Die große Klasse der Ringelwürmer, deren Angehörige meistens frei im Wasser oder in feuchten Erdhöhlen leben und nur sehr selten schmarotzend vorkommen, besteht aus meist langgestreckten, mehr oder minder cylindrischen Thieren, die nur selten abgeplattete oder eiförmige Formen darbieten. Ihr Körper besteht fast immer aus einzelnen que- ren Ringeln, die in den meisten Fällen deutliche Körperabschnitte bil- den und nur bei den niedersten Gruppen mehr oder minder verwischt sind. Es sind diese Ringel durchaus nicht zufällige Runzeln der Haut, sondern wahrhafte Gliederungen des Körpers, indem an ihnen sich äußerlich besonders die Bewegungsorgane, innerlich aber verschie- dene Abtheilungen der Geschlechtsorgane, des Nervensystems, des Ge- fäßsystems u. s. w. wiederholen. Die Zahl dieser Ringel ist meist äußerst unbeständig; -- bei denjenigen Gattungen, welche eine große Menge derselben besitzen, scheint das Thier durch Zugabe neuer Ringel zu wachsen. Nur bei denjenigen Familien, wo eine sehr geringe An- zahl von Ringeln existirt, ist die Zahl derselben im erwachsenen Zu- stande constant.
[Abbildung]
Fig. 226.
Kopf eines Schlangen- wurmes (Nereis) mit dem mittleren Fortsatze, der die Punklangen trägt, den seitlichen Kopf- fühlern und den Füßen zu beiden Seiten der Körper- ringel.
Bei den höhern Ringelwürmern unterscheidet man einen deutlichen, von den übrigen Ringeln abgesetzten Kopf, welcher die Centralscheide des Nervensystems, die Sinnesorgane, Augen, Fühler, Tastwerkzeuge und die Mundöffnung mit ihren Kauwerkzeugen trägt. Bei den niedrigen Familien im Gegentheile ist meistens das vor- dere Ende des Körpers durchaus nicht abgesetzt und nicht als besonderer Ringel, als eigentlicher Kopf, zu unterscheiden. Die äußern Anhänge, welche der Kör- per trägt und die theils zum Tasten (Fühler), theils zur Bewegung (Fußstummel), zum Athmen (Kiemen) und zur Vertheidigung (Stacheln und Borsten) bestimmt sind, erscheinen äußerst wichtig für die Unterscheidung der Familien und Gattungen und werden bei diesen noch besonders betrachtet werden.
Klaſſe der Ringelwürmer. (Annelida.)
[Abbildung]
Fig. 225.
Blutegel.
Die große Klaſſe der Ringelwürmer, deren Angehörige meiſtens frei im Waſſer oder in feuchten Erdhöhlen leben und nur ſehr ſelten ſchmarotzend vorkommen, beſteht aus meiſt langgeſtreckten, mehr oder minder cylindriſchen Thieren, die nur ſelten abgeplattete oder eiförmige Formen darbieten. Ihr Körper beſteht faſt immer aus einzelnen que- ren Ringeln, die in den meiſten Fällen deutliche Körperabſchnitte bil- den und nur bei den niederſten Gruppen mehr oder minder verwiſcht ſind. Es ſind dieſe Ringel durchaus nicht zufällige Runzeln der Haut, ſondern wahrhafte Gliederungen des Körpers, indem an ihnen ſich äußerlich beſonders die Bewegungsorgane, innerlich aber verſchie- dene Abtheilungen der Geſchlechtsorgane, des Nervenſyſtems, des Ge- fäßſyſtems u. ſ. w. wiederholen. Die Zahl dieſer Ringel iſt meiſt äußerſt unbeſtändig; — bei denjenigen Gattungen, welche eine große Menge derſelben beſitzen, ſcheint das Thier durch Zugabe neuer Ringel zu wachſen. Nur bei denjenigen Familien, wo eine ſehr geringe An- zahl von Ringeln exiſtirt, iſt die Zahl derſelben im erwachſenen Zu- ſtande conſtant.
[Abbildung]
Fig. 226.
Kopf eines Schlangen- wurmes (Nereis) mit dem mittleren Fortſatze, der die Punklangen trägt, den ſeitlichen Kopf- fühlern und den Füßen zu beiden Seiten der Körper- ringel.
Bei den höhern Ringelwürmern unterſcheidet man einen deutlichen, von den übrigen Ringeln abgeſetzten Kopf, welcher die Centralſcheide des Nervenſyſtems, die Sinnesorgane, Augen, Fühler, Taſtwerkzeuge und die Mundöffnung mit ihren Kauwerkzeugen trägt. Bei den niedrigen Familien im Gegentheile iſt meiſtens das vor- dere Ende des Körpers durchaus nicht abgeſetzt und nicht als beſonderer Ringel, als eigentlicher Kopf, zu unterſcheiden. Die äußern Anhänge, welche der Kör- per trägt und die theils zum Taſten (Fühler), theils zur Bewegung (Fußſtummel), zum Athmen (Kiemen) und zur Vertheidigung (Stacheln und Borſten) beſtimmt ſind, erſcheinen äußerſt wichtig für die Unterſcheidung der Familien und Gattungen und werden bei dieſen noch beſonders betrachtet werden.
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Klaſſe der Ringelwürmer. (Annelida.)
[Abbildung Fig. 225. Blutegel. ]
Die große Klaſſe der Ringelwürmer, deren Angehörige meiſtens
frei im Waſſer oder in feuchten Erdhöhlen leben und nur ſehr ſelten
ſchmarotzend vorkommen, beſteht aus meiſt langgeſtreckten, mehr oder
minder cylindriſchen Thieren, die nur ſelten abgeplattete oder eiförmige
Formen darbieten. Ihr Körper beſteht faſt immer aus einzelnen que-
ren Ringeln, die in den meiſten Fällen deutliche Körperabſchnitte bil-
den und nur bei den niederſten Gruppen mehr oder minder verwiſcht
ſind. Es ſind dieſe Ringel durchaus nicht zufällige Runzeln der
Haut, ſondern wahrhafte Gliederungen des Körpers, indem an ihnen
ſich äußerlich beſonders die Bewegungsorgane, innerlich aber verſchie-
dene Abtheilungen der Geſchlechtsorgane, des Nervenſyſtems, des Ge-
fäßſyſtems u. ſ. w. wiederholen. Die Zahl dieſer Ringel iſt meiſt
äußerſt unbeſtändig; — bei denjenigen Gattungen, welche eine große
Menge derſelben beſitzen, ſcheint das Thier durch Zugabe neuer Ringel
zu wachſen. Nur bei denjenigen Familien, wo eine ſehr geringe An-
zahl von Ringeln exiſtirt, iſt die Zahl derſelben im erwachſenen Zu-
ſtande conſtant.
[Abbildung Fig. 226. Kopf
eines Schlangen-
wurmes (Nereis)
mit dem mittleren
Fortſatze, der die
Punklangen trägt,
den ſeitlichen Kopf-
fühlern und den
Füßen zu beiden
Seiten der Körper-
ringel. ]
Bei den höhern Ringelwürmern unterſcheidet man
einen deutlichen, von den übrigen Ringeln abgeſetzten
Kopf, welcher die Centralſcheide des Nervenſyſtems, die
Sinnesorgane, Augen, Fühler, Taſtwerkzeuge und die
Mundöffnung mit ihren Kauwerkzeugen trägt. Bei den
niedrigen Familien im Gegentheile iſt meiſtens das vor-
dere Ende des Körpers durchaus nicht abgeſetzt und
nicht als beſonderer Ringel, als eigentlicher Kopf, zu
unterſcheiden. Die äußern Anhänge, welche der Kör-
per trägt und die theils zum Taſten (Fühler), theils
zur Bewegung (Fußſtummel), zum Athmen (Kiemen)
und zur Vertheidigung (Stacheln und Borſten) beſtimmt
ſind, erſcheinen äußerſt wichtig für die Unterſcheidung
der Familien und Gattungen und werden bei dieſen
noch beſonders betrachtet werden.
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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/223>, abgerufen am 22.12.2024.
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