Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 2,1. Reutlingen u. a., 1847.
die Begrenzung meiner Sinne, dem Schauspiel einen Namen zu geben, §. 239. 1 Was im allgemeinen Begriffe in flüßiger Einheit ineinander ist, geht in 1. Es ist schon in §. 82 S. 215 für die Nothwendigkeit, das Er-
die Begrenzung meiner Sinne, dem Schauſpiel einen Namen zu geben, §. 239. 1 Was im allgemeinen Begriffe in flüßiger Einheit ineinander iſt, geht in 1. Es iſt ſchon in §. 82 S. 215 für die Nothwendigkeit, das Er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0034" n="22"/> die Begrenzung meiner Sinne, dem Schauſpiel einen Namen zu geben,<lb/> der es von Anderem, nicht zur Sache Gehörigem abſchneidet.</hi> </p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 239.</head><lb/> <note place="left"> <hi rendition="#fr">1</hi> </note> <p> <hi rendition="#fr">Was im allgemeinen Begriffe in flüßiger Einheit ineinander iſt, geht in<lb/> der Verwirklichung auseinander und zerfällt an einzelne Exiſtenzen, ſo daß<lb/> Einiges einfach ſchön, Anderes erhaben, Anderes komiſch erſcheint, und ebenſo<lb/> verhält es ſich mit den untergeordneten Momenten dieſer Hauptgegenſätze. Es<lb/> findet aber, zum deutlichen Beweiſe, daß dieſelben ihren urſprünglichen Ort in<lb/><note place="left">2</note>der Einheit des Begriffs haben, zugleich ein Stellenwechſel ſtatt. Einige<lb/> Gattungen ſind einfach ſchön, treten aber nach Umſtänden in das Erhabene und<lb/> Komiſche über; doch iſt dieſer Uebertritt ſelten, weil das Schöne, wenn das<lb/> Erhabene als ſein Gegenſatz aus ihm hervorgetaucht iſt, in harmloſe Anmuth<lb/><note place="left">3</note>zurücktritt (vergl. §. 73, <hi rendition="#sub">1.</hi>). Andere Gattungen ſind erhaben, treten aber in’s<lb/> Komiſche über; andere komiſch, nach Umſtänden auch erhaben. Je bedeutender<lb/> die Gattung, deſto voller ihre Bewegung durch die Gegenſätze. Abgeſehen von<lb/><note place="left">4</note>dem urſprünglichen Gepräge der Gattung wirſt ſich über alle der ſtörende Zufall<lb/> und zieht ſie, wenn die in §. 234 genannte Gunſt des Zufalls hinzutritt, durch<lb/><note place="left">5</note>das Häßliche in das Erhabene oder Komiſche. Dieſe Vertheilung und dieſer<lb/> Stellenwechſel der Grundformen des Schönen wird in der folgenden Ausführung<lb/> nur an den Hauptpunkten berührt werden.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">1. Es iſt ſchon in §. 82 S. 215 für die Nothwendigkeit, das Er-<lb/> habene und Komiſche in der allgemeinen Begriffslehre zu entwickeln, auf<lb/> die Krit. Gänge Th. 2, S. 348. 349 verwieſen worden. Der weſentliche<lb/> Grund iſt, daß, wo irgend Schönes auftritt, auch Erhabenes und Komiſches<lb/> ſich geltend macht, daß alſo, da alle wirklichen Exiſtenzformen des Schönen an<lb/> dieſen allgemeinen Grundformen theilnehmen, dieſe letzteren nicht erſt aufge-<lb/> führt werden dürfen, wo von jenen beſonderen Exiſtenzen die Rede iſt. Nun<lb/> ſcheint dagegen die Natur der ſinnlichen Wirklichkeit zu ſein, gemäß welcher<lb/> im Naturſchönen die Grundformen auseinanderfallen und ſich die eine an<lb/> dieſe, die andere an jene Exiſtenz feſſelt, wie denn z. B. der Elephant<lb/> weſentlich als ein erhabenes Thier erſcheint. Allein dieſe Verfeſtigung iſt<lb/> keine abſolute, ein Umſpringen zeigt ſich auf allen Punkten, und dieß<lb/> beweist nun thatſächlich die Richtigkeit jenes Satzes und hiemit die Richtigkeit<lb/> der Anordnung, welche dem Syſtem eine Metaphyſik des Schönen zum<lb/> erſten Theile gibt; denn wenn das einfach Schöne, Erhabene u. ſ. w.<lb/> ſeine Stelle in der Welt der Gegenſtände wechſelt, ſo folgt, daß dieſe<lb/> Momente des Schönen allgemeiner Natur und in ihrer inneren Ordnung<lb/> vor allem wirklichen Daſein des Schönen zu entwickeln ſind. Dieſer<lb/></hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0034]
die Begrenzung meiner Sinne, dem Schauſpiel einen Namen zu geben,
der es von Anderem, nicht zur Sache Gehörigem abſchneidet.
§. 239.
Was im allgemeinen Begriffe in flüßiger Einheit ineinander iſt, geht in
der Verwirklichung auseinander und zerfällt an einzelne Exiſtenzen, ſo daß
Einiges einfach ſchön, Anderes erhaben, Anderes komiſch erſcheint, und ebenſo
verhält es ſich mit den untergeordneten Momenten dieſer Hauptgegenſätze. Es
findet aber, zum deutlichen Beweiſe, daß dieſelben ihren urſprünglichen Ort in
der Einheit des Begriffs haben, zugleich ein Stellenwechſel ſtatt. Einige
Gattungen ſind einfach ſchön, treten aber nach Umſtänden in das Erhabene und
Komiſche über; doch iſt dieſer Uebertritt ſelten, weil das Schöne, wenn das
Erhabene als ſein Gegenſatz aus ihm hervorgetaucht iſt, in harmloſe Anmuth
zurücktritt (vergl. §. 73, 1.). Andere Gattungen ſind erhaben, treten aber in’s
Komiſche über; andere komiſch, nach Umſtänden auch erhaben. Je bedeutender
die Gattung, deſto voller ihre Bewegung durch die Gegenſätze. Abgeſehen von
dem urſprünglichen Gepräge der Gattung wirſt ſich über alle der ſtörende Zufall
und zieht ſie, wenn die in §. 234 genannte Gunſt des Zufalls hinzutritt, durch
das Häßliche in das Erhabene oder Komiſche. Dieſe Vertheilung und dieſer
Stellenwechſel der Grundformen des Schönen wird in der folgenden Ausführung
nur an den Hauptpunkten berührt werden.
1. Es iſt ſchon in §. 82 S. 215 für die Nothwendigkeit, das Er-
habene und Komiſche in der allgemeinen Begriffslehre zu entwickeln, auf
die Krit. Gänge Th. 2, S. 348. 349 verwieſen worden. Der weſentliche
Grund iſt, daß, wo irgend Schönes auftritt, auch Erhabenes und Komiſches
ſich geltend macht, daß alſo, da alle wirklichen Exiſtenzformen des Schönen an
dieſen allgemeinen Grundformen theilnehmen, dieſe letzteren nicht erſt aufge-
führt werden dürfen, wo von jenen beſonderen Exiſtenzen die Rede iſt. Nun
ſcheint dagegen die Natur der ſinnlichen Wirklichkeit zu ſein, gemäß welcher
im Naturſchönen die Grundformen auseinanderfallen und ſich die eine an
dieſe, die andere an jene Exiſtenz feſſelt, wie denn z. B. der Elephant
weſentlich als ein erhabenes Thier erſcheint. Allein dieſe Verfeſtigung iſt
keine abſolute, ein Umſpringen zeigt ſich auf allen Punkten, und dieß
beweist nun thatſächlich die Richtigkeit jenes Satzes und hiemit die Richtigkeit
der Anordnung, welche dem Syſtem eine Metaphyſik des Schönen zum
erſten Theile gibt; denn wenn das einfach Schöne, Erhabene u. ſ. w.
ſeine Stelle in der Welt der Gegenſtände wechſelt, ſo folgt, daß dieſe
Momente des Schönen allgemeiner Natur und in ihrer inneren Ordnung
vor allem wirklichen Daſein des Schönen zu entwickeln ſind. Dieſer
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