Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie auch viel denken. Ein Kopf wie der andre! Was geht
mir nicht alles sonst ab! und das Einzige, wo ich etwas vor-
aus haben möchte vor Vielen, können mir all die Vielen nach-
machen. Ich finde es ganz allein in der Redlichkeit des Den-
kens, und Seins in allen Augenblicken. Und im nicht Ver-
weichlichen, und mir Vorschmeichlen. Untersuchen wir meine
bestscheinenden Vorzüge, und sie bestehen alle darin. Und
das hängt doch nur von uns ab. Mir ist dies Verfahren
Vergnügen. Und das ist es auch. Grüßen Sie gütigst Mama!
Ist sie wohl? vergnügt? freut sie sich? Frau von -- liebe
ich gar sehr, und bitte sie zu grüßen. Ich liebte sie a prima
vista,
das ist das Beste. --




Wo zwei oder drei im Namen des Herrn versammelt
sind -- verheißt er -- er wolle mitten unter ihnen sein.
Der gute Geist ist da schon mit ihnen. Da kann schon Liebe
und Gerechtigkeit wirken. Menschen gehören zusammen; um
das Maß, Vernunft, anzulegen; um lieben zu können, Ge-
rechtigkeit empfinden zu können. Das Herz ist die Zunge,
womit wir die Nahrung unseres Geistes gleichsam schmecken.
Welche große, geistreiche Anstalt! Aus diesem Punkt her ist
zu hoffen. --




Er ist nicht zu finden: ich kann eigentlich nichts über ihn
sagen. Es geht nichts Rechtschaffenes und nichts rechtschaffen

Sie auch viel denken. Ein Kopf wie der andre! Was geht
mir nicht alles ſonſt ab! und das Einzige, wo ich etwas vor-
aus haben möchte vor Vielen, können mir all die Vielen nach-
machen. Ich finde es ganz allein in der Redlichkeit des Den-
kens, und Seins in allen Augenblicken. Und im nicht Ver-
weichlichen, und mir Vorſchmeichlen. Unterſuchen wir meine
beſtſcheinenden Vorzüge, und ſie beſtehen alle darin. Und
das hängt doch nur von uns ab. Mir iſt dies Verfahren
Vergnügen. Und das iſt es auch. Grüßen Sie gütigſt Mama!
Iſt ſie wohl? vergnügt? freut ſie ſich? Frau von — liebe
ich gar ſehr, und bitte ſie zu grüßen. Ich liebte ſie a prima
vista,
das iſt das Beſte. —




Wo zwei oder drei im Namen des Herrn verſammelt
ſind — verheißt er — er wolle mitten unter ihnen ſein.
Der gute Geiſt iſt da ſchon mit ihnen. Da kann ſchon Liebe
und Gerechtigkeit wirken. Menſchen gehören zuſammen; um
das Maß, Vernunft, anzulegen; um lieben zu können, Ge-
rechtigkeit empfinden zu können. Das Herz iſt die Zunge,
womit wir die Nahrung unſeres Geiſtes gleichſam ſchmecken.
Welche große, geiſtreiche Anſtalt! Aus dieſem Punkt her iſt
zu hoffen. —




Er iſt nicht zu finden: ich kann eigentlich nichts über ihn
ſagen. Es geht nichts Rechtſchaffenes und nichts rechtſchaffen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0413" n="405"/>
Sie auch viel denken. Ein Kopf wie der andre! Was geht<lb/>
mir nicht alles &#x017F;on&#x017F;t ab! und das Einzige, wo ich etwas vor-<lb/>
aus haben möchte vor Vielen, können mir all die Vielen nach-<lb/>
machen. Ich finde es ganz allein in der Redlichkeit des Den-<lb/>
kens, und Seins in allen Augenblicken. Und im nicht Ver-<lb/>
weichlichen, und mir Vor&#x017F;chmeichlen. Unter&#x017F;uchen wir meine<lb/>
be&#x017F;t&#x017F;cheinenden Vorzüge, und &#x017F;ie be&#x017F;tehen alle darin. Und<lb/>
das hängt doch nur von uns ab. Mir i&#x017F;t dies Verfahren<lb/>
Vergnügen. Und das i&#x017F;t es auch. Grüßen Sie gütig&#x017F;t Mama!<lb/>
I&#x017F;t &#x017F;ie wohl? vergnügt? freut &#x017F;ie &#x017F;ich? Frau von &#x2014; liebe<lb/>
ich gar &#x017F;ehr, und bitte &#x017F;ie zu grüßen. Ich liebte &#x017F;ie <hi rendition="#aq">a prima<lb/>
vista,</hi> das i&#x017F;t das Be&#x017F;te. &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Oktober, 1829.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Wo zwei oder drei im Namen des Herrn ver&#x017F;ammelt<lb/>
&#x017F;ind &#x2014; verheißt er &#x2014; er wolle mitten unter ihnen &#x017F;ein.<lb/>
Der gute Gei&#x017F;t <hi rendition="#g">i&#x017F;t</hi> da &#x017F;chon mit ihnen. Da kann &#x017F;chon Liebe<lb/>
und Gerechtigkeit wirken. Men&#x017F;chen gehören zu&#x017F;ammen; um<lb/>
das Maß, Vernunft, anzulegen; um lieben zu können, Ge-<lb/>
rechtigkeit empfinden zu können. Das Herz i&#x017F;t die Zunge,<lb/>
womit wir die Nahrung un&#x017F;eres Gei&#x017F;tes gleich&#x017F;am &#x017F;chmecken.<lb/>
Welche große, gei&#x017F;treiche An&#x017F;talt! Aus die&#x017F;em Punkt her i&#x017F;t<lb/>
zu hoffen. &#x2014;</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 23. Oktober 1829.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Er i&#x017F;t nicht zu finden: ich kann eigentlich nichts über ihn<lb/>
&#x017F;agen. Es geht nichts Recht&#x017F;chaffenes und nichts recht&#x017F;chaffen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405/0413] Sie auch viel denken. Ein Kopf wie der andre! Was geht mir nicht alles ſonſt ab! und das Einzige, wo ich etwas vor- aus haben möchte vor Vielen, können mir all die Vielen nach- machen. Ich finde es ganz allein in der Redlichkeit des Den- kens, und Seins in allen Augenblicken. Und im nicht Ver- weichlichen, und mir Vorſchmeichlen. Unterſuchen wir meine beſtſcheinenden Vorzüge, und ſie beſtehen alle darin. Und das hängt doch nur von uns ab. Mir iſt dies Verfahren Vergnügen. Und das iſt es auch. Grüßen Sie gütigſt Mama! Iſt ſie wohl? vergnügt? freut ſie ſich? Frau von — liebe ich gar ſehr, und bitte ſie zu grüßen. Ich liebte ſie a prima vista, das iſt das Beſte. — Oktober, 1829. Wo zwei oder drei im Namen des Herrn verſammelt ſind — verheißt er — er wolle mitten unter ihnen ſein. Der gute Geiſt iſt da ſchon mit ihnen. Da kann ſchon Liebe und Gerechtigkeit wirken. Menſchen gehören zuſammen; um das Maß, Vernunft, anzulegen; um lieben zu können, Ge- rechtigkeit empfinden zu können. Das Herz iſt die Zunge, womit wir die Nahrung unſeres Geiſtes gleichſam ſchmecken. Welche große, geiſtreiche Anſtalt! Aus dieſem Punkt her iſt zu hoffen. — Den 23. Oktober 1829. Er iſt nicht zu finden: ich kann eigentlich nichts über ihn ſagen. Es geht nichts Rechtſchaffenes und nichts rechtſchaffen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/413
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/413>, abgerufen am 20.11.2024.