Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.A. Die Schönheit der unorganischen Natur. §. 240. Nach §. 19, 2. haben die der Persönlichkeit vorangehenden Stufen der Nach der Scheidung der Reiche, welche mit der jetzt bestehenden A. Die Schönheit der unorganiſchen Natur. §. 240. Nach §. 19, 2. haben die der Perſönlichkeit vorangehenden Stufen der Nach der Scheidung der Reiche, welche mit der jetzt beſtehenden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0037" n="[25]"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">A.</hi><lb/> Die Schönheit der unorganiſchen Natur.</hi> </head><lb/> <div n="4"> <head>§. 240.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Nach §. 19, <hi rendition="#sub">2.</hi> haben die der Perſönlichkeit vorangehenden Stufen der<lb/> wirklichen Idee die Bedeutung, jene als werdende anzukündigen. Dieſe<lb/> Bedeutung ſcheint aber erſt mit denjenigen Stufen eintreten zu können, auf<lb/> welchen die Natur Individuen hervorbringt, in welchen ſie ſich zu der geſchloſſenen<lb/> Einheit des aus eigenem Mittelpunkte thätigen Lebens zuſammenfaßt, denn erſt<lb/> dieſe ſcheinen den nöthigen Anhalt darzubieten, um ihnen die höchſte Form des<lb/> Lebens, in welcher die Idee ſich ihre wahre Wirklichkeit als Geiſt gibt, unter-<lb/> zulegen. Die unorganiſche Natur iſt nun zwar der urſprüngliche Schooß alles<lb/> individuellen Lebens, tritt aber gegen die Wirklichkeit deſſelben als allgemeine<lb/> Bedingung, umgebendes Element und Unterlage zurück; ſo daß ſie niemals für<lb/> ſich allein, ſondern nur zuſammengefaßt mit lebendigen Individuen ein ſchönes<lb/> Ganzes darſtellen zu können ſcheint. Dennoch genügt dem ahnenden Rückblicke<lb/> des perſönlichen Weſens jene Bedeutung derſelben als eines urſprünglichen<lb/> Schooßes, um auch in dem Wechſelſpiel blos elementariſcher Kräfte ein Vorbild<lb/> höherer Lebensformen, eigener Zuſtände und Bewegungen anzuſchauen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Nach der Scheidung der Reiche, welche mit der jetzt beſtehenden<lb/> Naturordnung eingetreten iſt, trat dasjenige, was wir jetzt unorganiſche<lb/> Natur nennen, als nährende Umgebung und Unterlage gegen die lebendigen<lb/> Individuen zurück. Wir werden zwar ſofort im Minerale bereits eine<lb/> individualiſirte Materie erkennen, allein das kryſtalliſche Individuum iſt<lb/> todt; es hat zwar die Begrenzung, welche in §. 30 zum Schönen gefordert<lb/> wurde, während Licht, Luft, Waſſer, Erde in unbegrenzter, gleichgültiger<lb/> Fortſetzung ſich ergießen und erſtrecken; allein wir werden ſehen, daß ſeine<lb/> individuelle Begrenzung, weil ſie doch nur einen todten Körper einſchließt,<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[25]/0037]
A.
Die Schönheit der unorganiſchen Natur.
§. 240.
Nach §. 19, 2. haben die der Perſönlichkeit vorangehenden Stufen der
wirklichen Idee die Bedeutung, jene als werdende anzukündigen. Dieſe
Bedeutung ſcheint aber erſt mit denjenigen Stufen eintreten zu können, auf
welchen die Natur Individuen hervorbringt, in welchen ſie ſich zu der geſchloſſenen
Einheit des aus eigenem Mittelpunkte thätigen Lebens zuſammenfaßt, denn erſt
dieſe ſcheinen den nöthigen Anhalt darzubieten, um ihnen die höchſte Form des
Lebens, in welcher die Idee ſich ihre wahre Wirklichkeit als Geiſt gibt, unter-
zulegen. Die unorganiſche Natur iſt nun zwar der urſprüngliche Schooß alles
individuellen Lebens, tritt aber gegen die Wirklichkeit deſſelben als allgemeine
Bedingung, umgebendes Element und Unterlage zurück; ſo daß ſie niemals für
ſich allein, ſondern nur zuſammengefaßt mit lebendigen Individuen ein ſchönes
Ganzes darſtellen zu können ſcheint. Dennoch genügt dem ahnenden Rückblicke
des perſönlichen Weſens jene Bedeutung derſelben als eines urſprünglichen
Schooßes, um auch in dem Wechſelſpiel blos elementariſcher Kräfte ein Vorbild
höherer Lebensformen, eigener Zuſtände und Bewegungen anzuſchauen.
Nach der Scheidung der Reiche, welche mit der jetzt beſtehenden
Naturordnung eingetreten iſt, trat dasjenige, was wir jetzt unorganiſche
Natur nennen, als nährende Umgebung und Unterlage gegen die lebendigen
Individuen zurück. Wir werden zwar ſofort im Minerale bereits eine
individualiſirte Materie erkennen, allein das kryſtalliſche Individuum iſt
todt; es hat zwar die Begrenzung, welche in §. 30 zum Schönen gefordert
wurde, während Licht, Luft, Waſſer, Erde in unbegrenzter, gleichgültiger
Fortſetzung ſich ergießen und erſtrecken; allein wir werden ſehen, daß ſeine
individuelle Begrenzung, weil ſie doch nur einen todten Körper einſchließt,
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