stoteles und beider durch den Begriff der Subjektivität ist so sehr Charakter des Systems, daß nur das ganze System der Beweis dafür ist. Das wahre Subjekt ist nun allerdings nur das absolute Subjekt, das ebensosehr Objekt ist; das einzelne Subjekt aber hat seinen unend- lichen Werth nur als substantielles, als seiner Allgemeinheit gemäßes Subjekt. Es ist jedoch schon oben zugegeben, daß die im übrigen System streng entwickelte Besonderung der absoluten Idee zu den bestimm- ten Ideen in der Aesthetik nicht zu ihrer gehörigen Anwendung kommt, daher Vermengung mit der Religion eintritt (§. 15, 1); es ist ferner bereits zugegeben, daß die Zufälligkeit, sowohl im Systeme überhaupt, als insbesondere in der Aesthetik nicht zu ihrem ganzen Rechte kommt (§. 41, 2) Das Einzelne als Subjekt soll dem Allgemeinen gemäß seyn, aber mit Einschluß seiner Eigenheit: diese soll sich mit dem Allgemeinen frei durchdringen und es soll gezeigt werden, wie sie dies kann und muß; dies fehlt bei Hegel, daher erhält in der Lehre vom Staate die Substanz ungerechtes Uebergewicht, degenmäßig zu seyn wird die höchste Tugend des Subjekts, und darin liegt ein weiterer Grund, warum die Aesthetik zu unmittelbar auf substantiellen Gehalt hindrängt.
§. 46.
Die Bedeutung der Einzelheit ist dem reinen Begriffe nach keine andere, als daß sie der erfüllte Inbegriff des Allgemeinen und Besondern ist, d. h. daß in ihr eine Art und durch sie die Gattung sich verwirklicht. Die Gattung also ist der innere Grund und die lebendige, bildende und bewegende Macht im Individuum. In dies Verhältniß nun scheint eine Trübung einzutreten, wenn die empirische Gattung im empirischen Individuum sich verwirklichen soll, denn dies geschieht eben auf dem Boden, auf welchem die Gattungen anders, als wie es ihre innere Stufen-Ordnung verlangt, aufeinander wirken und daher ihre Durchführung in ihren Individuen der Zufälligkeit verfällt.
Der wahre Begriff des Verhältnisses zwischen dem Individuum und der Gattung, wie ihn der §. bestimmt, kann als ein sicherer Erwerb der neueren Philosophie hingestellt werden. Hegels Logik zeigt das Einzelne durch die Dialektik aller verschiedenen Stellungen, die es mit dem Allgemeinen und Besondern eingehen kann, als den concreten Zu- sammenschluß dieser beiden auf (in der Lehre vom Begriffe). Das Ein- zelne ist nichts Anderes, als die wirkliche Gattung; nicht unmittelbar,
ſtoteles und beider durch den Begriff der Subjektivität iſt ſo ſehr Charakter des Syſtems, daß nur das ganze Syſtem der Beweis dafür iſt. Das wahre Subjekt iſt nun allerdings nur das abſolute Subjekt, das ebenſoſehr Objekt iſt; das einzelne Subjekt aber hat ſeinen unend- lichen Werth nur als ſubſtantielles, als ſeiner Allgemeinheit gemäßes Subjekt. Es iſt jedoch ſchon oben zugegeben, daß die im übrigen Syſtem ſtreng entwickelte Beſonderung der abſoluten Idee zu den beſtimm- ten Ideen in der Aeſthetik nicht zu ihrer gehörigen Anwendung kommt, daher Vermengung mit der Religion eintritt (§. 15, 1); es iſt ferner bereits zugegeben, daß die Zufälligkeit, ſowohl im Syſteme überhaupt, als insbeſondere in der Aeſthetik nicht zu ihrem ganzen Rechte kommt (§. 41, 2) Das Einzelne als Subjekt ſoll dem Allgemeinen gemäß ſeyn, aber mit Einſchluß ſeiner Eigenheit: dieſe ſoll ſich mit dem Allgemeinen frei durchdringen und es ſoll gezeigt werden, wie ſie dies kann und muß; dies fehlt bei Hegel, daher erhält in der Lehre vom Staate die Subſtanz ungerechtes Uebergewicht, degenmäßig zu ſeyn wird die höchſte Tugend des Subjekts, und darin liegt ein weiterer Grund, warum die Aeſthetik zu unmittelbar auf ſubſtantiellen Gehalt hindrängt.
§. 46.
Die Bedeutung der Einzelheit iſt dem reinen Begriffe nach keine andere, als daß ſie der erfüllte Inbegriff des Allgemeinen und Beſondern iſt, d. h. daß in ihr eine Art und durch ſie die Gattung ſich verwirklicht. Die Gattung alſo iſt der innere Grund und die lebendige, bildende und bewegende Macht im Individuum. In dies Verhältniß nun ſcheint eine Trübung einzutreten, wenn die empiriſche Gattung im empiriſchen Individuum ſich verwirklichen ſoll, denn dies geſchieht eben auf dem Boden, auf welchem die Gattungen anders, als wie es ihre innere Stufen-Ordnung verlangt, aufeinander wirken und daher ihre Durchführung in ihren Individuen der Zufälligkeit verfällt.
Der wahre Begriff des Verhältniſſes zwiſchen dem Individuum und der Gattung, wie ihn der §. beſtimmt, kann als ein ſicherer Erwerb der neueren Philoſophie hingeſtellt werden. Hegels Logik zeigt das Einzelne durch die Dialektik aller verſchiedenen Stellungen, die es mit dem Allgemeinen und Beſondern eingehen kann, als den concreten Zu- ſammenſchluß dieſer beiden auf (in der Lehre vom Begriffe). Das Ein- zelne iſt nichts Anderes, als die wirkliche Gattung; nicht unmittelbar,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><hirendition="#et"><hirendition="#g"><pbfacs="#f0149"n="135"/>ſtoteles</hi> und beider durch den Begriff der Subjektivität iſt ſo ſehr<lb/>
Charakter des Syſtems, daß nur das ganze Syſtem der Beweis dafür<lb/>
iſt. Das wahre Subjekt iſt nun allerdings nur das abſolute Subjekt,<lb/>
das ebenſoſehr Objekt iſt; das einzelne Subjekt aber hat ſeinen unend-<lb/>
lichen Werth nur als ſubſtantielles, als ſeiner Allgemeinheit gemäßes<lb/>
Subjekt. Es iſt jedoch ſchon oben zugegeben, daß die im übrigen<lb/>
Syſtem ſtreng entwickelte Beſonderung der abſoluten Idee zu den beſtimm-<lb/>
ten Ideen in der Aeſthetik nicht zu ihrer gehörigen Anwendung kommt,<lb/>
daher Vermengung mit der Religion eintritt (§. 15, <hirendition="#sub">1</hi>); es iſt ferner<lb/>
bereits zugegeben, daß die Zufälligkeit, ſowohl im Syſteme überhaupt,<lb/>
als insbeſondere in der Aeſthetik nicht zu ihrem ganzen Rechte kommt<lb/>
(§. 41, <hirendition="#sub">2</hi>) Das Einzelne als Subjekt ſoll dem Allgemeinen gemäß ſeyn,<lb/>
aber mit Einſchluß ſeiner Eigenheit: dieſe ſoll ſich mit dem Allgemeinen<lb/>
frei durchdringen und es ſoll gezeigt werden, wie ſie dies kann und<lb/>
muß; dies fehlt bei <hirendition="#g">Hegel</hi>, daher erhält in der Lehre vom Staate die<lb/>
Subſtanz ungerechtes Uebergewicht, degenmäßig zu ſeyn wird die höchſte<lb/>
Tugend des Subjekts, und darin liegt ein weiterer Grund, warum die<lb/>
Aeſthetik zu unmittelbar auf ſubſtantiellen Gehalt hindrängt.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 46.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Die Bedeutung der Einzelheit iſt dem reinen Begriffe nach keine andere,<lb/>
als daß ſie der erfüllte Inbegriff des Allgemeinen und Beſondern iſt, d. h. daß<lb/>
in ihr eine Art und durch ſie die Gattung ſich verwirklicht. Die Gattung alſo<lb/>
iſt der innere Grund und die lebendige, bildende und bewegende Macht im<lb/>
Individuum. In dies Verhältniß nun ſcheint eine Trübung einzutreten, wenn<lb/>
die empiriſche Gattung im empiriſchen Individuum ſich verwirklichen ſoll, denn<lb/>
dies geſchieht eben auf dem Boden, auf welchem die Gattungen anders, als<lb/>
wie es ihre innere Stufen-Ordnung verlangt, aufeinander wirken und daher<lb/>
ihre Durchführung in ihren Individuen der Zufälligkeit verfällt.</hi></p><lb/><p><hirendition="#et">Der wahre Begriff des Verhältniſſes zwiſchen dem Individuum und<lb/>
der Gattung, wie ihn der §. beſtimmt, kann als ein ſicherer Erwerb<lb/>
der neueren Philoſophie hingeſtellt werden. <hirendition="#g">Hegels</hi> Logik zeigt das<lb/>
Einzelne durch die Dialektik aller verſchiedenen Stellungen, die es mit<lb/>
dem Allgemeinen und Beſondern eingehen kann, als den concreten Zu-<lb/>ſammenſchluß dieſer beiden auf (in der Lehre vom Begriffe). Das Ein-<lb/>
zelne iſt nichts Anderes, als die wirkliche Gattung; nicht unmittelbar,<lb/></hi></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[135/0149]
ſtoteles und beider durch den Begriff der Subjektivität iſt ſo ſehr
Charakter des Syſtems, daß nur das ganze Syſtem der Beweis dafür
iſt. Das wahre Subjekt iſt nun allerdings nur das abſolute Subjekt,
das ebenſoſehr Objekt iſt; das einzelne Subjekt aber hat ſeinen unend-
lichen Werth nur als ſubſtantielles, als ſeiner Allgemeinheit gemäßes
Subjekt. Es iſt jedoch ſchon oben zugegeben, daß die im übrigen
Syſtem ſtreng entwickelte Beſonderung der abſoluten Idee zu den beſtimm-
ten Ideen in der Aeſthetik nicht zu ihrer gehörigen Anwendung kommt,
daher Vermengung mit der Religion eintritt (§. 15, 1); es iſt ferner
bereits zugegeben, daß die Zufälligkeit, ſowohl im Syſteme überhaupt,
als insbeſondere in der Aeſthetik nicht zu ihrem ganzen Rechte kommt
(§. 41, 2) Das Einzelne als Subjekt ſoll dem Allgemeinen gemäß ſeyn,
aber mit Einſchluß ſeiner Eigenheit: dieſe ſoll ſich mit dem Allgemeinen
frei durchdringen und es ſoll gezeigt werden, wie ſie dies kann und
muß; dies fehlt bei Hegel, daher erhält in der Lehre vom Staate die
Subſtanz ungerechtes Uebergewicht, degenmäßig zu ſeyn wird die höchſte
Tugend des Subjekts, und darin liegt ein weiterer Grund, warum die
Aeſthetik zu unmittelbar auf ſubſtantiellen Gehalt hindrängt.
§. 46.
Die Bedeutung der Einzelheit iſt dem reinen Begriffe nach keine andere,
als daß ſie der erfüllte Inbegriff des Allgemeinen und Beſondern iſt, d. h. daß
in ihr eine Art und durch ſie die Gattung ſich verwirklicht. Die Gattung alſo
iſt der innere Grund und die lebendige, bildende und bewegende Macht im
Individuum. In dies Verhältniß nun ſcheint eine Trübung einzutreten, wenn
die empiriſche Gattung im empiriſchen Individuum ſich verwirklichen ſoll, denn
dies geſchieht eben auf dem Boden, auf welchem die Gattungen anders, als
wie es ihre innere Stufen-Ordnung verlangt, aufeinander wirken und daher
ihre Durchführung in ihren Individuen der Zufälligkeit verfällt.
Der wahre Begriff des Verhältniſſes zwiſchen dem Individuum und
der Gattung, wie ihn der §. beſtimmt, kann als ein ſicherer Erwerb
der neueren Philoſophie hingeſtellt werden. Hegels Logik zeigt das
Einzelne durch die Dialektik aller verſchiedenen Stellungen, die es mit
dem Allgemeinen und Beſondern eingehen kann, als den concreten Zu-
ſammenſchluß dieſer beiden auf (in der Lehre vom Begriffe). Das Ein-
zelne iſt nichts Anderes, als die wirkliche Gattung; nicht unmittelbar,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Vischer, Friedrich Theodor von: Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen. Bd. 1. Reutlingen u. a., 1846, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_aesthetik01_1846/149>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.