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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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zeigen sich in der Steinkohle; im Jura und zwar namentlich in den
lithographischen Steinen von Sohlenhofen ist eine reiche Lagerstätte,
in welcher schon fast alle Ordnungen repräsentirt erscheinen; die be-
deutendsten Fundgruben aber lieferten in der Tertiärzeit die Süßwas-
serkalke von Aix, Oeningen und Radoboj in Croatien, so wie der
Bernstein. Alle Arten, die man bis jetzt versteinert gefunden hat, sind
genau verschieden von jetzt lebenden und zeigen im Allgemeinen auch
in den letzten Tertiärschichten auf tropische Climate in Europa hin,
in welchen besonders die Holzfressenden und die von Moder oder
Raube lebenden Insekten vorzugsweise entwickelt waren. So ist na-
mentlich in den tertiären Ablagerungen die Zahl der Termiten und
ähnlicher Zerstörer warmer Gegenden ungemein groß im Verhältniße
zu andern Gattungen.



Unterklasse der Insekten ohne Verwandlung. (Ametabola.)


Die Ordnung der flügellosen Insekten (Aptera) begreift
mehrere Familien, die zwar im Uebrigen sehr verschieden von einander
erscheinen, dagegen in zwei wesentlichen Charakteren mit einander über-
einkommen, indem sie alle während der ganzen Zeit ihres Lebens in
beiden Geschlechtern durchaus ohne Spuren von Flügeln bleiben und
überhaupt von dem Ausschlüpfen bis zum Tode durchaus keine Ge-
staltveränderung zeigen, die man mit dem Namen einer Metamorphose
belegen könnte. Es dient diese letztere Eigenschaft wesentlich zur Un-
terscheidung von einigen Schmarotzerinsekten, welche ebenfalls wäh-
rend ihres Lebens ungeflügelt bleiben, aber durch das Eingehen wahrer
Metamorphosen sich als zu den Zweiflüglern gehörig darstellen.

Die drei Hauptabschnitte des Körpers, welche bei allen übrigen
Insekten so leicht von einander unterschieden werden, Kopf, Brust und
Hinterleib, lassen sich bei den Flügellosen nur mit einiger Aufmerksam-
keit erkennen; am häufigsten ist noch der Kopf mehr oder minder ab-
gesetzt, gewöhnlich aber Brust und Hinterleib in eine einzige Masse
verschmolzen, die aus ziemlich gleichgeformten Ringeln zusammengesetzt
ist, von denen die drei ersten sich nur dadurch als Brustringel doku-
mentiren, daß sie auf ihrer Unterseite die Füße tragen. Der Hinter-

zeigen ſich in der Steinkohle; im Jura und zwar namentlich in den
lithographiſchen Steinen von Sohlenhofen iſt eine reiche Lagerſtätte,
in welcher ſchon faſt alle Ordnungen repräſentirt erſcheinen; die be-
deutendſten Fundgruben aber lieferten in der Tertiärzeit die Süßwaſ-
ſerkalke von Aix, Oeningen und Radoboj in Croatien, ſo wie der
Bernſtein. Alle Arten, die man bis jetzt verſteinert gefunden hat, ſind
genau verſchieden von jetzt lebenden und zeigen im Allgemeinen auch
in den letzten Tertiärſchichten auf tropiſche Climate in Europa hin,
in welchen beſonders die Holzfreſſenden und die von Moder oder
Raube lebenden Inſekten vorzugsweiſe entwickelt waren. So iſt na-
mentlich in den tertiären Ablagerungen die Zahl der Termiten und
ähnlicher Zerſtörer warmer Gegenden ungemein groß im Verhältniße
zu andern Gattungen.



Unterklaſſe der Inſekten ohne Verwandlung. (Ametabola.)


Die Ordnung der flügelloſen Inſekten (Aptera) begreift
mehrere Familien, die zwar im Uebrigen ſehr verſchieden von einander
erſcheinen, dagegen in zwei weſentlichen Charakteren mit einander über-
einkommen, indem ſie alle während der ganzen Zeit ihres Lebens in
beiden Geſchlechtern durchaus ohne Spuren von Flügeln bleiben und
überhaupt von dem Ausſchlüpfen bis zum Tode durchaus keine Ge-
ſtaltveränderung zeigen, die man mit dem Namen einer Metamorphoſe
belegen könnte. Es dient dieſe letztere Eigenſchaft weſentlich zur Un-
terſcheidung von einigen Schmarotzerinſekten, welche ebenfalls wäh-
rend ihres Lebens ungeflügelt bleiben, aber durch das Eingehen wahrer
Metamorphoſen ſich als zu den Zweiflüglern gehörig darſtellen.

Die drei Hauptabſchnitte des Körpers, welche bei allen übrigen
Inſekten ſo leicht von einander unterſchieden werden, Kopf, Bruſt und
Hinterleib, laſſen ſich bei den Flügelloſen nur mit einiger Aufmerkſam-
keit erkennen; am häufigſten iſt noch der Kopf mehr oder minder ab-
geſetzt, gewöhnlich aber Bruſt und Hinterleib in eine einzige Maſſe
verſchmolzen, die aus ziemlich gleichgeformten Ringeln zuſammengeſetzt
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[559/0565] zeigen ſich in der Steinkohle; im Jura und zwar namentlich in den lithographiſchen Steinen von Sohlenhofen iſt eine reiche Lagerſtätte, in welcher ſchon faſt alle Ordnungen repräſentirt erſcheinen; die be- deutendſten Fundgruben aber lieferten in der Tertiärzeit die Süßwaſ- ſerkalke von Aix, Oeningen und Radoboj in Croatien, ſo wie der Bernſtein. Alle Arten, die man bis jetzt verſteinert gefunden hat, ſind genau verſchieden von jetzt lebenden und zeigen im Allgemeinen auch in den letzten Tertiärſchichten auf tropiſche Climate in Europa hin, in welchen beſonders die Holzfreſſenden und die von Moder oder Raube lebenden Inſekten vorzugsweiſe entwickelt waren. So iſt na- mentlich in den tertiären Ablagerungen die Zahl der Termiten und ähnlicher Zerſtörer warmer Gegenden ungemein groß im Verhältniße zu andern Gattungen. Unterklaſſe der Inſekten ohne Verwandlung. (Ametabola.) Die Ordnung der flügelloſen Inſekten (Aptera) begreift mehrere Familien, die zwar im Uebrigen ſehr verſchieden von einander erſcheinen, dagegen in zwei weſentlichen Charakteren mit einander über- einkommen, indem ſie alle während der ganzen Zeit ihres Lebens in beiden Geſchlechtern durchaus ohne Spuren von Flügeln bleiben und überhaupt von dem Ausſchlüpfen bis zum Tode durchaus keine Ge- ſtaltveränderung zeigen, die man mit dem Namen einer Metamorphoſe belegen könnte. Es dient dieſe letztere Eigenſchaft weſentlich zur Un- terſcheidung von einigen Schmarotzerinſekten, welche ebenfalls wäh- rend ihres Lebens ungeflügelt bleiben, aber durch das Eingehen wahrer Metamorphoſen ſich als zu den Zweiflüglern gehörig darſtellen. Die drei Hauptabſchnitte des Körpers, welche bei allen übrigen Inſekten ſo leicht von einander unterſchieden werden, Kopf, Bruſt und Hinterleib, laſſen ſich bei den Flügelloſen nur mit einiger Aufmerkſam- keit erkennen; am häufigſten iſt noch der Kopf mehr oder minder ab- geſetzt, gewöhnlich aber Bruſt und Hinterleib in eine einzige Maſſe verſchmolzen, die aus ziemlich gleichgeformten Ringeln zuſammengeſetzt iſt, von denen die drei erſten ſich nur dadurch als Bruſtringel doku- mentiren, daß ſie auf ihrer Unterſeite die Füße tragen. Der Hinter-

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/565>, abgerufen am 21.11.2024.