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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Melanämie.
kommen einer grossen schwarzen Milz. Seit jener Zeit ist
durch Meckel selbst und durch eine Reihe von anderen
Beobachtern in Deutschland, zuletzt durch Frerichs, in Italien
durch Tigri, die Aufmerksamkeit auf diese Zustände immer
mehr gelenkt worden. Tigri hat die Krankheit geradezu
nach der schwarzen Milz als Milza nera bezeichnet, während
nach der Ansicht von Meckel, welche durch Frerichs an
Ausdehnung gewonnen hat, es vielmehr eine Form der schwe-
reren Intermittenten wäre, welche auf diese Weise zu erklä-
ren sein sollte.

Die wesentliche Bedeutung dieser Zustände hat man darin
gesucht, dass die Elemente, welche ins Blut gelangen, sich an
gewissen Orten in den feineren Capillarbezirken anhäufen und
hier Stagnation und Obstructionen erzeugen. So namentlich
in den Capillaren des Gehirns, wo sie sich nach Art der Em-
boli an den Theilungsstellen festsetzen und bald Capillarapo-
plexien, bald die comatösen und apoplektischen Formen der
schweren Wechselfieber bedingen sollten. Frerichs hat noch
eine andere wesentliche Art der Verstopfung hinzugefügt, die
der feinen Lebergefässe, welche endlich zur Atrophie des Le-
berparenchyms Veranlassung geben soll.

Es würde demnach hier eine ausserordentlich wichtige
Reihe von Zuständen existiren, die direct von der Dyscrasie
abhängig wären. Leider kann ich selbst wenig darüber sagen,
da ich seit meinem ersten Falle nicht wieder in der Lage war,
etwas Aehnliches zu beobachten. Ich kann also auch nicht
mit Sicherheit über den Werth der Beziehungen urtheilen,
welche man aufgestellt hat über den Zusammenhang der se-
cundären Veränderungen mit der Blutverunreinigung. Nur das
möchte ich hervorheben, dass alle Thatsachen, welche man
über diese Zustände kennt, darauf hinweisen, dass die Verun-
reinigung des Blutes von einem bestimmten Organe ausgeht,
und dass dies Organ, wie bei den farblosen Blutkörperchen, ge-
wöhnlich die Milz ist.

Ich habe im Verlaufe meiner Darstellung bis jetzt kaum
etwas von den Veränderungen der rothen Körperchen des
Blutes erwähnt, nicht etwa, weil ich sie für unwesentliche Be-

Melanämie.
kommen einer grossen schwarzen Milz. Seit jener Zeit ist
durch Meckel selbst und durch eine Reihe von anderen
Beobachtern in Deutschland, zuletzt durch Frerichs, in Italien
durch Tigri, die Aufmerksamkeit auf diese Zustände immer
mehr gelenkt worden. Tigri hat die Krankheit geradezu
nach der schwarzen Milz als Milza nera bezeichnet, während
nach der Ansicht von Meckel, welche durch Frerichs an
Ausdehnung gewonnen hat, es vielmehr eine Form der schwe-
reren Intermittenten wäre, welche auf diese Weise zu erklä-
ren sein sollte.

Die wesentliche Bedeutung dieser Zustände hat man darin
gesucht, dass die Elemente, welche ins Blut gelangen, sich an
gewissen Orten in den feineren Capillarbezirken anhäufen und
hier Stagnation und Obstructionen erzeugen. So namentlich
in den Capillaren des Gehirns, wo sie sich nach Art der Em-
boli an den Theilungsstellen festsetzen und bald Capillarapo-
plexien, bald die comatösen und apoplektischen Formen der
schweren Wechselfieber bedingen sollten. Frerichs hat noch
eine andere wesentliche Art der Verstopfung hinzugefügt, die
der feinen Lebergefässe, welche endlich zur Atrophie des Le-
berparenchyms Veranlassung geben soll.

Es würde demnach hier eine ausserordentlich wichtige
Reihe von Zuständen existiren, die direct von der Dyscrasie
abhängig wären. Leider kann ich selbst wenig darüber sagen,
da ich seit meinem ersten Falle nicht wieder in der Lage war,
etwas Aehnliches zu beobachten. Ich kann also auch nicht
mit Sicherheit über den Werth der Beziehungen urtheilen,
welche man aufgestellt hat über den Zusammenhang der se-
cundären Veränderungen mit der Blutverunreinigung. Nur das
möchte ich hervorheben, dass alle Thatsachen, welche man
über diese Zustände kennt, darauf hinweisen, dass die Verun-
reinigung des Blutes von einem bestimmten Organe ausgeht,
und dass dies Organ, wie bei den farblosen Blutkörperchen, ge-
wöhnlich die Milz ist.

Ich habe im Verlaufe meiner Darstellung bis jetzt kaum
etwas von den Veränderungen der rothen Körperchen des
Blutes erwähnt, nicht etwa, weil ich sie für unwesentliche Be-

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[199/0221] Melanämie. kommen einer grossen schwarzen Milz. Seit jener Zeit ist durch Meckel selbst und durch eine Reihe von anderen Beobachtern in Deutschland, zuletzt durch Frerichs, in Italien durch Tigri, die Aufmerksamkeit auf diese Zustände immer mehr gelenkt worden. Tigri hat die Krankheit geradezu nach der schwarzen Milz als Milza nera bezeichnet, während nach der Ansicht von Meckel, welche durch Frerichs an Ausdehnung gewonnen hat, es vielmehr eine Form der schwe- reren Intermittenten wäre, welche auf diese Weise zu erklä- ren sein sollte. Die wesentliche Bedeutung dieser Zustände hat man darin gesucht, dass die Elemente, welche ins Blut gelangen, sich an gewissen Orten in den feineren Capillarbezirken anhäufen und hier Stagnation und Obstructionen erzeugen. So namentlich in den Capillaren des Gehirns, wo sie sich nach Art der Em- boli an den Theilungsstellen festsetzen und bald Capillarapo- plexien, bald die comatösen und apoplektischen Formen der schweren Wechselfieber bedingen sollten. Frerichs hat noch eine andere wesentliche Art der Verstopfung hinzugefügt, die der feinen Lebergefässe, welche endlich zur Atrophie des Le- berparenchyms Veranlassung geben soll. Es würde demnach hier eine ausserordentlich wichtige Reihe von Zuständen existiren, die direct von der Dyscrasie abhängig wären. Leider kann ich selbst wenig darüber sagen, da ich seit meinem ersten Falle nicht wieder in der Lage war, etwas Aehnliches zu beobachten. Ich kann also auch nicht mit Sicherheit über den Werth der Beziehungen urtheilen, welche man aufgestellt hat über den Zusammenhang der se- cundären Veränderungen mit der Blutverunreinigung. Nur das möchte ich hervorheben, dass alle Thatsachen, welche man über diese Zustände kennt, darauf hinweisen, dass die Verun- reinigung des Blutes von einem bestimmten Organe ausgeht, und dass dies Organ, wie bei den farblosen Blutkörperchen, ge- wöhnlich die Milz ist. Ich habe im Verlaufe meiner Darstellung bis jetzt kaum etwas von den Veränderungen der rothen Körperchen des Blutes erwähnt, nicht etwa, weil ich sie für unwesentliche Be-

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/221>, abgerufen am 26.04.2024.