adresta (Gr. M.), Dienerin der Helena, nachdem diese aus Troja wieder nach Lacedämon zurückgekehrt war. Homer erwähnt ihrer bei der schönen Schilderung der Erscheinung jener Fürstin, als Telemachus, seinen Vater suchend, bei Menelaus verweilte, Odyssee 4, 120 ffg.


Adrastea (Gr. M.), die »Rächerin, Unentfliehbare«, 1) Tochter des Oceanus, oder des Erebus, und der Nacht, einerlei mit Nemesis (s. d.), Abgebildet wird sie mit einem Steuerruder oder mit einem Rade. Wir geben hier eine Abbildung nach einem sehr schönen antiken Basrelief, welches bei Rom gefunden wurde. Einige leiten den Namen A. von Adrast her, welcher, zum Andenken an den Eteocles, der Nemesis bei Theben einen berühmten Tempel gründete. – 2) A., Tochter des cretischen Königs Melissus, welcher von der Mutter Jupiters, Rhea, dieser als neugebornes Kind in der dictäischen Höhle auf Creta zur Erziehung übergeben wurde.


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Besitz theilen sollten, ein Drittel des Jahres aber A. zu freier Verfügung bleibe; dieses schenkte er der Venus, so dass er nun acht Monate auf der Oberwelt und vier bei Proserpina zubrachte. Mars ward eifersüchtig auf ihn, und sandte dem jagdlustigen jungen Helden einen Eber zu, mit dem er einen Kampf einging, in welchem der Eber zwar erlegt, doch vorher A. tödtlich verwundet wurde. Venus eilte auf die Nachricht von dem Unglück so schnell herbei, dass sie nicht einmal der zarten Füsse schonte, denen, von Dornen geritzt, Blut entquoll, wovon die bis dahin weissen Rosen roth wurden; allein die Göttin kam zu spät, sie konnte nur um ihren Liebling weinen und sein Blut mit Nectar besprengen, worauf aus demselben Anemonen entsprangen. Doch erlangte sie von Jupiter, dass er nach seinem Tode die Hälfte jedes Jahres bei ihr im Olymp zubringen durfte. Die Trauer der Venus um Adonis Tod ist vielfältig Gegenstand der antiken Kunst geworden; nebenan sehen wir die Nachbildung eines dahin gehörigen alten Gemäldes. Von Venus' Liebe<lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0006.jpg" rendition="#c"><head>Fig. 6.</head><lb/></figure><lb/>
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[12/0082] Besitz theilen sollten, ein Drittel des Jahres aber A. zu freier Verfügung bleibe; dieses schenkte er der Venus, so dass er nun acht Monate auf der Oberwelt und vier bei Proserpina zubrachte. Mars ward eifersüchtig auf ihn, und sandte dem jagdlustigen jungen Helden einen Eber zu, mit dem er einen Kampf einging, in welchem der Eber zwar erlegt, doch vorher A. tödtlich verwundet wurde. Venus eilte auf die Nachricht von dem Unglück so schnell herbei, dass sie nicht einmal der zarten Füsse schonte, denen, von Dornen geritzt, Blut entquoll, wovon die bis dahin weissen Rosen roth wurden; allein die Göttin kam zu spät, sie konnte nur um ihren Liebling weinen und sein Blut mit Nectar besprengen, worauf aus demselben Anemonen entsprangen. Doch erlangte sie von Jupiter, dass er nach seinem Tode die Hälfte jedes Jahres bei ihr im Olymp zubringen durfte. Die Trauer der Venus um Adonis Tod ist vielfältig Gegenstand der antiken Kunst geworden; nebenan sehen wir die Nachbildung eines dahin gehörigen alten Gemäldes. Von Venus' Liebe [Abbildung Fig. 6. ] zu A. schreibt sich der gemeinschaftliche Dienst her, den Beide an mehreren Orten hatten; auch hatte A. nicht selten Capellen in dem Tempel anderer Götter, wie zu Argos in dem des Jupiter Servator. – Die Mythographen weichen in ihren Angaben über Adonis sehr von einander ab: so gibt man ihm bald Cinyras und Metharme, bald Phönix und Alphesiböa, bald Thias und Myrrha zu Eltern. Syrien und daselbst besonders Byblus war der Hauptsitz der Verehrung dieses Gottes, welche erst später unter bedeutenden Modificationen nach Griechenland wanderte, wesshalb man annehmen darf, dass sein Name mit dem hebräischen Adon, (Herr) zusammenhängt. Wahrscheinlich versinnbildlicht der Mythus von A. und Venus ursprünglich die Idee von der alljährlich absterbenden und sich wieder erneuernden Vegetation der Erde, welche von der Einwirkung der Sonne abhängt, worauf auch die Zeiten der Adonis-Feste hinweisen, welche in Phönicien und Aegypten um die Sommer-Sonnenwende, in Griechenland um die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche Statt fanden. Da von Aegypten bei diesem Feste ein Schiff nach Byblus geschickt wurde, welches bei seiner Rückkehr die Nachricht von der Wiederfindung des A. mitbrachte, und ganz derselbe Zusammenhang beider Länder in der Sage von Osiris' zerstücktem, auf dem Meere nach Byblus getriebenem und wiederbelebtem Leichnam vorkommt, so deutet diess stark auf die ursprüngliche Einheit des Adonis und des Osiris hin. Adonisgärten (Gr. M.), flache Gefässe von verschiedenen, oft sehr kostbaren Stoffen, welche Erde enthielten, die mit leicht keimenden Samen besäet wurde, um beim Adonisfeste als Symbole des schnellen Emporblühens und eben so raschen Vergehens zu dienen. Adorea (Röm. Götterdienst.), die leichten, flachen Kuchen aus Mehl und Salz, welche man beim Opfer darbrachte, theils um sie zu verbrennen, theils zum Gebrauch der Priester. Das Opfer, welches nur aus solchen Kuchen bestand, hiess Adorea sacrificia. Adoscht (Pers. M.), ein ungefähr 1/2 Fuss hoher, heilig gehaltener, roher Stein in den Feuertempeln der alten Guebern (Feueranbeter, d. h. sogenannte, denn sie beten nicht das Feuer an, sondern verrichten ihr Gebet nur in Gegenwart des Feuers). Adrammelech (Phön. Myth.), ein blutiger, Menschenopfer verlangender Götze der Sapharwäher, welche als Colonisten nach Samarien geführt wurden. Man opferte [Abbildung Fig. 7. ] ihm Kinder; spätere Forscher wollen in ihm die Sonne erkennen. Adranus (Ital. M.), Gott der sicilischen Völker, dessen Haupttempel bei Adranum stand. Dieser Tempel war von einer grossen Schaar abgerichteter Hunde bewacht, von denen man sagt, dass sie Trunkene geleiteten, aber schlechte Menschen zerrissen. Adrasta, auch Adresta (Gr. M.), Dienerin der Helena, nachdem diese aus Troja wieder nach Lacedämon zurückgekehrt war. Homer erwähnt ihrer bei der schönen Schilderung der Erscheinung jener Fürstin, als Telemachus, seinen Vater suchend, bei Menelaus verweilte, Odyssee 4, 120 ffg. Adrastea (Gr. M.), die »Rächerin, Unentfliehbare«, 1) Tochter des Oceanus, oder des Erebus, und der Nacht, einerlei mit Nemesis (s. d.), Abgebildet wird sie mit einem Steuerruder oder mit einem Rade. Wir geben hier eine Abbildung nach einem sehr schönen antiken Basrelief, welches bei Rom gefunden wurde. Einige leiten den Namen A. von Adrast her, welcher, zum Andenken an den Eteocles, der Nemesis bei Theben einen berühmten Tempel gründete. – 2) A., Tochter des cretischen Königs Melissus, welcher von der Mutter Jupiters, Rhea, dieser als neugebornes Kind in der dictäischen Höhle auf Creta zur Erziehung übergeben wurde.

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/82>, abgerufen am 22.12.2024.