Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.Außerdem kommt nun die Form der Körper in Betracht, worüber Endlich thut auch der größere Abstand von Körpern und Räumen seine §. 252. Treten nun mehr als zwei Farben zusammen, so wird zwar der Mangel1 1. Ueber die Verbindung von mehr als zwei Farben kann in abstracto 4*
Außerdem kommt nun die Form der Körper in Betracht, worüber Endlich thut auch der größere Abſtand von Körpern und Räumen ſeine §. 252. Treten nun mehr als zwei Farben zuſammen, ſo wird zwar der Mangel1 1. Ueber die Verbindung von mehr als zwei Farben kann in abstracto 4*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0063" n="51"/> <p> <hi rendition="#et">Außerdem kommt nun die Form der Körper in Betracht, worüber<lb/> Oerſted (a. a. O. §. 65) treffende Winke gibt. In einer Blume z. B.<lb/> mag Blau und Grün verbunden ſein, aber durch beſtimmte Grenzen ſo<lb/> getrennt, daß das Auge beide Farben auseinander hält; im Vergißmein-<lb/> nicht z. B. fällt das Grün an Stengel und Blätter, das Blau an die<lb/> Blätter der Blume und außer der Farbe wirkt noch die Gruppirung an<lb/> ſich als reine Form. Ebenſo Gelb und Grün am gelben Stern u. dergl.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Endlich thut auch der größere Abſtand von Körpern und Räumen ſeine<lb/> Wirkung. Blau und Grün in der Verbindung von Himmel und Pflanzen-<lb/> welt z. B. wird nicht nur, wie früher bemerkt, durch die Lichtfülle des<lb/> Blau und durch die Verſchiedenheiten des Grün, nicht nur durch das<lb/> Intereſſe, welches die Zeichnung der Pflanzenkörper für ſich in Anſpruch<lb/> nimmt, ſondern ſchon dadurch zu einer Farbenverbindung, worin das<lb/> Widerliche dieſes Farbenpaars verſchwindet, daß Himmel und Pflanzen<lb/> ſich beſtimmt und weit von einander abſetzen, das Auge alſo beide Farben<lb/> unmöglich als Farben Eines Körpers anſehen kann.</hi> </p> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 252.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Treten nun mehr als zwei Farben zuſammen, ſo wird zwar der Mangel<note place="right">1</note><lb/> oder Mißklang in ihrer Verbindung auch durch die Fortbewegung des Augs zu<lb/> weiteren Farben gemildert, die obigen Beſtimmungen behaupten aber doch in<lb/> dem Grade Geltung, in welchem jene ſich als zuſammengehörig darſtellen. In<note place="right">2</note><lb/> einer Verbindung vieler Farben zu einem Ganzen ſind beſtimmte Körper als<lb/> Träger derſelben vorausgeſetzt (§. 247) und ihre Farbe ſoll ſowohl ihrem Charakter<lb/> an ſich entſprechen, als auch ihrer Stellung im Ganzen, ſo daß die bedeutender<lb/> hervortretenden Individuen auch durch die wärmere Farbe ſich auszeichnen. Ferner<lb/> wird gefordert, daß der Zufall glücklicher Beleuchtung durch trübe Medien über<lb/> das Ganze den allgemeinen Farbenton ziehe, welcher ſeiner Grundſtimmung entſpricht<lb/> und im Gegenſatz gegen welchen die den einzelnen Körpern eigene, durch jenen<lb/> allgemeinen Ton und alle Beleuchtungsverhältniſſe hindurch ſich behauptende Farbe<lb/> Localton oder Localfarbe heißt.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Ueber die Verbindung von mehr als zwei Farben kann in <hi rendition="#aq">abstracto</hi><lb/> mehr nicht geſagt werden als das Obige. Wer Elementarfarben zuſammen-<lb/> ſtellt, wie der Tapetenfabrikant, der Teppichwirker, kann hier immer noch<lb/> Berechnungen anſtellen, aber in den unendlichen Brechungen, Zwiſchentönen,<lb/> Abſtufungen, trennenden oder vermittelnden Lichtern und Schatten, welche<lb/> die Farbenwelt in der Natur annimmt, iſt keine weitere Syſtematiſirung<lb/> möglich. Was aber immer dazwiſchen und dazu treten mag, ſo viel bleibt<lb/> dennoch richtig, daß wir z. B. nie eine Blondine in Gelb gekleidet zu ſehen</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">4*</fw><lb/> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [51/0063]
Außerdem kommt nun die Form der Körper in Betracht, worüber
Oerſted (a. a. O. §. 65) treffende Winke gibt. In einer Blume z. B.
mag Blau und Grün verbunden ſein, aber durch beſtimmte Grenzen ſo
getrennt, daß das Auge beide Farben auseinander hält; im Vergißmein-
nicht z. B. fällt das Grün an Stengel und Blätter, das Blau an die
Blätter der Blume und außer der Farbe wirkt noch die Gruppirung an
ſich als reine Form. Ebenſo Gelb und Grün am gelben Stern u. dergl.
Endlich thut auch der größere Abſtand von Körpern und Räumen ſeine
Wirkung. Blau und Grün in der Verbindung von Himmel und Pflanzen-
welt z. B. wird nicht nur, wie früher bemerkt, durch die Lichtfülle des
Blau und durch die Verſchiedenheiten des Grün, nicht nur durch das
Intereſſe, welches die Zeichnung der Pflanzenkörper für ſich in Anſpruch
nimmt, ſondern ſchon dadurch zu einer Farbenverbindung, worin das
Widerliche dieſes Farbenpaars verſchwindet, daß Himmel und Pflanzen
ſich beſtimmt und weit von einander abſetzen, das Auge alſo beide Farben
unmöglich als Farben Eines Körpers anſehen kann.
§. 252.
Treten nun mehr als zwei Farben zuſammen, ſo wird zwar der Mangel
oder Mißklang in ihrer Verbindung auch durch die Fortbewegung des Augs zu
weiteren Farben gemildert, die obigen Beſtimmungen behaupten aber doch in
dem Grade Geltung, in welchem jene ſich als zuſammengehörig darſtellen. In
einer Verbindung vieler Farben zu einem Ganzen ſind beſtimmte Körper als
Träger derſelben vorausgeſetzt (§. 247) und ihre Farbe ſoll ſowohl ihrem Charakter
an ſich entſprechen, als auch ihrer Stellung im Ganzen, ſo daß die bedeutender
hervortretenden Individuen auch durch die wärmere Farbe ſich auszeichnen. Ferner
wird gefordert, daß der Zufall glücklicher Beleuchtung durch trübe Medien über
das Ganze den allgemeinen Farbenton ziehe, welcher ſeiner Grundſtimmung entſpricht
und im Gegenſatz gegen welchen die den einzelnen Körpern eigene, durch jenen
allgemeinen Ton und alle Beleuchtungsverhältniſſe hindurch ſich behauptende Farbe
Localton oder Localfarbe heißt.
1. Ueber die Verbindung von mehr als zwei Farben kann in abstracto
mehr nicht geſagt werden als das Obige. Wer Elementarfarben zuſammen-
ſtellt, wie der Tapetenfabrikant, der Teppichwirker, kann hier immer noch
Berechnungen anſtellen, aber in den unendlichen Brechungen, Zwiſchentönen,
Abſtufungen, trennenden oder vermittelnden Lichtern und Schatten, welche
die Farbenwelt in der Natur annimmt, iſt keine weitere Syſtematiſirung
möglich. Was aber immer dazwiſchen und dazu treten mag, ſo viel bleibt
dennoch richtig, daß wir z. B. nie eine Blondine in Gelb gekleidet zu ſehen
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