Regen, führ' ich, die Erde küssen! Nun hab' ich auch Frie- den. Gott schütz' euch. Schreibt!
R. R.
An M. Th. Robert, in Berlin.
Prag, Montag den 2. Mai 1814.
Gestern Nachmittag, liebe Kinder, brachte man mir drei Briefe, einen von euch vom 24., einen von der Baronin Grott- huß, einen von Varnhagen. Der war den 10. geschrieben, aus Villeneuve bei Sens -- der letzte Ort ist einige Posten von Paris; ich bin durch -- also einundzwanzig Tage ging er. Tettenborns Truppe hat das Unendliche gelitten -- Avant- garde -- abgeschnitten unter aufrührischen Bauern: in der Unmöglichkeit zu schreiben; zu den nächsten Korps einen Brief zu schicken mußten sie hundert, und auch mehr Reiter zur Be- gleitung geben etc. etc. Kurz, es ist Frieden; und unsere Pferde kommen wieder. Der letzte Pöbel! und -- der König kann sich so leidenschaftlich damit nicht freuen. Jetzt noch wein' ich. Denn nun kann ich's sagen. Dies war mir eins der Dinge, die mich am meisten kränkten: erstlich, weil es immer zu sehen war; zweitens, weil es kein Kunstwerk war, nicht aus Eitelkeit von unserm jetzigen König aufgestellt, und der Mann es uns zum Possen, zur Kränkung that: weil wir mux- ten in Berlin. Und dann! wie oft hab' ich in der gelben Stube Winters des Abends auf meinen Knieen gelegen, mit dem Kopf auf dem Stuhl, und Gott gebeten, er soll dem Kö- nig Magdeburg wieder geben! Unsere größte Elbstadt,
unser
Regen, führ’ ich, die Erde küſſen! Nun hab’ ich auch Frie- den. Gott ſchütz’ euch. Schreibt!
R. R.
An M. Th. Robert, in Berlin.
Prag, Montag den 2. Mai 1814.
Geſtern Nachmittag, liebe Kinder, brachte man mir drei Briefe, einen von euch vom 24., einen von der Baronin Grott- huß, einen von Varnhagen. Der war den 10. geſchrieben, aus Villeneuve bei Sens — der letzte Ort iſt einige Poſten von Paris; ich bin durch — alſo einundzwanzig Tage ging er. Tettenborns Truppe hat das Unendliche gelitten — Avant- garde — abgeſchnitten unter aufrühriſchen Bauern: in der Unmöglichkeit zu ſchreiben; zu den nächſten Korps einen Brief zu ſchicken mußten ſie hundert, und auch mehr Reiter zur Be- gleitung geben ꝛc. ꝛc. Kurz, es iſt Frieden; und unſere Pferde kommen wieder. Der letzte Pöbel! und — der König kann ſich ſo leidenſchaftlich damit nicht freuen. Jetzt noch wein’ ich. Denn nun kann ich’s ſagen. Dies war mir eins der Dinge, die mich am meiſten kränkten: erſtlich, weil es immer zu ſehen war; zweitens, weil es kein Kunſtwerk war, nicht aus Eitelkeit von unſerm jetzigen König aufgeſtellt, und der Mann es uns zum Poſſen, zur Kränkung that: weil wir mux- ten in Berlin. Und dann! wie oft hab’ ich in der gelben Stube Winters des Abends auf meinen Knieen gelegen, mit dem Kopf auf dem Stuhl, und Gott gebeten, er ſoll dem Kö- nig Magdeburg wieder geben! Unſere größte Elbſtadt,
unſer
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Regen, führ’ ich, die Erde küſſen! Nun hab’ ich auch Frie-
den. Gott ſchütz’ euch. Schreibt!
R. R.
An M. Th. Robert, in Berlin.
Prag, Montag den 2. Mai 1814.
Geſtern Nachmittag, liebe Kinder, brachte man mir drei
Briefe, einen von euch vom 24., einen von der Baronin Grott-
huß, einen von Varnhagen. Der war den 10. geſchrieben,
aus Villeneuve bei Sens — der letzte Ort iſt einige Poſten
von Paris; ich bin durch — alſo einundzwanzig Tage ging
er. Tettenborns Truppe hat das Unendliche gelitten — Avant-
garde — abgeſchnitten unter aufrühriſchen Bauern: in der
Unmöglichkeit zu ſchreiben; zu den nächſten Korps einen Brief
zu ſchicken mußten ſie hundert, und auch mehr Reiter zur Be-
gleitung geben ꝛc. ꝛc. Kurz, es iſt Frieden; und unſere Pferde
kommen wieder. Der letzte Pöbel! und — der König kann
ſich ſo leidenſchaftlich damit nicht freuen. Jetzt noch wein’
ich. Denn nun kann ich’s ſagen. Dies war mir eins der
Dinge, die mich am meiſten kränkten: erſtlich, weil es immer
zu ſehen war; zweitens, weil es kein Kunſtwerk war, nicht
aus Eitelkeit von unſerm jetzigen König aufgeſtellt, und der
Mann es uns zum Poſſen, zur Kränkung that: weil wir mux-
ten in Berlin. Und dann! wie oft hab’ ich in der gelben
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dem Kopf auf dem Stuhl, und Gott gebeten, er ſoll dem Kö-
nig Magdeburg wieder geben! Unſere größte Elbſtadt,
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 2. Berlin, 1834, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel02_1834/216>, abgerufen am 21.11.2024.
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