Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.gebracht, und dann mit entblössten Füssen nach dem grossen Sonnentempel gezogen, wo feierliche Opfer von Schaafen auf Scheiterhaufen von wohlriechendem Holze verbrannt wurden, während welcher die Priester aus den Eingeweiden Glück oder Unglück des nächsten Jahres prophezeiheten. Nach diesem Feste wurden noch acht Tage in ununterbrochener Lust und Freude zugebracht. Indische Büsser. Fig. 172. Hiezu die Abbildung, s. die Artikel Jogi und Indische Mythologie. Indische Mythologie. Im grauesten Alterthum, in das nur unsichere Schlüsse und Vermuthungen uns einen Blick werfen lassen, haben wir uns auf jenen Hochflächen Asiens, wo die zwei grossen Hochländer, das westliche und das östliche, zusammenhängen, an den Quellen des Indus und seiner Zuflüsse ein Urvolk zu denken, von welchem die wichtigsten der gebildeten Völker, Inder und Perser, Griechen und Römer, Germanen und Slaven abstammen. Für diese gemeinschaftliche Abstammung zeugt am Entschiedensten die ausserordentliche Verwandtschaft ihrer Sprachen, die sich nicht nur in den gleichen Wurzeln der Wörter, sondern auch in den ähnlichen Formen ihrer Bildung und Abwandlung kundgibt. - Die älteste von diesen Sprachen ist die heilige Sprache der Indier, Sanskrit genannt. Da in dieser der Name für Gott der Wurzel nach derselbe ist, wie in den Sprachen der verwandten Völker, so schliessen wir daraus, dass das Urvolk selbst, ehe noch irgend eine Trennung und Auswanderung stattfand, bereits auf den Gedanken eines höhern Wesens gekommen war, von welchem der Mensch abhänge und das er ebendesshalb zu verehren habe. In öden einförmigen Gegenden, weiten Steppen, Wäldern, Wüsten, fühlte das noch auf dem tiefsten Punkte der Natürlichkeit stehende Volk auch die über ihm waltende Macht als ein einziges Wesen, und zwar wurde ohne Zweifel der glänzende Himmel über ihm (dju) zuerst als diese herrschende Gewalt angeschaut. Je mehr sich aber das geistige Leben des Volkes entfaltete, desto sicherer musste es in seinem Glauben einen Schritt weiter gehen, und nicht mehr den sichtbaren Himmel, sondern etwas hinter und über demselben Gedachtes, ein unsichtbares Wesen, zu seinem Gott machen. Die Juden kamen auf diesem Wege zu dem Glauben an den Einen, geistigen Gott, die indo-germanischen Völker dagegen liessen sich, sobald sie in reicher organisirte Gegenden kamen, dazu verleiten, eine Menge natürlicher Kräfte und Erscheinungen zu Göttern zu erheben, d. h. ihre Religion wurde polytheistisch. - Bevor aber diese Veränderung eintrat, war bereits die Trennung des Urvolks vor sich gegangen, d. h. die Vorfahren derjenigen Völker, welche Europa bewohnen, waren gegen Westen gewandert, und hatten einen Stamm zurückgelassen, der sich noch eine Zeit lang in Gemeinschaft fortentwickelte, dann aber auch in zwei Völker auseinander trat, das sogenannte Zend-Volk, welches sich vom Hindukuh westlich über Iran und Turan ausbreitete , und das Volk der Hindu, welches in östlicher Richtung zuerst das Ganges-Thal, später aber das ganze heutige Vorderindien in Besitz nahm, indem es die Ur-Einwohner theils vertrieb, theils unterjochte. - Da wir von jenem erstern, dem Zend-Volke, eine heilige Urkunde ihrer Religionslehren, den Zend-Avesta, und ebenso von den Hindus noch ältere Quellen an ihren heiligsten Büchern, den vier Veda's, haben, so können wir durch die Vergleichung beider sehen, welche Lehren ihnen gemeinschaftlich sind, und also schon vor ihrer Trennung ausgebildet wurden. Der höchste Gott war damals Indra, welches sowohl den Mond, als auch den Geist bedeutet, zum Beweis, dass man zuerst von dem ganzen Himmel auf den Mond, gleichsam seinen bebenden und erleuchtenden Geist, als auf den höchsten Gott überging. Ausserdem finden wir noch 33 verschiedene Götter, nämlich 8 Va-sus. d. h. die Guten, wozu Feuer, Erde, Wind, Sonne, Himmel gehören, ein neuer Beweis, wie auch die ganze indische Mythologie ursprünglich nichts Anderes als Naturreligion war; ferner 11 Rudras, die 10 verschiedenen Hauche des Menschen sammt seiner Seele; sodann die zwölf Aditjas, vielleicht die 12 Monate, und endlich die beiden Asvinan, d. h. göttliche Reiter, welche mit den griechischen Dioscuren Aehnlichkeit haben und ohne Zweifel gleich diesen Morgen- und Abendstern vorstellen. - Wir gehen nun zur Darstellung der eigentlichen indischen Religion über, wie sie geworden ist, seitdem sich der indische Volksstamm in seinem jetzigen Wohnplatze, in Vorderindien, niedergelassen hat. Es mögen aber von dieser Einwanderung an bis jetzt wohl 4000 Jahre verflossen sein, und es ist daher sehr natürlich, dass in dieser langen Zeit, obgleich der Orientale mehr zur Beharrlichkeit im Alten geneigt ist, dennoch die Religion verschiedene Veränderungen erlitten hat. So können wir hauptsächlich vier Perioden der indischen Religionsgeschichte unterscheiden: die älteste geht bis ungefähr 900 v. Chr., und ist in den älteren Theilen der Veda's dargestellt; die zweite ist die eigentliche Brahma-Verehrung mit den zwei Haupt-Göttern Wischnu und Schiwa; die dritte beginnt mit einer Art Reformation oder Revolution, durch welche der Buddhaismus etwa 250 v. Chr. zur Staatsreligion erhoben wurde. Er blieb diess bis 800 n. Chr., worauf er durch eine gewaltsame Reaction und blutige Verfolgung aus ganz Indien vertrieben wurde. Von da an bis jetzt, in der vierten Periode, ist der Bramanismus wieder herrschend, aber das Volk ist in viele religiöse Secten getheilt. - Von der ältesten Periode ist uns wenig bekannt. Wischnu und Schiwa gehörten noch nicht zu den vorzugsweise verehrten Gottheiten, wohl aber fand sich das religiöse Bewusstsein gedrungen, die vielen allmälig angenommenen Gottheiten wieder mehr monotheistisch unter Einem Haupte zu vereinigen. Anfänglich galt die Sonne, und als ihr Abbild auf Erden das Feuer als diese Eine früheste Macht der Welt. Bald aber erhob sich das von Natur tiefsinnige und mit philosophischem Geist begabte indische Volk zu einem über die sichtbare Natur erhabenen, geistigen Urgrund aller Dinge, es stellte sich die lebendige Kraft und die gesetzliche Ordnung, welche es in der ganzen Welt erblickte, selbst als das göttliche Wesen vor, und seine Religion wurde dadurch pantheistisch. Diese zur göttlichen Person erhobene Weltordnung ist der Brama, welcher Name eigentlich Wachsthum, d. h. eine sich aus sich selbst entfaltende Kraft bedeutet. Zu diesem philosophischen Glauben konnten sich aber nur Diejenigen erheben, welche sich durch besondere Denkkraft und einen tiefem Geistesblick vor den Andern auszeichneten, und dadurch wird es sehr wahrscheinlich, dass mit dem Glauben an Brama auch die höchste und angesehenste Kaste der Indier, die der Braminen, entstanden ist. - Das Kastenwesen selber ist nämlich die uralte Einrichtung dieses Volkes gewesen, und besteht in einer solchen Eintheilung nach den verschiedenen Berufsarten und Lebensweisen, dass jeder Einzelne durch seine Geburt einer bestimmten Kaste angehört, und gezwungen ist, die Lebensart von dieser auch anzunehmen. Die zahlreichste Kaste war die der Sudras, das gemeine Volk, bestimmt zum Dienste der höheren Kasten. Ueber ihnen stehen die beiden Kasten der Kschatrija (Krieger), von denen die Könige genommen wurden, und der Waisja's, der grossen Landbesitzer und Kaufleute. Aus diesen oberen Kasten nun hat sich wahrscheinlich die höchste, die der Braminen, heraus entwickelt, durch ausgezeichnete religiöse Kenntnisse, die sie zum Theil als Geheimlehre in ihren Kreisen zurückbehielten, und durch besondere Heiligkeit im Wandel. Diese Kaste besteht allein bis auf den heutigen Tag unangefochten und zahlreich fort, während die anderen sich allmälig vermischt und in etwa vierzig neue verloren haben. Ganz abgeschieden von den Hindu und auf's Tiefste verachtet leben dagegen die Parias, die Nachkömmlinge jener Ur - Einwohner, welche von den Hindu bei ihrer Einwanderung unterdrückt wurden. Sie sind Sclaven, die als Sache behandelt werden; sie anzurühren oder in die Wohnung kommen zu lassen gilt für Sünde, und welcher Hindu unter sie heirathet, wird selbst Paria. - Die Verehrung des Brama hat sich von den Braminen aus unter allen Indiern ausgebreitet, obwohl das Volk ihn mehr persönlich, als Schöpfer und Regenten der Welt, und obersten Beherrscher aller Götter betrachtet. Uebrigens steht Brama, nach der Lehre der Veda's, nicht als wirklicher Schöpfer und Herr der Welt gegenüber, sondern sie ist aus ihm selbst hervorgegangen. Man nennt diess die Emanationslehre, und die Veda's stellen die Sache so dar: da Brama sich selbst anschaute, entstand die Puruscha, d. h. die Urseele; diese fiel aber von dem Gott ab, und zur Strafe dafür schuf er die körperliche Welt, in welcher die Geister nun wohnen müssen. Sie haben jedoch die Bestimmung und Kraft, sich allmälig durch Ankämpfen gegen die sinnlichen Triebe und durch eine Menge Bussübungen zu läutern, um am Ende wieder mit ihrem Urquell, dem Brama, sich zu vereinigen. Uebrigens hat gebracht, und dann mit entblössten Füssen nach dem grossen Sonnentempel gezogen, wo feierliche Opfer von Schaafen auf Scheiterhaufen von wohlriechendem Holze verbrannt wurden, während welcher die Priester aus den Eingeweiden Glück oder Unglück des nächsten Jahres prophezeiheten. Nach diesem Feste wurden noch acht Tage in ununterbrochener Lust und Freude zugebracht. Indische Büsser. Fig. 172. Hiezu die Abbildung, s. die Artikel Jogi und Indische Mythologie. Indische Mythologie. Im grauesten Alterthum, in das nur unsichere Schlüsse und Vermuthungen uns einen Blick werfen lassen, haben wir uns auf jenen Hochflächen Asiens, wo die zwei grossen Hochländer, das westliche und das östliche, zusammenhängen, an den Quellen des Indus und seiner Zuflüsse ein Urvolk zu denken, von welchem die wichtigsten der gebildeten Völker, Inder und Perser, Griechen und Römer, Germanen und Slaven abstammen. Für diese gemeinschaftliche Abstammung zeugt am Entschiedensten die ausserordentliche Verwandtschaft ihrer Sprachen, die sich nicht nur in den gleichen Wurzeln der Wörter, sondern auch in den ähnlichen Formen ihrer Bildung und Abwandlung kundgibt. – Die älteste von diesen Sprachen ist die heilige Sprache der Indier, Sanskrit genannt. Da in dieser der Name für Gott der Wurzel nach derselbe ist, wie in den Sprachen der verwandten Völker, so schliessen wir daraus, dass das Urvolk selbst, ehe noch irgend eine Trennung und Auswanderung stattfand, bereits auf den Gedanken eines höhern Wesens gekommen war, von welchem der Mensch abhänge und das er ebendesshalb zu verehren habe. In öden einförmigen Gegenden, weiten Steppen, Wäldern, Wüsten, fühlte das noch auf dem tiefsten Punkte der Natürlichkeit stehende Volk auch die über ihm waltende Macht als ein einziges Wesen, und zwar wurde ohne Zweifel der glänzende Himmel über ihm (dju) zuerst als diese herrschende Gewalt angeschaut. Je mehr sich aber das geistige Leben des Volkes entfaltete, desto sicherer musste es in seinem Glauben einen Schritt weiter gehen, und nicht mehr den sichtbaren Himmel, sondern etwas hinter und über demselben Gedachtes, ein unsichtbares Wesen, zu seinem Gott machen. Die Juden kamen auf diesem Wege zu dem Glauben an den Einen, geistigen Gott, die indo-germanischen Völker dagegen liessen sich, sobald sie in reicher organisirte Gegenden kamen, dazu verleiten, eine Menge natürlicher Kräfte und Erscheinungen zu Göttern zu erheben, d. h. ihre Religion wurde polytheistisch. – Bevor aber diese Veränderung eintrat, war bereits die Trennung des Urvolks vor sich gegangen, d. h. die Vorfahren derjenigen Völker, welche Europa bewohnen, waren gegen Westen gewandert, und hatten einen Stamm zurückgelassen, der sich noch eine Zeit lang in Gemeinschaft fortentwickelte, dann aber auch in zwei Völker auseinander trat, das sogenannte Zend-Volk, welches sich vom Hindukuh westlich über Iran und Turan ausbreitete , und das Volk der Hindu, welches in östlicher Richtung zuerst das Ganges-Thal, später aber das ganze heutige Vorderindien in Besitz nahm, indem es die Ur-Einwohner theils vertrieb, theils unterjochte. – Da wir von jenem erstern, dem Zend-Volke, eine heilige Urkunde ihrer Religionslehren, den Zend-Avesta, und ebenso von den Hindus noch ältere Quellen an ihren heiligsten Büchern, den vier Veda's, haben, so können wir durch die Vergleichung beider sehen, welche Lehren ihnen gemeinschaftlich sind, und also schon vor ihrer Trennung ausgebildet wurden. Der höchste Gott war damals Indra, welches sowohl den Mond, als auch den Geist bedeutet, zum Beweis, dass man zuerst von dem ganzen Himmel auf den Mond, gleichsam seinen bebenden und erleuchtenden Geist, als auf den höchsten Gott überging. Ausserdem finden wir noch 33 verschiedene Götter, nämlich 8 Va-sus. d. h. die Guten, wozu Feuer, Erde, Wind, Sonne, Himmel gehören, ein neuer Beweis, wie auch die ganze indische Mythologie ursprünglich nichts Anderes als Naturreligion war; ferner 11 Rudras, die 10 verschiedenen Hauche des Menschen sammt seiner Seele; sodann die zwölf Aditjas, vielleicht die 12 Monate, und endlich die beiden Asvinan, d. h. göttliche Reiter, welche mit den griechischen Dioscuren Aehnlichkeit haben und ohne Zweifel gleich diesen Morgen- und Abendstern vorstellen. – Wir gehen nun zur Darstellung der eigentlichen indischen Religion über, wie sie geworden ist, seitdem sich der indische Volksstamm in seinem jetzigen Wohnplatze, in Vorderindien, niedergelassen hat. Es mögen aber von dieser Einwanderung an bis jetzt wohl 4000 Jahre verflossen sein, und es ist daher sehr natürlich, dass in dieser langen Zeit, obgleich der Orientale mehr zur Beharrlichkeit im Alten geneigt ist, dennoch die Religion verschiedene Veränderungen erlitten hat. So können wir hauptsächlich vier Perioden der indischen Religionsgeschichte unterscheiden: die älteste geht bis ungefähr 900 v. Chr., und ist in den älteren Theilen der Veda's dargestellt; die zweite ist die eigentliche Brahma-Verehrung mit den zwei Haupt-Göttern Wischnu und Schiwa; die dritte beginnt mit einer Art Reformation oder Revolution, durch welche der Buddhaismus etwa 250 v. Chr. zur Staatsreligion erhoben wurde. Er blieb diess bis 800 n. Chr., worauf er durch eine gewaltsame Reaction und blutige Verfolgung aus ganz Indien vertrieben wurde. Von da an bis jetzt, in der vierten Periode, ist der Bramanismus wieder herrschend, aber das Volk ist in viele religiöse Secten getheilt. – Von der ältesten Periode ist uns wenig bekannt. Wischnu und Schiwa gehörten noch nicht zu den vorzugsweise verehrten Gottheiten, wohl aber fand sich das religiöse Bewusstsein gedrungen, die vielen allmälig angenommenen Gottheiten wieder mehr monotheistisch unter Einem Haupte zu vereinigen. Anfänglich galt die Sonne, und als ihr Abbild auf Erden das Feuer als diese Eine früheste Macht der Welt. Bald aber erhob sich das von Natur tiefsinnige und mit philosophischem Geist begabte indische Volk zu einem über die sichtbare Natur erhabenen, geistigen Urgrund aller Dinge, es stellte sich die lebendige Kraft und die gesetzliche Ordnung, welche es in der ganzen Welt erblickte, selbst als das göttliche Wesen vor, und seine Religion wurde dadurch pantheistisch. Diese zur göttlichen Person erhobene Weltordnung ist der Brama, welcher Name eigentlich Wachsthum, d. h. eine sich aus sich selbst entfaltende Kraft bedeutet. Zu diesem philosophischen Glauben konnten sich aber nur Diejenigen erheben, welche sich durch besondere Denkkraft und einen tiefem Geistesblick vor den Andern auszeichneten, und dadurch wird es sehr wahrscheinlich, dass mit dem Glauben an Brama auch die höchste und angesehenste Kaste der Indier, die der Braminen, entstanden ist. – Das Kastenwesen selber ist nämlich die uralte Einrichtung dieses Volkes gewesen, und besteht in einer solchen Eintheilung nach den verschiedenen Berufsarten und Lebensweisen, dass jeder Einzelne durch seine Geburt einer bestimmten Kaste angehört, und gezwungen ist, die Lebensart von dieser auch anzunehmen. Die zahlreichste Kaste war die der Sudras, das gemeine Volk, bestimmt zum Dienste der höheren Kasten. Ueber ihnen stehen die beiden Kasten der Kschatrija (Krieger), von denen die Könige genommen wurden, und der Waisja's, der grossen Landbesitzer und Kaufleute. Aus diesen oberen Kasten nun hat sich wahrscheinlich die höchste, die der Braminen, heraus entwickelt, durch ausgezeichnete religiöse Kenntnisse, die sie zum Theil als Geheimlehre in ihren Kreisen zurückbehielten, und durch besondere Heiligkeit im Wandel. Diese Kaste besteht allein bis auf den heutigen Tag unangefochten und zahlreich fort, während die anderen sich allmälig vermischt und in etwa vierzig neue verloren haben. Ganz abgeschieden von den Hindu und auf's Tiefste verachtet leben dagegen die Parias, die Nachkömmlinge jener Ur – Einwohner, welche von den Hindu bei ihrer Einwanderung unterdrückt wurden. Sie sind Sclaven, die als Sache behandelt werden; sie anzurühren oder in die Wohnung kommen zu lassen gilt für Sünde, und welcher Hindu unter sie heirathet, wird selbst Paria. – Die Verehrung des Brama hat sich von den Braminen aus unter allen Indiern ausgebreitet, obwohl das Volk ihn mehr persönlich, als Schöpfer und Regenten der Welt, und obersten Beherrscher aller Götter betrachtet. Uebrigens steht Brama, nach der Lehre der Veda's, nicht als wirklicher Schöpfer und Herr der Welt gegenüber, sondern sie ist aus ihm selbst hervorgegangen. Man nennt diess die Emanationslehre, und die Veda's stellen die Sache so dar: da Brama sich selbst anschaute, entstand die Puruscha, d. h. die Urseele; diese fiel aber von dem Gott ab, und zur Strafe dafür schuf er die körperliche Welt, in welcher die Geister nun wohnen müssen. Sie haben jedoch die Bestimmung und Kraft, sich allmälig durch Ankämpfen gegen die sinnlichen Triebe und durch eine Menge Bussübungen zu läutern, um am Ende wieder mit ihrem Urquell, dem Brama, sich zu vereinigen. Uebrigens hat <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0344" n="274"/> gebracht, und dann mit entblössten Füssen nach dem grossen Sonnentempel gezogen, wo feierliche Opfer von Schaafen auf Scheiterhaufen von wohlriechendem Holze verbrannt wurden, während welcher die Priester aus den Eingeweiden Glück oder Unglück des nächsten Jahres prophezeiheten. Nach diesem Feste wurden noch acht Tage in ununterbrochener Lust und Freude zugebracht.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Indische Büsser</hi>. Fig. 172. Hiezu die Abbildung, s. die Artikel Jogi und Indische Mythologie.</p><lb/> </div> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><hi rendition="#b">Indische Mythologie</hi>. 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Da in dieser der Name für Gott der Wurzel nach derselbe ist, wie in den Sprachen der verwandten Völker, so schliessen wir daraus, dass das Urvolk selbst, ehe noch irgend eine Trennung und Auswanderung stattfand, bereits auf den Gedanken eines höhern Wesens gekommen war, von welchem der Mensch abhänge und das er ebendesshalb zu verehren habe. In öden einförmigen Gegenden, weiten Steppen, Wäldern, Wüsten, fühlte das noch auf dem tiefsten Punkte der Natürlichkeit stehende Volk auch die über ihm waltende Macht als ein einziges Wesen, und zwar wurde ohne Zweifel der glänzende Himmel über ihm (dju) zuerst als diese herrschende Gewalt angeschaut. Je mehr sich aber das geistige Leben des Volkes entfaltete, desto sicherer musste es in seinem Glauben einen Schritt weiter gehen, und nicht mehr den sichtbaren Himmel, sondern etwas hinter und über demselben Gedachtes, ein unsichtbares Wesen, zu seinem Gott machen. Die Juden kamen auf diesem Wege zu dem Glauben an den Einen, geistigen Gott, die indo-germanischen Völker dagegen liessen sich, sobald sie in reicher organisirte Gegenden kamen, dazu verleiten, eine Menge natürlicher Kräfte und Erscheinungen zu Göttern zu erheben, d. h. ihre Religion wurde polytheistisch. – Bevor aber diese Veränderung eintrat, war bereits die Trennung des Urvolks vor sich gegangen, d. h. die Vorfahren derjenigen Völker, welche Europa bewohnen, waren gegen Westen gewandert, und hatten einen Stamm zurückgelassen, der sich noch eine Zeit lang in Gemeinschaft fortentwickelte, dann aber auch in zwei Völker auseinander trat, das sogenannte Zend-Volk, welches sich vom Hindukuh westlich über Iran und Turan ausbreitete , und das Volk der Hindu, welches in östlicher Richtung zuerst das Ganges-Thal, später aber das ganze heutige Vorderindien in Besitz nahm, indem es die Ur-Einwohner theils vertrieb, theils unterjochte. – Da wir von jenem erstern, dem Zend-Volke, eine heilige Urkunde ihrer Religionslehren, den Zend-Avesta, und ebenso von den Hindus noch ältere Quellen an ihren heiligsten Büchern, den vier Veda's, haben, so können wir durch die Vergleichung beider sehen, welche Lehren ihnen gemeinschaftlich sind, und also schon <hi rendition="#g">vor</hi> ihrer Trennung ausgebildet wurden. Der höchste Gott war damals Indra, welches sowohl den Mond, als auch den Geist bedeutet, zum Beweis, dass man zuerst von dem ganzen Himmel auf den Mond, gleichsam seinen bebenden und erleuchtenden Geist, als auf den höchsten Gott überging. Ausserdem finden wir noch 33 verschiedene Götter, nämlich 8 Va-sus. d. h. die Guten, wozu Feuer, Erde, Wind, Sonne, Himmel gehören, ein neuer Beweis, wie auch die ganze indische Mythologie ursprünglich nichts Anderes als Naturreligion war; ferner 11 Rudras, die 10 verschiedenen Hauche des Menschen sammt seiner Seele; sodann die zwölf Aditjas, vielleicht die 12 Monate, und endlich die beiden Asvinan, d. h. göttliche Reiter, welche mit den griechischen Dioscuren Aehnlichkeit haben und ohne Zweifel gleich diesen Morgen- und Abendstern vorstellen. – Wir gehen nun zur Darstellung der eigentlichen <hi rendition="#g">indischen</hi> Religion über, wie sie geworden ist, seitdem sich der indische Volksstamm in seinem jetzigen Wohnplatze, in Vorderindien, niedergelassen hat. Es mögen aber von dieser Einwanderung an bis jetzt wohl 4000 Jahre verflossen sein, und es ist daher sehr natürlich, dass in dieser langen Zeit, obgleich der Orientale mehr zur Beharrlichkeit im Alten geneigt ist, dennoch die Religion verschiedene Veränderungen erlitten hat. So können wir hauptsächlich vier Perioden der indischen Religionsgeschichte unterscheiden: die älteste geht bis ungefähr 900 v. Chr., und ist in den älteren Theilen der Veda's dargestellt; die zweite ist die eigentliche Brahma-Verehrung mit den zwei Haupt-Göttern Wischnu und Schiwa; die dritte beginnt mit einer Art Reformation oder Revolution, durch welche der Buddhaismus etwa 250 v. Chr. zur Staatsreligion erhoben wurde. Er blieb diess bis 800 n. Chr., worauf er durch eine gewaltsame Reaction und blutige Verfolgung aus ganz Indien vertrieben wurde. Von da an bis jetzt, in der vierten Periode, ist der Bramanismus wieder herrschend, aber das Volk ist in viele religiöse Secten getheilt. – Von der ältesten Periode ist uns wenig bekannt. Wischnu und Schiwa gehörten noch nicht zu den vorzugsweise verehrten Gottheiten, wohl aber fand sich das religiöse Bewusstsein gedrungen, die vielen allmälig angenommenen Gottheiten wieder mehr monotheistisch unter Einem Haupte zu vereinigen. Anfänglich galt die Sonne, und als ihr Abbild auf Erden das Feuer als diese Eine früheste Macht der Welt. Bald aber erhob sich das von Natur tiefsinnige und mit philosophischem Geist begabte indische Volk zu einem über die sichtbare Natur erhabenen, geistigen Urgrund aller Dinge, es stellte sich die lebendige Kraft und die gesetzliche Ordnung, welche es in der ganzen Welt erblickte, selbst als das göttliche Wesen vor, und seine Religion wurde dadurch pantheistisch. Diese zur göttlichen Person erhobene Weltordnung ist der Brama, welcher Name eigentlich Wachsthum, d. h. eine sich aus sich selbst entfaltende Kraft bedeutet. Zu diesem philosophischen Glauben konnten sich aber nur Diejenigen erheben, welche sich durch besondere Denkkraft und einen tiefem Geistesblick vor den Andern auszeichneten, und dadurch wird es sehr wahrscheinlich, dass mit dem Glauben an Brama auch die höchste und angesehenste Kaste der Indier, die der Braminen, entstanden ist. – Das Kastenwesen selber ist nämlich die uralte Einrichtung dieses Volkes gewesen, und besteht in einer solchen Eintheilung nach den verschiedenen Berufsarten und Lebensweisen, dass jeder Einzelne durch seine Geburt einer bestimmten Kaste angehört, und gezwungen ist, die Lebensart von dieser auch anzunehmen. Die zahlreichste Kaste war die der Sudras, das gemeine Volk, bestimmt zum Dienste der höheren Kasten. Ueber ihnen stehen die beiden Kasten der Kschatrija (Krieger), von denen die Könige genommen wurden, und der Waisja's, der grossen Landbesitzer und Kaufleute. Aus diesen oberen Kasten nun hat sich wahrscheinlich die höchste, die der Braminen, heraus entwickelt, durch ausgezeichnete religiöse Kenntnisse, die sie zum Theil als Geheimlehre in ihren Kreisen zurückbehielten, und durch besondere Heiligkeit im Wandel. Diese Kaste besteht allein bis auf den heutigen Tag unangefochten und zahlreich fort, während die anderen sich allmälig vermischt und in etwa vierzig neue verloren haben. Ganz abgeschieden von den Hindu und auf's Tiefste verachtet leben dagegen die Parias, die Nachkömmlinge jener Ur – Einwohner, welche von den Hindu bei ihrer Einwanderung unterdrückt wurden. Sie sind Sclaven, die als Sache behandelt werden; sie anzurühren oder in die Wohnung kommen zu lassen gilt für Sünde, und welcher Hindu unter sie heirathet, wird selbst Paria. – Die Verehrung des Brama hat sich von den Braminen aus unter allen Indiern ausgebreitet, obwohl das Volk ihn mehr persönlich, als Schöpfer und Regenten der Welt, und obersten Beherrscher aller Götter betrachtet. Uebrigens steht Brama, nach der Lehre der Veda's, nicht als wirklicher Schöpfer und Herr der Welt gegenüber, sondern sie ist aus ihm selbst hervorgegangen. Man nennt diess die Emanationslehre, und die Veda's stellen die Sache so dar: da Brama sich selbst anschaute, entstand die Puruscha, d. h. die Urseele; diese fiel aber von dem Gott ab, und zur Strafe dafür schuf er die körperliche Welt, in welcher die Geister nun wohnen müssen. Sie haben jedoch die Bestimmung und Kraft, sich allmälig durch Ankämpfen gegen die sinnlichen Triebe und durch eine Menge Bussübungen zu läutern, um am Ende wieder mit ihrem Urquell, dem Brama, sich zu vereinigen. Uebrigens hat </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0344]
gebracht, und dann mit entblössten Füssen nach dem grossen Sonnentempel gezogen, wo feierliche Opfer von Schaafen auf Scheiterhaufen von wohlriechendem Holze verbrannt wurden, während welcher die Priester aus den Eingeweiden Glück oder Unglück des nächsten Jahres prophezeiheten. Nach diesem Feste wurden noch acht Tage in ununterbrochener Lust und Freude zugebracht.
Indische Büsser. Fig. 172. Hiezu die Abbildung, s. die Artikel Jogi und Indische Mythologie.
Indische Mythologie. Im grauesten Alterthum, in das nur unsichere Schlüsse und Vermuthungen uns einen Blick werfen lassen, haben wir uns auf jenen Hochflächen Asiens, wo die zwei grossen Hochländer, das westliche und das östliche, zusammenhängen, an den Quellen des Indus und seiner Zuflüsse ein Urvolk zu denken, von welchem die wichtigsten der gebildeten Völker, Inder und Perser, Griechen und Römer, Germanen und Slaven abstammen. Für diese gemeinschaftliche Abstammung zeugt am Entschiedensten die ausserordentliche Verwandtschaft ihrer Sprachen, die sich nicht nur in den gleichen Wurzeln der Wörter, sondern auch in den ähnlichen Formen ihrer Bildung und Abwandlung kundgibt. – Die älteste von diesen Sprachen ist die heilige Sprache der Indier, Sanskrit genannt. Da in dieser der Name für Gott der Wurzel nach derselbe ist, wie in den Sprachen der verwandten Völker, so schliessen wir daraus, dass das Urvolk selbst, ehe noch irgend eine Trennung und Auswanderung stattfand, bereits auf den Gedanken eines höhern Wesens gekommen war, von welchem der Mensch abhänge und das er ebendesshalb zu verehren habe. In öden einförmigen Gegenden, weiten Steppen, Wäldern, Wüsten, fühlte das noch auf dem tiefsten Punkte der Natürlichkeit stehende Volk auch die über ihm waltende Macht als ein einziges Wesen, und zwar wurde ohne Zweifel der glänzende Himmel über ihm (dju) zuerst als diese herrschende Gewalt angeschaut. Je mehr sich aber das geistige Leben des Volkes entfaltete, desto sicherer musste es in seinem Glauben einen Schritt weiter gehen, und nicht mehr den sichtbaren Himmel, sondern etwas hinter und über demselben Gedachtes, ein unsichtbares Wesen, zu seinem Gott machen. Die Juden kamen auf diesem Wege zu dem Glauben an den Einen, geistigen Gott, die indo-germanischen Völker dagegen liessen sich, sobald sie in reicher organisirte Gegenden kamen, dazu verleiten, eine Menge natürlicher Kräfte und Erscheinungen zu Göttern zu erheben, d. h. ihre Religion wurde polytheistisch. – Bevor aber diese Veränderung eintrat, war bereits die Trennung des Urvolks vor sich gegangen, d. h. die Vorfahren derjenigen Völker, welche Europa bewohnen, waren gegen Westen gewandert, und hatten einen Stamm zurückgelassen, der sich noch eine Zeit lang in Gemeinschaft fortentwickelte, dann aber auch in zwei Völker auseinander trat, das sogenannte Zend-Volk, welches sich vom Hindukuh westlich über Iran und Turan ausbreitete , und das Volk der Hindu, welches in östlicher Richtung zuerst das Ganges-Thal, später aber das ganze heutige Vorderindien in Besitz nahm, indem es die Ur-Einwohner theils vertrieb, theils unterjochte. – Da wir von jenem erstern, dem Zend-Volke, eine heilige Urkunde ihrer Religionslehren, den Zend-Avesta, und ebenso von den Hindus noch ältere Quellen an ihren heiligsten Büchern, den vier Veda's, haben, so können wir durch die Vergleichung beider sehen, welche Lehren ihnen gemeinschaftlich sind, und also schon vor ihrer Trennung ausgebildet wurden. Der höchste Gott war damals Indra, welches sowohl den Mond, als auch den Geist bedeutet, zum Beweis, dass man zuerst von dem ganzen Himmel auf den Mond, gleichsam seinen bebenden und erleuchtenden Geist, als auf den höchsten Gott überging. Ausserdem finden wir noch 33 verschiedene Götter, nämlich 8 Va-sus. d. h. die Guten, wozu Feuer, Erde, Wind, Sonne, Himmel gehören, ein neuer Beweis, wie auch die ganze indische Mythologie ursprünglich nichts Anderes als Naturreligion war; ferner 11 Rudras, die 10 verschiedenen Hauche des Menschen sammt seiner Seele; sodann die zwölf Aditjas, vielleicht die 12 Monate, und endlich die beiden Asvinan, d. h. göttliche Reiter, welche mit den griechischen Dioscuren Aehnlichkeit haben und ohne Zweifel gleich diesen Morgen- und Abendstern vorstellen. – Wir gehen nun zur Darstellung der eigentlichen indischen Religion über, wie sie geworden ist, seitdem sich der indische Volksstamm in seinem jetzigen Wohnplatze, in Vorderindien, niedergelassen hat. Es mögen aber von dieser Einwanderung an bis jetzt wohl 4000 Jahre verflossen sein, und es ist daher sehr natürlich, dass in dieser langen Zeit, obgleich der Orientale mehr zur Beharrlichkeit im Alten geneigt ist, dennoch die Religion verschiedene Veränderungen erlitten hat. So können wir hauptsächlich vier Perioden der indischen Religionsgeschichte unterscheiden: die älteste geht bis ungefähr 900 v. Chr., und ist in den älteren Theilen der Veda's dargestellt; die zweite ist die eigentliche Brahma-Verehrung mit den zwei Haupt-Göttern Wischnu und Schiwa; die dritte beginnt mit einer Art Reformation oder Revolution, durch welche der Buddhaismus etwa 250 v. Chr. zur Staatsreligion erhoben wurde. Er blieb diess bis 800 n. Chr., worauf er durch eine gewaltsame Reaction und blutige Verfolgung aus ganz Indien vertrieben wurde. Von da an bis jetzt, in der vierten Periode, ist der Bramanismus wieder herrschend, aber das Volk ist in viele religiöse Secten getheilt. – Von der ältesten Periode ist uns wenig bekannt. Wischnu und Schiwa gehörten noch nicht zu den vorzugsweise verehrten Gottheiten, wohl aber fand sich das religiöse Bewusstsein gedrungen, die vielen allmälig angenommenen Gottheiten wieder mehr monotheistisch unter Einem Haupte zu vereinigen. Anfänglich galt die Sonne, und als ihr Abbild auf Erden das Feuer als diese Eine früheste Macht der Welt. Bald aber erhob sich das von Natur tiefsinnige und mit philosophischem Geist begabte indische Volk zu einem über die sichtbare Natur erhabenen, geistigen Urgrund aller Dinge, es stellte sich die lebendige Kraft und die gesetzliche Ordnung, welche es in der ganzen Welt erblickte, selbst als das göttliche Wesen vor, und seine Religion wurde dadurch pantheistisch. Diese zur göttlichen Person erhobene Weltordnung ist der Brama, welcher Name eigentlich Wachsthum, d. h. eine sich aus sich selbst entfaltende Kraft bedeutet. Zu diesem philosophischen Glauben konnten sich aber nur Diejenigen erheben, welche sich durch besondere Denkkraft und einen tiefem Geistesblick vor den Andern auszeichneten, und dadurch wird es sehr wahrscheinlich, dass mit dem Glauben an Brama auch die höchste und angesehenste Kaste der Indier, die der Braminen, entstanden ist. – Das Kastenwesen selber ist nämlich die uralte Einrichtung dieses Volkes gewesen, und besteht in einer solchen Eintheilung nach den verschiedenen Berufsarten und Lebensweisen, dass jeder Einzelne durch seine Geburt einer bestimmten Kaste angehört, und gezwungen ist, die Lebensart von dieser auch anzunehmen. Die zahlreichste Kaste war die der Sudras, das gemeine Volk, bestimmt zum Dienste der höheren Kasten. Ueber ihnen stehen die beiden Kasten der Kschatrija (Krieger), von denen die Könige genommen wurden, und der Waisja's, der grossen Landbesitzer und Kaufleute. Aus diesen oberen Kasten nun hat sich wahrscheinlich die höchste, die der Braminen, heraus entwickelt, durch ausgezeichnete religiöse Kenntnisse, die sie zum Theil als Geheimlehre in ihren Kreisen zurückbehielten, und durch besondere Heiligkeit im Wandel. Diese Kaste besteht allein bis auf den heutigen Tag unangefochten und zahlreich fort, während die anderen sich allmälig vermischt und in etwa vierzig neue verloren haben. Ganz abgeschieden von den Hindu und auf's Tiefste verachtet leben dagegen die Parias, die Nachkömmlinge jener Ur – Einwohner, welche von den Hindu bei ihrer Einwanderung unterdrückt wurden. Sie sind Sclaven, die als Sache behandelt werden; sie anzurühren oder in die Wohnung kommen zu lassen gilt für Sünde, und welcher Hindu unter sie heirathet, wird selbst Paria. – Die Verehrung des Brama hat sich von den Braminen aus unter allen Indiern ausgebreitet, obwohl das Volk ihn mehr persönlich, als Schöpfer und Regenten der Welt, und obersten Beherrscher aller Götter betrachtet. Uebrigens steht Brama, nach der Lehre der Veda's, nicht als wirklicher Schöpfer und Herr der Welt gegenüber, sondern sie ist aus ihm selbst hervorgegangen. Man nennt diess die Emanationslehre, und die Veda's stellen die Sache so dar: da Brama sich selbst anschaute, entstand die Puruscha, d. h. die Urseele; diese fiel aber von dem Gott ab, und zur Strafe dafür schuf er die körperliche Welt, in welcher die Geister nun wohnen müssen. Sie haben jedoch die Bestimmung und Kraft, sich allmälig durch Ankämpfen gegen die sinnlichen Triebe und durch eine Menge Bussübungen zu läutern, um am Ende wieder mit ihrem Urquell, dem Brama, sich zu vereinigen. Uebrigens hat
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