Es ist kaum möglich, in dieser Reihe einzelne Familien zu unter- scheiden, da alle Charaktere, welche man dafür hat aufstellen wollen, so allmählig in einander übergehen, daß sich nirgends scharfe Grenz- linien zeigen. Die Bienen zeigen einen gemeinsamen Charakter in der Struktur der Hinterfüße, an welchen das erste Glied der Tarsen be-
[Abbildung]
Fig. 918.
Hinterfuß einer Arbeitsbiene.
deutend verbreitert ist, und eine bald länglich viereckige, bald mehr dreieckige Platte darstellt, die oft noch mit Haaren oder Bürsten versehen ist, und zum Eintragen des Blumenstaubes dient. Die Kauwerkzeuge der Bienen sind sehr verschieden von denen der Wespen; die Ober- lippe ist klein, schildförmig, die Kiefer mehr oder minder hakenförmig, innen scharf und entweder glatt, oder nur mit einem Zahne ver- sehen; die Kinnladen, meist außerordentlich verlängert, schwach, oft säbelförmig, ihre Taster klein, meist sechsglie- drig; die Lippe gewöhnlich ungemein lang, fadenförmig, am Grunde mit zwei Schuppen und mit langen Tastern versehen; sie bildet einen Schöpfrüssel, womit der Honig aufgesaugt wird. Die Flügel sind meist ungleich, die vorderen weit größer, als die hinteren, der Leib an vielen Stellen behaart, was zur Sammlung des Blumenstaubes benutzt wird, der bei den einen an den Hinterfüßen (Apis; Bombus; Anthophora; Centris; Xylocopa), bei anderen an dem Bauche (Osmia; Megachilus; Anthocopa; Anthidium), bei anderen an der Brust (Pa- nurgus; Andrena; Halictus; Ancyla; Colletes) gesammelt, geballt und so nach Hause getragen wird. Bei allen einsam lebenden Bienen fin- den sich nur zweierlei Individuen, Männchen und Weibchen, während bei den geselligen verkümmerte Weibchen, Geschlechtslose oder Arbeiter vorkommen, welchen hauptsächlich die Einsammlung der Vorräthe und die Sorge für die Jungen obliegt.
Die Lebensart der verschiedenen Bienen zeigt sehr wechselnde Verhältnisse. Es giebt eine Gruppe (Psithyrus; Phileremus; Melecta; Nomada), deren Larven auf Nahrung von Honig und Blumenstaub angewiesen sind, ohne daß die Mütter im Stande wären, diesen zu sammeln und einzutragen. Die zu dieser Gruppe gehörigen Gattun-
Reihe der Bienen. (Apida).
Es iſt kaum möglich, in dieſer Reihe einzelne Familien zu unter- ſcheiden, da alle Charaktere, welche man dafür hat aufſtellen wollen, ſo allmählig in einander übergehen, daß ſich nirgends ſcharfe Grenz- linien zeigen. Die Bienen zeigen einen gemeinſamen Charakter in der Struktur der Hinterfüße, an welchen das erſte Glied der Tarſen be-
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Fig. 918.
Hinterfuß einer Arbeitsbiene.
deutend verbreitert iſt, und eine bald länglich viereckige, bald mehr dreieckige Platte darſtellt, die oft noch mit Haaren oder Bürſten verſehen iſt, und zum Eintragen des Blumenſtaubes dient. Die Kauwerkzeuge der Bienen ſind ſehr verſchieden von denen der Wespen; die Ober- lippe iſt klein, ſchildförmig, die Kiefer mehr oder minder hakenförmig, innen ſcharf und entweder glatt, oder nur mit einem Zahne ver- ſehen; die Kinnladen, meiſt außerordentlich verlängert, ſchwach, oft ſäbelförmig, ihre Taſter klein, meiſt ſechsglie- drig; die Lippe gewöhnlich ungemein lang, fadenförmig, am Grunde mit zwei Schuppen und mit langen Taſtern verſehen; ſie bildet einen Schöpfrüſſel, womit der Honig aufgeſaugt wird. Die Flügel ſind meiſt ungleich, die vorderen weit größer, als die hinteren, der Leib an vielen Stellen behaart, was zur Sammlung des Blumenſtaubes benutzt wird, der bei den einen an den Hinterfüßen (Apis; Bombus; Anthophora; Centris; Xylocopa), bei anderen an dem Bauche (Osmia; Megachilus; Anthocopa; Anthidium), bei anderen an der Bruſt (Pa- nurgus; Andrena; Halictus; Ancyla; Colletes) geſammelt, geballt und ſo nach Hauſe getragen wird. Bei allen einſam lebenden Bienen fin- den ſich nur zweierlei Individuen, Männchen und Weibchen, während bei den geſelligen verkümmerte Weibchen, Geſchlechtsloſe oder Arbeiter vorkommen, welchen hauptſächlich die Einſammlung der Vorräthe und die Sorge für die Jungen obliegt.
Die Lebensart der verſchiedenen Bienen zeigt ſehr wechſelnde Verhältniſſe. Es giebt eine Gruppe (Psithyrus; Phileremus; Melecta; Nomada), deren Larven auf Nahrung von Honig und Blumenſtaub angewieſen ſind, ohne daß die Mütter im Stande wären, dieſen zu ſammeln und einzutragen. Die zu dieſer Gruppe gehörigen Gattun-
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Reihe der Bienen. (Apida).
Es iſt kaum möglich, in dieſer Reihe einzelne Familien zu unter-
ſcheiden, da alle Charaktere, welche man dafür hat aufſtellen wollen,
ſo allmählig in einander übergehen, daß ſich nirgends ſcharfe Grenz-
linien zeigen. Die Bienen zeigen einen gemeinſamen Charakter in der
Struktur der Hinterfüße, an welchen das erſte Glied der Tarſen be-
[Abbildung Fig. 918.
Hinterfuß einer Arbeitsbiene.]
deutend verbreitert iſt, und eine bald länglich
viereckige, bald mehr dreieckige Platte darſtellt,
die oft noch mit Haaren oder Bürſten verſehen
iſt, und zum Eintragen des Blumenſtaubes
dient. Die Kauwerkzeuge der Bienen ſind ſehr
verſchieden von denen der Wespen; die Ober-
lippe iſt klein, ſchildförmig, die Kiefer mehr
oder minder hakenförmig, innen ſcharf und
entweder glatt, oder nur mit einem Zahne ver-
ſehen; die Kinnladen, meiſt außerordentlich
verlängert, ſchwach, oft ſäbelförmig, ihre Taſter klein, meiſt ſechsglie-
drig; die Lippe gewöhnlich ungemein lang, fadenförmig, am Grunde
mit zwei Schuppen und mit langen Taſtern verſehen; ſie bildet einen
Schöpfrüſſel, womit der Honig aufgeſaugt wird. Die Flügel ſind
meiſt ungleich, die vorderen weit größer, als die hinteren, der Leib
an vielen Stellen behaart, was zur Sammlung des Blumenſtaubes
benutzt wird, der bei den einen an den Hinterfüßen (Apis; Bombus;
Anthophora; Centris; Xylocopa), bei anderen an dem Bauche (Osmia;
Megachilus; Anthocopa; Anthidium), bei anderen an der Bruſt (Pa-
nurgus; Andrena; Halictus; Ancyla; Colletes) geſammelt, geballt und
ſo nach Hauſe getragen wird. Bei allen einſam lebenden Bienen fin-
den ſich nur zweierlei Individuen, Männchen und Weibchen, während
bei den geſelligen verkümmerte Weibchen, Geſchlechtsloſe oder Arbeiter
vorkommen, welchen hauptſächlich die Einſammlung der Vorräthe und
die Sorge für die Jungen obliegt.
Die Lebensart der verſchiedenen Bienen zeigt ſehr wechſelnde
Verhältniſſe. Es giebt eine Gruppe (Psithyrus; Phileremus; Melecta;
Nomada), deren Larven auf Nahrung von Honig und Blumenſtaub
angewieſen ſind, ohne daß die Mütter im Stande wären, dieſen zu
ſammeln und einzutragen. Die zu dieſer Gruppe gehörigen Gattun-
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/706>, abgerufen am 03.03.2025.
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