Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704.Das XXXI. Capitel. Von der ANCHUSA oder rothen Ochsen-Zung-Wurtzel.
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§. 1. DIe rothe Ochsen-Zung-Wurtzel oder RADIX ANCHUSAE (welche die Frantzosen ORCANETTE heissen) ist eine lange/ dicke und holtzichte Wurtzel/ außwendig blutroth und inwendig weiß/ eines herben und anhaltenden Geschmacks/ ohne Geruch: wird sonsten auch ALCANNA genennet/ weilen sie an statt einiger kostbahren Blätter/ welche vor diesem auß Ost-Indien unter diesem Nahmen gebracht worden/ zum Färben gebraucht wird: wächset häuffig umb Montpelier in Franckreich / obwohlen die beste auß Italien herbey geschaffet wird. §. 2. Das Krautdieser Wurtzel oder die ANCHUSA wird bey uns Teutschen die rothe Ochsen-Zunge genennet/ wächset auch bey uns an dürre Orten/ und wird absonderlich dessen nmb Mayntz viel gefunden: hat Blätter/ wie die rechte Ochsen-Zung und kleine blaue Blümger; indessen ist die Wurtzel bey uns zu dem Färben fast untauglich/ und gibt so keine Röthe/ wie die frembde/ wie Marxius in seiner Teutschen Material Kammer pag. 13. zeiget. §. 3. Die beste ist/ welche nochfrisch und zähe/ doch aber wohl außgetrucknet ist/ außwendig recht blut-roth/ inwendig aber weiß ist/ und wann sie entweder trucken oder naß gerieben wird / auffdem Nagel/ oder der Hand selbsten/ eine schöne rothe Farbe gibt; und weilen die Tinctur nur in der eusse[unleserliches Material]en Rinde stecket/ so hat man die kleine und dünne Wurtzeln hier viel lieber / als die grössere. §. 4. Was den Gebrauch dieser Wurtzel anbelanget/ so wird sie in der Artzney nicht sonderlich genutzet/ ob sie schon innerlich gegen den Durchbruch/ Rothe-Ruhr und Blutstürtzungen nicht undienlich ist. Eusserlich aber wird sie mit gemeinem oder Stein-Oehl extrahirt/ wormit die frische Wunden geheilet werden. Am meisten aber wird sie in den Apothecken ander medicamenten / oder auch den Aquavit roth damit zu färben gebrauchet; wie dann auch die rothe Butter oder Unguentum rubrum potabile damit gemacht wird. Eusserlich wird diese Farb zum Schmincken mißbrauchet und hält Simon Paulli nicht unbillich davor/ daß die so genandte Portugisische Schmincke oder Charta Hispanica davon gemacht werde/ besihe dessen Quadripartitum Botan. p. 198. Sonsten wird sie von den Wachs - Poussirern sehr gesucht/ welche das Wachs damit Das XXXI. Capitel. Von der ANCHUSA oder rothen Ochsen-Zung-Wurtzel.
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§. 1. DIe rothe Ochsen-Zung-Wurtzel oder RADIX ANCHUSAE (welche die Frantzosen ORCANETTE heissen) ist eine lange/ dicke und holtzichte Wurtzel/ außwendig blutroth und inwendig weiß/ eines herben und anhaltenden Geschmacks/ ohne Geruch: wird sonsten auch ALCANNA genennet/ weilen sie an statt einiger kostbahren Blätter/ welche vor diesem auß Ost-Indien unter diesem Nahmen gebracht worden/ zum Färben gebraucht wird: wächset häuffig umb Montpelier in Franckreich / obwohlen die beste auß Italien herbey geschaffet wird. §. 2. Das Krautdieser Wurtzel oder die ANCHUSA wird bey uns Teutschen die rothe Ochsen-Zunge genennet/ wächset auch bey uns an dürre Orten/ und wird absonderlich dessen nmb Mayntz viel gefunden: hat Blätter/ wie die rechte Ochsen-Zung und kleine blaue Blümger; indessen ist die Wurtzel bey uns zu dem Färben fast untauglich/ und gibt so keine Röthe/ wie die frembde/ wie Marxius in seiner Teutschen Material Kammer pag. 13. zeiget. §. 3. Die beste ist/ welche nochfrisch und zähe/ doch aber wohl außgetrucknet ist/ außwendig recht blut-roth/ inwendig aber weiß ist/ und wann sie entweder trucken oder naß gerieben wird / auffdem Nagel/ oder der Hand selbsten/ eine schöne rothe Farbe gibt; und weilen die Tinctur nur in der eusse[unleserliches Material]en Rinde stecket/ so hat man die kleine und dünne Wurtzeln hier viel lieber / als die grössere. §. 4. Was den Gebrauch dieser Wurtzel anbelanget/ so wird sie in der Artzney nicht sonderlich genutzet/ ob sie schon innerlich gegen den Durchbruch/ Rothe-Ruhr und Blutstürtzungen nicht undienlich ist. Eusserlich aber wird sie mit gemeinem oder Stein-Oehl extrahirt/ wormit die frische Wunden geheilet werden. Am meisten aber wird sie in den Apothecken ander medicamenten / oder auch den Aquavit roth damit zu färben gebrauchet; wie dann auch die rothe Butter oder Unguentum rubrum potabile damit gemacht wird. Eusserlich wird diese Farb zum Schmincken mißbrauchet und hält Simon Paulli nicht unbillich davor/ daß die so genandte Portugisische Schmincke oder Charta Hispanica davon gemacht werde/ besihe dessen Quadripartitum Botan. p. 198. Sonsten wird sie von den Wachs - Poussirern sehr gesucht/ welche das Wachs damit <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0242" n="196"/> </div> <div> <head>Das XXXI. Capitel.</head> <p>Von der <hi rendition="#k">ANCHUSA</hi> oder rothen Ochsen-Zung-Wurtzel.</p> <p> <figure/> </p> </div> <div> <head>§. 1.</head> <p>DIe rothe Ochsen-Zung-Wurtzel oder RADIX ANCHUSAE (welche die Frantzosen ORCANETTE heissen) ist eine lange/ dicke und holtzichte Wurtzel/ außwendig blutroth und inwendig weiß/ eines herben und anhaltenden Geschmacks/ ohne Geruch: wird sonsten auch ALCANNA genennet/ weilen sie an statt einiger kostbahren Blätter/ welche vor diesem auß Ost-Indien unter diesem Nahmen gebracht worden/ zum Färben gebraucht wird: wächset häuffig umb Montpelier in Franckreich / obwohlen die beste auß Italien herbey geschaffet wird.</p> </div> <div> <head>§. 2.</head> <p>Das Krautdieser Wurtzel oder die ANCHUSA wird bey uns Teutschen die rothe Ochsen-Zunge genennet/ wächset auch bey uns an dürre Orten/ und wird absonderlich dessen nmb Mayntz viel gefunden: hat Blätter/ wie die rechte Ochsen-Zung und kleine blaue Blümger; indessen ist die Wurtzel bey uns zu dem Färben fast untauglich/ und gibt so keine Röthe/ wie die frembde/ wie Marxius in seiner Teutschen Material Kammer pag. 13. zeiget.</p> </div> <div> <head>§. 3.</head> <p>Die beste ist/ welche nochfrisch und zähe/ doch aber wohl außgetrucknet ist/ außwendig recht blut-roth/ inwendig aber weiß ist/ und wann sie entweder trucken oder naß gerieben wird / auffdem Nagel/ oder der Hand selbsten/ eine schöne rothe Farbe gibt; und weilen die Tinctur nur in der eusse<gap reason="illegible"/>en Rinde stecket/ so hat man die kleine und dünne Wurtzeln hier viel lieber / als die grössere.</p> </div> <div> <head>§. 4.</head> <p>Was den Gebrauch dieser Wurtzel anbelanget/ so wird sie in der Artzney nicht sonderlich genutzet/ ob sie schon innerlich gegen den Durchbruch/ Rothe-Ruhr und Blutstürtzungen nicht undienlich ist. Eusserlich aber wird sie mit gemeinem oder Stein-Oehl extrahirt/ wormit die frische Wunden geheilet werden. Am meisten aber wird sie in den Apothecken ander medicamenten / oder auch den Aquavit roth damit zu färben gebrauchet; wie dann auch die rothe Butter oder Unguentum rubrum potabile damit gemacht wird. Eusserlich wird diese Farb zum Schmincken mißbrauchet und hält Simon Paulli nicht unbillich davor/ daß die so genandte Portugisische Schmincke oder Charta Hispanica davon gemacht werde/ besihe dessen Quadripartitum Botan. p. 198. Sonsten wird sie von den Wachs - Poussirern sehr gesucht/ welche das Wachs damit </p> </div> </body> </text> </TEI> [196/0242]
Das XXXI. Capitel. Von der ANCHUSA oder rothen Ochsen-Zung-Wurtzel.
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§. 1. DIe rothe Ochsen-Zung-Wurtzel oder RADIX ANCHUSAE (welche die Frantzosen ORCANETTE heissen) ist eine lange/ dicke und holtzichte Wurtzel/ außwendig blutroth und inwendig weiß/ eines herben und anhaltenden Geschmacks/ ohne Geruch: wird sonsten auch ALCANNA genennet/ weilen sie an statt einiger kostbahren Blätter/ welche vor diesem auß Ost-Indien unter diesem Nahmen gebracht worden/ zum Färben gebraucht wird: wächset häuffig umb Montpelier in Franckreich / obwohlen die beste auß Italien herbey geschaffet wird.
§. 2. Das Krautdieser Wurtzel oder die ANCHUSA wird bey uns Teutschen die rothe Ochsen-Zunge genennet/ wächset auch bey uns an dürre Orten/ und wird absonderlich dessen nmb Mayntz viel gefunden: hat Blätter/ wie die rechte Ochsen-Zung und kleine blaue Blümger; indessen ist die Wurtzel bey uns zu dem Färben fast untauglich/ und gibt so keine Röthe/ wie die frembde/ wie Marxius in seiner Teutschen Material Kammer pag. 13. zeiget.
§. 3. Die beste ist/ welche nochfrisch und zähe/ doch aber wohl außgetrucknet ist/ außwendig recht blut-roth/ inwendig aber weiß ist/ und wann sie entweder trucken oder naß gerieben wird / auffdem Nagel/ oder der Hand selbsten/ eine schöne rothe Farbe gibt; und weilen die Tinctur nur in der eusse_ en Rinde stecket/ so hat man die kleine und dünne Wurtzeln hier viel lieber / als die grössere.
§. 4. Was den Gebrauch dieser Wurtzel anbelanget/ so wird sie in der Artzney nicht sonderlich genutzet/ ob sie schon innerlich gegen den Durchbruch/ Rothe-Ruhr und Blutstürtzungen nicht undienlich ist. Eusserlich aber wird sie mit gemeinem oder Stein-Oehl extrahirt/ wormit die frische Wunden geheilet werden. Am meisten aber wird sie in den Apothecken ander medicamenten / oder auch den Aquavit roth damit zu färben gebrauchet; wie dann auch die rothe Butter oder Unguentum rubrum potabile damit gemacht wird. Eusserlich wird diese Farb zum Schmincken mißbrauchet und hält Simon Paulli nicht unbillich davor/ daß die so genandte Portugisische Schmincke oder Charta Hispanica davon gemacht werde/ besihe dessen Quadripartitum Botan. p. 198. Sonsten wird sie von den Wachs - Poussirern sehr gesucht/ welche das Wachs damit
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Zitationshilfe: | Valentini, Michael Bernhard: Museum Museorum [...] Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen. Frankfurt (Main), 1704, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentini_museum_1704/242>, abgerufen am 23.02.2025. |