und gestehe er, daß ihn der Neid getrieben; durch welches schalkhafte Bekenntniß nun gleichsam von selbst die umgekehrte Probe von Cendrillons Pantoffel erfolgt, denn dem feinen gewandten Fuße, welcher den plumpen schmierigen Stiefel unter die Menge geschleudert, kann dieser nimmermehr passen und angehören, aber die vielen Andern -- mögen zusehen, wie sie das Anprobiren vermeiden! --
Ueber Goethe's Faust, als Einleitung zu Vorträ¬ gen darüber. Von Dr. K. E. Schubarth. Hirschberg, 1833. 4.
Wir dürfen diese kleine Schrift nicht mit Still¬ schweigen übergehen, obgleich der Anlaß, ihren Inhalt vollständig zu beleuchten, hier nicht dringend genug ist. Herr Schubarth hat sich bisher durch Schriften ausge¬ zeichnet, welche ein eigenthümliches kritisches Talent kund geben, das aber in einer gewissen Einsamkeit ver¬ harrt. Diese Einsamkeit besteht indeß nicht darin, daß er in öde, noch kaum besuchte Orte vordringt, und hier einen mühsamen, dankenswerthen Anbau versucht: nein, er verkehrt auf den belebtesten Plätzen unsrer Kritik, behandelt deren schon am meisten bearbeitete Gegenstände, und gründet und stützt sich auf alle besten Vorarbeiten. Das Eigenthümliche und Einsame, das
und geſtehe er, daß ihn der Neid getrieben; durch welches ſchalkhafte Bekenntniß nun gleichſam von ſelbſt die umgekehrte Probe von Cendrillons Pantoffel erfolgt, denn dem feinen gewandten Fuße, welcher den plumpen ſchmierigen Stiefel unter die Menge geſchleudert, kann dieſer nimmermehr paſſen und angehoͤren, aber die vielen Andern — moͤgen zuſehen, wie ſie das Anprobiren vermeiden! —
Ueber Goethe's Fauſt, als Einleitung zu Vortraͤ¬ gen daruͤber. Von Dr. K. E. Schubarth. Hirſchberg, 1833. 4.
Wir duͤrfen dieſe kleine Schrift nicht mit Still¬ ſchweigen uͤbergehen, obgleich der Anlaß, ihren Inhalt vollſtaͤndig zu beleuchten, hier nicht dringend genug iſt. Herr Schubarth hat ſich bisher durch Schriften ausge¬ zeichnet, welche ein eigenthuͤmliches kritiſches Talent kund geben, das aber in einer gewiſſen Einſamkeit ver¬ harrt. Dieſe Einſamkeit beſteht indeß nicht darin, daß er in oͤde, noch kaum beſuchte Orte vordringt, und hier einen muͤhſamen, dankenswerthen Anbau verſucht: nein, er verkehrt auf den belebteſten Plaͤtzen unſrer Kritik, behandelt deren ſchon am meiſten bearbeitete Gegenſtaͤnde, und gruͤndet und ſtuͤtzt ſich auf alle beſten Vorarbeiten. Das Eigenthuͤmliche und Einſame, das
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und geſtehe er, daß ihn der Neid getrieben; durch
welches ſchalkhafte Bekenntniß nun gleichſam von ſelbſt
die umgekehrte Probe von Cendrillons Pantoffel erfolgt,
denn dem feinen gewandten Fuße, welcher den plumpen
ſchmierigen Stiefel unter die Menge geſchleudert, kann
dieſer nimmermehr paſſen und angehoͤren, aber die vielen
Andern — moͤgen zuſehen, wie ſie das Anprobiren
vermeiden! —
Ueber Goethe's Fauſt, als Einleitung zu Vortraͤ¬
gen daruͤber. Von Dr. K. E. Schubarth.
Hirſchberg, 1833. 4.
Wir duͤrfen dieſe kleine Schrift nicht mit Still¬
ſchweigen uͤbergehen, obgleich der Anlaß, ihren Inhalt
vollſtaͤndig zu beleuchten, hier nicht dringend genug iſt.
Herr Schubarth hat ſich bisher durch Schriften ausge¬
zeichnet, welche ein eigenthuͤmliches kritiſches Talent
kund geben, das aber in einer gewiſſen Einſamkeit ver¬
harrt. Dieſe Einſamkeit beſteht indeß nicht darin, daß
er in oͤde, noch kaum beſuchte Orte vordringt, und
hier einen muͤhſamen, dankenswerthen Anbau verſucht:
nein, er verkehrt auf den belebteſten Plaͤtzen unſrer
Kritik, behandelt deren ſchon am meiſten bearbeitete
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/400>, abgerufen am 21.11.2024.
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