Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.Das II. Capitel. Von dem Bemeinen- und Kayser-THEE.
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§. 1. DIe THEE-Blätter sind heut zu Tage so bekandt/ daß es fast ohnnöthig scheinet/ solche weitläufftig zubeschreiben. Damit aber doch auch demselben sein Recht geschehe/ so ist zuwissen/ daß der Thee, wie er den Europäern zu Handen kommet/ aus schwartzen oder dunckel-grünen/ und zusammen gerolten Blätterlein bestehe/ welche eines etwas bitteren / aromatischen und gelind adstringirenden Geschmacks/ auch eines anmuthigen und gleichsam nach frisch gemeyhetem Heu riechenden Geruchs sind: Wird aus Ost-Indien in grossen metallischen Capsulen und Einschlägen (welche aus Calin/ einem gewissem Metall/ so nicht so gut als Zinn / aber viel besser als Bley ist/ bestehen/ und damit ja nichts von der Krafft weggehe/ umb und umb mit Indianischem Papier eingefasset sind) zu 1/4, 1/2. und gantzen Centner durch die Compagnie in Holland und Engelland gebracht/ bey uns aber in kleinen blechinnen Büchsen von 1/4. oder 1/2. Pfund hin und wieder verkauffet. §. 2. Kaum waren diese Blätter kund worden/ so bestrebeten sich die Natur- und Kräuter-Verständigen zuwissen/ von was vor einem Gewächs sie herrühren möchten? Einige / welche am ersten davon geschrieben/ nahmentlich Bontius, Varenius, Olearius, Mandelslo und andere gaben vor/ es wäre ein Kraut. Als aber einige PP. Jesuiten Trigautius, Rhodius, Martini &c. als Missionarii in Chinam und Japponien gekommen/ haben sie in Acht genommen / daß es kein Kraut/ sondern ein kleines Bäumlein oder Strauch sey/ welches die Zähigkeit der Blätter selbsten zeigen konte. Hiermit aber waren die Gelahrten noch nicht vergnüget/ sondern griebelten weiter nach/ ob nicht dergleichen Sträuchlein und Gewächs auch in Europa/ und vielleicht in Teutschland selbsten zu finden sey/ daß man nicht nöthig habe/ das dazumahl noch gar zu theure Thee-Gewächs aus Ost-Indien kommen zulassen? Da dann der berümbte Dänische Medicus, D. Simon Paulli uff die Gedancken kame/ es wäre dieses Bäumlein nichts anders/ als der Chamaeleagnus, teutsch Post genandt/ welche Meynung er in einem besonderen Tractat de Abusu Tabaci & Herb. Thee weitläufftig zu behaupten suchete/ und einer gantzen Medicinischen Facultät zu Paris zu dijudiciren übersandte. Als er aber kurtz darauff auch Herrn Lic. Cleyern, Proto-Medico in Neu-Batavien/ durch seinen Sohn/ Herrn Joannem Joachimum Paulli (welcher dazumahlen selbsten in Ost-Indien reissete) begrüssen/ und umb die wahre Beschaffenheit befragen liesse/ antwortete dieser/ sonsten in allen seinen Relationen gar redliche und auffrichtige Freund/ daß/ ob schon der Thee und die Blätter vom Chamaeleagno an der eusseren Gestalt etwas gleich kämen/ so wäre doch unter beyden Gewächsen noch Das II. Capitel. Von dem Bemeinen- und Kayser-THEE.
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§. 1. DIe THEE-Blätter sind heut zu Tage so bekandt/ daß es fast ohnnöthig scheinet/ solche weitläufftig zubeschreiben. Damit aber doch auch demselben sein Recht geschehe/ so ist zuwissen/ daß der Thee, wie er den Europäern zu Handen kommet/ aus schwartzen oder dunckel-grünen/ und zusammen gerolten Blätterlein bestehe/ welche eines etwas bitteren / aromatischen und gelind adstringirenden Geschmacks/ auch eines anmuthigen und gleichsam nach frisch gemeyhetem Heu riechenden Geruchs sind: Wird aus Ost-Indien in grossen metallischen Capsulen und Einschlägen (welche aus Calin/ einem gewissem Metall/ so nicht so gut als Zinn / aber viel besser als Bley ist/ bestehen/ und damit ja nichts von der Krafft weggehe/ umb und umb mit Indianischem Papier eingefasset sind) zu ¼, ½. und gantzen Centner durch die Compagnie in Holland und Engelland gebracht/ bey uns aber in kleinen blechinnen Büchsen von ¼. oder ½. Pfund hin und wieder verkauffet. §. 2. Kaum waren diese Blätter kund worden/ so bestrebeten sich die Natur- und Kräuter-Verständigen zuwissen/ von was vor einem Gewächs sie herrühren möchten? Einige / welche am ersten davon geschrieben/ nahmentlich Bontius, Varenius, Olearius, Mandelslo und andere gaben vor/ es wäre ein Kraut. Als aber einige PP. Jesuiten Trigautius, Rhodius, Martini &amp;c. als Missionarii in Chinam und Japponien gekommen/ haben sie in Acht genommen / daß es kein Kraut/ sondern ein kleines Bäumlein oder Strauch sey/ welches die Zähigkeit der Blätter selbsten zeigen konte. Hiermit aber waren die Gelahrten noch nicht vergnüget/ sondern griebelten weiter nach/ ob nicht dergleichen Sträuchlein und Gewächs auch in Europa/ und vielleicht in Teutschland selbsten zu finden sey/ daß man nicht nöthig habe/ das dazumahl noch gar zu theure Thee-Gewächs aus Ost-Indien kommen zulassen? Da dann der berümbte Dänische Medicus, D. Simon Paulli uff die Gedancken kame/ es wäre dieses Bäumlein nichts anders/ als der Chamaeleagnus, teutsch Post genandt/ welche Meynung er in einem besonderen Tractat de Abusu Tabaci &amp; Herb. Thée weitläufftig zu behaupten suchete/ und einer gantzen Medicinischen Facultät zu Paris zu dijudiciren übersandte. Als er aber kurtz darauff auch Herrn Lic. Cleyern, Proto-Medico in Neu-Batavien/ durch seinen Sohn/ Herrn Joannem Joachimum Paulli (welcher dazumahlen selbsten in Ost-Indien reissete) begrüssen/ und umb die wahre Beschaffenheit befragen liesse/ antwortete dieser/ sonsten in allen seinen Relationen gar redliche und auffrichtige Freund/ daß/ ob schon der Thee und die Blätter vom Chamaeleagno an der eusseren Gestalt etwas gleich kämen/ so wäre doch unter beyden Gewächsen noch <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0254" n="208"/> </div> <div> <head>Das II. 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Simon Paulli uff die Gedancken kame/ es wäre dieses Bäumlein nichts anders/ als der Chamaeleagnus, teutsch Post genandt/ welche Meynung er in einem besonderen Tractat de Abusu Tabaci &amp;amp; Herb. Thée weitläufftig zu behaupten suchete/ und einer gantzen Medicinischen Facultät zu Paris zu dijudiciren übersandte. Als er aber kurtz darauff auch Herrn Lic. Cleyern, Proto-Medico in Neu-Batavien/ durch seinen Sohn/ Herrn Joannem Joachimum Paulli (welcher dazumahlen selbsten in Ost-Indien reissete) begrüssen/ und umb die wahre Beschaffenheit befragen liesse/ antwortete dieser/ sonsten in allen seinen Relationen gar redliche und auffrichtige Freund/ daß/ ob schon der Thee und die Blätter vom Chamaeleagno an der eusseren Gestalt etwas gleich kämen/ so wäre doch unter beyden Gewächsen noch </p> </div> </body> </text> </TEI> [208/0254]
Das II. Capitel. Von dem Bemeinen- und Kayser-THEE.
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§. 1. DIe THEE-Blätter sind heut zu Tage so bekandt/ daß es fast ohnnöthig scheinet/ solche weitläufftig zubeschreiben. Damit aber doch auch demselben sein Recht geschehe/ so ist zuwissen/ daß der Thee, wie er den Europäern zu Handen kommet/ aus schwartzen oder dunckel-grünen/ und zusammen gerolten Blätterlein bestehe/ welche eines etwas bitteren / aromatischen und gelind adstringirenden Geschmacks/ auch eines anmuthigen und gleichsam nach frisch gemeyhetem Heu riechenden Geruchs sind: Wird aus Ost-Indien in grossen metallischen Capsulen und Einschlägen (welche aus Calin/ einem gewissem Metall/ so nicht so gut als Zinn / aber viel besser als Bley ist/ bestehen/ und damit ja nichts von der Krafft weggehe/ umb und umb mit Indianischem Papier eingefasset sind) zu ¼, ½. und gantzen Centner durch die Compagnie in Holland und Engelland gebracht/ bey uns aber in kleinen blechinnen Büchsen von ¼. oder ½. Pfund hin und wieder verkauffet.
§. 2. Kaum waren diese Blätter kund worden/ so bestrebeten sich die Natur- und Kräuter-Verständigen zuwissen/ von was vor einem Gewächs sie herrühren möchten? Einige / welche am ersten davon geschrieben/ nahmentlich Bontius, Varenius, Olearius, Mandelslo und andere gaben vor/ es wäre ein Kraut. Als aber einige PP. Jesuiten Trigautius, Rhodius, Martini &amp;c. als Missionarii in Chinam und Japponien gekommen/ haben sie in Acht genommen / daß es kein Kraut/ sondern ein kleines Bäumlein oder Strauch sey/ welches die Zähigkeit der Blätter selbsten zeigen konte. Hiermit aber waren die Gelahrten noch nicht vergnüget/ sondern griebelten weiter nach/ ob nicht dergleichen Sträuchlein und Gewächs auch in Europa/ und vielleicht in Teutschland selbsten zu finden sey/ daß man nicht nöthig habe/ das dazumahl noch gar zu theure Thee-Gewächs aus Ost-Indien kommen zulassen? Da dann der berümbte Dänische Medicus, D. Simon Paulli uff die Gedancken kame/ es wäre dieses Bäumlein nichts anders/ als der Chamaeleagnus, teutsch Post genandt/ welche Meynung er in einem besonderen Tractat de Abusu Tabaci &amp; Herb. Thée weitläufftig zu behaupten suchete/ und einer gantzen Medicinischen Facultät zu Paris zu dijudiciren übersandte. Als er aber kurtz darauff auch Herrn Lic. Cleyern, Proto-Medico in Neu-Batavien/ durch seinen Sohn/ Herrn Joannem Joachimum Paulli (welcher dazumahlen selbsten in Ost-Indien reissete) begrüssen/ und umb die wahre Beschaffenheit befragen liesse/ antwortete dieser/ sonsten in allen seinen Relationen gar redliche und auffrichtige Freund/ daß/ ob schon der Thee und die Blätter vom Chamaeleagno an der eusseren Gestalt etwas gleich kämen/ so wäre doch unter beyden Gewächsen noch
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Zitationshilfe: | Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/254>, abgerufen am 23.02.2025. |