Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite


Fig. 112.
Fig. 113.


Fig. 114.
Latinus von der Nymphe Marica. Er ward von Hercules erschlagen, weil er ihn, wie alle Fremdlinge, dem Mercur opfern wollte; im Widerspruch mit dieser späten Erdichtung lehrte er nach der ältesten Sage sein Volk Ackerbau und Gesittung, und wurde nach seinem Tode als Fatuus (d. h. Sprecher), als weissagender Wald- und Feld-Gott verehrt. Mit Fauna oder Fatua (s. d.) soll er die Faunen (s. d.) erzeugt haben. Die Römer verehrten ihn vorzugsweise als Schutzgott des Ackerbaus und der Viehzucht, und feierten ihm die Faunalien (s. d.) Nach der Einwanderung der griechischen Mythologie in Italien wurde er mit Pan vermengt, mit dem er auch dem Begriffe nach die grösste Aehnlichkeit hat. Im Haine der Albunea (s. d.) hatte F. ein Orakel.


Faustitas (Röm. M.), eine allegorische Gottheit, Viehzucht und Ackerbau befördend.


Febris (Röm. M.), die das Fieber abwendende Gottheit; sie hatte in Rom drei Heiligthümer, worin man Amulete gegen das Fieber weihte.


Februus (Röm. M.), Etruscischer Gott der Unterwelt, mit Pluto identificirt; nach ihm ist der Monat Februar benannt, der ihm geweiht war, und in dessen zweiter Hälfte man alle freudigen Handlungen unterliess, keine Hochzeiten, feierte, und nichts that, was man gern mit glücklichen Vorbedeutungen anfing, sondern durch allerlei Beschwörungsmittel die Larven austrieb, die Häuser, die Begräbnissplätze und die Stadt selbst von neuem weihete, sich mit den Göttern versöhnte, und dasselbe für den Staat vornahm. F. war es, der zu dieser Zeit die Macht hatte, die Gespenster und Plagegeister in ihre unterirdischen Höhlen einzuschliessen.


Fecunditas (Röm. M.), "die Fruchtbarkeit", eine allegorische Gottheit; ihr wurde vom römischen Senat ein Tempel errichtet, als Nero's Gemahlin Poppäa eine Tochter geboren hatte.


Feen (M. der roman. Völker). Seit die Parcen (s. d.) aus der Einbildung des Volkes verschwunden waren, bildete die romanische Sprache aus dem sächlichen Wort Fatum, das Schicksal, ein neues persönliches, in Italien fata, spanisch hada, provencalisch fada, französisch fee (wie aus nata nee, u. s. w.). Deutsche Schriftsteller des Mittel-Alters, wenn sie von diesem Glauben Gebrauch machten, sagten Fey, zuweilen auch Feim. In den ächten deutschen Volksglauben gehören somit die F. entschieden nicht; Alles, was wir von ihnen in Mährchen und Sagen besitzen, haben wir auf den Wegen einer sich verallgemeinernden Sagen-Poesie von den romanischen Völkern empfangen. Wie sehr frühe der Name der Faten, F., in Italien gangbar war, beweist der Dichter Ausonius, der drei Grazien und drei Faten neben einander aufführt, und der Geschichtschreiber Procop, der eines römischen Gehäuses am Forum gedenkt, welches die drei


Fig. 112.
Fig. 113.


Fig. 114.
Latinus von der Nymphe Marica. Er ward von Hercules erschlagen, weil er ihn, wie alle Fremdlinge, dem Mercur opfern wollte; im Widerspruch mit dieser späten Erdichtung lehrte er nach der ältesten Sage sein Volk Ackerbau und Gesittung, und wurde nach seinem Tode als Fatuus (d. h. Sprecher), als weissagender Wald- und Feld-Gott verehrt. Mit Fauna oder Fatua (s. d.) soll er die Faunen (s. d.) erzeugt haben. Die Römer verehrten ihn vorzugsweise als Schutzgott des Ackerbaus und der Viehzucht, und feierten ihm die Faunalien (s. d.) Nach der Einwanderung der griechischen Mythologie in Italien wurde er mit Pan vermengt, mit dem er auch dem Begriffe nach die grösste Aehnlichkeit hat. Im Haine der Albunea (s. d.) hatte F. ein Orakel.


Faustitas (Röm. M.), eine allegorische Gottheit, Viehzucht und Ackerbau befördend.


Febris (Röm. M.), die das Fieber abwendende Gottheit; sie hatte in Rom drei Heiligthümer, worin man Amulete gegen das Fieber weihte.


Februus (Röm. M.), Etruscischer Gott der Unterwelt, mit Pluto identificirt; nach ihm ist der Monat Februar benannt, der ihm geweiht war, und in dessen zweiter Hälfte man alle freudigen Handlungen unterliess, keine Hochzeiten, feierte, und nichts that, was man gern mit glücklichen Vorbedeutungen anfing, sondern durch allerlei Beschwörungsmittel die Larven austrieb, die Häuser, die Begräbnissplätze und die Stadt selbst von neuem weihete, sich mit den Göttern versöhnte, und dasselbe für den Staat vornahm. F. war es, der zu dieser Zeit die Macht hatte, die Gespenster und Plagegeister in ihre unterirdischen Höhlen einzuschliessen.


Fecunditas (Röm. M.), »die Fruchtbarkeit«, eine allegorische Gottheit; ihr wurde vom römischen Senat ein Tempel errichtet, als Nero's Gemahlin Poppäa eine Tochter geboren hatte.


Feen (M. der roman. Völker). Seit die Parcen (s. d.) aus der Einbildung des Volkes verschwunden waren, bildete die romanische Sprache aus dem sächlichen Wort Fatum, das Schicksal, ein neues persönliches, in Italien fata, spanisch hada, provençalisch fada, französisch fée (wie aus nata née, u. s. w.). Deutsche Schriftsteller des Mittel-Alters, wenn sie von diesem Glauben Gebrauch machten, sagten Fey, zuweilen auch Feim. In den ächten deutschen Volksglauben gehören somit die F. entschieden nicht; Alles, was wir von ihnen in Mährchen und Sagen besitzen, haben wir auf den Wegen einer sich verallgemeinernden Sagen-Poesie von den romanischen Völkern empfangen. Wie sehr frühe der Name der Faten, F., in Italien gangbar war, beweist der Dichter Ausonius, der drei Grazien und drei Faten neben einander aufführt, und der Geschichtschreiber Procop, der eines römischen Gehäuses am Forum gedenkt, welches die drei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><pb facs="#f0272" n="202"/><lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0112.jpg"><head>Fig. 112.</head><lb/></figure><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0113.jpg"><head>Fig. 113.</head><lb/></figure><lb/><figure facs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0114.jpg" rendition="#c"><head>Fig. 114.</head><lb/></figure><lb/>
Latinus von der Nymphe Marica. Er ward von Hercules erschlagen, weil er ihn, wie alle Fremdlinge, dem Mercur opfern wollte; im Widerspruch mit dieser späten Erdichtung lehrte er nach der ältesten Sage sein Volk Ackerbau und Gesittung, und wurde nach seinem Tode als Fatuus (d. h. Sprecher), als weissagender Wald- und Feld-Gott verehrt. Mit Fauna oder Fatua (s. d.) soll er die Faunen (s. d.) erzeugt haben. Die Römer verehrten ihn vorzugsweise als Schutzgott des Ackerbaus und der Viehzucht, und feierten ihm die Faunalien (s. d.) Nach der Einwanderung der griechischen Mythologie in Italien wurde er mit Pan vermengt, mit dem er auch dem Begriffe nach die grösste Aehnlichkeit hat. Im Haine der Albunea (s. d.) hatte F. ein Orakel.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Faustitas</hi> (Röm. M.), eine allegorische Gottheit, Viehzucht und Ackerbau befördend.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Febris</hi> (Röm. M.), die das Fieber abwendende Gottheit; sie hatte in Rom drei Heiligthümer, worin man Amulete gegen das Fieber weihte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Februus</hi> (Röm. M.), Etruscischer Gott der Unterwelt, mit Pluto identificirt; nach ihm ist der Monat Februar benannt, der ihm geweiht war, und in dessen zweiter Hälfte man alle freudigen Handlungen unterliess, keine Hochzeiten, feierte, und nichts that, was man gern mit glücklichen Vorbedeutungen anfing, sondern durch allerlei Beschwörungsmittel die Larven austrieb, die Häuser, die Begräbnissplätze und die Stadt selbst von neuem weihete, sich mit den Göttern versöhnte, und dasselbe für den Staat vornahm. F. war es, der zu dieser Zeit die Macht hatte, die Gespenster und Plagegeister in ihre unterirdischen Höhlen einzuschliessen.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Fecunditas</hi> (Röm. M.), »die Fruchtbarkeit«, eine allegorische Gottheit; ihr wurde vom römischen Senat ein Tempel errichtet, als Nero's Gemahlin Poppäa eine Tochter geboren hatte.</p><lb/>
        </div>
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p><hi rendition="#b">Feen</hi> (M. der roman. Völker). Seit die Parcen (s. d.) aus der Einbildung des Volkes verschwunden waren, bildete die romanische Sprache aus dem sächlichen Wort Fatum, das Schicksal, ein neues persönliches, in Italien fata, spanisch hada, provençalisch fada, französisch fée (wie aus nata née, u. s. w.). Deutsche Schriftsteller des Mittel-Alters, wenn sie von diesem Glauben Gebrauch machten, sagten Fey, zuweilen auch Feim. In den ächten deutschen Volksglauben gehören somit die F. entschieden nicht; Alles, was wir von ihnen in Mährchen und Sagen besitzen, haben wir auf den Wegen einer sich verallgemeinernden Sagen-Poesie von den romanischen Völkern empfangen. Wie sehr frühe der Name der Faten, F., in Italien gangbar war, beweist der Dichter Ausonius, der drei Grazien und drei Faten neben einander aufführt, und der Geschichtschreiber Procop, der eines römischen Gehäuses am Forum gedenkt, welches die drei
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0272] [Abbildung Fig. 112. ] [Abbildung Fig. 113. ] [Abbildung Fig. 114. ] Latinus von der Nymphe Marica. Er ward von Hercules erschlagen, weil er ihn, wie alle Fremdlinge, dem Mercur opfern wollte; im Widerspruch mit dieser späten Erdichtung lehrte er nach der ältesten Sage sein Volk Ackerbau und Gesittung, und wurde nach seinem Tode als Fatuus (d. h. Sprecher), als weissagender Wald- und Feld-Gott verehrt. Mit Fauna oder Fatua (s. d.) soll er die Faunen (s. d.) erzeugt haben. Die Römer verehrten ihn vorzugsweise als Schutzgott des Ackerbaus und der Viehzucht, und feierten ihm die Faunalien (s. d.) Nach der Einwanderung der griechischen Mythologie in Italien wurde er mit Pan vermengt, mit dem er auch dem Begriffe nach die grösste Aehnlichkeit hat. Im Haine der Albunea (s. d.) hatte F. ein Orakel. Faustitas (Röm. M.), eine allegorische Gottheit, Viehzucht und Ackerbau befördend. Febris (Röm. M.), die das Fieber abwendende Gottheit; sie hatte in Rom drei Heiligthümer, worin man Amulete gegen das Fieber weihte. Februus (Röm. M.), Etruscischer Gott der Unterwelt, mit Pluto identificirt; nach ihm ist der Monat Februar benannt, der ihm geweiht war, und in dessen zweiter Hälfte man alle freudigen Handlungen unterliess, keine Hochzeiten, feierte, und nichts that, was man gern mit glücklichen Vorbedeutungen anfing, sondern durch allerlei Beschwörungsmittel die Larven austrieb, die Häuser, die Begräbnissplätze und die Stadt selbst von neuem weihete, sich mit den Göttern versöhnte, und dasselbe für den Staat vornahm. F. war es, der zu dieser Zeit die Macht hatte, die Gespenster und Plagegeister in ihre unterirdischen Höhlen einzuschliessen. Fecunditas (Röm. M.), »die Fruchtbarkeit«, eine allegorische Gottheit; ihr wurde vom römischen Senat ein Tempel errichtet, als Nero's Gemahlin Poppäa eine Tochter geboren hatte. Feen (M. der roman. Völker). Seit die Parcen (s. d.) aus der Einbildung des Volkes verschwunden waren, bildete die romanische Sprache aus dem sächlichen Wort Fatum, das Schicksal, ein neues persönliches, in Italien fata, spanisch hada, provençalisch fada, französisch fée (wie aus nata née, u. s. w.). Deutsche Schriftsteller des Mittel-Alters, wenn sie von diesem Glauben Gebrauch machten, sagten Fey, zuweilen auch Feim. In den ächten deutschen Volksglauben gehören somit die F. entschieden nicht; Alles, was wir von ihnen in Mährchen und Sagen besitzen, haben wir auf den Wegen einer sich verallgemeinernden Sagen-Poesie von den romanischen Völkern empfangen. Wie sehr frühe der Name der Faten, F., in Italien gangbar war, beweist der Dichter Ausonius, der drei Grazien und drei Faten neben einander aufführt, und der Geschichtschreiber Procop, der eines römischen Gehäuses am Forum gedenkt, welches die drei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-11T12:20:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/272
Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/272>, abgerufen am 21.11.2024.