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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Sechste Vorlesung.
[Abbildung] Fig. 48.
und den Eindruck von Spin-
delzellen macht, so dass es
leicht verwechselt werden kann
mit spindelförmigen Muskelzel-
len. Die kleinsten Venen besitzen
gleichfalls dieses Epithel, be-
stehen aber ausserdem eigent-
lich ganz aus einem mit Längs-
kernen versehenen Bindege-
webe (Fig. 45, v.).

Diese Verhältnisse erleiden keine wesentliche Aenderung,
wenn auch die einzelnen Theile des Gefässapparates die äus-
serste Vergrösserung erfahren. Am besten sieht man diess bei
der Schwangerschaft, wo nicht bloss am Uterus, sondern
auch an der Scheide, den Tuben und Eierstöcken, den Mutter-
bändern sowohl die grossen und kleinen Arterien und Venen,
als die Capillaren die beträchtlichste Erweiterung zeigen, so
dass das übrige Gewebe, trotzdem dass es sich gleichfalls nicht
unerheblich vergrössert, dadurch wesentlich in den Hintergrund
gedrängt wird. Indess eignen sich doch gerade Theile des
puerperalen Geschlechtsapparates auch vortrefflich dazu, das
Verhältniss der Gewebs-Elemente zu den Gefässbezirken zu
übersehen. An den Fimbrien der Tuben sieht man z. B. in-
nerhalb der Schlingennetze, welche die sehr weiten Capillaren
gegen den Rand hin bilden, doch immer noch eine gewisse
Zahl von grossen Bindegewebszellen zerstreut, von denen nur
einzelne den Gefässen unmittelbar anliegen. An den Alae
vespertilionum findet man ausserdem sehr schön ein Verhält-
niss, welches sich an den Anhängen des Generations-Apparates
öfter wiederholt, wie wir es neulich beim Scrotum betrachtet
haben; die Gefässe werden nämlich von ziemlich beträcht-
lichen glatten Muskellagen begleitet, welche nicht ihnen ange-
hören, sondern nur dem Gefässverlaufe folgen, und zum Theil
die Gefässe in sich aufnehmen. Es ist dies ein äusserst wich-

[Abbildung] Fig. 48.

Epithel der Nierengefässe. A. Flache, längs gefaltete
Spindelzellen mit grossen Kernen vom Neugebornen. B. Bandartige,
fast homogene Epithelplatte mit Längskernen vom Erwachsenen. Vergr. 350.

Sechste Vorlesung.
[Abbildung] Fig. 48.
und den Eindruck von Spin-
delzellen macht, so dass es
leicht verwechselt werden kann
mit spindelförmigen Muskelzel-
len. Die kleinsten Venen besitzen
gleichfalls dieses Epithel, be-
stehen aber ausserdem eigent-
lich ganz aus einem mit Längs-
kernen versehenen Bindege-
webe (Fig. 45, v.).

Diese Verhältnisse erleiden keine wesentliche Aenderung,
wenn auch die einzelnen Theile des Gefässapparates die äus-
serste Vergrösserung erfahren. Am besten sieht man diess bei
der Schwangerschaft, wo nicht bloss am Uterus, sondern
auch an der Scheide, den Tuben und Eierstöcken, den Mutter-
bändern sowohl die grossen und kleinen Arterien und Venen,
als die Capillaren die beträchtlichste Erweiterung zeigen, so
dass das übrige Gewebe, trotzdem dass es sich gleichfalls nicht
unerheblich vergrössert, dadurch wesentlich in den Hintergrund
gedrängt wird. Indess eignen sich doch gerade Theile des
puerperalen Geschlechtsapparates auch vortrefflich dazu, das
Verhältniss der Gewebs-Elemente zu den Gefässbezirken zu
übersehen. An den Fimbrien der Tuben sieht man z. B. in-
nerhalb der Schlingennetze, welche die sehr weiten Capillaren
gegen den Rand hin bilden, doch immer noch eine gewisse
Zahl von grossen Bindegewebszellen zerstreut, von denen nur
einzelne den Gefässen unmittelbar anliegen. An den Alae
vespertilionum findet man ausserdem sehr schön ein Verhält-
niss, welches sich an den Anhängen des Generations-Apparates
öfter wiederholt, wie wir es neulich beim Scrotum betrachtet
haben; die Gefässe werden nämlich von ziemlich beträcht-
lichen glatten Muskellagen begleitet, welche nicht ihnen ange-
hören, sondern nur dem Gefässverlaufe folgen, und zum Theil
die Gefässe in sich aufnehmen. Es ist dies ein äusserst wich-

[Abbildung] Fig. 48.

Epithel der Nierengefässe. A. Flache, längs gefaltete
Spindelzellen mit grossen Kernen vom Neugebornen. B. Bandartige,
fast homogene Epithelplatte mit Längskernen vom Erwachsenen. Vergr. 350.

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[104/0126] Sechste Vorlesung. [Abbildung Fig. 48.] und den Eindruck von Spin- delzellen macht, so dass es leicht verwechselt werden kann mit spindelförmigen Muskelzel- len. Die kleinsten Venen besitzen gleichfalls dieses Epithel, be- stehen aber ausserdem eigent- lich ganz aus einem mit Längs- kernen versehenen Bindege- webe (Fig. 45, v.). Diese Verhältnisse erleiden keine wesentliche Aenderung, wenn auch die einzelnen Theile des Gefässapparates die äus- serste Vergrösserung erfahren. Am besten sieht man diess bei der Schwangerschaft, wo nicht bloss am Uterus, sondern auch an der Scheide, den Tuben und Eierstöcken, den Mutter- bändern sowohl die grossen und kleinen Arterien und Venen, als die Capillaren die beträchtlichste Erweiterung zeigen, so dass das übrige Gewebe, trotzdem dass es sich gleichfalls nicht unerheblich vergrössert, dadurch wesentlich in den Hintergrund gedrängt wird. Indess eignen sich doch gerade Theile des puerperalen Geschlechtsapparates auch vortrefflich dazu, das Verhältniss der Gewebs-Elemente zu den Gefässbezirken zu übersehen. An den Fimbrien der Tuben sieht man z. B. in- nerhalb der Schlingennetze, welche die sehr weiten Capillaren gegen den Rand hin bilden, doch immer noch eine gewisse Zahl von grossen Bindegewebszellen zerstreut, von denen nur einzelne den Gefässen unmittelbar anliegen. An den Alae vespertilionum findet man ausserdem sehr schön ein Verhält- niss, welches sich an den Anhängen des Generations-Apparates öfter wiederholt, wie wir es neulich beim Scrotum betrachtet haben; die Gefässe werden nämlich von ziemlich beträcht- lichen glatten Muskellagen begleitet, welche nicht ihnen ange- hören, sondern nur dem Gefässverlaufe folgen, und zum Theil die Gefässe in sich aufnehmen. Es ist dies ein äusserst wich- [Abbildung Fig. 48. Epithel der Nierengefässe. A. Flache, längs gefaltete Spindelzellen mit grossen Kernen vom Neugebornen. B. Bandartige, fast homogene Epithelplatte mit Längskernen vom Erwachsenen. Vergr. 350.]

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/126>, abgerufen am 26.04.2024.