E. H. Weber (Hildebrandts Anatomie IV. S. 393--97.) lie- fert eine mit gewohnter Gründlichkeit zusammengestellte Ausein- andersetzung des Descensus testiculi nach den Erfahrungen von Wrisberg, Hunter, Seiler, Scarpa u. A.
Dies wäre ein möglichst kurzer Auszug aus den wichtigsten Quellen, welche uns über den Descensus testiculi zu Gebote standen. Eigene vollständige Erfahrungen fehlen uns hier noch gänzlich.
E. Entstehung der Nieren nebst den Ureteren und den Nebennieren.
Die erste Spur der Nieren zeigt sich, wie die der keimbe- reitenden Genitalien, lange nach dem Auftreten der Wolffschen Körper. Sie erscheinen bei Schaafen nach Rathke (Abhandl. Thl. II. S. 97.) und bei Schweinen nach meinen Beobachtungen als ein kleines kugliges Gebilde, welches der inneren Oberfläche der Bauchplatten fest ansitzt und in der allerersten Zeit in der Re- gel an diesen sitzen bleibt, ohne den abgegangenen Wolffschen Körpern zu folgen. Die Nieren gehören daher wahrscheinlich ursprünglich dem serösen Blatte an, so wie vielleicht die inneren keimbereitenden Genitalien aus dem Gefässblatte entspringen. Das Nierenrudiment liegt in frühester Zeit mehr nach hinten als spä- terhin, ist im Anfange solid und weder mit warzigen Erhaben- heiten noch mit Fortsätzen oder einem Ureter versehen. Bald jedoch zeigen sich nach Rathke (Abhandl. II. S. 97. tab. 7. fig. 8--12.) auf seiner Oberfläche warzenähnliche Erhöhungen, und um diese Zeit sieht man in dem Innern kleine Kolben, deren dicke, blinde Enden nach aussen, deren Spitzen nach innen lie- gen. Die Kolben sind die Rudimente der Harngefässe. Was nun den Ureter betrifft, so äusserte Rolando (Journ. de Compl. XVI. S. 53.), dass er als eine Ausstülpung der Kloake entstehe. Allein seine ganze Darstellung verleitet sehr zu glauben, dass er dieses Factum keineswegs selbst gesehen, sondern der Analogie der Le- ber, des Pancreas und dgl. gemäss erschlossen habe. Auch ma- chen es die Erfahrungen von Rathke u. A. so wie unsere eige- nen Beobachtungen im höchsten Grade unwahrscheinlich, dass der Vorgang auf diese Weise Statt finde. Denn 1. müsste man dann den Harnleiter vor der Bildung der Harngefässe sehen, welches bestimmt nicht der Fall ist. 2. Müsste er zuerst von gleicher
Von dem Embryo.
E. H. Weber (Hildebrandts Anatomie IV. S. 393—97.) lie- fert eine mit gewohnter Gründlichkeit zusammengestellte Ausein- andersetzung des Descensus testiculi nach den Erfahrungen von Wrisberg, Hunter, Seiler, Scarpa u. A.
Dies wäre ein möglichst kurzer Auszug aus den wichtigsten Quellen, welche uns über den Descensus testiculi zu Gebote standen. Eigene vollständige Erfahrungen fehlen uns hier noch gänzlich.
E. Entstehung der Nieren nebst den Ureteren und den Nebennieren.
Die erste Spur der Nieren zeigt sich, wie die der keimbe- reitenden Genitalien, lange nach dem Auftreten der Wolffschen Körper. Sie erscheinen bei Schaafen nach Rathke (Abhandl. Thl. II. S. 97.) und bei Schweinen nach meinen Beobachtungen als ein kleines kugliges Gebilde, welches der inneren Oberfläche der Bauchplatten fest ansitzt und in der allerersten Zeit in der Re- gel an diesen sitzen bleibt, ohne den abgegangenen Wolffschen Körpern zu folgen. Die Nieren gehören daher wahrscheinlich ursprünglich dem serösen Blatte an, so wie vielleicht die inneren keimbereitenden Genitalien aus dem Gefäſsblatte entspringen. Das Nierenrudiment liegt in frühester Zeit mehr nach hinten als spä- terhin, ist im Anfange solid und weder mit warzigen Erhaben- heiten noch mit Fortsätzen oder einem Ureter versehen. Bald jedoch zeigen sich nach Rathke (Abhandl. II. S. 97. tab. 7. fig. 8—12.) auf seiner Oberfläche warzenähnliche Erhöhungen, und um diese Zeit sieht man in dem Innern kleine Kolben, deren dicke, blinde Enden nach auſsen, deren Spitzen nach innen lie- gen. Die Kolben sind die Rudimente der Harngefäſse. Was nun den Ureter betrifft, so äuſserte Rolando (Journ. de Compl. XVI. S. 53.), daſs er als eine Ausstülpung der Kloake entstehe. Allein seine ganze Darstellung verleitet sehr zu glauben, daſs er dieses Factum keineswegs selbst gesehen, sondern der Analogie der Le- ber, des Pancreas und dgl. gemäſs erschlossen habe. Auch ma- chen es die Erfahrungen von Rathke u. A. so wie unsere eige- nen Beobachtungen im höchsten Grade unwahrscheinlich, daſs der Vorgang auf diese Weise Statt finde. Denn 1. müſste man dann den Harnleiter vor der Bildung der Harngefäſse sehen, welches bestimmt nicht der Fall ist. 2. Müſste er zuerst von gleicher
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0436"n="408"/><fwplace="top"type="header">Von dem Embryo.</fw><lb/><p>E. H. Weber (Hildebrandts Anatomie IV. S. 393—97.) lie-<lb/>
fert eine mit gewohnter Gründlichkeit zusammengestellte Ausein-<lb/>
andersetzung des <hirendition="#i">Descensus testiculi</hi> nach den Erfahrungen von<lb/>
Wrisberg, Hunter, Seiler, Scarpa u. A.</p><lb/><p>Dies wäre ein möglichst kurzer Auszug aus den wichtigsten<lb/>
Quellen, welche uns über den <hirendition="#i">Descensus testiculi</hi> zu Gebote<lb/>
standen. Eigene vollständige Erfahrungen fehlen uns hier noch<lb/>
gänzlich.</p></div><lb/><divn="4"><head>E. <hirendition="#g">Entstehung der Nieren nebst den Ureteren und<lb/>
den Nebennieren</hi>.</head><lb/><p>Die erste Spur der Nieren zeigt sich, wie die der keimbe-<lb/>
reitenden Genitalien, lange nach dem Auftreten der Wolffschen<lb/>
Körper. Sie erscheinen bei Schaafen nach Rathke (Abhandl. Thl.<lb/>
II. S. 97.) und bei Schweinen nach meinen Beobachtungen als<lb/>
ein kleines kugliges Gebilde, welches der inneren Oberfläche der<lb/>
Bauchplatten fest ansitzt und in der allerersten Zeit in der Re-<lb/>
gel an diesen sitzen bleibt, ohne den abgegangenen Wolffschen<lb/>
Körpern zu folgen. Die Nieren gehören daher wahrscheinlich<lb/>
ursprünglich dem serösen Blatte an, so wie vielleicht die inneren<lb/>
keimbereitenden Genitalien aus dem Gefäſsblatte entspringen. Das<lb/>
Nierenrudiment liegt in frühester Zeit mehr nach hinten als spä-<lb/>
terhin, ist im Anfange solid und weder mit warzigen Erhaben-<lb/>
heiten noch mit Fortsätzen oder einem Ureter versehen. Bald<lb/>
jedoch zeigen sich nach Rathke (Abhandl. II. S. 97. tab. 7. fig.<lb/>
8—12.) auf seiner Oberfläche warzenähnliche Erhöhungen, und<lb/>
um diese Zeit sieht man in dem Innern kleine Kolben, deren<lb/>
dicke, blinde Enden nach auſsen, deren Spitzen nach innen lie-<lb/>
gen. Die Kolben sind die Rudimente der Harngefäſse. Was nun<lb/>
den Ureter betrifft, so äuſserte Rolando (<hirendition="#i">Journ. de Compl. XVI.</hi><lb/>
S. 53.), daſs er als eine Ausstülpung der Kloake entstehe. Allein<lb/>
seine ganze Darstellung verleitet sehr zu glauben, daſs er dieses<lb/>
Factum keineswegs selbst gesehen, sondern der Analogie der Le-<lb/>
ber, des Pancreas und dgl. gemäſs erschlossen habe. Auch ma-<lb/>
chen es die Erfahrungen von Rathke u. A. so wie unsere eige-<lb/>
nen Beobachtungen im höchsten Grade unwahrscheinlich, daſs der<lb/>
Vorgang auf diese Weise Statt finde. Denn 1. müſste man dann<lb/>
den Harnleiter vor der Bildung der Harngefäſse sehen, welches<lb/>
bestimmt nicht der Fall ist. 2. Müſste er zuerst von gleicher<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[408/0436]
Von dem Embryo.
E. H. Weber (Hildebrandts Anatomie IV. S. 393—97.) lie-
fert eine mit gewohnter Gründlichkeit zusammengestellte Ausein-
andersetzung des Descensus testiculi nach den Erfahrungen von
Wrisberg, Hunter, Seiler, Scarpa u. A.
Dies wäre ein möglichst kurzer Auszug aus den wichtigsten
Quellen, welche uns über den Descensus testiculi zu Gebote
standen. Eigene vollständige Erfahrungen fehlen uns hier noch
gänzlich.
E. Entstehung der Nieren nebst den Ureteren und
den Nebennieren.
Die erste Spur der Nieren zeigt sich, wie die der keimbe-
reitenden Genitalien, lange nach dem Auftreten der Wolffschen
Körper. Sie erscheinen bei Schaafen nach Rathke (Abhandl. Thl.
II. S. 97.) und bei Schweinen nach meinen Beobachtungen als
ein kleines kugliges Gebilde, welches der inneren Oberfläche der
Bauchplatten fest ansitzt und in der allerersten Zeit in der Re-
gel an diesen sitzen bleibt, ohne den abgegangenen Wolffschen
Körpern zu folgen. Die Nieren gehören daher wahrscheinlich
ursprünglich dem serösen Blatte an, so wie vielleicht die inneren
keimbereitenden Genitalien aus dem Gefäſsblatte entspringen. Das
Nierenrudiment liegt in frühester Zeit mehr nach hinten als spä-
terhin, ist im Anfange solid und weder mit warzigen Erhaben-
heiten noch mit Fortsätzen oder einem Ureter versehen. Bald
jedoch zeigen sich nach Rathke (Abhandl. II. S. 97. tab. 7. fig.
8—12.) auf seiner Oberfläche warzenähnliche Erhöhungen, und
um diese Zeit sieht man in dem Innern kleine Kolben, deren
dicke, blinde Enden nach auſsen, deren Spitzen nach innen lie-
gen. Die Kolben sind die Rudimente der Harngefäſse. Was nun
den Ureter betrifft, so äuſserte Rolando (Journ. de Compl. XVI.
S. 53.), daſs er als eine Ausstülpung der Kloake entstehe. Allein
seine ganze Darstellung verleitet sehr zu glauben, daſs er dieses
Factum keineswegs selbst gesehen, sondern der Analogie der Le-
ber, des Pancreas und dgl. gemäſs erschlossen habe. Auch ma-
chen es die Erfahrungen von Rathke u. A. so wie unsere eige-
nen Beobachtungen im höchsten Grade unwahrscheinlich, daſs der
Vorgang auf diese Weise Statt finde. Denn 1. müſste man dann
den Harnleiter vor der Bildung der Harngefäſse sehen, welches
bestimmt nicht der Fall ist. 2. Müſste er zuerst von gleicher
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/436>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.