den General Tettenborn; es kann dort hübsch werden; ich hoffe es. Sie sollen von dort hören.
Adieu! Adieu! R.
An -- --
Frankfurt a. M., den 21. April 1816.
-- Varnh. ist wie Sie ihn kennen: die Liebe selbst, und schon mit mir allein zufrieden: und sehr anders als ich. Das wissen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche nur zu sprechen, ich brauchte nur zu sprechen. Je mehr das aber so ist, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen lassen; und so ist das Leben; es will nicht alles passen, drum müßte alles frei sein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod- schuß, wenn es sein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht, keinen Namen, kein Amt, keine Delikatesse. Varnh. will, daß ich reise, und mache was ich nur immer mag und will. Doch hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da sie flieht und alles sich zögert. Nach Heidelberg will ich aber in jedem Fall ein wenig hin; dreimal war ich von Mann- heim aus dort; den Ort kennen Sie, tiefsinnig, heiter, sicher belebt, und einsam, was ich wünsche: aber welche Bilder sind dort jetzt zu sehen!!! Sie wissen, ich plaudre nieman- den nach, also nicht, weil sie jetzt berühmt sind; wie wird einem dabei zu Muthe, wenn man diese siehet! Wie in ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee's gab: wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebster Mann muß die- ser Mahler gewesen sein! Eins ist da, wo die Israeliten das Manna auflesen. Nein! das muß man sehen. Diesen dustrigen Morgen; diese Anzüge; wie allein die stehen und
den General Tettenborn; es kann dort hübſch werden; ich hoffe es. Sie ſollen von dort hören.
Adieu! Adieu! R.
An — —
Frankfurt a. M., den 21. April 1816.
— Varnh. iſt wie Sie ihn kennen: die Liebe ſelbſt, und ſchon mit mir allein zufrieden: und ſehr anders als ich. Das wiſſen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche nur zu ſprechen, ich brauchte nur zu ſprechen. Je mehr das aber ſo iſt, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen laſſen; und ſo iſt das Leben; es will nicht alles paſſen, drum müßte alles frei ſein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod- ſchuß, wenn es ſein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht, keinen Namen, kein Amt, keine Delikateſſe. Varnh. will, daß ich reiſe, und mache was ich nur immer mag und will. Doch hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da ſie flieht und alles ſich zögert. Nach Heidelberg will ich aber in jedem Fall ein wenig hin; dreimal war ich von Mann- heim aus dort; den Ort kennen Sie, tiefſinnig, heiter, ſicher belebt, und einſam, was ich wünſche: aber welche Bilder ſind dort jetzt zu ſehen!!! Sie wiſſen, ich plaudre nieman- den nach, alſo nicht, weil ſie jetzt berühmt ſind; wie wird einem dabei zu Muthe, wenn man dieſe ſiehet! Wie in ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee’s gab: wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebſter Mann muß die- ſer Mahler geweſen ſein! Eins iſt da, wo die Israeliten das Manna aufleſen. Nein! das muß man ſehen. Dieſen duſtrigen Morgen; dieſe Anzüge; wie allein die ſtehen und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0396"n="388"/>
den General Tettenborn; es kann dort hübſch werden; ich hoffe<lb/>
es. Sie ſollen von dort hören.</p><closer><salute>Adieu! Adieu! <hirendition="#et">R.</hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>An ——</head><lb/><divn="3"><dateline><hirendition="#et">Frankfurt a. M., den 21. April 1816.</hi></dateline><lb/><p>— Varnh. iſt wie Sie ihn kennen: die Liebe ſelbſt, und<lb/>ſchon mit mir allein zufrieden: und ſehr anders als ich. Das<lb/>
wiſſen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche<lb/>
nur zu ſprechen, ich brauchte nur zu ſprechen. Je mehr das<lb/>
aber ſo iſt, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen laſſen;<lb/>
und ſo iſt das Leben; es will nicht alles paſſen, drum müßte<lb/><hirendition="#g">alles</hi> frei ſein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod-<lb/>ſchuß, wenn es ſein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht,<lb/>
keinen Namen, kein Amt, keine Delikateſſe. Varnh. will, daß<lb/>
ich reiſe, und mache <hirendition="#g">was</hi> ich nur immer mag und will. Doch<lb/>
hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da ſie<lb/><hirendition="#g">flieht</hi> und alles ſich zögert. Nach Heidelberg will ich aber<lb/>
in jedem Fall ein wenig hin; <hirendition="#g">dreim</hi>al war ich von Mann-<lb/>
heim aus dort; den <hirendition="#g">Ort</hi> kennen Sie, tiefſinnig, heiter, <hirendition="#g">ſicher<lb/>
belebt</hi>, und einſam, was <hirendition="#g">ich</hi> wünſche: aber <hirendition="#g">welche</hi> Bilder<lb/>ſind dort jetzt zu ſehen!!! Sie wiſſen, <hirendition="#g">ich</hi> plaudre <hirendition="#g">nieman-<lb/>
den</hi> nach, alſo nicht, weil ſie jetzt berühmt ſind; wie wird<lb/>
einem <hirendition="#g">dab</hi>ei zu Muthe, wenn man <hirendition="#g">dieſe</hi>ſiehet! Wie in<lb/>
ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee’s gab:<lb/>
wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebſter Mann muß <hirendition="#g">die-<lb/>ſer</hi> Mahler geweſen ſein! Eins iſt da, wo die Israeliten<lb/>
das Manna aufleſen. Nein! das muß man <hirendition="#g">ſehen</hi>. Dieſen<lb/>
duſtrigen Morgen; dieſe Anzüge; wie <hirendition="#g">allein</hi> die ſtehen und<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[388/0396]
den General Tettenborn; es kann dort hübſch werden; ich hoffe
es. Sie ſollen von dort hören.
Adieu! Adieu! R.
An — —
Frankfurt a. M., den 21. April 1816.
— Varnh. iſt wie Sie ihn kennen: die Liebe ſelbſt, und
ſchon mit mir allein zufrieden: und ſehr anders als ich. Das
wiſſen Sie. Den Himmel möchte er mir langen. Ich brauche
nur zu ſprechen, ich brauchte nur zu ſprechen. Je mehr das
aber ſo iſt, je mehr will ich auch ihm Gutes angedeihen laſſen;
und ſo iſt das Leben; es will nicht alles paſſen, drum müßte
alles frei ſein. Wie Vögel; Luft, und Futter; Einen Tod-
ſchuß, wenn es ſein muß; aber keinen Titel, keine Pflicht,
keinen Namen, kein Amt, keine Delikateſſe. Varnh. will, daß
ich reiſe, und mache was ich nur immer mag und will. Doch
hat es noch Zeit vor der Hand; viele aber doch nicht, da ſie
flieht und alles ſich zögert. Nach Heidelberg will ich aber
in jedem Fall ein wenig hin; dreimal war ich von Mann-
heim aus dort; den Ort kennen Sie, tiefſinnig, heiter, ſicher
belebt, und einſam, was ich wünſche: aber welche Bilder
ſind dort jetzt zu ſehen!!! Sie wiſſen, ich plaudre nieman-
den nach, alſo nicht, weil ſie jetzt berühmt ſind; wie wird
einem dabei zu Muthe, wenn man dieſe ſiehet! Wie in
ganz alten Zeiten, ehe es Städte, Laden, und Thee’s gab:
wie in der Bibel Zeiten; welcher allerliebſter Mann muß die-
ſer Mahler geweſen ſein! Eins iſt da, wo die Israeliten
das Manna aufleſen. Nein! das muß man ſehen. Dieſen
duſtrigen Morgen; dieſe Anzüge; wie allein die ſtehen und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/396>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.