Diamastigosis (Gr. Religionsbrauch), die Geisselung, ein Fest der Diana Orthia zu Sparta. Dieser Göttin waren, bis zu der Zelt, da Lycurgus gesetzgebend auftrat, Menschen geopfert worden; er schaffte diese Gräuel
Fig. 93.
ab, doch musste er dem an Blutvergießen gewöhnten Volke einen Ersatz dafür geben, darum ward das oben genannte Fest eingeführt; es bestand in der Geisselung junger edler Spartaner vor dem Bilde der Diana. Im Vorhofe ihres Tempels stand eine Priesterin, welche das leichte, hölzerne Schnitzbild der Göttin, das für dasselbe galt, welches Orest und Iphigenia aus Tauris gebracht hätten, in ihren Händen hielt; dort wurden die jungen Leute entkleidet und bis auf's Blut gegeisselt. Wenn die bestellten Knechte zu gelinde schlugen, so rief die Priesterin, dass sie das Bild der Göttin nicht mehr tragen könne, weil es ihr in den Händen zu schwer würde, wenn der Göttin nicht Blut genug fliesse.
Diamichios (Phön. M.), Beiname des Chrysor. (S. d.).
Diana, Artemis, Fig. 91 - 94 (Gr. u. röm. M.), Tochter des Jupiter und der Latona, Schwester des Apollo, auf der Insel Delos zugleich mit ihm geboren, stellt als
Fig. 94.
weibliches Wesen denselben Begriff dar, wie Apollo als männliche Persönlichkeit. Demnach ist sie Verderberin, Todesgöttin, die Pest und Tod unter Menschen und Thiere sendet, und mit ihren Pfeilen besonders Weiber plötzlich tödtet: so erschiesst sie die Töchter der Niobe, während Apollo deren Söhne erlegt; indess tödtet sie zuweilen auch Männer, wie die Aloiden, den Orion; sie heisst daher die "Pfeilfrohe", die "Bogenträgerin". Aber ebenso gehört sie, wie Apollo, zu den Unheil abwendenden, Segen spendenden Gottheiten. - Reicher Ertrag der Felder und der Heerden, Eintracht und langes Leben, werden als ihre Gabe gerühmt. Diese D. ist, wie Apollo, ursprünglich eine eigenthümliche Gottheit des dorischen Stammes
Diamastigosis (Gr. Religionsbrauch), die Geisselung, ein Fest der Diana Orthia zu Sparta. Dieser Göttin waren, bis zu der Zelt, da Lycurgus gesetzgebend auftrat, Menschen geopfert worden; er schaffte diese Gräuel
Fig. 93.
ab, doch musste er dem an Blutvergießen gewöhnten Volke einen Ersatz dafür geben, darum ward das oben genannte Fest eingeführt; es bestand in der Geisselung junger edler Spartaner vor dem Bilde der Diana. Im Vorhofe ihres Tempels stand eine Priesterin, welche das leichte, hölzerne Schnitzbild der Göttin, das für dasselbe galt, welches Orest und Iphigenia aus Tauris gebracht hätten, in ihren Händen hielt; dort wurden die jungen Leute entkleidet und bis auf's Blut gegeisselt. Wenn die bestellten Knechte zu gelinde schlugen, so rief die Priesterin, dass sie das Bild der Göttin nicht mehr tragen könne, weil es ihr in den Händen zu schwer würde, wenn der Göttin nicht Blut genug fliesse.
Diamichios (Phön. M.), Beiname des Chrysor. (S. d.).
Diana, Artemis, Fig. 91 – 94 (Gr. u. röm. M.), Tochter des Jupiter und der Latona, Schwester des Apollo, auf der Insel Delos zugleich mit ihm geboren, stellt als
Fig. 94.
weibliches Wesen denselben Begriff dar, wie Apollo als männliche Persönlichkeit. Demnach ist sie Verderberin, Todesgöttin, die Pest und Tod unter Menschen und Thiere sendet, und mit ihren Pfeilen besonders Weiber plötzlich tödtet: so erschiesst sie die Töchter der Niobe, während Apollo deren Söhne erlegt; indess tödtet sie zuweilen auch Männer, wie die Aloïden, den Orion; sie heisst daher die »Pfeilfrohe«, die »Bogenträgerin«. Aber ebenso gehört sie, wie Apollo, zu den Unheil abwendenden, Segen spendenden Gottheiten. – Reicher Ertrag der Felder und der Heerden, Eintracht und langes Leben, werden als ihre Gabe gerühmt. Diese D. ist, wie Apollo, ursprünglich eine eigenthümliche Gottheit des dorischen Stammes
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0235"n="165"/><divtype="lexiconEntry"n="2"><p><hirendition="#b">Diamastigosis</hi> (Gr. Religionsbrauch), die Geisselung, ein Fest der Diana Orthia zu Sparta. Dieser Göttin waren, bis zu der Zelt, da Lycurgus gesetzgebend auftrat, Menschen geopfert worden; er schaffte diese Gräuel<lb/><figurefacs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0093.jpg"rendition="#c"><head>Fig. 93.</head><lb/></figure><lb/>
ab, doch musste er dem an Blutvergießen gewöhnten Volke einen Ersatz dafür geben, darum ward das oben genannte Fest eingeführt; es bestand in der Geisselung junger edler Spartaner vor dem Bilde der Diana. Im Vorhofe ihres Tempels stand eine Priesterin, welche das leichte, hölzerne Schnitzbild der Göttin, das für dasselbe galt, welches Orest und Iphigenia aus Tauris gebracht hätten, in ihren Händen hielt; dort wurden die jungen Leute entkleidet und bis auf's Blut gegeisselt. Wenn die bestellten Knechte zu gelinde schlugen, so rief die Priesterin, dass sie das Bild der Göttin nicht mehr tragen könne, weil es ihr in den Händen zu schwer würde, wenn der Göttin nicht Blut genug fliesse.</p><lb/></div><divtype="lexiconEntry"n="2"><p><hirendition="#b">Diamichios</hi> (Phön. M.), Beiname des Chrysor. (S. d.).</p><lb/></div><divtype="lexiconEntry"n="2"><p><hirendition="#b">Diana</hi>, <hirendition="#b">Artemis</hi>, Fig. 91 – 94 (Gr. u. röm. M.), Tochter des Jupiter und der Latona, Schwester des Apollo, auf der Insel Delos zugleich mit ihm geboren, stellt als<lb/><figurefacs="https://media.dwds.de/dta/images/vollmer_mythologie_1874/figures/vollmer_mythologie_1874_figure-0094.jpg"rendition="#c"><head>Fig. 94.</head><lb/></figure><lb/>
weibliches Wesen denselben Begriff dar, wie Apollo als männliche Persönlichkeit. Demnach ist sie Verderberin, Todesgöttin, die Pest und Tod unter Menschen und Thiere sendet, und mit ihren Pfeilen besonders Weiber plötzlich tödtet: so erschiesst sie die Töchter der Niobe, während Apollo deren Söhne erlegt; indess tödtet sie zuweilen auch Männer, wie die Aloïden, den Orion; sie heisst daher die »Pfeilfrohe«, die »Bogenträgerin«. Aber ebenso gehört sie, wie Apollo, zu den Unheil abwendenden, Segen spendenden Gottheiten. – Reicher Ertrag der Felder und der Heerden, Eintracht und langes Leben, werden als ihre Gabe gerühmt. Diese D. ist, wie Apollo, ursprünglich eine eigenthümliche Gottheit des dorischen Stammes
</p></div></div></body></text></TEI>
[165/0235]
Diamastigosis (Gr. Religionsbrauch), die Geisselung, ein Fest der Diana Orthia zu Sparta. Dieser Göttin waren, bis zu der Zelt, da Lycurgus gesetzgebend auftrat, Menschen geopfert worden; er schaffte diese Gräuel
[Abbildung Fig. 93.
]
ab, doch musste er dem an Blutvergießen gewöhnten Volke einen Ersatz dafür geben, darum ward das oben genannte Fest eingeführt; es bestand in der Geisselung junger edler Spartaner vor dem Bilde der Diana. Im Vorhofe ihres Tempels stand eine Priesterin, welche das leichte, hölzerne Schnitzbild der Göttin, das für dasselbe galt, welches Orest und Iphigenia aus Tauris gebracht hätten, in ihren Händen hielt; dort wurden die jungen Leute entkleidet und bis auf's Blut gegeisselt. Wenn die bestellten Knechte zu gelinde schlugen, so rief die Priesterin, dass sie das Bild der Göttin nicht mehr tragen könne, weil es ihr in den Händen zu schwer würde, wenn der Göttin nicht Blut genug fliesse.
Diamichios (Phön. M.), Beiname des Chrysor. (S. d.).
Diana, Artemis, Fig. 91 – 94 (Gr. u. röm. M.), Tochter des Jupiter und der Latona, Schwester des Apollo, auf der Insel Delos zugleich mit ihm geboren, stellt als
[Abbildung Fig. 94.
]
weibliches Wesen denselben Begriff dar, wie Apollo als männliche Persönlichkeit. Demnach ist sie Verderberin, Todesgöttin, die Pest und Tod unter Menschen und Thiere sendet, und mit ihren Pfeilen besonders Weiber plötzlich tödtet: so erschiesst sie die Töchter der Niobe, während Apollo deren Söhne erlegt; indess tödtet sie zuweilen auch Männer, wie die Aloïden, den Orion; sie heisst daher die »Pfeilfrohe«, die »Bogenträgerin«. Aber ebenso gehört sie, wie Apollo, zu den Unheil abwendenden, Segen spendenden Gottheiten. – Reicher Ertrag der Felder und der Heerden, Eintracht und langes Leben, werden als ihre Gabe gerühmt. Diese D. ist, wie Apollo, ursprünglich eine eigenthümliche Gottheit des dorischen Stammes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-11T12:20:05Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-11T12:20:05Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: nicht übernommen;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): keine Angabe;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/235>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.