Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

öffnen konnte, kroch er mit seinem Gefolge durch die Zwischenräume des Gitters hindurch. Sie fanden nun eine grosse Halle, und in ihr eine Menge sehr grosser Menschen, die auf zwei Bänken sassen, in der Mitte den König Utgartlokj, von beträchtlicher Länge und noch mehr Hochmuth, denn er würdigte die ihn grüssenden Fremdlinge kaum eines Blickes und sagte nur lächelnd; "Der kleine Kerl ist, glaube ich, Aukathor - bist du vielleicht grösser, als du scheinst? Was für Geschicklichkeiten könnt ihr Leute denn verrichten? - hier wird Niemand gelitten, der sich nicht durch eine Kunst oder Wissenschaft auszeichnet." - Loke antwortete, dass er sich für einen grossen Esser halte, und nicht glaube, dass Jemand mehr leisten könne, als er. "Das wollen wir gleich versuchen," antwortete der König, hiess einen mit Namen Logi von der Bank aufstehen und sich zum Wettkampf bereit machen; es ward ein mächtiger Trog mit Fleisch auf die Erde gesetzt, an dem einen Ende nahm Loke Platz, an dem anderen Logi, und weil der Erste lange nichts gegessen, so that er sehr viel; die beiden Kämpfer begegneten sich in der Mitte ihrer Bahn, allein, obwohl Loke alles Fleisch verzehrt hatte, so liess doch Logi selbst die Knochen nicht übrig, und auch seine Hälfte des Trogs war aufgefressen. - Alle kamen daher überein, dass Loke das Spiel verloren habe. - "Was kann der junge Mann dort?" frug der König weiter. Thialfi antwortete, er könne in die Wette laufen, und sei erbötig, dieses zu versuchen, mit wem Utgartloki wolle. Der König ging hinaus, rief einen jungen Mann Namens Hugi zum Wettrennen, zeigte eine Bahn nach der Ebene hin und bestimmte ein Ziel. Hugi kam in drei verschiedenen Wiederholungen dem Thialfi stets voran, obwohl der König zugestand, von allen den bisher zur Burg Gekommenen habe noch Keiner besser laufen können, als Thialfi. - Nun wurde T. gefragt, was er könne, da er eines bedeutenden Ruhmes unter den Asen genösse. T. sagte, er wolle sich im Trinken versuchen; der König brachte ein Horn und sprach: es heisst gut getrunken, dieses Horn mit einem Zuge zu leeren, Viele können es erst in zwei Zügen, doch Keiner ist ein solcher Stümper, dass er es nicht beim dritten Male austrinken sollte. T. setzte dasselbe dreimal an und trank aus allen Kräften, doch da er hinein sah, hatte es kaum etwas abgenommen. T. gab es fort und wollte nicht mehr trinken, da sagte der König: "Nun ist es klar, dass deine Macht nicht so gross ist, als wir gewähnt, und du wirst, wenn du noch mehr Kämpfe wagen willst, schwerlich grossen Ruhm einernten." T. erwiderte, er wolle doch noch mehr versuchen, und er würde sich gewaltig wundern, wenn man daß, was er hier geleistet, klein nennen sollte. Utgartloki schlug ihm nun vor, eine Katze von der Erde zu heben, eine Kleinigkeit, die hier jeder Junge könne, und die er dem mächtigen T. nie vorgeschlagen haben würde, wenn er nicht gesehen, dass dieser bei weitem nicht der grosse Mann sei, für den man ihn gehalten. Hierauf kam eine sehr grosse graue Katze zum Vorschein, welche T. um den Leib fasste und zu erheben versuchte; doch die Katze krümmte den Rücken immer höher, und als T. sich nach Möglichkeit ausgestreckt hatte, konnte er es doch nicht so weit bringen, dass sie mehr als einen Vorderfuss vom Boden erhob. "Es ging, wie ich dachte," sprach der König, "die Katze ist gross, und T. ist kurz und sehr klein im Vergleich mit denen, die dieses Spiel hier treiben". - "So klein ich bin," rief T. ergrimmt, "so fordere ich doch Jeden von euch heraus, mit mir zu kämpfen, denn jetzt bin ich zornig, und fühle meine ganze Götterstärke." Da sprach Utgartloki: "Hier ist Keiner, der es nicht für ein Kinderspiel halten würde, es mit dir aufzunehmen; doch, ruft mir meine alte Amme herein, die hat wohl mehr Männer niedergeworfen, wie T. ist, mit ihr möge er sich messen." Es kam Frau Elle, und wie sich T. auch anstrengte, vermochte er doch nicht, sie zum Wanken zu bringen; als aber auch sie ihre Kräfte in Bewegung setzte; vermochte T. nicht lange Widerstand zu leisten, und musste zuletzt auf ein Knie niedersinken, worauf der König die Kämpfenden trennte. - Nach guter Bewirthung und einem warmen Nachtlager zogen die Abenteurer beschämt von dannen; doch da sie zum Thor hinaus waren, sagte der König: "Jetzt seid ihr aus der Burg, wohin ihr, so lange ich Macht habe, nicht wieder kommen sollt, und wohin ihr gar nicht gekommen wäret, wenn ich T.'s Stärke gekannt hätte; wisst, es ist Alles mit Zauberei zugegangen. Zuerst begegnete ich euch im Walde, dort nannte ich mich Skirner, und hatte als solcher den Reisesack mit Eisenstangen zusammengeschnürt, daher du ihn nicht auflösen konntest; darauf schlugst du, T., dreimal mit dem Hammer nach mir; die drei tiefen Felsthäler von viereckiger Form in jenen Klippen mögen dir zeigen, wie du geschlagen, denn ich schob diese Klippen unter den Schlag, doch unsichtbar, daher du sie nicht wahrnehmen konntest. Als ihr nun zu mir kamt und eure Proben machtet, stellte ich dem Loke einen Mann entgegen, der freilich mehr essen konnte, als jener, denn Logi war ein verzehrendes Feuer, das frass natürlich Holz und Knochen mit auf. Thialfi lief mit keinem Andern, als mit meinem Gedanken, in die Wette, und dass dieser früher an's Ziel kommen konnte, als er, ist begreiflich; aber du hast etwas Uebernatürliches geleistet, denn das Horn, das du auszuleeren dich mühetest, stand mit einem Ende im Weltmeere, und du hast so ungeheuer gezogen, dass das Weltmeer auf eine weite Strecke hinein trocken ist, man nennt es jetzt Ebbe. Die Katze, welche du aufhobst, war die Midgardsschlange, und du warst stark genug, sie so hoch zu heben, dass kaum noch Kopf und Schweif die Erde berührte, da sie doch sonst alle Länder umschlingt; du hobst ihr den Rücken so hoch, dass er den Himmel berührte. Endlich, die Alte betreffend, mit der du gerungen hast, so war diese das Alter selbst, und Ehre dem Manne, der dem Alles besiegenden Alter so wenig weicht, als du. Jetzt lebe wohl; obschon ich noch manches Mittel habe, meine Burg zu schützen, so meine ich, es ist für uns Beide das Beste, wenn wir uns nicht wieder begegnen." T., wüthend, sich so gefoppt zu sehen, griff nach seinem Hammer, allein in dem Augenblick war Utgartloki und die Burg verschwunden, und sie sahen sich auf einer weiten Ebene. - Um sich nun wenigstens an der Midgardsschlange zu rächen, fuhr T. bald darauf mit dem Riesen Ymer auf das Meer hinaus, und so weit, dass dem Riesen Angst und bange wurde; dann warf er an einer mächtigen Angelschnur einen Ochsenkopf in das Wasser, wonach die Midgardsschlange schnappte; doch da sie sich verwundet fühlte, fuhr sie mit solcher Gewalt zurück, dass T.'s Hände, welche die Angelschnur hielten, gegen das Boot fuhren, worauf er seine Götterstärke annahm und sich so gegen den Boden des Schiffleins stemmte, dass seine Füsse hindurch fuhren und er auf dem Meeresgrunde stand. Der Riese zitterte vor Angst, als T. an der Schnur die Schlange in die Höhe zog, sie mit glühenden Blicken anstarrte, und diese ihr Gift gegen ihn strömte; da erhob T. seinen Hammer, doch Ymer schnitt die Schnur ab, und die Schlange fuhr zurück. T. aber stürzte den Riesen mit dem Kopfe zu unterst in's Meer, so dass die Beine emporstanden, und watete auf's Trockene. - Eine andere von des mächtigen Asen Thaten siebe unter Gejrröd und Hrugner, sein Ende aber unter Jormungand. - Auch bei den Wenden ward T. als einer der höchsten Götter verehrt; sie errichteten ihm häufig Bildsäulen, aus einem Weidenbaum geschnitzt, dessen unförmliches Ende das Gesicht des Gottes vorstellte; ein Gerüst um denselben bildete eine Art Altar, auf welchem die Opfer niedergelegt wurden.


Thorgerdur (Nord. M.), Tochter des Königs Holgi unter dem Namen Haurgabrud (Tempelbraut), und von den Bewohnern von Holgaland als Göttin verehrt, welches besonders durch den berühmten Hagen Lade Jarl veranlasst wurde, der ihr und ihrer gleichfalls angebeteten Schwester Irpa seinen eigenen Sohn Erling geopfert hatte. Lade Jarl und Dale Gudbrand hatten nach ihrem Tode gleichfalls einen Cultus, in Folge dessen ihnen ein Tempel geweiht wurde; in diesem, so wie in einem eigens der Königstochter geweiheten, stand das lebensgrosse Bild der T., mit Gold und Silber reich geschmückt.


Thornax (Gr. M.), Gattin des Japetus, mit welchem sie den Buphagus erzeugte.


Thoth (Aegypt. M.), ein ägyptischer Gott, den die Griechen mit ihrem Hermes verglichen, das verkörperte geistige Leben, das Selbstschauen und Denken, das Lehren und das Schreiben; er scheint auch Eins zu sein mit Anubis. Seinen Namen will man ableiten von dem ägyptischen Worte Thoyth, Säule; denn die Säule war in Aegypten Träger aller Wissenschaft gewesen, die die Priester darauf niedergeschrieben hatten. T. ist insonderheit Erfinder der Hieroglyphen - Schrift. Als Hermes

öffnen konnte, kroch er mit seinem Gefolge durch die Zwischenräume des Gitters hindurch. Sie fanden nun eine grosse Halle, und in ihr eine Menge sehr grosser Menschen, die auf zwei Bänken sassen, in der Mitte den König Utgartlokj, von beträchtlicher Länge und noch mehr Hochmuth, denn er würdigte die ihn grüssenden Fremdlinge kaum eines Blickes und sagte nur lächelnd; »Der kleine Kerl ist, glaube ich, Aukathor – bist du vielleicht grösser, als du scheinst? Was für Geschicklichkeiten könnt ihr Leute denn verrichten? – hier wird Niemand gelitten, der sich nicht durch eine Kunst oder Wissenschaft auszeichnet.« – Loke antwortete, dass er sich für einen grossen Esser halte, und nicht glaube, dass Jemand mehr leisten könne, als er. »Das wollen wir gleich versuchen,« antwortete der König, hiess einen mit Namen Logi von der Bank aufstehen und sich zum Wettkampf bereit machen; es ward ein mächtiger Trog mit Fleisch auf die Erde gesetzt, an dem einen Ende nahm Loke Platz, an dem anderen Logi, und weil der Erste lange nichts gegessen, so that er sehr viel; die beiden Kämpfer begegneten sich in der Mitte ihrer Bahn, allein, obwohl Loke alles Fleisch verzehrt hatte, so liess doch Logi selbst die Knochen nicht übrig, und auch seine Hälfte des Trogs war aufgefressen. – Alle kamen daher überein, dass Loke das Spiel verloren habe. – »Was kann der junge Mann dort?« frug der König weiter. Thialfi antwortete, er könne in die Wette laufen, und sei erbötig, dieses zu versuchen, mit wem Utgartloki wolle. Der König ging hinaus, rief einen jungen Mann Namens Hugi zum Wettrennen, zeigte eine Bahn nach der Ebene hin und bestimmte ein Ziel. Hugi kam in drei verschiedenen Wiederholungen dem Thialfi stets voran, obwohl der König zugestand, von allen den bisher zur Burg Gekommenen habe noch Keiner besser laufen können, als Thialfi. – Nun wurde T. gefragt, was er könne, da er eines bedeutenden Ruhmes unter den Asen genösse. T. sagte, er wolle sich im Trinken versuchen; der König brachte ein Horn und sprach: es heisst gut getrunken, dieses Horn mit einem Zuge zu leeren, Viele können es erst in zwei Zügen, doch Keiner ist ein solcher Stümper, dass er es nicht beim dritten Male austrinken sollte. T. setzte dasselbe dreimal an und trank aus allen Kräften, doch da er hinein sah, hatte es kaum etwas abgenommen. T. gab es fort und wollte nicht mehr trinken, da sagte der König: »Nun ist es klar, dass deine Macht nicht so gross ist, als wir gewähnt, und du wirst, wenn du noch mehr Kämpfe wagen willst, schwerlich grossen Ruhm einernten.« T. erwiderte, er wolle doch noch mehr versuchen, und er würde sich gewaltig wundern, wenn man daß, was er hier geleistet, klein nennen sollte. Utgartloki schlug ihm nun vor, eine Katze von der Erde zu heben, eine Kleinigkeit, die hier jeder Junge könne, und die er dem mächtigen T. nie vorgeschlagen haben würde, wenn er nicht gesehen, dass dieser bei weitem nicht der grosse Mann sei, für den man ihn gehalten. Hierauf kam eine sehr grosse graue Katze zum Vorschein, welche T. um den Leib fasste und zu erheben versuchte; doch die Katze krümmte den Rücken immer höher, und als T. sich nach Möglichkeit ausgestreckt hatte, konnte er es doch nicht so weit bringen, dass sie mehr als einen Vorderfuss vom Boden erhob. »Es ging, wie ich dachte,« sprach der König, »die Katze ist gross, und T. ist kurz und sehr klein im Vergleich mit denen, die dieses Spiel hier treiben«. – »So klein ich bin,« rief T. ergrimmt, »so fordere ich doch Jeden von euch heraus, mit mir zu kämpfen, denn jetzt bin ich zornig, und fühle meine ganze Götterstärke.« Da sprach Utgartloki: »Hier ist Keiner, der es nicht für ein Kinderspiel halten würde, es mit dir aufzunehmen; doch, ruft mir meine alte Amme herein, die hat wohl mehr Männer niedergeworfen, wie T. ist, mit ihr möge er sich messen.« Es kam Frau Elle, und wie sich T. auch anstrengte, vermochte er doch nicht, sie zum Wanken zu bringen; als aber auch sie ihre Kräfte in Bewegung setzte; vermochte T. nicht lange Widerstand zu leisten, und musste zuletzt auf ein Knie niedersinken, worauf der König die Kämpfenden trennte. – Nach guter Bewirthung und einem warmen Nachtlager zogen die Abenteurer beschämt von dannen; doch da sie zum Thor hinaus waren, sagte der König: »Jetzt seid ihr aus der Burg, wohin ihr, so lange ich Macht habe, nicht wieder kommen sollt, und wohin ihr gar nicht gekommen wäret, wenn ich T.'s Stärke gekannt hätte; wisst, es ist Alles mit Zauberei zugegangen. Zuerst begegnete ich euch im Walde, dort nannte ich mich Skirner, und hatte als solcher den Reisesack mit Eisenstangen zusammengeschnürt, daher du ihn nicht auflösen konntest; darauf schlugst du, T., dreimal mit dem Hammer nach mir; die drei tiefen Felsthäler von viereckiger Form in jenen Klippen mögen dir zeigen, wie du geschlagen, denn ich schob diese Klippen unter den Schlag, doch unsichtbar, daher du sie nicht wahrnehmen konntest. Als ihr nun zu mir kamt und eure Proben machtet, stellte ich dem Loke einen Mann entgegen, der freilich mehr essen konnte, als jener, denn Logi war ein verzehrendes Feuer, das frass natürlich Holz und Knochen mit auf. Thialfi lief mit keinem Andern, als mit meinem Gedanken, in die Wette, und dass dieser früher an's Ziel kommen konnte, als er, ist begreiflich; aber du hast etwas Uebernatürliches geleistet, denn das Horn, das du auszuleeren dich mühetest, stand mit einem Ende im Weltmeere, und du hast so ungeheuer gezogen, dass das Weltmeer auf eine weite Strecke hinein trocken ist, man nennt es jetzt Ebbe. Die Katze, welche du aufhobst, war die Midgardsschlange, und du warst stark genug, sie so hoch zu heben, dass kaum noch Kopf und Schweif die Erde berührte, da sie doch sonst alle Länder umschlingt; du hobst ihr den Rücken so hoch, dass er den Himmel berührte. Endlich, die Alte betreffend, mit der du gerungen hast, so war diese das Alter selbst, und Ehre dem Manne, der dem Alles besiegenden Alter so wenig weicht, als du. Jetzt lebe wohl; obschon ich noch manches Mittel habe, meine Burg zu schützen, so meine ich, es ist für uns Beide das Beste, wenn wir uns nicht wieder begegnen.« T., wüthend, sich so gefoppt zu sehen, griff nach seinem Hammer, allein in dem Augenblick war Utgartloki und die Burg verschwunden, und sie sahen sich auf einer weiten Ebene. – Um sich nun wenigstens an der Midgardsschlange zu rächen, fuhr T. bald darauf mit dem Riesen Ymer auf das Meer hinaus, und so weit, dass dem Riesen Angst und bange wurde; dann warf er an einer mächtigen Angelschnur einen Ochsenkopf in das Wasser, wonach die Midgardsschlange schnappte; doch da sie sich verwundet fühlte, fuhr sie mit solcher Gewalt zurück, dass T.'s Hände, welche die Angelschnur hielten, gegen das Boot fuhren, worauf er seine Götterstärke annahm und sich so gegen den Boden des Schiffleins stemmte, dass seine Füsse hindurch fuhren und er auf dem Meeresgrunde stand. Der Riese zitterte vor Angst, als T. an der Schnur die Schlange in die Höhe zog, sie mit glühenden Blicken anstarrte, und diese ihr Gift gegen ihn strömte; da erhob T. seinen Hammer, doch Ymer schnitt die Schnur ab, und die Schlange fuhr zurück. T. aber stürzte den Riesen mit dem Kopfe zu unterst in's Meer, so dass die Beine emporstanden, und watete auf's Trockene. – Eine andere von des mächtigen Asen Thaten siebe unter Gejrröd und Hrugner, sein Ende aber unter Jormungand. – Auch bei den Wenden ward T. als einer der höchsten Götter verehrt; sie errichteten ihm häufig Bildsäulen, aus einem Weidenbaum geschnitzt, dessen unförmliches Ende das Gesicht des Gottes vorstellte; ein Gerüst um denselben bildete eine Art Altar, auf welchem die Opfer niedergelegt wurden.


Thorgerdur (Nord. M.), Tochter des Königs Holgi unter dem Namen Haurgabrud (Tempelbraut), und von den Bewohnern von Holgaland als Göttin verehrt, welches besonders durch den berühmten Hagen Lade Jarl veranlasst wurde, der ihr und ihrer gleichfalls angebeteten Schwester Irpa seinen eigenen Sohn Erling geopfert hatte. Lade Jarl und Dale Gudbrand hatten nach ihrem Tode gleichfalls einen Cultus, in Folge dessen ihnen ein Tempel geweiht wurde; in diesem, so wie in einem eigens der Königstochter geweiheten, stand das lebensgrosse Bild der T., mit Gold und Silber reich geschmückt.


Thornax (Gr. M.), Gattin des Japetus, mit welchem sie den Buphagus erzeugte.


Thoth (Aegypt. M.), ein ägyptischer Gott, den die Griechen mit ihrem Hermes verglichen, das verkörperte geistige Leben, das Selbstschauen und Denken, das Lehren und das Schreiben; er scheint auch Eins zu sein mit Anubis. Seinen Namen will man ableiten von dem ägyptischen Worte Thoyth, Säule; denn die Säule war in Aegypten Träger aller Wissenschaft gewesen, die die Priester darauf niedergeschrieben hatten. T. ist insonderheit Erfinder der Hieroglyphen – Schrift. Als Hermes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0502" n="432"/>
öffnen konnte, kroch er mit seinem Gefolge durch die Zwischenräume des Gitters hindurch. Sie fanden nun eine grosse Halle, und in ihr eine Menge sehr grosser Menschen, die auf zwei Bänken sassen, in der Mitte den König Utgartlokj, von beträchtlicher Länge und noch mehr Hochmuth, denn er würdigte die ihn grüssenden Fremdlinge kaum eines Blickes und sagte nur lächelnd; »Der kleine Kerl ist, glaube ich, Aukathor &#x2013; bist du vielleicht grösser, als du scheinst? Was für Geschicklichkeiten könnt ihr Leute denn verrichten? &#x2013; hier wird Niemand gelitten, der sich nicht durch eine Kunst oder Wissenschaft auszeichnet.« &#x2013; Loke antwortete, dass er sich für einen grossen Esser halte, und nicht glaube, dass Jemand mehr leisten könne, als er. »Das wollen wir gleich versuchen,« antwortete der König, hiess einen mit Namen Logi von der Bank aufstehen und sich zum Wettkampf bereit machen; es ward ein mächtiger Trog mit Fleisch auf die Erde gesetzt, an dem einen Ende nahm Loke Platz, an dem anderen Logi, und weil der Erste lange nichts gegessen, so that er sehr viel; die beiden Kämpfer begegneten sich in der Mitte ihrer Bahn, allein, obwohl Loke alles Fleisch verzehrt hatte, so liess doch Logi selbst die Knochen nicht übrig, und auch seine Hälfte des Trogs war aufgefressen. &#x2013; Alle kamen daher überein, dass Loke das Spiel verloren habe. &#x2013; »Was kann der junge Mann dort?« frug der König weiter. Thialfi antwortete, er könne in die Wette laufen, und sei erbötig, dieses zu versuchen, mit wem Utgartloki wolle. Der König ging hinaus, rief einen jungen Mann Namens Hugi zum Wettrennen, zeigte eine Bahn nach der Ebene hin und bestimmte ein Ziel. Hugi kam in drei verschiedenen Wiederholungen dem Thialfi stets voran, obwohl der König zugestand, von allen den bisher zur Burg Gekommenen habe noch Keiner besser laufen können, als Thialfi. &#x2013; Nun wurde T. gefragt, was er könne, da er eines bedeutenden Ruhmes unter den Asen genösse. T. sagte, er wolle sich im Trinken versuchen; der König brachte ein Horn und sprach: es heisst gut getrunken, dieses Horn <hi rendition="#g">mit einem</hi> Zuge zu leeren, Viele können es erst in zwei Zügen, doch Keiner ist ein solcher Stümper, dass er es nicht beim dritten Male austrinken sollte. T. setzte dasselbe dreimal an und trank aus allen Kräften, doch da er hinein sah, hatte es kaum etwas abgenommen. T. gab es fort und wollte nicht mehr trinken, da sagte der König: »Nun ist es klar, dass deine Macht nicht so gross ist, als wir gewähnt, und du wirst, wenn du noch mehr Kämpfe wagen willst, schwerlich grossen Ruhm einernten.« T. erwiderte, er wolle doch noch mehr versuchen, und er würde sich gewaltig wundern, wenn man daß, was er hier geleistet, klein nennen sollte. Utgartloki schlug ihm nun vor, eine Katze von der Erde zu heben, eine Kleinigkeit, die hier jeder Junge könne, und die er dem mächtigen T. nie vorgeschlagen haben würde, wenn er nicht gesehen, dass dieser bei weitem nicht der grosse Mann sei, für den man ihn gehalten. Hierauf kam eine sehr grosse graue Katze zum Vorschein, welche T. um den Leib fasste und zu erheben versuchte; doch die Katze krümmte den Rücken immer höher, und als T. sich nach Möglichkeit ausgestreckt hatte, konnte er es doch nicht so weit bringen, dass sie mehr als einen Vorderfuss vom Boden erhob. »Es ging, wie ich dachte,« sprach der König, »die Katze ist gross, und T. ist kurz und sehr klein im Vergleich mit denen, die dieses Spiel hier treiben«. &#x2013; »So klein ich bin,« rief T. ergrimmt, »so fordere ich doch Jeden von euch heraus, mit mir zu kämpfen, denn jetzt bin ich zornig, und fühle meine ganze Götterstärke.« Da sprach Utgartloki: »Hier ist Keiner, der es nicht für ein Kinderspiel halten würde, es mit dir aufzunehmen; doch, ruft mir meine alte Amme herein, die hat wohl mehr Männer niedergeworfen, wie T. ist, mit ihr möge er sich messen.« Es kam Frau Elle, und wie sich T. auch anstrengte, vermochte er doch nicht, sie zum Wanken zu bringen; als aber auch sie ihre Kräfte in Bewegung setzte; vermochte T. nicht lange Widerstand zu leisten, und musste zuletzt auf ein Knie niedersinken, worauf der König die Kämpfenden trennte. &#x2013; Nach guter Bewirthung und einem warmen Nachtlager zogen die Abenteurer beschämt von dannen; doch da sie zum Thor hinaus waren, sagte der König: »Jetzt seid ihr aus der Burg, wohin ihr, so lange ich Macht habe, nicht wieder kommen sollt, und wohin ihr gar nicht gekommen wäret, wenn ich T.'s Stärke gekannt hätte; wisst, es ist Alles mit Zauberei zugegangen. Zuerst begegnete ich euch im Walde, dort nannte ich mich Skirner, und hatte als solcher den Reisesack mit Eisenstangen zusammengeschnürt, daher du ihn nicht auflösen konntest; darauf schlugst du, T., dreimal mit dem Hammer nach mir; die drei tiefen Felsthäler von viereckiger Form in jenen Klippen mögen dir zeigen, wie du geschlagen, denn ich schob diese Klippen unter den Schlag, doch unsichtbar, daher du sie nicht wahrnehmen konntest. Als ihr nun zu mir kamt und eure Proben machtet, stellte ich dem Loke einen Mann entgegen, der freilich mehr essen konnte, als jener, denn Logi war ein verzehrendes Feuer, das frass natürlich Holz und Knochen mit auf. Thialfi lief mit keinem Andern, als mit meinem Gedanken, in die Wette, und dass dieser früher an's Ziel kommen konnte, als er, ist begreiflich; aber du hast etwas Uebernatürliches geleistet, denn das Horn, das du auszuleeren dich mühetest, stand mit einem Ende im Weltmeere, und du hast so ungeheuer gezogen, dass das Weltmeer auf eine weite Strecke hinein trocken ist, man nennt es jetzt Ebbe. Die Katze, welche du aufhobst, war die Midgardsschlange, und du warst stark genug, sie so hoch zu heben, dass kaum noch Kopf und Schweif die Erde berührte, da sie doch sonst alle Länder umschlingt; du hobst ihr den Rücken so hoch, dass er den Himmel berührte. Endlich, die Alte betreffend, mit der du gerungen hast, so war diese das <hi rendition="#g">Alter</hi> selbst, und Ehre dem Manne, der dem Alles besiegenden Alter so wenig weicht, als du. Jetzt lebe wohl; obschon ich noch manches Mittel habe, meine Burg zu schützen, so meine ich, es ist für uns Beide das Beste, wenn wir uns nicht wieder begegnen.« T., wüthend, sich so gefoppt zu sehen, griff nach seinem Hammer, allein in dem Augenblick war Utgartloki und die Burg verschwunden, und sie sahen sich auf einer weiten Ebene. &#x2013; Um sich nun wenigstens an der Midgardsschlange zu rächen, fuhr T. bald darauf mit dem Riesen Ymer auf das Meer hinaus, und so weit, dass dem Riesen Angst und bange wurde; dann warf er an einer mächtigen Angelschnur einen Ochsenkopf in das Wasser, wonach die Midgardsschlange schnappte; doch da sie sich verwundet fühlte, fuhr sie mit solcher Gewalt zurück, dass T.'s Hände, welche die Angelschnur hielten, gegen das Boot fuhren, worauf er seine Götterstärke annahm und sich so gegen den Boden des Schiffleins stemmte, dass seine Füsse hindurch fuhren und er auf dem Meeresgrunde stand. Der Riese zitterte vor Angst, als T. an der Schnur die Schlange in die Höhe zog, sie mit glühenden Blicken anstarrte, und diese ihr Gift gegen ihn strömte; da erhob T. seinen Hammer, doch Ymer schnitt die Schnur ab, und die Schlange fuhr zurück. T. aber stürzte den Riesen mit dem Kopfe zu unterst in's Meer, so dass die Beine emporstanden, und watete auf's Trockene. &#x2013; Eine andere von des mächtigen Asen Thaten siebe unter <hi rendition="#g">Gejrröd</hi> und <hi rendition="#g">Hrugner</hi>, sein Ende aber unter <hi rendition="#g">Jormungand</hi>. &#x2013; Auch bei den Wenden ward T. als einer der höchsten Götter verehrt; sie errichteten ihm häufig Bildsäulen, aus einem Weidenbaum geschnitzt, dessen unförmliches Ende das Gesicht des Gottes vorstellte; ein Gerüst um denselben bildete eine Art Altar, auf welchem die Opfer niedergelegt wurden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Thorgerdur</hi> (Nord. M.), Tochter des Königs Holgi unter dem Namen Haurgabrud (Tempelbraut), und von den Bewohnern von Holgaland als Göttin verehrt, welches besonders durch den berühmten Hagen Lade Jarl veranlasst wurde, der ihr und ihrer gleichfalls angebeteten Schwester Irpa seinen eigenen Sohn Erling geopfert hatte. Lade Jarl und Dale Gudbrand hatten nach ihrem Tode gleichfalls einen Cultus, in Folge dessen ihnen ein Tempel geweiht wurde; in diesem, so wie in einem eigens der Königstochter geweiheten, stand das lebensgrosse Bild der T., mit Gold und Silber reich geschmückt.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Thornax</hi> (Gr. M.), Gattin des Japetus, mit welchem sie den Buphagus erzeugte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Thoth</hi> (Aegypt. M.), ein ägyptischer Gott, den die Griechen mit ihrem Hermes verglichen, das verkörperte geistige Leben, das Selbstschauen und Denken, das Lehren und das Schreiben; er scheint auch Eins zu sein mit Anubis. Seinen Namen will man ableiten von dem ägyptischen Worte Thoyth, Säule; denn die Säule war in Aegypten Träger aller Wissenschaft gewesen, die die Priester darauf niedergeschrieben hatten. T. ist insonderheit Erfinder der Hieroglyphen &#x2013; Schrift. Als Hermes
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[432/0502] öffnen konnte, kroch er mit seinem Gefolge durch die Zwischenräume des Gitters hindurch. Sie fanden nun eine grosse Halle, und in ihr eine Menge sehr grosser Menschen, die auf zwei Bänken sassen, in der Mitte den König Utgartlokj, von beträchtlicher Länge und noch mehr Hochmuth, denn er würdigte die ihn grüssenden Fremdlinge kaum eines Blickes und sagte nur lächelnd; »Der kleine Kerl ist, glaube ich, Aukathor – bist du vielleicht grösser, als du scheinst? Was für Geschicklichkeiten könnt ihr Leute denn verrichten? – hier wird Niemand gelitten, der sich nicht durch eine Kunst oder Wissenschaft auszeichnet.« – Loke antwortete, dass er sich für einen grossen Esser halte, und nicht glaube, dass Jemand mehr leisten könne, als er. »Das wollen wir gleich versuchen,« antwortete der König, hiess einen mit Namen Logi von der Bank aufstehen und sich zum Wettkampf bereit machen; es ward ein mächtiger Trog mit Fleisch auf die Erde gesetzt, an dem einen Ende nahm Loke Platz, an dem anderen Logi, und weil der Erste lange nichts gegessen, so that er sehr viel; die beiden Kämpfer begegneten sich in der Mitte ihrer Bahn, allein, obwohl Loke alles Fleisch verzehrt hatte, so liess doch Logi selbst die Knochen nicht übrig, und auch seine Hälfte des Trogs war aufgefressen. – Alle kamen daher überein, dass Loke das Spiel verloren habe. – »Was kann der junge Mann dort?« frug der König weiter. Thialfi antwortete, er könne in die Wette laufen, und sei erbötig, dieses zu versuchen, mit wem Utgartloki wolle. Der König ging hinaus, rief einen jungen Mann Namens Hugi zum Wettrennen, zeigte eine Bahn nach der Ebene hin und bestimmte ein Ziel. Hugi kam in drei verschiedenen Wiederholungen dem Thialfi stets voran, obwohl der König zugestand, von allen den bisher zur Burg Gekommenen habe noch Keiner besser laufen können, als Thialfi. – Nun wurde T. gefragt, was er könne, da er eines bedeutenden Ruhmes unter den Asen genösse. T. sagte, er wolle sich im Trinken versuchen; der König brachte ein Horn und sprach: es heisst gut getrunken, dieses Horn mit einem Zuge zu leeren, Viele können es erst in zwei Zügen, doch Keiner ist ein solcher Stümper, dass er es nicht beim dritten Male austrinken sollte. T. setzte dasselbe dreimal an und trank aus allen Kräften, doch da er hinein sah, hatte es kaum etwas abgenommen. T. gab es fort und wollte nicht mehr trinken, da sagte der König: »Nun ist es klar, dass deine Macht nicht so gross ist, als wir gewähnt, und du wirst, wenn du noch mehr Kämpfe wagen willst, schwerlich grossen Ruhm einernten.« T. erwiderte, er wolle doch noch mehr versuchen, und er würde sich gewaltig wundern, wenn man daß, was er hier geleistet, klein nennen sollte. Utgartloki schlug ihm nun vor, eine Katze von der Erde zu heben, eine Kleinigkeit, die hier jeder Junge könne, und die er dem mächtigen T. nie vorgeschlagen haben würde, wenn er nicht gesehen, dass dieser bei weitem nicht der grosse Mann sei, für den man ihn gehalten. Hierauf kam eine sehr grosse graue Katze zum Vorschein, welche T. um den Leib fasste und zu erheben versuchte; doch die Katze krümmte den Rücken immer höher, und als T. sich nach Möglichkeit ausgestreckt hatte, konnte er es doch nicht so weit bringen, dass sie mehr als einen Vorderfuss vom Boden erhob. »Es ging, wie ich dachte,« sprach der König, »die Katze ist gross, und T. ist kurz und sehr klein im Vergleich mit denen, die dieses Spiel hier treiben«. – »So klein ich bin,« rief T. ergrimmt, »so fordere ich doch Jeden von euch heraus, mit mir zu kämpfen, denn jetzt bin ich zornig, und fühle meine ganze Götterstärke.« Da sprach Utgartloki: »Hier ist Keiner, der es nicht für ein Kinderspiel halten würde, es mit dir aufzunehmen; doch, ruft mir meine alte Amme herein, die hat wohl mehr Männer niedergeworfen, wie T. ist, mit ihr möge er sich messen.« Es kam Frau Elle, und wie sich T. auch anstrengte, vermochte er doch nicht, sie zum Wanken zu bringen; als aber auch sie ihre Kräfte in Bewegung setzte; vermochte T. nicht lange Widerstand zu leisten, und musste zuletzt auf ein Knie niedersinken, worauf der König die Kämpfenden trennte. – Nach guter Bewirthung und einem warmen Nachtlager zogen die Abenteurer beschämt von dannen; doch da sie zum Thor hinaus waren, sagte der König: »Jetzt seid ihr aus der Burg, wohin ihr, so lange ich Macht habe, nicht wieder kommen sollt, und wohin ihr gar nicht gekommen wäret, wenn ich T.'s Stärke gekannt hätte; wisst, es ist Alles mit Zauberei zugegangen. Zuerst begegnete ich euch im Walde, dort nannte ich mich Skirner, und hatte als solcher den Reisesack mit Eisenstangen zusammengeschnürt, daher du ihn nicht auflösen konntest; darauf schlugst du, T., dreimal mit dem Hammer nach mir; die drei tiefen Felsthäler von viereckiger Form in jenen Klippen mögen dir zeigen, wie du geschlagen, denn ich schob diese Klippen unter den Schlag, doch unsichtbar, daher du sie nicht wahrnehmen konntest. Als ihr nun zu mir kamt und eure Proben machtet, stellte ich dem Loke einen Mann entgegen, der freilich mehr essen konnte, als jener, denn Logi war ein verzehrendes Feuer, das frass natürlich Holz und Knochen mit auf. Thialfi lief mit keinem Andern, als mit meinem Gedanken, in die Wette, und dass dieser früher an's Ziel kommen konnte, als er, ist begreiflich; aber du hast etwas Uebernatürliches geleistet, denn das Horn, das du auszuleeren dich mühetest, stand mit einem Ende im Weltmeere, und du hast so ungeheuer gezogen, dass das Weltmeer auf eine weite Strecke hinein trocken ist, man nennt es jetzt Ebbe. Die Katze, welche du aufhobst, war die Midgardsschlange, und du warst stark genug, sie so hoch zu heben, dass kaum noch Kopf und Schweif die Erde berührte, da sie doch sonst alle Länder umschlingt; du hobst ihr den Rücken so hoch, dass er den Himmel berührte. Endlich, die Alte betreffend, mit der du gerungen hast, so war diese das Alter selbst, und Ehre dem Manne, der dem Alles besiegenden Alter so wenig weicht, als du. Jetzt lebe wohl; obschon ich noch manches Mittel habe, meine Burg zu schützen, so meine ich, es ist für uns Beide das Beste, wenn wir uns nicht wieder begegnen.« T., wüthend, sich so gefoppt zu sehen, griff nach seinem Hammer, allein in dem Augenblick war Utgartloki und die Burg verschwunden, und sie sahen sich auf einer weiten Ebene. – Um sich nun wenigstens an der Midgardsschlange zu rächen, fuhr T. bald darauf mit dem Riesen Ymer auf das Meer hinaus, und so weit, dass dem Riesen Angst und bange wurde; dann warf er an einer mächtigen Angelschnur einen Ochsenkopf in das Wasser, wonach die Midgardsschlange schnappte; doch da sie sich verwundet fühlte, fuhr sie mit solcher Gewalt zurück, dass T.'s Hände, welche die Angelschnur hielten, gegen das Boot fuhren, worauf er seine Götterstärke annahm und sich so gegen den Boden des Schiffleins stemmte, dass seine Füsse hindurch fuhren und er auf dem Meeresgrunde stand. Der Riese zitterte vor Angst, als T. an der Schnur die Schlange in die Höhe zog, sie mit glühenden Blicken anstarrte, und diese ihr Gift gegen ihn strömte; da erhob T. seinen Hammer, doch Ymer schnitt die Schnur ab, und die Schlange fuhr zurück. T. aber stürzte den Riesen mit dem Kopfe zu unterst in's Meer, so dass die Beine emporstanden, und watete auf's Trockene. – Eine andere von des mächtigen Asen Thaten siebe unter Gejrröd und Hrugner, sein Ende aber unter Jormungand. – Auch bei den Wenden ward T. als einer der höchsten Götter verehrt; sie errichteten ihm häufig Bildsäulen, aus einem Weidenbaum geschnitzt, dessen unförmliches Ende das Gesicht des Gottes vorstellte; ein Gerüst um denselben bildete eine Art Altar, auf welchem die Opfer niedergelegt wurden. Thorgerdur (Nord. M.), Tochter des Königs Holgi unter dem Namen Haurgabrud (Tempelbraut), und von den Bewohnern von Holgaland als Göttin verehrt, welches besonders durch den berühmten Hagen Lade Jarl veranlasst wurde, der ihr und ihrer gleichfalls angebeteten Schwester Irpa seinen eigenen Sohn Erling geopfert hatte. Lade Jarl und Dale Gudbrand hatten nach ihrem Tode gleichfalls einen Cultus, in Folge dessen ihnen ein Tempel geweiht wurde; in diesem, so wie in einem eigens der Königstochter geweiheten, stand das lebensgrosse Bild der T., mit Gold und Silber reich geschmückt. Thornax (Gr. M.), Gattin des Japetus, mit welchem sie den Buphagus erzeugte. Thoth (Aegypt. M.), ein ägyptischer Gott, den die Griechen mit ihrem Hermes verglichen, das verkörperte geistige Leben, das Selbstschauen und Denken, das Lehren und das Schreiben; er scheint auch Eins zu sein mit Anubis. Seinen Namen will man ableiten von dem ägyptischen Worte Thoyth, Säule; denn die Säule war in Aegypten Träger aller Wissenschaft gewesen, die die Priester darauf niedergeschrieben hatten. T. ist insonderheit Erfinder der Hieroglyphen – Schrift. Als Hermes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/502
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/502>, abgerufen am 21.11.2024.