Frau von Lubienska, ob sie Goethens Wanderjahre schon ge- lesen habe? Nein, sagte sie, ich habe sie aber, und werde sie alsbald anfangen. Pourquoi lire de choses pareilles? sprach Fürst S --, der General, drein; l'on voit tout de suite que cet homme n'a jamais frequente la bonne societe; et quel monde il a vu. E. erzählte mir es gleich nachher; und wollte aus der Haut fahren; und ich schreibe es auf, weil so etwas nicht verloren gehen muß. E. gab mir sein Ehrenwort, daß es buchstäblich so übereinanderging, weil ich zweiflen wollte. Auch hatte jener schon, als E. den Herzog von Weimar zu kennen wünschte, und hinzusetzte, schon deßwegen, weil er so große Talente um sich gesammelt, und Goethen zum Freund habe, -- gesagt, der Herzog habe mauvais ton, et que l'on voyait tout de suite qu'il frequente, etc. --
Donnerstag, den 13. September 1821.
Der Leute Gespräche sind gefährlich, die nur erzählen, nie ergründen, beurtheilen, erwägen und bemerken. Sie spre- chen gleichsam ohne Linienblatt; gerathen in's Klatschen, da sie sich und Andere unterhalten wollen; sie haben weder Ziel noch Damm, nur einen kleinen Zweck, und zu diesem kleinen Zweck noch kleinere Mittel.
Güte Dichter haben ein Bild in der Seele, und sind ge- trieben es darzustellen: andere treiben sich, Bilder zu machen.
An
Frau von Lubienska, ob ſie Goethens Wanderjahre ſchon ge- leſen habe? Nein, ſagte ſie, ich habe ſie aber, und werde ſie alsbald anfangen. Pourquoi lire de choses pareilles? ſprach Fürſt S —, der General, drein; l’on voit tout de suite que cet homme n’a jamais fréquenté la bonne société; et quel monde il a vu. E. erzählte mir es gleich nachher; und wollte aus der Haut fahren; und ich ſchreibe es auf, weil ſo etwas nicht verloren gehen muß. E. gab mir ſein Ehrenwort, daß es buchſtäblich ſo übereinanderging, weil ich zweiflen wollte. Auch hatte jener ſchon, als E. den Herzog von Weimar zu kennen wünſchte, und hinzuſetzte, ſchon deßwegen, weil er ſo große Talente um ſich geſammelt, und Goethen zum Freund habe, — geſagt, der Herzog habe mauvais ton, et que l’on voyait tout de suite qu’il fréquente, etc. —
Donnerstag, den 13. September 1821.
Der Leute Geſpräche ſind gefährlich, die nur erzählen, nie ergründen, beurtheilen, erwägen und bemerken. Sie ſpre- chen gleichſam ohne Linienblatt; gerathen in’s Klatſchen, da ſie ſich und Andere unterhalten wollen; ſie haben weder Ziel noch Damm, nur einen kleinen Zweck, und zu dieſem kleinen Zweck noch kleinere Mittel.
Güte Dichter haben ein Bild in der Seele, und ſind ge- trieben es darzuſtellen: andere treiben ſich, Bilder zu machen.
An
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Frau von Lubienska, ob ſie Goethens Wanderjahre ſchon ge-
leſen habe? Nein, ſagte ſie, ich habe ſie aber, und werde ſie
alsbald anfangen. Pourquoi lire de choses pareilles? ſprach
Fürſt S —, der General, drein; l’on voit tout de suite que
cet homme n’a jamais fréquenté la bonne société; et quel
monde il a vu. E. erzählte mir es gleich nachher; und wollte
aus der Haut fahren; und ich ſchreibe es auf, weil ſo etwas
nicht verloren gehen muß. E. gab mir ſein Ehrenwort, daß
es buchſtäblich ſo übereinanderging, weil ich zweiflen wollte.
Auch hatte jener ſchon, als E. den Herzog von Weimar zu
kennen wünſchte, und hinzuſetzte, ſchon deßwegen, weil er ſo
große Talente um ſich geſammelt, und Goethen zum Freund
habe, — geſagt, der Herzog habe mauvais ton, et que l’on
voyait tout de suite qu’il fréquente, etc. —
Donnerstag, den 13. September 1821.
Der Leute Geſpräche ſind gefährlich, die nur erzählen,
nie ergründen, beurtheilen, erwägen und bemerken. Sie ſpre-
chen gleichſam ohne Linienblatt; gerathen in’s Klatſchen, da
ſie ſich und Andere unterhalten wollen; ſie haben weder Ziel
noch Damm, nur einen kleinen Zweck, und zu dieſem kleinen
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Güte Dichter haben ein Bild in der Seele, und ſind ge-
trieben es darzuſtellen: andere treiben ſich, Bilder zu machen.
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/56>, abgerufen am 20.11.2024.
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