Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

Zähne, die Eigenthümlichkeiten der Wirbelsäule ihre Reptiliennatur
überzeugend darthaten. Pterodactylus; Ornithopterus; Rhampho-
rhynchus
.

In der Reihe der Reptilien, die sich durch einen längs geschlitz-
ten After und eine einfache männliche Ruthe auszeichnen, steht oben
an die

Ordnung der Wasserechsen. (Hydrosauria.)

Ich fasse unter dieser Benennung eine ganze Reihe meist riesen-
mäßiger Reptilien zusammen, die in der jetzigen Schöpfung nur noch durch
die Krokodile vertreten sind, die aber in früheren geologischen Epochen
die raubgierigen Beherrscher nicht nur der süßen Gewässer, sondern
auch der Meere waren. In ähnlicher Weise, wie in der Ordnung
der Eidechsen, läßt sich auch bei dieser Ordnung eine allmälige Aus-
bildung der Extremitäten gewahren, wenn gleich in anderer Richtung.
Da die Anfänge dieser Ordnung nicht das feste Land, sondern das
Wasser bewohnten, so sehen wir bei demselben Typus des Schädel-
baues, bei gleichmäßiger, allmälig sich erhebender Ausbildung der
Wirbelsäule anfänglich nur Ruderflossen auftreten von unförmlicher
Gestalt, mit unbestimmter Zahl der Knochen, welche die Handwurzel
und die ungetrennten Zehen bilden, so daß Bewegungswerkzeuge her-
gestellt werden, ähnlich den Flossen der Walthiere; allmälig sondert
sich diese Bildung aus, die einzelnen Zehen trennen sich mehr und
mehr, die Thiere leben nicht mehr einzig in der hohen See, sondern
in Lagunen und an Flußufern und es zeigen sich dann wohlgebildete
Füße mit vollkommen getrennten Zehen, wenn auch zuweilen durch
Schwimmhäute mit einander verbunden. Da die Kenntniß der inne-
ren Anatomie lediglich auf der Untersuchung der einzigen jetzt leben-
den Familie beruht, so erscheint es zweckmäßiger auf die näheren
Charaktere erst bei dieser einzugehen. Wir unterscheiden eben nach
der angedeuteten verschiedenen Bildung der Extremitäten zwei Grup-
pen oder Unterordnungen, von welchen die eine lediglich aus fossilen,
die andere aus fossilen und lebenden Familien gebildet ist.

Unterordnung der Meerdrachen (Enaliosauria). Der
Kopf der riesenmäßigen Meerdrachen, von denen manche Arten eine
Länge von dreißig Fuß erreichten, ist stark abgeplattet, die Kiefer lang
ausgezogen und mit gewaltigen, kegelförmigen, spitzen, meist an ihrer

Zähne, die Eigenthümlichkeiten der Wirbelſäule ihre Reptiliennatur
überzeugend darthaten. Pterodactylus; Ornithopterus; Rhampho-
rhynchus
.

In der Reihe der Reptilien, die ſich durch einen längs geſchlitz-
ten After und eine einfache männliche Ruthe auszeichnen, ſteht oben
an die

Ordnung der Waſſerechſen. (Hydrosauria.)

Ich faſſe unter dieſer Benennung eine ganze Reihe meiſt rieſen-
mäßiger Reptilien zuſammen, die in der jetzigen Schöpfung nur noch durch
die Krokodile vertreten ſind, die aber in früheren geologiſchen Epochen
die raubgierigen Beherrſcher nicht nur der ſüßen Gewäſſer, ſondern
auch der Meere waren. In ähnlicher Weiſe, wie in der Ordnung
der Eidechſen, läßt ſich auch bei dieſer Ordnung eine allmälige Aus-
bildung der Extremitäten gewahren, wenn gleich in anderer Richtung.
Da die Anfänge dieſer Ordnung nicht das feſte Land, ſondern das
Waſſer bewohnten, ſo ſehen wir bei demſelben Typus des Schädel-
baues, bei gleichmäßiger, allmälig ſich erhebender Ausbildung der
Wirbelſäule anfänglich nur Ruderfloſſen auftreten von unförmlicher
Geſtalt, mit unbeſtimmter Zahl der Knochen, welche die Handwurzel
und die ungetrennten Zehen bilden, ſo daß Bewegungswerkzeuge her-
geſtellt werden, ähnlich den Floſſen der Walthiere; allmälig ſondert
ſich dieſe Bildung aus, die einzelnen Zehen trennen ſich mehr und
mehr, die Thiere leben nicht mehr einzig in der hohen See, ſondern
in Lagunen und an Flußufern und es zeigen ſich dann wohlgebildete
Füße mit vollkommen getrennten Zehen, wenn auch zuweilen durch
Schwimmhäute mit einander verbunden. Da die Kenntniß der inne-
ren Anatomie lediglich auf der Unterſuchung der einzigen jetzt leben-
den Familie beruht, ſo erſcheint es zweckmäßiger auf die näheren
Charaktere erſt bei dieſer einzugehen. Wir unterſcheiden eben nach
der angedeuteten verſchiedenen Bildung der Extremitäten zwei Grup-
pen oder Unterordnungen, von welchen die eine lediglich aus foſſilen,
die andere aus foſſilen und lebenden Familien gebildet iſt.

Unterordnung der Meerdrachen (Enaliosauria). Der
Kopf der rieſenmäßigen Meerdrachen, von denen manche Arten eine
Länge von dreißig Fuß erreichten, iſt ſtark abgeplattet, die Kiefer lang
ausgezogen und mit gewaltigen, kegelförmigen, ſpitzen, meiſt an ihrer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0290" n="284"/>
Zähne, die Eigenthümlichkeiten der Wirbel&#x017F;äule ihre Reptiliennatur<lb/>
überzeugend darthaten. <hi rendition="#aq">Pterodactylus; Ornithopterus; Rhampho-<lb/>
rhynchus</hi>.</p><lb/>
              <p>In der Reihe der Reptilien, die &#x017F;ich durch einen längs ge&#x017F;chlitz-<lb/>
ten After und eine einfache männliche Ruthe auszeichnen, &#x017F;teht oben<lb/>
an die</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Ordnung der Wa&#x017F;&#x017F;erech&#x017F;en. <hi rendition="#aq">(Hydrosauria.)</hi></hi> </head><lb/>
              <p>Ich fa&#x017F;&#x017F;e unter die&#x017F;er Benennung eine ganze Reihe mei&#x017F;t rie&#x017F;en-<lb/>
mäßiger Reptilien zu&#x017F;ammen, die in der jetzigen Schöpfung nur noch durch<lb/>
die Krokodile vertreten &#x017F;ind, die aber in früheren geologi&#x017F;chen Epochen<lb/>
die raubgierigen Beherr&#x017F;cher nicht nur der &#x017F;üßen Gewä&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ondern<lb/>
auch der Meere waren. In ähnlicher Wei&#x017F;e, wie in der Ordnung<lb/>
der Eidech&#x017F;en, läßt &#x017F;ich auch bei die&#x017F;er Ordnung eine allmälige Aus-<lb/>
bildung der Extremitäten gewahren, wenn gleich in anderer Richtung.<lb/>
Da die Anfänge die&#x017F;er Ordnung nicht das fe&#x017F;te Land, &#x017F;ondern das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er bewohnten, &#x017F;o &#x017F;ehen wir bei dem&#x017F;elben Typus des Schädel-<lb/>
baues, bei gleichmäßiger, allmälig &#x017F;ich erhebender Ausbildung der<lb/>
Wirbel&#x017F;äule anfänglich nur Ruderflo&#x017F;&#x017F;en auftreten von unförmlicher<lb/>
Ge&#x017F;talt, mit unbe&#x017F;timmter Zahl der Knochen, welche die Handwurzel<lb/>
und die ungetrennten Zehen bilden, &#x017F;o daß Bewegungswerkzeuge her-<lb/>
ge&#x017F;tellt werden, ähnlich den Flo&#x017F;&#x017F;en der Walthiere; allmälig &#x017F;ondert<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;e Bildung aus, die einzelnen Zehen trennen &#x017F;ich mehr und<lb/>
mehr, die Thiere leben nicht mehr einzig in der hohen See, &#x017F;ondern<lb/>
in Lagunen und an Flußufern und es zeigen &#x017F;ich dann wohlgebildete<lb/>
Füße mit vollkommen getrennten Zehen, wenn auch zuweilen durch<lb/>
Schwimmhäute mit einander verbunden. Da die Kenntniß der inne-<lb/>
ren Anatomie lediglich auf der Unter&#x017F;uchung der einzigen jetzt leben-<lb/>
den Familie beruht, &#x017F;o er&#x017F;cheint es zweckmäßiger auf die näheren<lb/>
Charaktere er&#x017F;t bei die&#x017F;er einzugehen. Wir unter&#x017F;cheiden eben nach<lb/>
der angedeuteten ver&#x017F;chiedenen Bildung der Extremitäten zwei Grup-<lb/>
pen oder Unterordnungen, von welchen die eine lediglich aus fo&#x017F;&#x017F;ilen,<lb/>
die andere aus fo&#x017F;&#x017F;ilen und lebenden Familien gebildet i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Unterordnung der <hi rendition="#b">Meerdrachen <hi rendition="#aq">(Enaliosauria)</hi>.</hi> Der<lb/>
Kopf der rie&#x017F;enmäßigen Meerdrachen, von denen manche Arten eine<lb/>
Länge von dreißig Fuß erreichten, i&#x017F;t &#x017F;tark abgeplattet, die Kiefer lang<lb/>
ausgezogen und mit gewaltigen, kegelförmigen, &#x017F;pitzen, mei&#x017F;t an ihrer<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0290] Zähne, die Eigenthümlichkeiten der Wirbelſäule ihre Reptiliennatur überzeugend darthaten. Pterodactylus; Ornithopterus; Rhampho- rhynchus. In der Reihe der Reptilien, die ſich durch einen längs geſchlitz- ten After und eine einfache männliche Ruthe auszeichnen, ſteht oben an die Ordnung der Waſſerechſen. (Hydrosauria.) Ich faſſe unter dieſer Benennung eine ganze Reihe meiſt rieſen- mäßiger Reptilien zuſammen, die in der jetzigen Schöpfung nur noch durch die Krokodile vertreten ſind, die aber in früheren geologiſchen Epochen die raubgierigen Beherrſcher nicht nur der ſüßen Gewäſſer, ſondern auch der Meere waren. In ähnlicher Weiſe, wie in der Ordnung der Eidechſen, läßt ſich auch bei dieſer Ordnung eine allmälige Aus- bildung der Extremitäten gewahren, wenn gleich in anderer Richtung. Da die Anfänge dieſer Ordnung nicht das feſte Land, ſondern das Waſſer bewohnten, ſo ſehen wir bei demſelben Typus des Schädel- baues, bei gleichmäßiger, allmälig ſich erhebender Ausbildung der Wirbelſäule anfänglich nur Ruderfloſſen auftreten von unförmlicher Geſtalt, mit unbeſtimmter Zahl der Knochen, welche die Handwurzel und die ungetrennten Zehen bilden, ſo daß Bewegungswerkzeuge her- geſtellt werden, ähnlich den Floſſen der Walthiere; allmälig ſondert ſich dieſe Bildung aus, die einzelnen Zehen trennen ſich mehr und mehr, die Thiere leben nicht mehr einzig in der hohen See, ſondern in Lagunen und an Flußufern und es zeigen ſich dann wohlgebildete Füße mit vollkommen getrennten Zehen, wenn auch zuweilen durch Schwimmhäute mit einander verbunden. Da die Kenntniß der inne- ren Anatomie lediglich auf der Unterſuchung der einzigen jetzt leben- den Familie beruht, ſo erſcheint es zweckmäßiger auf die näheren Charaktere erſt bei dieſer einzugehen. Wir unterſcheiden eben nach der angedeuteten verſchiedenen Bildung der Extremitäten zwei Grup- pen oder Unterordnungen, von welchen die eine lediglich aus foſſilen, die andere aus foſſilen und lebenden Familien gebildet iſt. Unterordnung der Meerdrachen (Enaliosauria). Der Kopf der rieſenmäßigen Meerdrachen, von denen manche Arten eine Länge von dreißig Fuß erreichten, iſt ſtark abgeplattet, die Kiefer lang ausgezogen und mit gewaltigen, kegelförmigen, ſpitzen, meiſt an ihrer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/290
Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/290>, abgerufen am 22.12.2024.