Wir blicken durch eine kleine Fensteröffnung in eine Hütte, die uns gar dürftig erscheinen müßte, wenn wir uns nicht Bau, Ausstattung, Schmuck un¬ serer Räume aus dem Sinne schlagen wollten. Die Wände bildet ein Flechtwerk, das mit Lehm bekleidet ist, daran läuft ein Bord, der einen Hausrath von äußerster Einfachheit trägt, ein roher Tisch in einer Ecke, einige Stühle von nicht feinerer Arbeit sind zu sehen und auf dem Estrich, der eben nicht aus Parkettafeln, sondern aus einem Guß von Thon und Kohlenstaub über einer einfachen Lage von Planken besteht, erhebt sich ein Herd, dessen Form auf so höchst ursprüng¬ liche Zustände hinweist, wie Alles, was wir erblicken. Und dieß Alles gehört keinem armen Manne; die Matte dort aus Binsengeflecht scheidet das Ganze des Bodens in eine Schlaf- und eine Wohnstube, die frei¬ lich zugleich als Küche dient, und das ist ein Raum- Luxus, den nicht jede dieser Hütten aufweist. Der wohlhabende Besitzer ist ein ehrsamer Pfahlbürger
Der Beſuch. Eine Pfahldorfgeſchichte von A. E.
Wir blicken durch eine kleine Fenſteröffnung in eine Hütte, die uns gar dürftig erſcheinen müßte, wenn wir uns nicht Bau, Ausſtattung, Schmuck un¬ ſerer Räume aus dem Sinne ſchlagen wollten. Die Wände bildet ein Flechtwerk, das mit Lehm bekleidet iſt, daran läuft ein Bord, der einen Hausrath von äußerſter Einfachheit trägt, ein roher Tiſch in einer Ecke, einige Stühle von nicht feinerer Arbeit ſind zu ſehen und auf dem Eſtrich, der eben nicht aus Parkettafeln, ſondern aus einem Guß von Thon und Kohlenſtaub über einer einfachen Lage von Planken beſteht, erhebt ſich ein Herd, deſſen Form auf ſo höchſt urſprüng¬ liche Zuſtände hinweist, wie Alles, was wir erblicken. Und dieß Alles gehört keinem armen Manne; die Matte dort aus Binſengeflecht ſcheidet das Ganze des Bodens in eine Schlaf- und eine Wohnſtube, die frei¬ lich zugleich als Küche dient, und das iſt ein Raum- Luxus, den nicht jede dieſer Hütten aufweist. Der wohlhabende Beſitzer iſt ein ehrſamer Pfahlbürger
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[[127]/0140]
Der Beſuch.
Eine Pfahldorfgeſchichte
von
A. E.
Wir blicken durch eine kleine Fenſteröffnung in
eine Hütte, die uns gar dürftig erſcheinen müßte,
wenn wir uns nicht Bau, Ausſtattung, Schmuck un¬
ſerer Räume aus dem Sinne ſchlagen wollten. Die
Wände bildet ein Flechtwerk, das mit Lehm bekleidet
iſt, daran läuft ein Bord, der einen Hausrath von
äußerſter Einfachheit trägt, ein roher Tiſch in einer Ecke,
einige Stühle von nicht feinerer Arbeit ſind zu ſehen
und auf dem Eſtrich, der eben nicht aus Parkettafeln,
ſondern aus einem Guß von Thon und Kohlenſtaub
über einer einfachen Lage von Planken beſteht, erhebt
ſich ein Herd, deſſen Form auf ſo höchſt urſprüng¬
liche Zuſtände hinweist, wie Alles, was wir erblicken.
Und dieß Alles gehört keinem armen Manne; die
Matte dort aus Binſengeflecht ſcheidet das Ganze des
Bodens in eine Schlaf- und eine Wohnſtube, die frei¬
lich zugleich als Küche dient, und das iſt ein Raum-
Luxus, den nicht jede dieſer Hütten aufweist. Der
wohlhabende Beſitzer iſt ein ehrſamer Pfahlbürger
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. [127]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/140>, abgerufen am 22.12.2024.
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