Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

len ihres Wesens: und lehrt sie am besten kennen, was sie zu
lernen haben: und sehen sie das ein, so thun sie's auch wil-
lig: willig heißt frei, und thätig. Für Sie weiß ich keinen
bessern Rath, als geben Sie sich zum Sommer Rendezvous
mit mir: bringen Sie Ihren Knaben mit. Für heute nichts
mehr. Künftig von der Stadt und Leuten.

Ihre F. V.


Zu einem ausgeschnittenen Bildchen.

In milder Nacht, bei hellem Mond, und sanfter Sterne
Licht, in Blumenmitten, die freier athmen, und zu einander
flüstern, was sie bei Tag verschweigen, oder was verhört nur
werden mußte; wenn noch verspätet Schmetterlinge jagen,
die Schnecke ihren Weg verfolgt; still eine Biene einholt, was
sie Tags im Kelche lassen mußte; der Schlaf die Welt ge-
fangen hält, und befreit: Weste nur leise sich, und schmei-
chelnd, zu den Ästen wagen, Vögelchen nicht zu wecken; Grä-
ser und Halme Abendthau auf ihren Häuptern wiegen; das
ganze Thal ein Fest der Sehnsucht und der Ruh; ein Tag
für Elfen und für ihre Spiele: -- fehlt nichts, als eines lie-
ben Mädchens Gegenwart, ihr Aug' und ihre Brust, dies Fest
zu überschauen und zu empfinden! Und was dem schönen
Kinde nun noch mangelt, wird sie in Liedeston uns nun
berichten. --




Man beachtet immer noch nicht genug, wie viel die Nei-
gungen der Menschen untereinander in den größten und ge-

len ihres Weſens: und lehrt ſie am beſten kennen, was ſie zu
lernen haben: und ſehen ſie das ein, ſo thun ſie’s auch wil-
lig: willig heißt frei, und thätig. Für Sie weiß ich keinen
beſſern Rath, als geben Sie ſich zum Sommer Rendezvous
mit mir: bringen Sie Ihren Knaben mit. Für heute nichts
mehr. Künftig von der Stadt und Leuten.

Ihre F. V.


Zu einem ausgeſchnittenen Bildchen.

In milder Nacht, bei hellem Mond, und ſanfter Sterne
Licht, in Blumenmitten, die freier athmen, und zu einander
flüſtern, was ſie bei Tag verſchweigen, oder was verhört nur
werden mußte; wenn noch verſpätet Schmetterlinge jagen,
die Schnecke ihren Weg verfolgt; ſtill eine Biene einholt, was
ſie Tags im Kelche laſſen mußte; der Schlaf die Welt ge-
fangen hält, und befreit: Weſte nur leiſe ſich, und ſchmei-
chelnd, zu den Äſten wagen, Vögelchen nicht zu wecken; Grä-
ſer und Halme Abendthau auf ihren Häuptern wiegen; das
ganze Thal ein Feſt der Sehnſucht und der Ruh; ein Tag
für Elfen und für ihre Spiele: — fehlt nichts, als eines lie-
ben Mädchens Gegenwart, ihr Aug’ und ihre Bruſt, dies Feſt
zu überſchauen und zu empfinden! Und was dem ſchönen
Kinde nun noch mangelt, wird ſie in Liedeston uns nun
berichten. —




Man beachtet immer noch nicht genug, wie viel die Nei-
gungen der Menſchen untereinander in den größten und ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0065" n="57"/>
len ihres We&#x017F;ens: und lehrt &#x017F;ie am be&#x017F;ten kennen, was &#x017F;ie zu<lb/>
lernen haben: und &#x017F;ehen &#x017F;ie das ein, &#x017F;o thun &#x017F;ie&#x2019;s auch wil-<lb/>
lig: willig heißt frei, und thätig. Für Sie weiß ich keinen<lb/>
be&#x017F;&#x017F;ern Rath, als geben Sie &#x017F;ich zum Sommer Rendezvous<lb/>
mit mir: bringen Sie Ihren Knaben mit. Für heute nichts<lb/>
mehr. Künftig von der Stadt und Leuten.</p>
            <closer>
              <salute> <hi rendition="#et">Ihre F. V.</hi> </salute>
            </closer>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Zu einem ausge&#x017F;chnittenen Bildchen</hi>.</head><lb/>
            <p>In milder Nacht, bei hellem Mond, und &#x017F;anfter Sterne<lb/>
Licht, in Blumenmitten, die freier athmen, und zu einander<lb/>
flü&#x017F;tern, was &#x017F;ie bei Tag ver&#x017F;chweigen, oder was verhört nur<lb/>
werden mußte; wenn noch ver&#x017F;pätet Schmetterlinge jagen,<lb/>
die Schnecke ihren Weg verfolgt; &#x017F;till eine Biene einholt, was<lb/>
&#x017F;ie Tags im Kelche la&#x017F;&#x017F;en mußte; der Schlaf die Welt ge-<lb/>
fangen hält, und befreit: We&#x017F;te nur lei&#x017F;e &#x017F;ich, und &#x017F;chmei-<lb/>
chelnd, zu den Ä&#x017F;ten wagen, Vögelchen nicht zu wecken; Grä-<lb/>
&#x017F;er und Halme Abendthau auf ihren Häuptern wiegen; das<lb/>
ganze Thal ein Fe&#x017F;t der Sehn&#x017F;ucht und der Ruh; ein Tag<lb/>
für Elfen und für ihre Spiele: &#x2014; fehlt nichts, als eines lie-<lb/>
ben Mädchens Gegenwart, ihr Aug&#x2019; und ihre Bru&#x017F;t, dies Fe&#x017F;t<lb/>
zu über&#x017F;chauen und zu empfinden! Und was dem &#x017F;chönen<lb/>
Kinde nun noch mangelt, wird &#x017F;ie in Liedeston uns nun<lb/>
berichten. &#x2014;</p>
            <dateline> <hi rendition="#et">December 1821.</hi> </dateline>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 23. Januar 1822.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Man beachtet immer noch nicht genug, wie viel die Nei-<lb/>
gungen der Men&#x017F;chen untereinander in den größten und ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0065] len ihres Weſens: und lehrt ſie am beſten kennen, was ſie zu lernen haben: und ſehen ſie das ein, ſo thun ſie’s auch wil- lig: willig heißt frei, und thätig. Für Sie weiß ich keinen beſſern Rath, als geben Sie ſich zum Sommer Rendezvous mit mir: bringen Sie Ihren Knaben mit. Für heute nichts mehr. Künftig von der Stadt und Leuten. Ihre F. V. Zu einem ausgeſchnittenen Bildchen. In milder Nacht, bei hellem Mond, und ſanfter Sterne Licht, in Blumenmitten, die freier athmen, und zu einander flüſtern, was ſie bei Tag verſchweigen, oder was verhört nur werden mußte; wenn noch verſpätet Schmetterlinge jagen, die Schnecke ihren Weg verfolgt; ſtill eine Biene einholt, was ſie Tags im Kelche laſſen mußte; der Schlaf die Welt ge- fangen hält, und befreit: Weſte nur leiſe ſich, und ſchmei- chelnd, zu den Äſten wagen, Vögelchen nicht zu wecken; Grä- ſer und Halme Abendthau auf ihren Häuptern wiegen; das ganze Thal ein Feſt der Sehnſucht und der Ruh; ein Tag für Elfen und für ihre Spiele: — fehlt nichts, als eines lie- ben Mädchens Gegenwart, ihr Aug’ und ihre Bruſt, dies Feſt zu überſchauen und zu empfinden! Und was dem ſchönen Kinde nun noch mangelt, wird ſie in Liedeston uns nun berichten. — December 1821. Den 23. Januar 1822. Man beachtet immer noch nicht genug, wie viel die Nei- gungen der Menſchen untereinander in den größten und ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/65
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/65>, abgerufen am 22.12.2024.