Sie sich eine eigne Stätte in meinem Herzen erbaut. Von unsern Affairen künftig. Latrobe war zweimal bei mir. Er gefällt mir so --! daß ich ihm austerite und krause Haare verzeihe. So lächerlich dies klingt, so viel will es sagen. Ob ich ihn satisfaisire, weiß ich nicht. Ich glaub' es nicht. Er hat zu viel von mir gehört, und hört zu wenig von mir. Er kommt zu selten. Kurz, er ist wie ich: und darum kommen wir nicht zusammen. Zu fein, zu skrupulös. Ich lieb' ihn sehr. Er sieht schon aus wie ein Mensch. Ich vertraute ihm a diseretion. Ich muß mit Mama weg. Sie nimmt mich mit nach der Stadt. Adieu. Sonnabend das Weitere.
R. L.
An Gustav von Brinckmann, in Paris.
Berlin, den 11. Februar 1799.
Ein echantillon von einem Brief, den Sie bekommen sol- len, mein lieber Freund, ist das nur. Auf jede Zeile in Ih- ren drei Briefen werde ich Ihnen antworten; und so, daß Sie zufrieden sein sollen; Sie hätten diese Antwort schon, aber Friedrich Schlegeln fiel einmal vor ein paar Wochen ein, Sie seien von Paris nach Stockholm geschickt, also war- tete ich noch; und nun war die Stimmung und der im Kopf komponirte Brief verloren. Sie sollen aber, bei allen Höllen- plagen sei's geschworen! (die wir hier genießen) nichts ver- lieren: Sie bekommen in ein paar Wochen einen furchtbar langen Brief: aus dem Sie sehen sollen, daß Sie sich nicht mit mir wie mit dem Ci-devant unterhalten, daß Sie nicht
nur
Sie ſich eine eigne Stätte in meinem Herzen erbaut. Von unſern Affairen künftig. Latrobe war zweimal bei mir. Er gefällt mir ſo —! daß ich ihm austérité und krauſe Haare verzeihe. So lächerlich dies klingt, ſo viel will es ſagen. Ob ich ihn ſatisfaiſire, weiß ich nicht. Ich glaub’ es nicht. Er hat zu viel von mir gehört, und hört zu wenig von mir. Er kommt zu ſelten. Kurz, er iſt wie ich: und darum kommen wir nicht zuſammen. Zu fein, zu ſkrupulös. Ich lieb’ ihn ſehr. Er ſieht ſchon aus wie ein Menſch. Ich vertraute ihm à diserétion. Ich muß mit Mama weg. Sie nimmt mich mit nach der Stadt. Adieu. Sonnabend das Weitere.
R. L.
An Guſtav von Brinckmann, in Paris.
Berlin, den 11. Februar 1799.
Ein échantillon von einem Brief, den Sie bekommen ſol- len, mein lieber Freund, iſt das nur. Auf jede Zeile in Ih- ren drei Briefen werde ich Ihnen antworten; und ſo, daß Sie zufrieden ſein ſollen; Sie hätten dieſe Antwort ſchon, aber Friedrich Schlegeln fiel einmal vor ein paar Wochen ein, Sie ſeien von Paris nach Stockholm geſchickt, alſo war- tete ich noch; und nun war die Stimmung und der im Kopf komponirte Brief verloren. Sie ſollen aber, bei allen Höllen- plagen ſei’s geſchworen! (die wir hier genießen) nichts ver- lieren: Sie bekommen in ein paar Wochen einen furchtbar langen Brief: aus dem Sie ſehen ſollen, daß Sie ſich nicht mit mir wie mit dem Ci-devant unterhalten, daß Sie nicht
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Sie ſich eine eigne Stätte in meinem Herzen erbaut. Von
unſern Affairen künftig. Latrobe war zweimal bei mir. Er
gefällt mir ſo —! daß ich ihm austérité und krauſe Haare
verzeihe. So lächerlich dies klingt, ſo viel will es ſagen. Ob
ich ihn ſatisfaiſire, weiß ich nicht. Ich glaub’ es nicht. Er
hat zu viel von mir gehört, und hört zu wenig von mir. Er
kommt zu ſelten. Kurz, er iſt wie ich: und darum kommen
wir nicht zuſammen. Zu fein, zu ſkrupulös. Ich lieb’ ihn
ſehr. Er ſieht ſchon aus wie ein Menſch. Ich vertraute ihm
à diserétion. Ich muß mit Mama weg. Sie nimmt mich
mit nach der Stadt. Adieu. Sonnabend das Weitere.
R. L.
An Guſtav von Brinckmann, in Paris.
Berlin, den 11. Februar 1799.
Ein échantillon von einem Brief, den Sie bekommen ſol-
len, mein lieber Freund, iſt das nur. Auf jede Zeile in Ih-
ren drei Briefen werde ich Ihnen antworten; und ſo, daß
Sie zufrieden ſein ſollen; Sie hätten dieſe Antwort ſchon,
aber Friedrich Schlegeln fiel einmal vor ein paar Wochen
ein, Sie ſeien von Paris nach Stockholm geſchickt, alſo war-
tete ich noch; und nun war die Stimmung und der im Kopf
komponirte Brief verloren. Sie ſollen aber, bei allen Höllen-
plagen ſei’s geſchworen! (die wir hier genießen) nichts ver-
lieren: Sie bekommen in ein paar Wochen einen furchtbar
langen Brief: aus dem Sie ſehen ſollen, daß Sie ſich nicht
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/190>, abgerufen am 20.11.2024.
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