Goethe's Faust. Andeutungen über Sinn und Zu¬ sammenhang des ersten und zweiten Theils der Tragödie. Von Dr. F. Deycks. Koblenz, 1834. 8.
Gleich nach dem Erscheinen des zweiten Theils von Goethe's Faust gab Rosenkranz in diesen Jahrbüchern einen kritischen Ueberblick des neuen Werkes. Den ersten Worten, welche über diese Fortsetzung und diesen Abschluß des wunderbaren Gedichtes gesprochen wurden, das neben einer vielbekannten und vertrauten Seite plötzlich eine befremdende und überraschende zeigte, ge¬ ziemte eine gewisse Zurückhaltung in dem Allgemeinen, welche jedoch nicht hinderte, daß der Inhalt scharfsinnig erfaßt, glücklich gedeutet und die reichen Gestaltungen und Bezüge des Ganzen zu eindringlichem Verständniß eröffnet wurden. Seit zwei Jahren, daß wir den voll¬ endeten Faust besitzen, ist keine andre Stimme laut ge¬ worden, welche mit gleicher Tiefe und Gründlichkeit darüber gesprochen hätte, und wir glauben, daß der erwähnte Aufsatz, den doch der Verfasser selbst nur als einen vorläufigen ansehen will, auf weithinaus die Grund¬ lage und Richtung für alle gesunde Kritik des Faust wird bleiben müssen.
Jedoch läßt Rosenkranz, der es selber ausspricht, daß Jahre verschwinden werden, bevor der Sinn des
Goethe's Fauſt. Andeutungen uͤber Sinn und Zu¬ ſammenhang des erſten und zweiten Theils der Tragoͤdie. Von Dr. F. Deycks. Koblenz, 1834. 8.
Gleich nach dem Erſcheinen des zweiten Theils von Goethe's Fauſt gab Roſenkranz in dieſen Jahrbuͤchern einen kritiſchen Ueberblick des neuen Werkes. Den erſten Worten, welche uͤber dieſe Fortſetzung und dieſen Abſchluß des wunderbaren Gedichtes geſprochen wurden, das neben einer vielbekannten und vertrauten Seite ploͤtzlich eine befremdende und uͤberraſchende zeigte, ge¬ ziemte eine gewiſſe Zuruͤckhaltung in dem Allgemeinen, welche jedoch nicht hinderte, daß der Inhalt ſcharfſinnig erfaßt, gluͤcklich gedeutet und die reichen Geſtaltungen und Bezuͤge des Ganzen zu eindringlichem Verſtaͤndniß eroͤffnet wurden. Seit zwei Jahren, daß wir den voll¬ endeten Fauſt beſitzen, iſt keine andre Stimme laut ge¬ worden, welche mit gleicher Tiefe und Gruͤndlichkeit daruͤber geſprochen haͤtte, und wir glauben, daß der erwaͤhnte Aufſatz, den doch der Verfaſſer ſelbſt nur als einen vorlaͤufigen anſehen will, auf weithinaus die Grund¬ lage und Richtung fuͤr alle geſunde Kritik des Fauſt wird bleiben muͤſſen.
Jedoch laͤßt Roſenkranz, der es ſelber ausſpricht, daß Jahre verſchwinden werden, bevor der Sinn des
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Goethe's Fauſt. Andeutungen uͤber Sinn und Zu¬
ſammenhang des erſten und zweiten Theils der
Tragoͤdie. Von Dr. F. Deycks. Koblenz,
1834. 8.
Gleich nach dem Erſcheinen des zweiten Theils von
Goethe's Fauſt gab Roſenkranz in dieſen Jahrbuͤchern
einen kritiſchen Ueberblick des neuen Werkes. Den
erſten Worten, welche uͤber dieſe Fortſetzung und dieſen
Abſchluß des wunderbaren Gedichtes geſprochen wurden,
das neben einer vielbekannten und vertrauten Seite
ploͤtzlich eine befremdende und uͤberraſchende zeigte, ge¬
ziemte eine gewiſſe Zuruͤckhaltung in dem Allgemeinen,
welche jedoch nicht hinderte, daß der Inhalt ſcharfſinnig
erfaßt, gluͤcklich gedeutet und die reichen Geſtaltungen
und Bezuͤge des Ganzen zu eindringlichem Verſtaͤndniß
eroͤffnet wurden. Seit zwei Jahren, daß wir den voll¬
endeten Fauſt beſitzen, iſt keine andre Stimme laut ge¬
worden, welche mit gleicher Tiefe und Gruͤndlichkeit
daruͤber geſprochen haͤtte, und wir glauben, daß der
erwaͤhnte Aufſatz, den doch der Verfaſſer ſelbſt nur als
einen vorlaͤufigen anſehen will, auf weithinaus die Grund¬
lage und Richtung fuͤr alle geſunde Kritik des Fauſt
wird bleiben muͤſſen.
Jedoch laͤßt Roſenkranz, der es ſelber ausſpricht,
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/437>, abgerufen am 21.11.2024.
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