Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
Tage zu dauern scheint, -- finden sich in dem Fruchthälter manche
veränderte Erscheinungen und Sekretionsprodukte. In dem Uterus
der Säugethiere erheben sich die Falten und Zöttchen auf eigen-
thümliche Weise, wie weiter unten noch ausführlich auseinander
gesetzt werden wird, und eine bedeutende Menge von Schleim
wird an der Innenfläche des Fruchthälters abgesondert. Auch bei
dem Menschen geht ohne Zweifel etwas Analoges vor sich. So fan-
den Home und Bauer (Meck. Arch. IV. S. 279.), angeblich 8 Tage
nach der Befruchtung, eine Lage ausgeschwitzter Lymphe auf der
Innenfläche des Uterus, welche ziemlich lange Fasern bildete. John
Burns (Reils Arch. VIII. S. 380--382.) und später K. E. v. Bär
(Untersuchungen über die Gefässverbindung zwischen Mutter und
Frucht. S. 24.) haben Aehnliches beobachtet. Eduard Weber (s. Hilde-
brandts Anatomie, besorgt v. E. H. Weber. IV. S. 466.) fand 7 Tage
nach der Conception die innere Lage des Uterus sehr geröthet, mit
einer blasseren, weicheren, 1/2--1 Linie dicken Lage bedeckt, welche
aus sehr vielen kleinen, senkrecht stehenden Cylindern bestand,
die durch eine schleimigte Membran mit einander verbunden wa-
ren. Alle Cylinderchen endigten mit einem runden, nicht ange-
schwollenen Ende. Manche von ihnen aber hatten eine Länge
von 2--3 Linien, indem die Lage, wo dieses der Fall war, Fal-
ten bildete. Einiges hierher Gehörende s. unten bei Beschreibung
der Decidua.

Endlich wären hier die merkwürdigen Flimmerbewegungen
zu erwähnen, welche Purkinje und ich an der Schleimhaut des
Eileiters der Amphibien, Vögel und Säugethiere entdeckt haben.
Da jedoch dieses Phänomen der ausgebildeten Schleimhaut der
Genitalien in allen Stadien ihres Lebens und ausserdem der der
Respirationsorgane angehört, so kann hier dasselbe nicht ausführ-
lich und besonders berücksichtigt werden. Ich verweise deshalb
auf die vorläufige Nachricht, die wir von dieser Entdeckung in
Joh. Müllers Archiv. Bd. I. Hft. 5. S. 391--400 gegeben haben
und auf unsere Schrift: de phaenomeno generali motus vibra-
torii. Wratisl
. 1825. 4.


III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.

Wir kommen zu einer Periode des Eilebens, welche seit den
ältesten Zeiten der beobachtenden Anatomie und Physiologie viel-

III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.
Tage zu dauern scheint, — finden sich in dem Fruchthälter manche
veränderte Erscheinungen und Sekretionsprodukte. In dem Uterus
der Säugethiere erheben sich die Falten und Zöttchen auf eigen-
thümliche Weise, wie weiter unten noch ausführlich auseinander
gesetzt werden wird, und eine bedeutende Menge von Schleim
wird an der Innenfläche des Fruchthälters abgesondert. Auch bei
dem Menschen geht ohne Zweifel etwas Analoges vor sich. So fan-
den Home und Bauer (Meck. Arch. IV. S. 279.), angeblich 8 Tage
nach der Befruchtung, eine Lage ausgeschwitzter Lymphe auf der
Innenfläche des Uterus, welche ziemlich lange Fasern bildete. John
Burns (Reils Arch. VIII. S. 380—382.) und später K. E. v. Bär
(Untersuchungen über die Gefäſsverbindung zwischen Mutter und
Frucht. S. 24.) haben Aehnliches beobachtet. Eduard Weber (s. Hilde-
brandts Anatomie, besorgt v. E. H. Weber. IV. S. 466.) fand 7 Tage
nach der Conception die innere Lage des Uterus sehr geröthet, mit
einer blasseren, weicheren, ½—1 Linie dicken Lage bedeckt, welche
aus sehr vielen kleinen, senkrecht stehenden Cylindern bestand,
die durch eine schleimigte Membran mit einander verbunden wa-
ren. Alle Cylinderchen endigten mit einem runden, nicht ange-
schwollenen Ende. Manche von ihnen aber hatten eine Länge
von 2—3 Linien, indem die Lage, wo dieses der Fall war, Fal-
ten bildete. Einiges hierher Gehörende s. unten bei Beschreibung
der Decidua.

Endlich wären hier die merkwürdigen Flimmerbewegungen
zu erwähnen, welche Purkinje und ich an der Schleimhaut des
Eileiters der Amphibien, Vögel und Säugethiere entdeckt haben.
Da jedoch dieses Phänomen der ausgebildeten Schleimhaut der
Genitalien in allen Stadien ihres Lebens und auſserdem der der
Respirationsorgane angehört, so kann hier dasselbe nicht ausführ-
lich und besonders berücksichtigt werden. Ich verweise deshalb
auf die vorläufige Nachricht, die wir von dieser Entdeckung in
Joh. Müllers Archiv. Bd. I. Hft. 5. S. 391—400 gegeben haben
und auf unsere Schrift: de phaenomeno generali motus vibra-
torii. Wratisl
. 1825. 4.


III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.

Wir kommen zu einer Periode des Eilebens, welche seit den
ältesten Zeiten der beobachtenden Anatomie und Physiologie viel-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="42"/><fw place="top" type="header">III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.</fw><lb/>
Tage zu dauern scheint, &#x2014; finden sich in dem Fruchthälter manche<lb/>
veränderte Erscheinungen und Sekretionsprodukte. In dem Uterus<lb/>
der Säugethiere erheben sich die Falten und Zöttchen auf eigen-<lb/>
thümliche Weise, wie weiter unten noch ausführlich auseinander<lb/>
gesetzt werden wird, und eine bedeutende Menge von Schleim<lb/>
wird an der Innenfläche des Fruchthälters abgesondert. Auch bei<lb/>
dem Menschen geht ohne Zweifel etwas Analoges vor sich. So fan-<lb/>
den Home und Bauer (Meck. Arch. IV. S. 279.), angeblich 8 Tage<lb/>
nach der Befruchtung, eine Lage ausgeschwitzter Lymphe auf der<lb/>
Innenfläche des Uterus, welche ziemlich lange Fasern bildete. John<lb/>
Burns (Reils Arch. VIII. S. 380&#x2014;382.) und später K. E. v. Bär<lb/>
(Untersuchungen über die Gefä&#x017F;sverbindung zwischen Mutter und<lb/>
Frucht. S. 24.) haben Aehnliches beobachtet. Eduard Weber (s. Hilde-<lb/>
brandts Anatomie, besorgt v. E. H. Weber. IV. S. 466.) fand 7 Tage<lb/>
nach der Conception die innere Lage des Uterus sehr geröthet, mit<lb/>
einer blasseren, weicheren, ½&#x2014;1 Linie dicken Lage bedeckt, welche<lb/>
aus sehr vielen kleinen, senkrecht stehenden Cylindern bestand,<lb/>
die durch eine schleimigte Membran mit einander verbunden wa-<lb/>
ren. Alle Cylinderchen endigten mit einem runden, nicht ange-<lb/>
schwollenen Ende. Manche von ihnen aber hatten eine Länge<lb/>
von 2&#x2014;3 Linien, indem die Lage, wo dieses der Fall war, Fal-<lb/>
ten bildete. Einiges hierher Gehörende s. unten bei Beschreibung<lb/>
der <hi rendition="#i">Decidua</hi>.</p><lb/>
          <p>Endlich wären hier die merkwürdigen Flimmerbewegungen<lb/>
zu erwähnen, welche Purkinje und ich an der Schleimhaut des<lb/>
Eileiters der Amphibien, Vögel und Säugethiere entdeckt haben.<lb/>
Da jedoch dieses Phänomen der ausgebildeten Schleimhaut der<lb/>
Genitalien in allen Stadien ihres Lebens und au&#x017F;serdem der der<lb/>
Respirationsorgane angehört, so kann hier dasselbe nicht ausführ-<lb/>
lich und besonders berücksichtigt werden. Ich verweise deshalb<lb/>
auf die vorläufige Nachricht, die wir von dieser Entdeckung in<lb/>
Joh. Müllers Archiv. Bd. I. Hft. 5. S. 391&#x2014;400 gegeben haben<lb/>
und auf unsere Schrift: <hi rendition="#i">de phaenomeno generali motus vibra-<lb/>
torii. Wratisl</hi>. 1825. 4.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>III. Das Ei während der Fruchtentwickelung.</head><lb/>
          <p>Wir kommen zu einer Periode des Eilebens, welche seit den<lb/>
ältesten Zeiten der beobachtenden Anatomie und Physiologie viel-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0070] III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. Tage zu dauern scheint, — finden sich in dem Fruchthälter manche veränderte Erscheinungen und Sekretionsprodukte. In dem Uterus der Säugethiere erheben sich die Falten und Zöttchen auf eigen- thümliche Weise, wie weiter unten noch ausführlich auseinander gesetzt werden wird, und eine bedeutende Menge von Schleim wird an der Innenfläche des Fruchthälters abgesondert. Auch bei dem Menschen geht ohne Zweifel etwas Analoges vor sich. So fan- den Home und Bauer (Meck. Arch. IV. S. 279.), angeblich 8 Tage nach der Befruchtung, eine Lage ausgeschwitzter Lymphe auf der Innenfläche des Uterus, welche ziemlich lange Fasern bildete. John Burns (Reils Arch. VIII. S. 380—382.) und später K. E. v. Bär (Untersuchungen über die Gefäſsverbindung zwischen Mutter und Frucht. S. 24.) haben Aehnliches beobachtet. Eduard Weber (s. Hilde- brandts Anatomie, besorgt v. E. H. Weber. IV. S. 466.) fand 7 Tage nach der Conception die innere Lage des Uterus sehr geröthet, mit einer blasseren, weicheren, ½—1 Linie dicken Lage bedeckt, welche aus sehr vielen kleinen, senkrecht stehenden Cylindern bestand, die durch eine schleimigte Membran mit einander verbunden wa- ren. Alle Cylinderchen endigten mit einem runden, nicht ange- schwollenen Ende. Manche von ihnen aber hatten eine Länge von 2—3 Linien, indem die Lage, wo dieses der Fall war, Fal- ten bildete. Einiges hierher Gehörende s. unten bei Beschreibung der Decidua. Endlich wären hier die merkwürdigen Flimmerbewegungen zu erwähnen, welche Purkinje und ich an der Schleimhaut des Eileiters der Amphibien, Vögel und Säugethiere entdeckt haben. Da jedoch dieses Phänomen der ausgebildeten Schleimhaut der Genitalien in allen Stadien ihres Lebens und auſserdem der der Respirationsorgane angehört, so kann hier dasselbe nicht ausführ- lich und besonders berücksichtigt werden. Ich verweise deshalb auf die vorläufige Nachricht, die wir von dieser Entdeckung in Joh. Müllers Archiv. Bd. I. Hft. 5. S. 391—400 gegeben haben und auf unsere Schrift: de phaenomeno generali motus vibra- torii. Wratisl. 1825. 4. III. Das Ei während der Fruchtentwickelung. Wir kommen zu einer Periode des Eilebens, welche seit den ältesten Zeiten der beobachtenden Anatomie und Physiologie viel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/70
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/70>, abgerufen am 22.12.2024.