Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.Das IV. Capitel Von der Myrrhen und Fleisch-Leime.
[Abbildung]
§. 1. DIe Myrrhen/ oder MYRRHA, ist ein hartes und truckenes hartzichtes Gummi/ in gelb-braunen oder röthlichten Stücklein/ durch welche graue oder weisse Striemen gehen: hat nebst einem bitteren/ scharffen und aromatischen Geschmack/ einen ziemlich starcken Geruch: kombt aus AEgypten und Mohrenland über Massilien in Sorten/ in grossen ledernen Ballen von 4. biß 5. Centner/ wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 253. berichtet. §. 2. Der Myrrhen-Baum/ worvon solche herfliesset/ ist noch nicht gnugsam untersuchet worden / weßwegen noch verschiedene Meynungen darvon sind/ ob es ein Strauch oder Baum seye? Die meiste Scribenten halten sich an des Plinii Beschreibung/ nach welcher er ohngefehr 5. Ehlen hoch / dornicht/ hart und gewunden seyn soll/ wie in des Sam. Polisii Myrrhologia cap. 4. pag. 10. mit mehrerem davon gehandelt ist: wird von den heutigen Botanicis ad arbores bacciferas referiret/ wie Dale in seinem Pharmacolog. pag. 434. berichtet. Aus diesen Bäumen/ wann sie noch Jung sind/ fliesset von sich selbsten ein Balsamischer Liquor, welcher STACTE genennet wird/ so aber nimmer in Europam kombt/ und deßwegen zu weilen künstlich aus der gemeinen Myrrhen/ durch solution und expression, nachgekünstlet wild; dahero Dioscorides zu seiner Zeit schon zweyerley Stacten/ nemblich den natürlichen und gemachten beschrieben/ wie Schroederus in Pharm. Medico. Chym. p. 196. in Acht genommen hat. §. 3. Es wollen auch einige/ als Fuchsius, Charas und andere zweifflen/ ob die uns bekandte Myrrha recht genuin sey/ indem sie die Wahrzeichen und Eigenschafften/ so Dioscorides ihr beyleget/ nicht habe: und wollen derowegen dasjenige/ was heut zu Tag unter diesem Nahmen verkauffet wird/ vor das Bdellium oder sonsten ein Gummi halten. Allein obbemeldter Parisische Materialist Pomet will solches von sich und seinen Collegen nicht gesagt haben/ und versichert / daß es die rechte Myrrha sey/ welchen auch Bauhinus und Parkinsonus secundiren: Und obgleich einige Kennzeichen daran/ die nur an der gantz frischen (welche grünlicht-roth außsiechet / auch fett und beissend ist/ wie Charas sie zu seinem Theriac hat kommen lassen) zu finden sind / ermangelen/ so ist sie doch deßwegen nicht sogleich vor verdächtig und untauglich zu halten / indem sich dieses simplex sehr lang halten lässet/ wie Charas selbsten in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 122. gestehet. §. 4. Weilen aber diese unsere Myrrha aus dem zerritzten Baum gleichsam mit Gewalt gezwungen wird / so kan es nicht wohl anderst seyn/ daß nicht etwas von den Baum-Rinden und anderem Unrath sich darunter mische/ wann sie in Sorten herausser kommet; weßwegen sie durch ein Sieb gereiniget und die Kleinigkeiten Das IV. Capitel Von der Myrrhen und Fleisch-Leime.
[Abbildung]
§. 1. DIe Myrrhen/ oder MYRRHA, ist ein hartes und truckenes hartzichtes Gummi/ in gelb-braunen oder röthlichten Stücklein/ durch welche graue oder weisse Striemen gehen: hat nebst einem bitteren/ scharffen und aromatischen Geschmack/ einen ziemlich starcken Geruch: kombt aus AEgypten und Mohrenland über Massilien in Sorten/ in grossen ledernen Ballen von 4. biß 5. Centner/ wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 253. berichtet. §. 2. Der Myrrhen-Baum/ worvon solche herfliesset/ ist noch nicht gnugsam untersuchet worden / weßwegen noch verschiedene Meynungen darvon sind/ ob es ein Strauch oder Baum seye? Die meiste Scribenten halten sich an des Plinii Beschreibung/ nach welcher er ohngefehr 5. Ehlen hoch / dornicht/ hart und gewunden seyn soll/ wie in des Sam. Polisii Myrrhologia cap. 4. pag. 10. mit mehrerem davon gehandelt ist: wird von den heutigen Botanicis ad arbores bacciferas referiret/ wie Dale in seinem Pharmacolog. pag. 434. berichtet. Aus diesen Bäumen/ wann sie noch Jung sind/ fliesset von sich selbsten ein Balsamischer Liquor, welcher STACTE genennet wird/ so aber nimmer in Europam kombt/ und deßwegen zu weilen künstlich aus der gemeinen Myrrhen/ durch solution und expression, nachgekünstlet wild; dahero Dioscorides zu seiner Zeit schon zweyerley Stacten/ nemblich den natürlichen und gemachten beschrieben/ wie Schroederus in Pharm. Medico. Chym. p. 196. in Acht genommen hat. §. 3. Es wollen auch einige/ als Fuchsius, Charas und andere zweifflen/ ob die uns bekandte Myrrha recht genuin sey/ indem sie die Wahrzeichen und Eigenschafften/ so Dioscorides ihr beyleget/ nicht habe: und wollen derowegen dasjenige/ was heut zu Tag unter diesem Nahmen verkauffet wird/ vor das Bdellium oder sonsten ein Gummi halten. Allein obbemeldter Parisische Materialist Pomet will solches von sich und seinen Collegen nicht gesagt haben/ und versichert / daß es die rechte Myrrha sey/ welchen auch Bauhinus und Parkinsonus secundiren: Und obgleich einige Kennzeichen daran/ die nur an der gantz frischen (welche grünlicht-roth außsiechet / auch fett und beissend ist/ wie Charas sie zu seinem Theriac hat kommen lassen) zu finden sind / ermangelen/ so ist sie doch deßwegen nicht sogleich vor verdächtig und untauglich zu halten / indem sich dieses simplex sehr lang halten lässet/ wie Charas selbsten in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 122. gestehet. §. 4. Weilen aber diese unsere Myrrha aus dem zerritzten Baum gleichsam mit Gewalt gezwungen wird / so kan es nicht wohl anderst seyn/ daß nicht etwas von den Baum-Rinden und anderem Unrath sich darunter mische/ wann sie in Sorten herausser kommet; weßwegen sie durch ein Sieb gereiniget und die Kleinigkeiten <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0410" n="364"/> </div> <div> <head>Das IV. Capitel</head> <p>Von der Myrrhen und Fleisch-Leime.</p> <p> <figure/> </p> </div> <div> <head>§. 1.</head> <p>DIe Myrrhen/ oder MYRRHA, ist ein hartes und truckenes hartzichtes Gummi/ in gelb-braunen oder röthlichten Stücklein/ durch welche graue oder weisse Striemen gehen: hat nebst einem bitteren/ scharffen und aromatischen Geschmack/ einen ziemlich starcken Geruch: kombt aus AEgypten und Mohrenland über Massilien in Sorten/ in grossen ledernen Ballen von 4. biß 5. Centner/ wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 253. berichtet.</p> </div> <div> <head>§. 2.</head> <p>Der Myrrhen-Baum/ worvon solche herfliesset/ ist noch nicht gnugsam untersuchet worden / weßwegen noch verschiedene Meynungen darvon sind/ ob es ein Strauch oder Baum seye? Die meiste Scribenten halten sich an des Plinii Beschreibung/ nach welcher er ohngefehr 5. Ehlen hoch / dornicht/ hart und gewunden seyn soll/ wie in des Sam. Polisii Myrrhologia cap. 4. pag. 10. mit mehrerem davon gehandelt ist: wird von den heutigen Botanicis ad arbores bacciferas referiret/ wie Dale in seinem Pharmacolog. pag. 434. berichtet. Aus diesen Bäumen/ wann sie noch Jung sind/ fliesset von sich selbsten ein Balsamischer Liquor, welcher</p> <p> <hi rendition="#k">STACTE</hi> </p> <p>genennet wird/ so aber nimmer in Europam kombt/ und deßwegen zu weilen künstlich aus der gemeinen Myrrhen/ durch solution und expression, nachgekünstlet wild; dahero Dioscorides zu seiner Zeit schon zweyerley Stacten/ nemblich den natürlichen und gemachten beschrieben/ wie Schroederus in Pharm. Medico. Chym. p. 196. in Acht genommen hat.</p> </div> <div> <head>§. 3.</head> <p>Es wollen auch einige/ als Fuchsius, Charas und andere zweifflen/ ob die uns bekandte Myrrha recht genuin sey/ indem sie die Wahrzeichen und Eigenschafften/ so Dioscorides ihr beyleget/ nicht habe: und wollen derowegen dasjenige/ was heut zu Tag unter diesem Nahmen verkauffet wird/ vor das Bdellium oder sonsten ein Gummi halten. Allein obbemeldter Parisische Materialist Pomet will solches von sich und seinen Collegen nicht gesagt haben/ und versichert / daß es die rechte Myrrha sey/ welchen auch Bauhinus und Parkinsonus secundiren: Und obgleich einige Kennzeichen daran/ die nur an der gantz frischen (welche grünlicht-roth außsiechet / auch fett und beissend ist/ wie Charas sie zu seinem Theriac hat kommen lassen) zu finden sind / ermangelen/ so ist sie doch deßwegen nicht sogleich vor verdächtig und untauglich zu halten / indem sich dieses simplex sehr lang halten lässet/ wie Charas selbsten in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 122. gestehet.</p> </div> <div> <head>§. 4.</head> <p>Weilen aber diese unsere Myrrha aus dem zerritzten Baum gleichsam mit Gewalt gezwungen wird / so kan es nicht wohl anderst seyn/ daß nicht etwas von den Baum-Rinden und anderem Unrath sich darunter mische/ wann sie in Sorten herausser kommet; weßwegen sie durch ein Sieb gereiniget und die Kleinigkeiten </p> </div> </body> </text> </TEI> [364/0410]
Das IV. Capitel Von der Myrrhen und Fleisch-Leime.
[Abbildung]
§. 1. DIe Myrrhen/ oder MYRRHA, ist ein hartes und truckenes hartzichtes Gummi/ in gelb-braunen oder röthlichten Stücklein/ durch welche graue oder weisse Striemen gehen: hat nebst einem bitteren/ scharffen und aromatischen Geschmack/ einen ziemlich starcken Geruch: kombt aus AEgypten und Mohrenland über Massilien in Sorten/ in grossen ledernen Ballen von 4. biß 5. Centner/ wie Pomet in seiner Material-Kammer p. 253. berichtet.
§. 2. Der Myrrhen-Baum/ worvon solche herfliesset/ ist noch nicht gnugsam untersuchet worden / weßwegen noch verschiedene Meynungen darvon sind/ ob es ein Strauch oder Baum seye? Die meiste Scribenten halten sich an des Plinii Beschreibung/ nach welcher er ohngefehr 5. Ehlen hoch / dornicht/ hart und gewunden seyn soll/ wie in des Sam. Polisii Myrrhologia cap. 4. pag. 10. mit mehrerem davon gehandelt ist: wird von den heutigen Botanicis ad arbores bacciferas referiret/ wie Dale in seinem Pharmacolog. pag. 434. berichtet. Aus diesen Bäumen/ wann sie noch Jung sind/ fliesset von sich selbsten ein Balsamischer Liquor, welcher
STACTE
genennet wird/ so aber nimmer in Europam kombt/ und deßwegen zu weilen künstlich aus der gemeinen Myrrhen/ durch solution und expression, nachgekünstlet wild; dahero Dioscorides zu seiner Zeit schon zweyerley Stacten/ nemblich den natürlichen und gemachten beschrieben/ wie Schroederus in Pharm. Medico. Chym. p. 196. in Acht genommen hat.
§. 3. Es wollen auch einige/ als Fuchsius, Charas und andere zweifflen/ ob die uns bekandte Myrrha recht genuin sey/ indem sie die Wahrzeichen und Eigenschafften/ so Dioscorides ihr beyleget/ nicht habe: und wollen derowegen dasjenige/ was heut zu Tag unter diesem Nahmen verkauffet wird/ vor das Bdellium oder sonsten ein Gummi halten. Allein obbemeldter Parisische Materialist Pomet will solches von sich und seinen Collegen nicht gesagt haben/ und versichert / daß es die rechte Myrrha sey/ welchen auch Bauhinus und Parkinsonus secundiren: Und obgleich einige Kennzeichen daran/ die nur an der gantz frischen (welche grünlicht-roth außsiechet / auch fett und beissend ist/ wie Charas sie zu seinem Theriac hat kommen lassen) zu finden sind / ermangelen/ so ist sie doch deßwegen nicht sogleich vor verdächtig und untauglich zu halten / indem sich dieses simplex sehr lang halten lässet/ wie Charas selbsten in Beschreibung der Theriac-Ingredientien p. 122. gestehet.
§. 4. Weilen aber diese unsere Myrrha aus dem zerritzten Baum gleichsam mit Gewalt gezwungen wird / so kan es nicht wohl anderst seyn/ daß nicht etwas von den Baum-Rinden und anderem Unrath sich darunter mische/ wann sie in Sorten herausser kommet; weßwegen sie durch ein Sieb gereiniget und die Kleinigkeiten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |