Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

für Eurystheus drei der Aepfel aus ihrem Garten zu holen (s. Hercules). Nach Diodor waren die H. Töchter des Atlas, von Busiris geraubt, von Hercules befreit, wofür derselbe freiwillig von dem Vater die gewünschten Mela (d. h. Aepfel) erhielt, die jedoch Diodor zu goldgelben, oder wenigstens sehr vorzüglichen, schönen Schafen macht, welche die Mädchen, nach damaliger Sitte, hüten mussten.


Hesperis (Gr. M.), Tochter des Hesperus, Gemahlin des Atlas, Mutter der Hesperiden.


Hesperus (Gr. M.), Bruder und Schwiegervater des Atlas, der seine Tochter Hesperis ehelichte, und durch sie Vater der Hesperiden ward, soll, wie Atlas, ein grosser Astronom gewesen und einst bei Ersteigung des Atlas (des Berges) vom Sturme hinweggerissen, nicht mehr gefunden, und daher göttlich verehrt worden sein. Um ihn zu ehren, nannte man den schönsten Stern des Himmels, den Abendstern, nach ihm.


Hesus (Gall. u. germ. M.), der Kriegsgott der Gallier. Sein Bild hatte die Gestalt eines Hundes. Mit beginnender Schlacht wurde der erste Gefangene ihm als Opfer gelobt. Wenn bei den Germanen ein Hain geweiht wurde, suchte der Druide in demselben den stärksten Eichbaum auf, in welchen ein Zeichen des Hammers Thors und der Name H. geschnitten wurde. Von seiner Verehrung sollen die Hessen benannt, und ihm die heilige Eiche geweiht gewesen sein, welche Bonifacius (Winfried) im J. 724 umhieb.


Hesychia (Gr. M.), 1) eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Oestrebles. - 2) H., Personification der Ruhe, eine Tochter der Hore Dice.


Hetaera (Gr. M.), "die Freundin", Beiname der Venus in Athen und Ephesus.


Heurippe (Gr. M.), "Pferdefinderin", Beiname der Diana, unter welchem Ulysses ihr zu Pheneus einen Tempel erbaute, weil hier erst der Held seine im ganzen Lande gesuchten Pferde wieder fand. Auch war bei dem Tempel eine eherne Statue des Neptun, welche gleichfalls von Ulysses herrühren sollte; auf dem Fussgestell derselben war ein Vertrag des Königs mit den Hirten der Gegend eingegraben über das Hüten seiner Pferde, welche er, wie auch seine Rinder, auf dem festen Lande weiden lassen musste, da ihm Ithaca keine Nahrung für sie gab.


Hiadi (Ind. M.), heissen zusammengenommen die drei oberen Kasten der Indier, die Braminen, Kschetrias und Banians, Priester, Krieger und Kaufleute, welche sich zwar auf das Schärfste unterscheiden, indem die nächstobere immer viel höher ist als die folgende, jedoch alle zusammen sich unendlich erhaben dünken über die vierte Kaste, die Sudars oder Schudars. Die Gesetze des Menu verlangen, dass die drei oberen Kasten nur in dem Lande diesseits des Ganges, und zwar nur bis an die in der Mitte der Halbinsel laufenden Gebirge, wohnen sollen. Das ist das Land der Auserwählten.


Hiadninger (Nord. M.), die Streiter, welche, in einer Schlacht auf den Orkneys gefallen, durch die Zaubereien der schönen Schildjungfrau Hildur geweckt, allnächtlich wieder aufstehen, um den Krieg von Neuem zu beginnen; so sollen sie bis zum Weltuntergange kämpfen. Die Bewohner von Haey wissen viel von diesem schauerlichen Kriege zwischen Gespenstern zu erzählen, und keiner würde sich bei Nacht auf das Schlachtfeld wagen, das am Tage nur mit unförmlichen Steinen besäet ist.


Hiaelmberi (Nord. M.), Beiname des obersten der Götter, des Odin.


Hialprek (Nord. M.), ein König von Dänemark, Vater des Königs Alf und Gatte der schönen Walküre Hiördisur, welche als Gefangene (damals vermählt mit dem tapferen Sigmund) in seine Hände kam und den Sigurd Sigmundson gebar. H. verband sich dann mit ihr und ward Erzieher ihres Sohnes.


Hialti (Nord. M.), einer der elf Berserker, welche der König Rolf Kraki seinem Bundesgenossen und Pflege- oder Stief-Vater Adils, König von Schweden, zusandte, da er ihm selbst, wegen seines Krieges mit den Sachsen, nicht beistehen konnte.


Hicetaon (Gr. M.), Sohn des Laomedon, Bruder des Priamus, bei welchem er zur Zeit des trojanischen Krieges noch lebte; ein Mythus, welcher damit, dass Hercules alle Söhne des Laomedon, ausser Podarces (eben jenem Priamus), tödtete, schwer zu einen ist.


Hiems (Röm. M.), Personification des Winters, welchen Ovid als eisgrauen Greis, auf dem Wege zum Tartarus wohnend, beschreibt.


Hierax (Gr. M.), 1) ein angesehener und frommer Mann bei den Mariandynern in Asien, welcher sich um Ceres verdient machte, indem er ihr aus eigenen Mitteln einen Tempel erbaute, wodurch er selbst arm ward; Ceres aber belohnte ihn, indem sie ihm einen solchen Ueberfluss an Getreide schenkte, dass bald sein früherer Wohlstand zurückkehrte. Als nun einst die Teucrer von Neptun mit Misswachs gestraft wurden, unterstützte H. seine Nachbarn reichlich. Neptun, erzürnt, dass er sich den Menschen wohlthätiger erzeigen wollte, als ein Gott, verwandelte ihn in einen Habicht. (Der Habicht heisst griechisch hierax ). 1) H., verrieth den Mercur, als dieser dem Argus die in eine Kuh verwandelte Io entführen wollte, wesshalb Mercur zum Morde des Argus seine Zuflucht nehmen musste; er schläferte denselben ein und hieb ihm den Kopf ab; nach Anderen warf er ihn mit einem Steine todt.


Hierea (Gr. M.). Geliebte des Mercur, welche von ihm Mutter eines Riesen wurde.


Hierodulen (Gr. M.), im Allgemeinen alle zum Dienste eines Tempels bestimmte Personen; insbesondere aber in Syrien, Phönicien, Kleinasien weibliche Personen, welche sich in der Nähe eines Tempels aufhielten und den Fremden preisgaben; sie hatten für die Ausschmückung des Tempels, die Bekränzung der Altäre, das Sticken und Reinigen der Schleier, welche man über die Götterbilder hing, zu sorgen. Die Asiaten hatten in frühester Zeit einen Naturgottesdienst, in welchem man das männliche Princip in der Sonne, das weibliche im Monde verehrte. Die Priester hatten kein anderes Einkommen, als die Geschenke, welche die zum Heiligthum wallfahrenden Pilger ihnen brachten, und um derselben so viele als möglich herbeizuziehen, füllte man die Umgebungen der Tempel mit Schaaren reizender Priesterinnen, welche die Geschenke, die sie erhielten, gleichfalls dem Tempel zu übergeben hatten, wie diess noch jetzt in Indien mit den Dewadaschies (Bajaderen) der Fall ist; so entstanden männliche und weibliche H., deren unter Andern Strabo in Cappadocien im Tempelhaine der comanischen Göttin über sechstausend traf. Diese Sitte ging nach Griechenland und Sicilien, vornehmlich auf den Dienst der Venus, über, und mancher prächtige Tempel wurde aus dem so erworbenen Golde erbaut. Merkwürdig ist, dass beim grossen Diana - Tempel in Ephesus derselbe Gebrauch stattfand, zum Beweis der wesentlichen Verschiedenheit der ephesischen von der rein griechischen Diana. (S. Diana).


Hieroglyphen, die heilige Bildersprache der Aegypter, deren Entstehung man dem Nilkalender zuschreibt, welcher die mit dem Steigen und Fallen dieses Flusses in Verbindung stehenden Himmelszeichen und Erscheinungen in eine Bilderschrift brachte, die damals wohl Jedem verständlich sein mochte, indem sie im entgegengesetzten Falle ganz unbrauchbar gewesen wäre. Sie sollten den gemeinen Mann von der Zeit unterrichten, in welcher der Nil steigen oder fallen würde. Aus den Bildern entstand ein Bilderdienst, und in Verbindung mit diesem eine geheime Bilderschrift, welche, weil nur die Priester den Schlüssel dazu hatten, für heilig gehalten wurde. Champollion glaubt, den Schlüssel in der Trennung der vermischten Zeichen gefunden zu haben, und theilt daher die H. in solche, die Töne bezeichnen (Silben, Buchstaben), und in solche, die Begriffe andeuten. Zoega theilt sie in vollständige Bilder der Natur und Kunst, in Umrisse und allgemein ausgedrückte Bilder sinnlicher Gegenstände: in umschreibende, welche den Gegenstand andeuten, wie die Schlange Gesundheit, der Hund Wachsamkeit; in räthselhafte und in Wort-H. So heisst der Habicht in der Sprache der Aegypter Baieth, soll aber die im Herzen wohnende Seele andeuten, denn Bai heisst Seele, und Eth heisst Herz. Ausser diesen classificirten H. finden sich noch über tausend verschiedene Charaktere, welche Champollion Buchstaben, Schriftzeichen nennt; darunter finden sich mancherlei Bilder von Thieren, Pflanzen, Kunsterzeugnissen, Waffen, Werkzeugen, Schiffen, Gliedern menschlicher und thierischer Körper, Mumien, wunderlich zusammengesetzte

für Eurystheus drei der Aepfel aus ihrem Garten zu holen (s. Hercules). Nach Diodor waren die H. Töchter des Atlas, von Busiris geraubt, von Hercules befreit, wofür derselbe freiwillig von dem Vater die gewünschten Mela (d. h. Aepfel) erhielt, die jedoch Diodor zu goldgelben, oder wenigstens sehr vorzüglichen, schönen Schafen macht, welche die Mädchen, nach damaliger Sitte, hüten mussten.


Hesperis (Gr. M.), Tochter des Hesperus, Gemahlin des Atlas, Mutter der Hesperiden.


Hesperus (Gr. M.), Bruder und Schwiegervater des Atlas, der seine Tochter Hesperis ehelichte, und durch sie Vater der Hesperiden ward, soll, wie Atlas, ein grosser Astronom gewesen und einst bei Ersteigung des Atlas (des Berges) vom Sturme hinweggerissen, nicht mehr gefunden, und daher göttlich verehrt worden sein. Um ihn zu ehren, nannte man den schönsten Stern des Himmels, den Abendstern, nach ihm.


Hesus (Gall. u. germ. M.), der Kriegsgott der Gallier. Sein Bild hatte die Gestalt eines Hundes. Mit beginnender Schlacht wurde der erste Gefangene ihm als Opfer gelobt. Wenn bei den Germanen ein Hain geweiht wurde, suchte der Druide in demselben den stärksten Eichbaum auf, in welchen ein Zeichen des Hammers Thors und der Name H. geschnitten wurde. Von seiner Verehrung sollen die Hessen benannt, und ihm die heilige Eiche geweiht gewesen sein, welche Bonifacius (Winfried) im J. 724 umhieb.


Hesychia (Gr. M.), 1) eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Oestrebles. – 2) H., Personification der Ruhe, eine Tochter der Hore Dice.


Hetaera (Gr. M.), »die Freundin«, Beiname der Venus in Athen und Ephesus.


Heurippe (Gr. M.), »Pferdefinderin«, Beiname der Diana, unter welchem Ulysses ihr zu Pheneus einen Tempel erbaute, weil hier erst der Held seine im ganzen Lande gesuchten Pferde wieder fand. Auch war bei dem Tempel eine eherne Statue des Neptun, welche gleichfalls von Ulysses herrühren sollte; auf dem Fussgestell derselben war ein Vertrag des Königs mit den Hirten der Gegend eingegraben über das Hüten seiner Pferde, welche er, wie auch seine Rinder, auf dem festen Lande weiden lassen musste, da ihm Ithaca keine Nahrung für sie gab.


Hiadi (Ind. M.), heissen zusammengenommen die drei oberen Kasten der Indier, die Braminen, Kschetrias und Banians, Priester, Krieger und Kaufleute, welche sich zwar auf das Schärfste unterscheiden, indem die nächstobere immer viel höher ist als die folgende, jedoch alle zusammen sich unendlich erhaben dünken über die vierte Kaste, die Sudars oder Schudars. Die Gesetze des Menu verlangen, dass die drei oberen Kasten nur in dem Lande diesseits des Ganges, und zwar nur bis an die in der Mitte der Halbinsel laufenden Gebirge, wohnen sollen. Das ist das Land der Auserwählten.


Hiadninger (Nord. M.), die Streiter, welche, in einer Schlacht auf den Orkneys gefallen, durch die Zaubereien der schönen Schildjungfrau Hildur geweckt, allnächtlich wieder aufstehen, um den Krieg von Neuem zu beginnen; so sollen sie bis zum Weltuntergange kämpfen. Die Bewohner von Haey wissen viel von diesem schauerlichen Kriege zwischen Gespenstern zu erzählen, und keiner würde sich bei Nacht auf das Schlachtfeld wagen, das am Tage nur mit unförmlichen Steinen besäet ist.


Hiaelmberi (Nord. M.), Beiname des obersten der Götter, des Odin.


Hialprek (Nord. M.), ein König von Dänemark, Vater des Königs Alf und Gatte der schönen Walküre Hiördisur, welche als Gefangene (damals vermählt mit dem tapferen Sigmund) in seine Hände kam und den Sigurd Sigmundson gebar. H. verband sich dann mit ihr und ward Erzieher ihres Sohnes.


Hialti (Nord. M.), einer der elf Berserker, welche der König Rolf Kraki seinem Bundesgenossen und Pflege- oder Stief-Vater Adils, König von Schweden, zusandte, da er ihm selbst, wegen seines Krieges mit den Sachsen, nicht beistehen konnte.


Hicetaon (Gr. M.), Sohn des Laomedon, Bruder des Priamus, bei welchem er zur Zeit des trojanischen Krieges noch lebte; ein Mythus, welcher damit, dass Hercules alle Söhne des Laomedon, ausser Podarces (eben jenem Priamus), tödtete, schwer zu einen ist.


Hiems (Röm. M.), Personification des Winters, welchen Ovid als eisgrauen Greis, auf dem Wege zum Tartarus wohnend, beschreibt.


Hierax (Gr. M.), 1) ein angesehener und frommer Mann bei den Mariandynern in Asien, welcher sich um Ceres verdient machte, indem er ihr aus eigenen Mitteln einen Tempel erbaute, wodurch er selbst arm ward; Ceres aber belohnte ihn, indem sie ihm einen solchen Ueberfluss an Getreide schenkte, dass bald sein früherer Wohlstand zurückkehrte. Als nun einst die Teucrer von Neptun mit Misswachs gestraft wurden, unterstützte H. seine Nachbarn reichlich. Neptun, erzürnt, dass er sich den Menschen wohlthätiger erzeigen wollte, als ein Gott, verwandelte ihn in einen Habicht. (Der Habicht heisst griechisch hierax ). 1) H., verrieth den Mercur, als dieser dem Argus die in eine Kuh verwandelte Io entführen wollte, wesshalb Mercur zum Morde des Argus seine Zuflucht nehmen musste; er schläferte denselben ein und hieb ihm den Kopf ab; nach Anderen warf er ihn mit einem Steine todt.


Hierea (Gr. M.). Geliebte des Mercur, welche von ihm Mutter eines Riesen wurde.


Hierodulen (Gr. M.), im Allgemeinen alle zum Dienste eines Tempels bestimmte Personen; insbesondere aber in Syrien, Phönicien, Kleinasien weibliche Personen, welche sich in der Nähe eines Tempels aufhielten und den Fremden preisgaben; sie hatten für die Ausschmückung des Tempels, die Bekränzung der Altäre, das Sticken und Reinigen der Schleier, welche man über die Götterbilder hing, zu sorgen. Die Asiaten hatten in frühester Zeit einen Naturgottesdienst, in welchem man das männliche Princip in der Sonne, das weibliche im Monde verehrte. Die Priester hatten kein anderes Einkommen, als die Geschenke, welche die zum Heiligthum wallfahrenden Pilger ihnen brachten, und um derselben so viele als möglich herbeizuziehen, füllte man die Umgebungen der Tempel mit Schaaren reizender Priesterinnen, welche die Geschenke, die sie erhielten, gleichfalls dem Tempel zu übergeben hatten, wie diess noch jetzt in Indien mit den Dewadaschies (Bajaderen) der Fall ist; so entstanden männliche und weibliche H., deren unter Andern Strabo in Cappadocien im Tempelhaine der comanischen Göttin über sechstausend traf. Diese Sitte ging nach Griechenland und Sicilien, vornehmlich auf den Dienst der Venus, über, und mancher prächtige Tempel wurde aus dem so erworbenen Golde erbaut. Merkwürdig ist, dass beim grossen Diana – Tempel in Ephesus derselbe Gebrauch stattfand, zum Beweis der wesentlichen Verschiedenheit der ephesischen von der rein griechischen Diana. (S. Diana).


Hieroglyphen, die heilige Bildersprache der Aegypter, deren Entstehung man dem Nilkalender zuschreibt, welcher die mit dem Steigen und Fallen dieses Flusses in Verbindung stehenden Himmelszeichen und Erscheinungen in eine Bilderschrift brachte, die damals wohl Jedem verständlich sein mochte, indem sie im entgegengesetzten Falle ganz unbrauchbar gewesen wäre. Sie sollten den gemeinen Mann von der Zeit unterrichten, in welcher der Nil steigen oder fallen würde. Aus den Bildern entstand ein Bilderdienst, und in Verbindung mit diesem eine geheime Bilderschrift, welche, weil nur die Priester den Schlüssel dazu hatten, für heilig gehalten wurde. Champollion glaubt, den Schlüssel in der Trennung der vermischten Zeichen gefunden zu haben, und theilt daher die H. in solche, die Töne bezeichnen (Silben, Buchstaben), und in solche, die Begriffe andeuten. Zoëga theilt sie in vollständige Bilder der Natur und Kunst, in Umrisse und allgemein ausgedrückte Bilder sinnlicher Gegenstände: in umschreibende, welche den Gegenstand andeuten, wie die Schlange Gesundheit, der Hund Wachsamkeit; in räthselhafte und in Wort-H. So heisst der Habicht in der Sprache der Aegypter Baieth, soll aber die im Herzen wohnende Seele andeuten, denn Bai heisst Seele, und Eth heisst Herz. Ausser diesen classificirten H. finden sich noch über tausend verschiedene Charaktere, welche Champollion Buchstaben, Schriftzeichen nennt; darunter finden sich mancherlei Bilder von Thieren, Pflanzen, Kunsterzeugnissen, Waffen, Werkzeugen, Schiffen, Gliedern menschlicher und thierischer Körper, Mumien, wunderlich zusammengesetzte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0318" n="248"/>
für Eurystheus drei der Aepfel aus ihrem Garten zu holen (s. <hi rendition="#g">Hercules</hi>). Nach Diodor waren die H. Töchter des Atlas, von Busiris geraubt, von Hercules befreit, wofür derselbe freiwillig von dem Vater die gewünschten Mela (d. h. Aepfel) erhielt, die jedoch Diodor zu goldgelben, oder wenigstens sehr vorzüglichen, schönen Schafen macht, welche die Mädchen, nach damaliger Sitte, hüten mussten.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hesperis</hi> (Gr. M.), Tochter des Hesperus, Gemahlin des Atlas, Mutter der Hesperiden.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hesperus</hi> (Gr. M.), Bruder und Schwiegervater des Atlas, der seine Tochter Hesperis ehelichte, und durch sie Vater der Hesperiden ward, soll, wie Atlas, ein grosser Astronom gewesen und einst bei Ersteigung des Atlas (des Berges) vom Sturme hinweggerissen, nicht mehr gefunden, und daher göttlich verehrt worden sein. Um ihn zu ehren, nannte man den schönsten Stern des Himmels, den Abendstern, nach ihm.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hesus</hi> (Gall. u. germ. M.), der Kriegsgott der Gallier. Sein Bild hatte die Gestalt eines Hundes. Mit beginnender Schlacht wurde der erste Gefangene ihm als Opfer gelobt. Wenn bei den Germanen ein Hain geweiht wurde, suchte der Druide in demselben den stärksten Eichbaum auf, in welchen ein Zeichen des Hammers Thors und der Name H. geschnitten wurde. Von seiner Verehrung sollen die Hessen benannt, und ihm die heilige Eiche geweiht gewesen sein, welche Bonifacius (Winfried) im J. 724 umhieb.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hesychia</hi> (Gr. M.), 1) eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Oestrebles. &#x2013; 2) H., Personification der Ruhe, eine Tochter der Hore Dice.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hetaera</hi> (Gr. M.), »die Freundin«, Beiname der Venus in Athen und Ephesus.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Heurippe</hi> (Gr. M.), »Pferdefinderin«, Beiname der Diana, unter welchem Ulysses ihr zu Pheneus einen Tempel erbaute, weil hier erst der Held seine im ganzen Lande gesuchten Pferde wieder fand. Auch war bei dem Tempel eine eherne Statue des Neptun, welche gleichfalls von Ulysses herrühren sollte; auf dem Fussgestell derselben war ein Vertrag des Königs mit den Hirten der Gegend eingegraben über das Hüten seiner Pferde, welche er, wie auch seine Rinder, auf dem festen Lande weiden lassen musste, da ihm Ithaca keine Nahrung für sie gab.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hiadi</hi> (Ind. M.), heissen zusammengenommen die drei oberen Kasten der Indier, die Braminen, Kschetrias und Banians, Priester, Krieger und Kaufleute, welche sich zwar auf das Schärfste unterscheiden, indem die nächstobere immer viel höher ist als die folgende, jedoch alle zusammen sich unendlich erhaben dünken über die vierte Kaste, die Sudars oder Schudars. Die Gesetze des Menu verlangen, dass die drei oberen Kasten nur in dem Lande diesseits des Ganges, und zwar nur bis an die in der Mitte der Halbinsel laufenden Gebirge, wohnen sollen. Das ist das Land der Auserwählten.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hiadninger</hi> (Nord. M.), die Streiter, welche, in einer Schlacht auf den Orkneys gefallen, durch die Zaubereien der schönen Schildjungfrau Hildur geweckt, allnächtlich wieder aufstehen, um den Krieg von Neuem zu beginnen; so sollen sie bis zum Weltuntergange kämpfen. Die Bewohner von Haey wissen viel von diesem schauerlichen Kriege zwischen Gespenstern zu erzählen, und keiner würde sich bei Nacht auf das Schlachtfeld wagen, das am Tage nur mit unförmlichen Steinen besäet ist.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hiaelmberi</hi> (Nord. M.), Beiname des obersten der Götter, des Odin.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hialprek</hi> (Nord. M.), ein König von Dänemark, Vater des Königs Alf und Gatte der schönen Walküre Hiördisur, welche als Gefangene (damals vermählt mit dem tapferen Sigmund) in seine Hände kam und den Sigurd Sigmundson gebar. H. verband sich dann mit ihr und ward Erzieher ihres Sohnes.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hialti</hi> (Nord. M.), einer der elf Berserker, welche der König Rolf Kraki seinem Bundesgenossen und Pflege- oder Stief-Vater Adils, König von Schweden, zusandte, da er ihm selbst, wegen seines Krieges mit den Sachsen, nicht beistehen konnte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hicetaon</hi> (Gr. M.), Sohn des Laomedon, Bruder des Priamus, bei welchem er zur Zeit des trojanischen Krieges noch lebte; ein Mythus, welcher damit, dass Hercules alle Söhne des Laomedon, ausser Podarces (eben jenem Priamus), tödtete, schwer zu einen ist.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hiems</hi> (Röm. M.), Personification des Winters, welchen Ovid als eisgrauen Greis, auf dem Wege zum Tartarus wohnend, beschreibt.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hierax</hi> (Gr. M.), 1) ein angesehener und frommer Mann bei den Mariandynern in Asien, welcher sich um Ceres verdient machte, indem er ihr aus eigenen Mitteln einen Tempel erbaute, wodurch er selbst arm ward; Ceres aber belohnte ihn, indem sie ihm einen solchen Ueberfluss an Getreide schenkte, dass bald sein früherer Wohlstand zurückkehrte. Als nun einst die Teucrer von Neptun mit Misswachs gestraft wurden, unterstützte H. seine Nachbarn reichlich. Neptun, erzürnt, dass er sich den Menschen wohlthätiger erzeigen wollte, als ein Gott, verwandelte ihn in einen Habicht. (Der Habicht heisst griechisch hierax ). 1) H., verrieth den Mercur, als dieser dem Argus die in eine Kuh verwandelte Io entführen wollte, wesshalb Mercur zum Morde des Argus seine Zuflucht nehmen musste; er schläferte denselben ein und hieb ihm den Kopf ab; nach Anderen warf er ihn mit einem Steine todt.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hierea</hi> (Gr. M.). Geliebte des Mercur, welche von ihm Mutter eines Riesen wurde.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hierodulen</hi> (Gr. M.), im Allgemeinen alle zum Dienste eines Tempels bestimmte Personen; insbesondere aber in Syrien, Phönicien, Kleinasien weibliche Personen, welche sich in der Nähe eines Tempels aufhielten und den Fremden preisgaben; sie hatten für die Ausschmückung des Tempels, die Bekränzung der Altäre, das Sticken und Reinigen der Schleier, welche man über die Götterbilder hing, zu sorgen. Die Asiaten hatten in frühester Zeit einen Naturgottesdienst, in welchem man das männliche Princip in der Sonne, das weibliche im Monde verehrte. Die Priester hatten kein anderes Einkommen, als die Geschenke, welche die zum Heiligthum wallfahrenden Pilger ihnen brachten, und um derselben so viele als möglich herbeizuziehen, füllte man die Umgebungen der Tempel mit Schaaren reizender Priesterinnen, welche die Geschenke, die sie erhielten, gleichfalls dem Tempel zu übergeben hatten, wie diess noch jetzt in Indien mit den Dewadaschies (Bajaderen) der Fall ist; so entstanden männliche und weibliche H., deren unter Andern Strabo in Cappadocien im Tempelhaine der comanischen Göttin über <hi rendition="#g">sechstausend</hi> traf. Diese Sitte ging nach Griechenland und Sicilien, vornehmlich auf den Dienst der Venus, über, und mancher prächtige Tempel wurde aus dem so erworbenen Golde erbaut. Merkwürdig ist, dass beim grossen Diana &#x2013; Tempel in Ephesus derselbe Gebrauch stattfand, zum Beweis der wesentlichen Verschiedenheit der ephesischen von der rein griechischen Diana. (S. Diana).</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Hieroglyphen</hi>, die heilige Bildersprache der Aegypter, deren Entstehung man dem Nilkalender zuschreibt, welcher die mit dem Steigen und Fallen dieses Flusses in Verbindung stehenden Himmelszeichen und Erscheinungen in eine Bilderschrift brachte, die damals wohl Jedem verständlich sein mochte, indem sie im entgegengesetzten Falle ganz unbrauchbar gewesen wäre. Sie sollten den gemeinen Mann von der Zeit unterrichten, in welcher der Nil steigen oder fallen würde. Aus den Bildern entstand ein Bilderdienst, und in Verbindung mit diesem eine geheime Bilderschrift, welche, weil nur die Priester den Schlüssel dazu hatten, für heilig gehalten wurde. <hi rendition="#g">Champollion</hi> glaubt, den Schlüssel in der Trennung der vermischten Zeichen gefunden zu haben, und theilt daher die H. in solche, die Töne bezeichnen (Silben, Buchstaben), und in solche, die Begriffe andeuten. <hi rendition="#g">Zoëga</hi> theilt sie in vollständige Bilder der Natur und Kunst, in Umrisse und allgemein ausgedrückte Bilder sinnlicher Gegenstände: in umschreibende, welche den Gegenstand andeuten, wie die Schlange Gesundheit, der Hund Wachsamkeit; in räthselhafte und in Wort-H. So heisst der Habicht in der Sprache der Aegypter Baieth, soll aber die im Herzen wohnende Seele andeuten, denn Bai heisst Seele, und Eth heisst Herz. Ausser diesen classificirten H. finden sich noch über tausend verschiedene Charaktere, welche Champollion Buchstaben, Schriftzeichen nennt; darunter finden sich mancherlei Bilder von Thieren, Pflanzen, Kunsterzeugnissen, Waffen, Werkzeugen, Schiffen, Gliedern menschlicher und thierischer Körper, Mumien, wunderlich zusammengesetzte
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0318] für Eurystheus drei der Aepfel aus ihrem Garten zu holen (s. Hercules). Nach Diodor waren die H. Töchter des Atlas, von Busiris geraubt, von Hercules befreit, wofür derselbe freiwillig von dem Vater die gewünschten Mela (d. h. Aepfel) erhielt, die jedoch Diodor zu goldgelben, oder wenigstens sehr vorzüglichen, schönen Schafen macht, welche die Mädchen, nach damaliger Sitte, hüten mussten. Hesperis (Gr. M.), Tochter des Hesperus, Gemahlin des Atlas, Mutter der Hesperiden. Hesperus (Gr. M.), Bruder und Schwiegervater des Atlas, der seine Tochter Hesperis ehelichte, und durch sie Vater der Hesperiden ward, soll, wie Atlas, ein grosser Astronom gewesen und einst bei Ersteigung des Atlas (des Berges) vom Sturme hinweggerissen, nicht mehr gefunden, und daher göttlich verehrt worden sein. Um ihn zu ehren, nannte man den schönsten Stern des Himmels, den Abendstern, nach ihm. Hesus (Gall. u. germ. M.), der Kriegsgott der Gallier. Sein Bild hatte die Gestalt eines Hundes. Mit beginnender Schlacht wurde der erste Gefangene ihm als Opfer gelobt. Wenn bei den Germanen ein Hain geweiht wurde, suchte der Druide in demselben den stärksten Eichbaum auf, in welchen ein Zeichen des Hammers Thors und der Name H. geschnitten wurde. Von seiner Verehrung sollen die Hessen benannt, und ihm die heilige Eiche geweiht gewesen sein, welche Bonifacius (Winfried) im J. 724 umhieb. Hesychia (Gr. M.), 1) eine der fünfzig Töchter des Thespius, von Hercules Mutter des Oestrebles. – 2) H., Personification der Ruhe, eine Tochter der Hore Dice. Hetaera (Gr. M.), »die Freundin«, Beiname der Venus in Athen und Ephesus. Heurippe (Gr. M.), »Pferdefinderin«, Beiname der Diana, unter welchem Ulysses ihr zu Pheneus einen Tempel erbaute, weil hier erst der Held seine im ganzen Lande gesuchten Pferde wieder fand. Auch war bei dem Tempel eine eherne Statue des Neptun, welche gleichfalls von Ulysses herrühren sollte; auf dem Fussgestell derselben war ein Vertrag des Königs mit den Hirten der Gegend eingegraben über das Hüten seiner Pferde, welche er, wie auch seine Rinder, auf dem festen Lande weiden lassen musste, da ihm Ithaca keine Nahrung für sie gab. Hiadi (Ind. M.), heissen zusammengenommen die drei oberen Kasten der Indier, die Braminen, Kschetrias und Banians, Priester, Krieger und Kaufleute, welche sich zwar auf das Schärfste unterscheiden, indem die nächstobere immer viel höher ist als die folgende, jedoch alle zusammen sich unendlich erhaben dünken über die vierte Kaste, die Sudars oder Schudars. Die Gesetze des Menu verlangen, dass die drei oberen Kasten nur in dem Lande diesseits des Ganges, und zwar nur bis an die in der Mitte der Halbinsel laufenden Gebirge, wohnen sollen. Das ist das Land der Auserwählten. Hiadninger (Nord. M.), die Streiter, welche, in einer Schlacht auf den Orkneys gefallen, durch die Zaubereien der schönen Schildjungfrau Hildur geweckt, allnächtlich wieder aufstehen, um den Krieg von Neuem zu beginnen; so sollen sie bis zum Weltuntergange kämpfen. Die Bewohner von Haey wissen viel von diesem schauerlichen Kriege zwischen Gespenstern zu erzählen, und keiner würde sich bei Nacht auf das Schlachtfeld wagen, das am Tage nur mit unförmlichen Steinen besäet ist. Hiaelmberi (Nord. M.), Beiname des obersten der Götter, des Odin. Hialprek (Nord. M.), ein König von Dänemark, Vater des Königs Alf und Gatte der schönen Walküre Hiördisur, welche als Gefangene (damals vermählt mit dem tapferen Sigmund) in seine Hände kam und den Sigurd Sigmundson gebar. H. verband sich dann mit ihr und ward Erzieher ihres Sohnes. Hialti (Nord. M.), einer der elf Berserker, welche der König Rolf Kraki seinem Bundesgenossen und Pflege- oder Stief-Vater Adils, König von Schweden, zusandte, da er ihm selbst, wegen seines Krieges mit den Sachsen, nicht beistehen konnte. Hicetaon (Gr. M.), Sohn des Laomedon, Bruder des Priamus, bei welchem er zur Zeit des trojanischen Krieges noch lebte; ein Mythus, welcher damit, dass Hercules alle Söhne des Laomedon, ausser Podarces (eben jenem Priamus), tödtete, schwer zu einen ist. Hiems (Röm. M.), Personification des Winters, welchen Ovid als eisgrauen Greis, auf dem Wege zum Tartarus wohnend, beschreibt. Hierax (Gr. M.), 1) ein angesehener und frommer Mann bei den Mariandynern in Asien, welcher sich um Ceres verdient machte, indem er ihr aus eigenen Mitteln einen Tempel erbaute, wodurch er selbst arm ward; Ceres aber belohnte ihn, indem sie ihm einen solchen Ueberfluss an Getreide schenkte, dass bald sein früherer Wohlstand zurückkehrte. Als nun einst die Teucrer von Neptun mit Misswachs gestraft wurden, unterstützte H. seine Nachbarn reichlich. Neptun, erzürnt, dass er sich den Menschen wohlthätiger erzeigen wollte, als ein Gott, verwandelte ihn in einen Habicht. (Der Habicht heisst griechisch hierax ). 1) H., verrieth den Mercur, als dieser dem Argus die in eine Kuh verwandelte Io entführen wollte, wesshalb Mercur zum Morde des Argus seine Zuflucht nehmen musste; er schläferte denselben ein und hieb ihm den Kopf ab; nach Anderen warf er ihn mit einem Steine todt. Hierea (Gr. M.). Geliebte des Mercur, welche von ihm Mutter eines Riesen wurde. Hierodulen (Gr. M.), im Allgemeinen alle zum Dienste eines Tempels bestimmte Personen; insbesondere aber in Syrien, Phönicien, Kleinasien weibliche Personen, welche sich in der Nähe eines Tempels aufhielten und den Fremden preisgaben; sie hatten für die Ausschmückung des Tempels, die Bekränzung der Altäre, das Sticken und Reinigen der Schleier, welche man über die Götterbilder hing, zu sorgen. Die Asiaten hatten in frühester Zeit einen Naturgottesdienst, in welchem man das männliche Princip in der Sonne, das weibliche im Monde verehrte. Die Priester hatten kein anderes Einkommen, als die Geschenke, welche die zum Heiligthum wallfahrenden Pilger ihnen brachten, und um derselben so viele als möglich herbeizuziehen, füllte man die Umgebungen der Tempel mit Schaaren reizender Priesterinnen, welche die Geschenke, die sie erhielten, gleichfalls dem Tempel zu übergeben hatten, wie diess noch jetzt in Indien mit den Dewadaschies (Bajaderen) der Fall ist; so entstanden männliche und weibliche H., deren unter Andern Strabo in Cappadocien im Tempelhaine der comanischen Göttin über sechstausend traf. Diese Sitte ging nach Griechenland und Sicilien, vornehmlich auf den Dienst der Venus, über, und mancher prächtige Tempel wurde aus dem so erworbenen Golde erbaut. Merkwürdig ist, dass beim grossen Diana – Tempel in Ephesus derselbe Gebrauch stattfand, zum Beweis der wesentlichen Verschiedenheit der ephesischen von der rein griechischen Diana. (S. Diana). Hieroglyphen, die heilige Bildersprache der Aegypter, deren Entstehung man dem Nilkalender zuschreibt, welcher die mit dem Steigen und Fallen dieses Flusses in Verbindung stehenden Himmelszeichen und Erscheinungen in eine Bilderschrift brachte, die damals wohl Jedem verständlich sein mochte, indem sie im entgegengesetzten Falle ganz unbrauchbar gewesen wäre. Sie sollten den gemeinen Mann von der Zeit unterrichten, in welcher der Nil steigen oder fallen würde. Aus den Bildern entstand ein Bilderdienst, und in Verbindung mit diesem eine geheime Bilderschrift, welche, weil nur die Priester den Schlüssel dazu hatten, für heilig gehalten wurde. Champollion glaubt, den Schlüssel in der Trennung der vermischten Zeichen gefunden zu haben, und theilt daher die H. in solche, die Töne bezeichnen (Silben, Buchstaben), und in solche, die Begriffe andeuten. Zoëga theilt sie in vollständige Bilder der Natur und Kunst, in Umrisse und allgemein ausgedrückte Bilder sinnlicher Gegenstände: in umschreibende, welche den Gegenstand andeuten, wie die Schlange Gesundheit, der Hund Wachsamkeit; in räthselhafte und in Wort-H. So heisst der Habicht in der Sprache der Aegypter Baieth, soll aber die im Herzen wohnende Seele andeuten, denn Bai heisst Seele, und Eth heisst Herz. Ausser diesen classificirten H. finden sich noch über tausend verschiedene Charaktere, welche Champollion Buchstaben, Schriftzeichen nennt; darunter finden sich mancherlei Bilder von Thieren, Pflanzen, Kunsterzeugnissen, Waffen, Werkzeugen, Schiffen, Gliedern menschlicher und thierischer Körper, Mumien, wunderlich zusammengesetzte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/318
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/318>, abgerufen am 22.12.2024.