Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.Das XIII. Capitel. Von Alt-Rom/ und etlichen Raritäten Käysers Augusti. §. 1. MOrmit wir demnach das Königreich Neapolis verlassend/ zwar wol etwas näher herein/ nach Rom uns wenden; jedoch weder von dero großmächtigsten Stadt Magnificenz, noch der Einwohner selbst/ der alten Römer kostbahren Wolllüsten/ die sonderlich in den blühenden ersten Käyserthümen unvergleichlich floriret/ viel gedencken wollen/ als worvon vorlängst alle Bücher voll geschrieben. §. 2. Dieses aber ist nicht in stillschweigen dahin zulegen/ daß Käyser Augustus, gleichwie er ein Feind der vorigen überflüssigen grossen Pracht und gar zu sumtuoesen Splendors, also ein liebhaber der mediocrität/ guter wießnschaften und Künste gewesen/ und sein Land-Hauß unfern Rom/ oder Praetorium, nicht so wol köstlich/ und seinem/ ob schon höchsten Stande gemäß / als außwendig nur mit etwas Busch-Werck und Schattengängen; inwendig aber an stat fürtrefflicher Staruen und Gemählde/ die Wände mit Sachen von blosser antiquität und rarität / als da waren Köpfe und andere Gliedmassen von ungeheuren Thieren/ Riesen Knochen/ und aller Helden Rüstungen/ gezieret/ wie beym Suetonio, in Beschreibung seines Lebens-Lauffs/ am 72. Capitel zu lesen. §. 3. Daß Er gleichwol auch von guten Gemählden zu Judiciren gewust/ und deßwegen das vom Antidoro oder dessen Schüler/ dem Nicia von Athen, gemachte Bildnüß deß Hyacinthi, Ihm/ so gar sehr gefallen lassen/ daß Ers auch/ nach dem er sich der Stadt Alexandria bemächtigt / mit sich nach Rom genommen/ erscheinet auß Plinii Aussage/ (lib. 35. cap. II.) Das XIV. Capitel. Ob Cicero auf Raritäten was gehalten? §. 1. ICh hätte/ der Zeit nach/ dem Ciceroni, in Curioeser aufsuchung deß alten Roms/ vielleicht den Vorgang lassen sollen/ weil er eine mässige Zeit eher/ als Augustus, im Flor gelebt: die würde aber deß Käysers hat billich den Vorzug behalten. §. 2. Was demnach nun hier den Weltberusfenen weisen Römer Ciceronem betrifft; angesehen er nicht allein seiner Beredsamkeit/ Burgermeisterlichen Ampts/ und Civil-qualitäten halben/ in grossem Ansehen gewesen; sondern über dieses auch in ein nicht-geringes Theil der Naturkündigung sich vertiefft/ wie auß seinen Schrifften bekandt/ und dabey an Mitteln / einige rare Sachen für sich zu sammlen/ ihm gäntzlich nicht gefehlet. so ist nur bloß die Frage/ ob er auch würcklich solches gethan? §. 3. Hierauf mit Ja zu antworten/ scheinen uns zu leiten etlich Loca beß Ciceronis selbst in Brieffen nach Athen, an seinen Atticum geschrieben. Denn bald in des ersten Buches fünfften Epistel bittet Er ihn/ ja nicht zu unterlassen/ fallser daselbst einige Ornamenta [fremdsprachliches Material], oder Zierrathen/ zu seiner Schule dienlich/ antreffen möchte/ dieselbe zu kauffen/ und sobald müglich/ zu übersenden. §. 4. Es giebt aber der Context folgenden sechßten/ 7. Und achten Brieffes so fort/ und deutlicher uns an die Haud/ daß sein Verlangen nicht sowol auff einige Natural Raritäten/ als künstlich-außgearbeitete Sachen/ gerichtet gewesen/ die sich zu stifft oder Außziehrung seiner Academie oder Philosophischen hohen Schule/ am meisten geschickt/ und itzt Hermae itzt Hermae Pentelici, itzt Signa Megarica, und andere dergleichen Signa, itzt Hermeraclae genennet werden. §. 5. Hermae nehmlich oder Hermea Signa, daß ist/ kleine Mercurii, oder viereckte kleine Abbildungen deß Mercurii: der gleich wie er vor einen praesidenten der freyen Künste und Beredsamkeit gehalten wurde/ so waren auch diese Hermae ein allgemeines Zeichen (und gleichsam Schutzbild) der damaligen Academien oder Librareien. Und zwar waren sie ohne Händ- und Füsse / mit blossem Haupt/ zu und umb Athen gemacht; zu bezeigen/ das die Beredsamkeit der Kräfften solte sein/ hiemit sie kener äusserlichen Hülffe vonnöthen hätte. Und warumb sie auf ein biß unten hinab vier eckt/ oder auff ein enge-zulauffendes länglichvierkantiges Postamentgen gesetzet/ desseu un- Das XIII. Capitel. Von Alt-Rom/ und etlichen Raritäten Käysers Augusti. §. 1. MOrmit wir demnach das Königreich Neapolis verlassend/ zwar wol etwas näher herein/ nach Rom uns wenden; jedoch weder von dero großmächtigsten Stadt Magnificenz, noch der Einwohner selbst/ der alten Römer kostbahren Wolllüsten/ die sonderlich in den blühenden ersten Käyserthümen unvergleichlich floriret/ viel gedencken wollen/ als worvon vorlängst alle Bücher voll geschrieben. §. 2. Dieses aber ist nicht in stillschweigen dahin zulegen/ daß Käyser Augustus, gleichwie er ein Feind der vorigen überflüssigen grossen Pracht und gar zu sumtuoesen Splendors, also ein liebhaber der mediocrität/ guter wießnschaften und Künste gewesen/ und sein Land-Hauß unfern Rom/ oder Praetorium, nicht so wol köstlich/ und seinem/ ob schon höchsten Stande gemäß / als außwendig nur mit etwas Busch-Werck und Schattengängen; inwendig aber an stat fürtrefflicher Staruen und Gemählde/ die Wände mit Sachen von blosser antiquität und rarität / als da waren Köpfe und andere Gliedmassen von ungeheuren Thieren/ Riesen Knochen/ und aller Helden Rüstungen/ gezieret/ wie beym Suetonio, in Beschreibung seines Lebens-Lauffs/ am 72. Capitel zu lesen. §. 3. Daß Er gleichwol auch von guten Gemählden zu Judiciren gewust/ und deßwegen das vom Antidoro oder dessen Schüler/ dem Niciâ von Athen, gemachte Bildnüß deß Hyacinthi, Ihm/ so gar sehr gefallen lassen/ daß Ers auch/ nach dem er sich der Stadt Alexandria bemächtigt / mit sich nach Rom genommen/ erscheinet auß Plinii Aussage/ (lib. 35. cap. II.) Das XIV. Capitel. Ob Cicero auf Raritäten was gehalten? §. 1. ICh hätte/ der Zeit nach/ dem Ciceroni, in Curioeser aufsuchung deß alten Roms/ vielleicht den Vorgang lassen sollen/ weil er eine mässige Zeit eher/ als Augustus, im Flor gelebt: die würde aber deß Käysers hat billich den Vorzug behalten. §. 2. Was demnach nun hier den Weltberusfenen weisen Römer Ciceronem betrifft; angesehen er nicht allein seiner Beredsamkeit/ Burgermeisterlichen Ampts/ und Civil-qualitäten halben/ in grossem Ansehen gewesen; sondern über dieses auch in ein nicht-geringes Theil der Naturkündigung sich vertiefft/ wie auß seinen Schrifften bekandt/ und dabey an Mitteln / einige rare Sachen für sich zu sammlen/ ihm gäntzlich nicht gefehlet. so ist nur bloß die Frage/ ob er auch würcklich solches gethan? §. 3. Hierauf mit Ja zu antworten/ scheinen uns zu leiten etlich Loca beß Ciceronis selbst in Brieffen nach Athen, an seinen Atticum geschrieben. Denn bald in des ersten Buches fünfften Epistel bittet Er ihn/ ja nicht zu unterlassen/ fallser daselbst einige Ornamenta [fremdsprachliches Material], oder Zierrathen/ zu seiner Schule dienlich/ antreffen möchte/ dieselbe zu kauffen/ und sobald müglich/ zu übersenden. §. 4. Es giebt aber der Context folgenden sechßten/ 7. Und achten Brieffes so fort/ und deutlicher uns an die Haud/ daß sein Verlangen nicht sowol auff einige Natural Raritäten/ als künstlich-außgearbeitete Sachen/ gerichtet gewesen/ die sich zu stifft oder Außziehrung seiner Academie oder Philosophischen hohen Schule/ am meisten geschickt/ und itzt Hermae itzt Hermae Pentelici, itzt Signa Megarica, und andere dergleichen Signa, itzt Hermeraclae genennet werden. §. 5. Hermae nehmlich oder Hermea Signa, daß ist/ kleine Mercurii, oder viereckte kleine Abbildungen deß Mercurii: der gleich wie er vor einen praesidenten der freyen Künste und Beredsamkeit gehalten wurde/ so waren auch diese Hermae ein allgemeines Zeichen (und gleichsam Schutzbild) der damaligen Academien oder Librareien. Und zwar waren sie ohne Händ- und Füsse / mit blossem Haupt/ zu und umb Athen gemacht; zu bezeigen/ das die Beredsamkeit der Kräfften solte sein/ hiemit sie kener äusserlichen Hülffe vonnöthen hätte. 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Dieses aber ist nicht in stillschweigen dahin zulegen/ daß Käyser Augustus, gleichwie er ein Feind der vorigen überflüssigen grossen Pracht und gar zu sumtuoesen Splendors, also ein liebhaber der mediocrität/ guter wießnschaften und Künste gewesen/ und sein Land-Hauß unfern Rom/ oder Praetorium, nicht so wol köstlich/ und seinem/ ob schon höchsten Stande gemäß / als außwendig nur mit etwas Busch-Werck und Schattengängen; inwendig aber an stat fürtrefflicher Staruen und Gemählde/ die Wände mit Sachen von blosser antiquität und rarität / als da waren Köpfe und andere Gliedmassen von ungeheuren Thieren/ Riesen Knochen/ und aller Helden Rüstungen/ gezieret/ wie beym Suetonio, in Beschreibung seines Lebens-Lauffs/ am 72. Capitel zu lesen.</p> <p>§. 3. Daß Er gleichwol auch von guten Gemählden zu Judiciren gewust/ und deßwegen das vom Antidoro oder dessen Schüler/ dem Niciâ von Athen, gemachte Bildnüß deß Hyacinthi, Ihm/ so gar sehr gefallen lassen/ daß Ers auch/ nach dem er sich der Stadt Alexandria bemächtigt / mit sich nach Rom genommen/ erscheinet auß Plinii Aussage/ (lib. 35. cap. II.)</p> </div> <div> <head>Das XIV. Capitel.</head> <p>Ob Cicero auf Raritäten was gehalten?</p> </div> <div> <head>§. 1.</head> <p>ICh hätte/ der Zeit nach/ dem Ciceroni, in Curioeser aufsuchung deß alten Roms/ vielleicht den Vorgang lassen sollen/ weil er eine mässige Zeit eher/ als Augustus, im Flor gelebt: die würde aber deß Käysers hat billich den Vorzug behalten.</p> <p>§. 2. Was demnach nun hier den Weltberusfenen weisen Römer Ciceronem betrifft; angesehen er nicht allein seiner Beredsamkeit/ Burgermeisterlichen Ampts/ und Civil-qualitäten halben/ in grossem Ansehen gewesen; sondern über dieses auch in ein nicht-geringes Theil der Naturkündigung sich vertiefft/ wie auß seinen Schrifften bekandt/ und dabey an Mitteln / einige rare Sachen für sich zu sammlen/ ihm gäntzlich nicht gefehlet. so ist nur bloß die Frage/ ob er auch würcklich solches gethan?</p> <p>§. 3. Hierauf mit Ja zu antworten/ scheinen uns zu leiten etlich Loca beß Ciceronis selbst in Brieffen nach Athen, an seinen Atticum geschrieben. Denn bald in des ersten Buches fünfften Epistel bittet Er ihn/ ja nicht zu unterlassen/ fallser daselbst einige Ornamenta <foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign>, oder Zierrathen/ zu seiner Schule dienlich/ antreffen möchte/ dieselbe zu kauffen/ und sobald müglich/ zu übersenden.</p> <p>§. 4. Es giebt aber der Context folgenden sechßten/ 7. 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Das XIII. Capitel.
Von Alt-Rom/ und etlichen Raritäten Käysers Augusti. §. 1. MOrmit wir demnach das Königreich Neapolis verlassend/ zwar wol etwas näher herein/ nach Rom uns wenden; jedoch weder von dero großmächtigsten Stadt Magnificenz, noch der Einwohner selbst/ der alten Römer kostbahren Wolllüsten/ die sonderlich in den blühenden ersten Käyserthümen unvergleichlich floriret/ viel gedencken wollen/ als worvon vorlängst alle Bücher voll geschrieben.
§. 2. Dieses aber ist nicht in stillschweigen dahin zulegen/ daß Käyser Augustus, gleichwie er ein Feind der vorigen überflüssigen grossen Pracht und gar zu sumtuoesen Splendors, also ein liebhaber der mediocrität/ guter wießnschaften und Künste gewesen/ und sein Land-Hauß unfern Rom/ oder Praetorium, nicht so wol köstlich/ und seinem/ ob schon höchsten Stande gemäß / als außwendig nur mit etwas Busch-Werck und Schattengängen; inwendig aber an stat fürtrefflicher Staruen und Gemählde/ die Wände mit Sachen von blosser antiquität und rarität / als da waren Köpfe und andere Gliedmassen von ungeheuren Thieren/ Riesen Knochen/ und aller Helden Rüstungen/ gezieret/ wie beym Suetonio, in Beschreibung seines Lebens-Lauffs/ am 72. Capitel zu lesen.
§. 3. Daß Er gleichwol auch von guten Gemählden zu Judiciren gewust/ und deßwegen das vom Antidoro oder dessen Schüler/ dem Niciâ von Athen, gemachte Bildnüß deß Hyacinthi, Ihm/ so gar sehr gefallen lassen/ daß Ers auch/ nach dem er sich der Stadt Alexandria bemächtigt / mit sich nach Rom genommen/ erscheinet auß Plinii Aussage/ (lib. 35. cap. II.)
Das XIV. Capitel. Ob Cicero auf Raritäten was gehalten?
§. 1. ICh hätte/ der Zeit nach/ dem Ciceroni, in Curioeser aufsuchung deß alten Roms/ vielleicht den Vorgang lassen sollen/ weil er eine mässige Zeit eher/ als Augustus, im Flor gelebt: die würde aber deß Käysers hat billich den Vorzug behalten.
§. 2. Was demnach nun hier den Weltberusfenen weisen Römer Ciceronem betrifft; angesehen er nicht allein seiner Beredsamkeit/ Burgermeisterlichen Ampts/ und Civil-qualitäten halben/ in grossem Ansehen gewesen; sondern über dieses auch in ein nicht-geringes Theil der Naturkündigung sich vertiefft/ wie auß seinen Schrifften bekandt/ und dabey an Mitteln / einige rare Sachen für sich zu sammlen/ ihm gäntzlich nicht gefehlet. so ist nur bloß die Frage/ ob er auch würcklich solches gethan?
§. 3. Hierauf mit Ja zu antworten/ scheinen uns zu leiten etlich Loca beß Ciceronis selbst in Brieffen nach Athen, an seinen Atticum geschrieben. Denn bald in des ersten Buches fünfften Epistel bittet Er ihn/ ja nicht zu unterlassen/ fallser daselbst einige Ornamenta _ , oder Zierrathen/ zu seiner Schule dienlich/ antreffen möchte/ dieselbe zu kauffen/ und sobald müglich/ zu übersenden.
§. 4. Es giebt aber der Context folgenden sechßten/ 7. Und achten Brieffes so fort/ und deutlicher uns an die Haud/ daß sein Verlangen nicht sowol auff einige Natural Raritäten/ als künstlich-außgearbeitete Sachen/ gerichtet gewesen/ die sich zu stifft oder Außziehrung seiner Academie oder Philosophischen hohen Schule/ am meisten geschickt/ und itzt Hermae itzt Hermae Pentelici, itzt Signa Megarica, und andere dergleichen Signa, itzt Hermeraclae genennet werden.
§. 5. Hermae nehmlich oder Hermea Signa, daß ist/ kleine Mercurii, oder viereckte kleine Abbildungen deß Mercurii: der gleich wie er vor einen praesidenten der freyen Künste und Beredsamkeit gehalten wurde/ so waren auch diese Hermae ein allgemeines Zeichen (und gleichsam Schutzbild) der damaligen Academien oder Librareien. Und zwar waren sie ohne Händ- und Füsse / mit blossem Haupt/ zu und umb Athen gemacht; zu bezeigen/ das die Beredsamkeit der Kräfften solte sein/ hiemit sie kener äusserlichen Hülffe vonnöthen hätte. Und warumb sie auf ein biß unten hinab vier eckt/ oder auff ein enge-zulauffendes länglichvierkantiges Postamentgen gesetzet/ desseu un-
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Zitationshilfe: | Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/651>, abgerufen am 04.03.2025. |