Die Naturgeschichte dieser Ordnung, die einzig und allein von der Gattung Mensch gebildet wird, ist um so verwickelter und läßt sich um so schwieriger von unbefangenem Standpunkte aus betrachten, als sie uns selbst und unsere nächsten Verwandten betrifft und bald diese, bald jene spekulative Ansichten der Reinheit der Beobachtungen hemmend sich aufdringen. Zugleich darf nicht außer Augen gelassen werden, daß auf diesem Felde reine, unverfälschte Beobachtungen am schwierigsten waren, indem sehr häufig religiöse und andere Vorur- theile ihnen entgegen standen und daß andererseits diejenigen, welche am meisten in der Lage waren, Untersuchungen dieser Art anzustellen, eine völlige Unfähigkeit hierzu bewiesen. In der That giebt es kein anderes Feld der Naturgeschichte, welches im Vergleiche zu der Wich- tigkeit der aufgestellten Fragen so wenig genügende wissenschaftlich festgesetzte Thatsachen darböte und kein anderes, in welchem Faselei und grober Unverstand nebst unendlicher Bornirtheit sich so breit ge- macht hätten, als gerade hier. Wir werden in dem Verlaufe dieses Abschnittes sehen, daß die wichtigsten Kennzeichen, deren konstante Eigenthümlichkeiten die Arten und Rassen der Menschengattung cha- rakterisiren, bis auf die neueste Zeit gänzlich außer Acht gelassen wur- den, während man auf unbedeutende Aeußerlichkeiten das größte Ge- wicht legte, so daß auch jetzt noch die menschliche Naturgeschichte größ- ten Theils auf Vermuthungen und nur zum geringsten Theile auf wahrhaften Thatsachen beruht.
Die naturgeschichtlichen Charaktere, welche die Menschengattung als Ordnung charakterisiren und sie namentlich von der zunächst ste- henden, den Vierhändern, unterscheiden, sind im Interesse der fortlau- fenden Ausbildungstheorie, bald zu sehr gemindert, bald von denen, welche den Menschen von der ganzen übrigen Thierschöpfung isoliren wollten, allzu sehr übertrieben worden. Diese Charaktere sind aber in der That weder größer noch geringer als die Charaktere, welche die übrigen Ordnungen der Säugethiere von einander trennen, und
Ordnung der Zweihänder. (Bimana.)
Die Naturgeſchichte dieſer Ordnung, die einzig und allein von der Gattung Menſch gebildet wird, iſt um ſo verwickelter und läßt ſich um ſo ſchwieriger von unbefangenem Standpunkte aus betrachten, als ſie uns ſelbſt und unſere nächſten Verwandten betrifft und bald dieſe, bald jene ſpekulative Anſichten der Reinheit der Beobachtungen hemmend ſich aufdringen. Zugleich darf nicht außer Augen gelaſſen werden, daß auf dieſem Felde reine, unverfälſchte Beobachtungen am ſchwierigſten waren, indem ſehr häufig religiöſe und andere Vorur- theile ihnen entgegen ſtanden und daß andererſeits diejenigen, welche am meiſten in der Lage waren, Unterſuchungen dieſer Art anzuſtellen, eine völlige Unfähigkeit hierzu bewieſen. In der That giebt es kein anderes Feld der Naturgeſchichte, welches im Vergleiche zu der Wich- tigkeit der aufgeſtellten Fragen ſo wenig genügende wiſſenſchaftlich feſtgeſetzte Thatſachen darböte und kein anderes, in welchem Faſelei und grober Unverſtand nebſt unendlicher Bornirtheit ſich ſo breit ge- macht hätten, als gerade hier. Wir werden in dem Verlaufe dieſes Abſchnittes ſehen, daß die wichtigſten Kennzeichen, deren konſtante Eigenthümlichkeiten die Arten und Raſſen der Menſchengattung cha- rakteriſiren, bis auf die neueſte Zeit gänzlich außer Acht gelaſſen wur- den, während man auf unbedeutende Aeußerlichkeiten das größte Ge- wicht legte, ſo daß auch jetzt noch die menſchliche Naturgeſchichte größ- ten Theils auf Vermuthungen und nur zum geringſten Theile auf wahrhaften Thatſachen beruht.
Die naturgeſchichtlichen Charaktere, welche die Menſchengattung als Ordnung charakteriſiren und ſie namentlich von der zunächſt ſte- henden, den Vierhändern, unterſcheiden, ſind im Intereſſe der fortlau- fenden Ausbildungstheorie, bald zu ſehr gemindert, bald von denen, welche den Menſchen von der ganzen übrigen Thierſchöpfung iſoliren wollten, allzu ſehr übertrieben worden. Dieſe Charaktere ſind aber in der That weder größer noch geringer als die Charaktere, welche die übrigen Ordnungen der Säugethiere von einander trennen, und
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Ordnung der Zweihänder. (Bimana.)
Die Naturgeſchichte dieſer Ordnung, die einzig und allein von
der Gattung Menſch gebildet wird, iſt um ſo verwickelter und läßt
ſich um ſo ſchwieriger von unbefangenem Standpunkte aus betrachten,
als ſie uns ſelbſt und unſere nächſten Verwandten betrifft und bald
dieſe, bald jene ſpekulative Anſichten der Reinheit der Beobachtungen
hemmend ſich aufdringen. Zugleich darf nicht außer Augen gelaſſen
werden, daß auf dieſem Felde reine, unverfälſchte Beobachtungen am
ſchwierigſten waren, indem ſehr häufig religiöſe und andere Vorur-
theile ihnen entgegen ſtanden und daß andererſeits diejenigen, welche
am meiſten in der Lage waren, Unterſuchungen dieſer Art anzuſtellen,
eine völlige Unfähigkeit hierzu bewieſen. In der That giebt es kein
anderes Feld der Naturgeſchichte, welches im Vergleiche zu der Wich-
tigkeit der aufgeſtellten Fragen ſo wenig genügende wiſſenſchaftlich
feſtgeſetzte Thatſachen darböte und kein anderes, in welchem Faſelei
und grober Unverſtand nebſt unendlicher Bornirtheit ſich ſo breit ge-
macht hätten, als gerade hier. Wir werden in dem Verlaufe dieſes
Abſchnittes ſehen, daß die wichtigſten Kennzeichen, deren konſtante
Eigenthümlichkeiten die Arten und Raſſen der Menſchengattung cha-
rakteriſiren, bis auf die neueſte Zeit gänzlich außer Acht gelaſſen wur-
den, während man auf unbedeutende Aeußerlichkeiten das größte Ge-
wicht legte, ſo daß auch jetzt noch die menſchliche Naturgeſchichte größ-
ten Theils auf Vermuthungen und nur zum geringſten Theile auf
wahrhaften Thatſachen beruht.
Die naturgeſchichtlichen Charaktere, welche die Menſchengattung
als Ordnung charakteriſiren und ſie namentlich von der zunächſt ſte-
henden, den Vierhändern, unterſcheiden, ſind im Intereſſe der fortlau-
fenden Ausbildungstheorie, bald zu ſehr gemindert, bald von denen,
welche den Menſchen von der ganzen übrigen Thierſchöpfung iſoliren
wollten, allzu ſehr übertrieben worden. Dieſe Charaktere ſind aber
in der That weder größer noch geringer als die Charaktere, welche
die übrigen Ordnungen der Säugethiere von einander trennen, und
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/541>, abgerufen am 21.11.2024.
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