Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
Brechungen; es ist zu ungleichen Theilen aus Gelb, Blau und Roth §. 250. Näher bestimmt sich diese sinnlich-sittliche Bedeutung in den zwischen1 1. Das feurig warme Rothgelb und das beunruhigende Rothblau
Brechungen; es iſt zu ungleichen Theilen aus Gelb, Blau und Roth §. 250. Näher beſtimmt ſich dieſe ſinnlich-ſittliche Bedeutung in den zwiſchen1 1. Das feurig warme Rothgelb und das beunruhigende Rothblau <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0057" n="45"/> Brechungen; es iſt zu ungleichen Theilen aus Gelb, Blau und Roth<lb/> gemiſcht, das Roth iſt aber überwiegend und gibt dem Indifferenten, was<lb/> ohne ſeine Dazwiſchenkunft aus dem Zuſammentritt von Gelb und Blau<lb/> entſtehen würde, die Bedeutung der Kraft und Tüchtigkeit, die aber in<lb/> dieſer Verbindung in den Eindruck des Trockenen und Hausbackenen über-<lb/> geht. Braun iſt das ergiebige, Pflanzen und Thiere tragende Erdreich,<lb/> es erſcheint als Farbe der Nützlichkeit; braune Pferde gelten für die aus-<lb/> dauerndſten, wie ſie zugleich durch Farbe am wenigſten auffallen, braune<lb/> Haarfarbe gibt den rechten Nachdruck des Schattens zur Hautfarbe und<lb/> iſt doch weniger finſter als ſchwarz. Natürlich entſtehen durch verſchiedene<lb/> Grade der Beimiſchung des Rothen ſehr verſchiedene Nüancen.</hi> </p> </div><lb/> <div n="5"> <head>§. 250.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Näher beſtimmt ſich dieſe ſinnlich-ſittliche Bedeutung in den zwiſchen<note place="right">1</note><lb/> jenen liegenden Uebergangsfarben, ſodann in der großen Reihe von Schattirungen<lb/> und Tönen und den Verbindungen zwiſchen dieſen beiden, deren alle Farben<lb/> fähig ſind. Ueberdieß verbindet ſich nun die Farbe mit Licht und Feuer, ebenſo<note place="right">2</note><lb/> mit Glanz und Durchſichtigkeit und erreicht in der letzteren beſonders eine<lb/> außerordentliche Gluth und Tiefe. Scheint aber die Farbe, obwohl in’s Unend-<note place="right">3</note><lb/> liche beſtimmbar, doch für jede Gattung von Individuen eine beſtimmte zu ſein,<lb/> ſo bricht ſie ſich doch in jedem einzelnen wieder anders und gibt ihm die unend-<lb/> liche Eigenheit ſeiner Färbung.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Das feurig warme <hi rendition="#g">Rothgelb</hi> und das beunruhigende <hi rendition="#g">Rothblau</hi><lb/> werden in der Undulationstheorie noch zu den Grundfarben gezählt; Göthe,<lb/> der freilich dieſe Uebergänge nicht zu den Grundfarben rechnen kann, führt<lb/> ſie doch als weſentliche Beſtimmtheiten auf, unterſcheidet aber zugleich in<lb/> jeder von beiden zwei Farben, je nach der größeren Theilnahme der<lb/> einen oder andern Grenzfarbe: zwiſchen Roth und Gelb Rothgelb (Orange)<lb/> und Gelbroth (Mennig, Zinnober), jenes mächtig und herrlich, dieſes bis<lb/> zum Unerträglichen gewaltſam; zwiſchen Roth und Blau Rothblau (in ſehr<lb/> verdünntem Tone Lila) und Blauroth (Violett), jenes unruhig erregend,<lb/> lebhaft ohne Fröhlichkeit, dieſes höchſt beunruhigend. Es iſt aber wohl<lb/> beſſer, dieſe Unterſchiede unter die bloßen Schattirungen zu zählen und<lb/> nur Orange und Violett, beide mit gleichem Antheile der in ihnen ver-<lb/> einigten Farben, als weſentliche Uebergangsfarben zu zählen. Nun aber<lb/> beginnt die weite Reihe zunächſt der Schattirungen. Unter Schattirungen<lb/> verſtehen wir mit Chevreul (Lehrbuch der Farbenharmonie) die Ueber-<lb/> gänge, welche eine Farbe durch größere oder geringere Beimiſchung einer<lb/> benachbarten erhält. Das reine Gelb kann nicht nur in’s Röthliche,<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0057]
Brechungen; es iſt zu ungleichen Theilen aus Gelb, Blau und Roth
gemiſcht, das Roth iſt aber überwiegend und gibt dem Indifferenten, was
ohne ſeine Dazwiſchenkunft aus dem Zuſammentritt von Gelb und Blau
entſtehen würde, die Bedeutung der Kraft und Tüchtigkeit, die aber in
dieſer Verbindung in den Eindruck des Trockenen und Hausbackenen über-
geht. Braun iſt das ergiebige, Pflanzen und Thiere tragende Erdreich,
es erſcheint als Farbe der Nützlichkeit; braune Pferde gelten für die aus-
dauerndſten, wie ſie zugleich durch Farbe am wenigſten auffallen, braune
Haarfarbe gibt den rechten Nachdruck des Schattens zur Hautfarbe und
iſt doch weniger finſter als ſchwarz. Natürlich entſtehen durch verſchiedene
Grade der Beimiſchung des Rothen ſehr verſchiedene Nüancen.
§. 250.
Näher beſtimmt ſich dieſe ſinnlich-ſittliche Bedeutung in den zwiſchen
jenen liegenden Uebergangsfarben, ſodann in der großen Reihe von Schattirungen
und Tönen und den Verbindungen zwiſchen dieſen beiden, deren alle Farben
fähig ſind. Ueberdieß verbindet ſich nun die Farbe mit Licht und Feuer, ebenſo
mit Glanz und Durchſichtigkeit und erreicht in der letzteren beſonders eine
außerordentliche Gluth und Tiefe. Scheint aber die Farbe, obwohl in’s Unend-
liche beſtimmbar, doch für jede Gattung von Individuen eine beſtimmte zu ſein,
ſo bricht ſie ſich doch in jedem einzelnen wieder anders und gibt ihm die unend-
liche Eigenheit ſeiner Färbung.
1. Das feurig warme Rothgelb und das beunruhigende Rothblau
werden in der Undulationstheorie noch zu den Grundfarben gezählt; Göthe,
der freilich dieſe Uebergänge nicht zu den Grundfarben rechnen kann, führt
ſie doch als weſentliche Beſtimmtheiten auf, unterſcheidet aber zugleich in
jeder von beiden zwei Farben, je nach der größeren Theilnahme der
einen oder andern Grenzfarbe: zwiſchen Roth und Gelb Rothgelb (Orange)
und Gelbroth (Mennig, Zinnober), jenes mächtig und herrlich, dieſes bis
zum Unerträglichen gewaltſam; zwiſchen Roth und Blau Rothblau (in ſehr
verdünntem Tone Lila) und Blauroth (Violett), jenes unruhig erregend,
lebhaft ohne Fröhlichkeit, dieſes höchſt beunruhigend. Es iſt aber wohl
beſſer, dieſe Unterſchiede unter die bloßen Schattirungen zu zählen und
nur Orange und Violett, beide mit gleichem Antheile der in ihnen ver-
einigten Farben, als weſentliche Uebergangsfarben zu zählen. Nun aber
beginnt die weite Reihe zunächſt der Schattirungen. Unter Schattirungen
verſtehen wir mit Chevreul (Lehrbuch der Farbenharmonie) die Ueber-
gänge, welche eine Farbe durch größere oder geringere Beimiſchung einer
benachbarten erhält. Das reine Gelb kann nicht nur in’s Röthliche,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |