künftigen Ehe Ihre Sie liebende "Furie." Denken Sie sich einen unterwürfigen Ton und eine Art Verneigung dazu.
Den 4. December Mittwoch, um 12 Mittag.
Eh ich nun weiter schreibe, muß ich Ihnen nur noch sa- gen: beurtheilen Sie mich nur nicht nach diesem Briefe; denn der Gedanke, zu Ihnen zu sprechen, die That selbst, belebte mich schon, ich bin aber wirklich wie ich mich zu Anfang schil- derte und benannte, holzartig, und verstockt; schon ganz über- drüssig jeder Agitation, da ich mich ganz ohne den geringsten Erfolg schon ewig und in aller Ewigkeit appaisiren muß. Daß Redtel es nicht im Ernste meint, wenn er mir Sie lobt, das kann ich noch nicht glauben. Und nun an Ihren Brief, der gelesen und beantwortet werden soll! Erste Antwort! Ich bitte Sie inständigst, schonen Sie sich! lassen Sie sich nicht von Ambition und nicht von Ennui zu Arbeiten treiben, die Ihre Organisation, die im Ganzen angesprochen sein will, nicht duldet: ich weiß wohl, daß Sie sage sind; aber versuchen Sie auch nicht -- dies thut man immer -- zu viel. Ich habe mir den grausamsten Nervenzustand, vorgestern Abend mit Lesen gemacht, der noch dauert. Im Kopf nämlich. Ich probire auch. Zweite Antwort. Es kann erst nach ein paar Kriegen neuerer Art kommen, daß die andern Leute eben so gut aus- sehen, als die Offiziere. Der Deutsche hält nichts auf seine Person, und fürchtet zu affektiren; nur das Militair konnte dazu en corps, wie zu einer Pflicht, gezwungen werden, da rottete Zwang die Scham aus, weil sie sich doch sagen konn- ten: "Ich und die Kammeraden müssen -- gradegehen, so und
künftigen Ehe Ihre Sie liebende „Furie.“ Denken Sie ſich einen unterwürfigen Ton und eine Art Verneigung dazu.
Den 4. December Mittwoch, um 12 Mittag.
Eh ich nun weiter ſchreibe, muß ich Ihnen nur noch ſa- gen: beurtheilen Sie mich nur nicht nach dieſem Briefe; denn der Gedanke, zu Ihnen zu ſprechen, die That ſelbſt, belebte mich ſchon, ich bin aber wirklich wie ich mich zu Anfang ſchil- derte und benannte, holzartig, und verſtockt; ſchon ganz über- drüſſig jeder Agitation, da ich mich ganz ohne den geringſten Erfolg ſchon ewig und in aller Ewigkeit appaiſiren muß. Daß Redtel es nicht im Ernſte meint, wenn er mir Sie lobt, das kann ich noch nicht glauben. Und nun an Ihren Brief, der geleſen und beantwortet werden ſoll! Erſte Antwort! Ich bitte Sie inſtändigſt, ſchonen Sie ſich! laſſen Sie ſich nicht von Ambition und nicht von Ennui zu Arbeiten treiben, die Ihre Organiſation, die im Ganzen angeſprochen ſein will, nicht duldet: ich weiß wohl, daß Sie sage ſind; aber verſuchen Sie auch nicht — dies thut man immer — zu viel. Ich habe mir den grauſamſten Nervenzuſtand, vorgeſtern Abend mit Leſen gemacht, der noch dauert. Im Kopf nämlich. Ich probire auch. Zweite Antwort. Es kann erſt nach ein paar Kriegen neuerer Art kommen, daß die andern Leute eben ſo gut aus- ſehen, als die Offiziere. Der Deutſche hält nichts auf ſeine Perſon, und fürchtet zu affektiren; nur das Militair konnte dazu en corps, wie zu einer Pflicht, gezwungen werden, da rottete Zwang die Scham aus, weil ſie ſich doch ſagen konn- ten: „Ich und die Kammeraden müſſen — gradegehen, ſo und
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künftigen Ehe Ihre Sie liebende „Furie.“ Denken Sie ſich
einen unterwürfigen Ton und eine Art Verneigung dazu.
Den 4. December Mittwoch, um 12 Mittag.
Eh ich nun weiter ſchreibe, muß ich Ihnen nur noch ſa-
gen: beurtheilen Sie mich nur nicht nach dieſem Briefe; denn
der Gedanke, zu Ihnen zu ſprechen, die That ſelbſt, belebte
mich ſchon, ich bin aber wirklich wie ich mich zu Anfang ſchil-
derte und benannte, holzartig, und verſtockt; ſchon ganz über-
drüſſig jeder Agitation, da ich mich ganz ohne den geringſten
Erfolg ſchon ewig und in aller Ewigkeit appaiſiren muß. Daß
Redtel es nicht im Ernſte meint, wenn er mir Sie lobt, das
kann ich noch nicht glauben. Und nun an Ihren Brief, der
geleſen und beantwortet werden ſoll! Erſte Antwort! Ich
bitte Sie inſtändigſt, ſchonen Sie ſich! laſſen Sie ſich nicht
von Ambition und nicht von Ennui zu Arbeiten treiben, die
Ihre Organiſation, die im Ganzen angeſprochen ſein will, nicht
duldet: ich weiß wohl, daß Sie sage ſind; aber verſuchen Sie
auch nicht — dies thut man immer — zu viel. Ich habe mir
den grauſamſten Nervenzuſtand, vorgeſtern Abend mit Leſen
gemacht, der noch dauert. Im Kopf nämlich. Ich probire
auch. Zweite Antwort. Es kann erſt nach ein paar Kriegen
neuerer Art kommen, daß die andern Leute eben ſo gut aus-
ſehen, als die Offiziere. Der Deutſche hält nichts auf ſeine
Perſon, und fürchtet zu affektiren; nur das Militair konnte
dazu en corps, wie zu einer Pflicht, gezwungen werden, da
rottete Zwang die Scham aus, weil ſie ſich doch ſagen konn-
ten: „Ich und die Kammeraden müſſen — gradegehen, ſo und
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/580>, abgerufen am 20.11.2024.
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