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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Von dem Embryo.
gethieren und Vögeln wird dieser letztere Process früher und
zwar zuerst in der Gegend der Nackenkrümmung realisirt.

Die Gelenkknorpel erscheinen verhältnissmässig später, als
die übrigen, sowohl ossificirenden als nicht verknöchernden Knor-
pel. Wenigstens konnte ich z. B. vor der Mitte des dritten
Monates die grossen halbmondförmigen Knorpel des Kniegelenkes
nicht mit Bestimmtheit unterscheiden. Ihre Histiogenie weicht
in Nichts von der der ossificirenden Knorpel ab.

D. Muskeln, Sehnen und Schleimgewebe.

Zwischen dem unteren Centralrohre und seiner Haut und
dem oberen und dessen Haut befindet sich eine Masse von Bil-
dungsstoff, welcher zur Entstehung dieser Theile verwandt wird.
Die von ihr conformirte Schicht ist aber natürlich da am dick-
sten, wo oberes und unteres Centralrohr zusammenstossen, in und
neben der Furche also, welche, wie wir oben gesehen haben, für die
Extremitätenbildung bestimmend ist. Allein da das untere Central-
rohr das obere bald in seinem Diameter bei Weitem übertrifft, so ist
die Masse der genannten Bildungsstoffschicht an dem oberen Rohre
stärker und vorzüglich tiefer. Denkt man nun daran, dass die
Extremitätenbildung dazwischen kömmt, und dass das Ende des
Rumpfgliedes, welches aus der Furche hervorkeimt, die Mitte
derselben als hintere Begrenzung hat, dass ferner in gleicher Li-
nie mit den Extremitäten eine Art von Scheidungslinie entsteht,
so sieht man, dass zwischen dieser und der äussersten Grenze des
oberen Rohres ein schmaler langer Kanal übrig bleibt, welcher
von Bildungsstoffe ausgefüllt wird. Dieser wird zuerst am Kör-
per zu willkührlichen Muskeln umgewandelt. Zu der Zeit, wo
es geschieht, hat die Längenaxe des Embryo zwei Hauptkrüm-
mungen, die des Nackens und die der Sakralgegend. Zuerst an
der letzteren und bald darauf an der ersteren tritt die Muskelfa-
serbildung hervor. Sie dehnt sich von beiden Punkten so weit
aus, dass bald ein deutlicher Längsmuskel entsteht. Wir finden
dann bei achtwöchentlichen Embryonen zu jeder Seite des obe-
ren Centralrohres ein muskulöses Längsgebilde, wie es schon E.
H. Weber (eck. Arch. 1827. S. 232. und Hildebrandt's Anat. I.
S. 405.) beschrieben hat. Es ist dieses aber nicht bloss das Ru-
diment des sacrolumbaris, sondern der beiden untersten Schich-
ten der Rückenmuskeln. Denn mit weiterer Ausbildung der Ex-

Von dem Embryo.
gethieren und Vögeln wird dieser letztere Proceſs früher und
zwar zuerst in der Gegend der Nackenkrümmung realisirt.

Die Gelenkknorpel erscheinen verhältniſsmäſsig später, als
die übrigen, sowohl ossificirenden als nicht verknöchernden Knor-
pel. Wenigstens konnte ich z. B. vor der Mitte des dritten
Monates die groſsen halbmondförmigen Knorpel des Kniegelenkes
nicht mit Bestimmtheit unterscheiden. Ihre Histiogenie weicht
in Nichts von der der ossificirenden Knorpel ab.

D. Muskeln, Sehnen und Schleimgewebe.

Zwischen dem unteren Centralrohre und seiner Haut und
dem oberen und dessen Haut befindet sich eine Masse von Bil-
dungsstoff, welcher zur Entstehung dieser Theile verwandt wird.
Die von ihr conformirte Schicht ist aber natürlich da am dick-
sten, wo oberes und unteres Centralrohr zusammenstoſsen, in und
neben der Furche also, welche, wie wir oben gesehen haben, für die
Extremitätenbildung bestimmend ist. Allein da das untere Central-
rohr das obere bald in seinem Diameter bei Weitem übertrifft, so ist
die Masse der genannten Bildungsstoffschicht an dem oberen Rohre
stärker und vorzüglich tiefer. Denkt man nun daran, daſs die
Extremitätenbildung dazwischen kömmt, und daſs das Ende des
Rumpfgliedes, welches aus der Furche hervorkeimt, die Mitte
derselben als hintere Begrenzung hat, daſs ferner in gleicher Li-
nie mit den Extremitäten eine Art von Scheidungslinie entsteht,
so sieht man, daſs zwischen dieser und der äuſsersten Grenze des
oberen Rohres ein schmaler langer Kanal übrig bleibt, welcher
von Bildungsstoffe ausgefüllt wird. Dieser wird zuerst am Kör-
per zu willkührlichen Muskeln umgewandelt. Zu der Zeit, wo
es geschieht, hat die Längenaxe des Embryo zwei Hauptkrüm-
mungen, die des Nackens und die der Sakralgegend. Zuerst an
der letzteren und bald darauf an der ersteren tritt die Muskelfa-
serbildung hervor. Sie dehnt sich von beiden Punkten so weit
aus, daſs bald ein deutlicher Längsmuskel entsteht. Wir finden
dann bei achtwöchentlichen Embryonen zu jeder Seite des obe-
ren Centralrohres ein muskulöses Längsgebilde, wie es schon E.
H. Weber (eck. Arch. 1827. S. 232. und Hildebrandt’s Anat. I.
S. 405.) beschrieben hat. Es ist dieses aber nicht bloſs das Ru-
diment des sacrolumbaris, sondern der beiden untersten Schich-
ten der Rückenmuskeln. Denn mit weiterer Ausbildung der Ex-

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[266/0294] Von dem Embryo. gethieren und Vögeln wird dieser letztere Proceſs früher und zwar zuerst in der Gegend der Nackenkrümmung realisirt. Die Gelenkknorpel erscheinen verhältniſsmäſsig später, als die übrigen, sowohl ossificirenden als nicht verknöchernden Knor- pel. Wenigstens konnte ich z. B. vor der Mitte des dritten Monates die groſsen halbmondförmigen Knorpel des Kniegelenkes nicht mit Bestimmtheit unterscheiden. Ihre Histiogenie weicht in Nichts von der der ossificirenden Knorpel ab. D. Muskeln, Sehnen und Schleimgewebe. Zwischen dem unteren Centralrohre und seiner Haut und dem oberen und dessen Haut befindet sich eine Masse von Bil- dungsstoff, welcher zur Entstehung dieser Theile verwandt wird. Die von ihr conformirte Schicht ist aber natürlich da am dick- sten, wo oberes und unteres Centralrohr zusammenstoſsen, in und neben der Furche also, welche, wie wir oben gesehen haben, für die Extremitätenbildung bestimmend ist. Allein da das untere Central- rohr das obere bald in seinem Diameter bei Weitem übertrifft, so ist die Masse der genannten Bildungsstoffschicht an dem oberen Rohre stärker und vorzüglich tiefer. Denkt man nun daran, daſs die Extremitätenbildung dazwischen kömmt, und daſs das Ende des Rumpfgliedes, welches aus der Furche hervorkeimt, die Mitte derselben als hintere Begrenzung hat, daſs ferner in gleicher Li- nie mit den Extremitäten eine Art von Scheidungslinie entsteht, so sieht man, daſs zwischen dieser und der äuſsersten Grenze des oberen Rohres ein schmaler langer Kanal übrig bleibt, welcher von Bildungsstoffe ausgefüllt wird. Dieser wird zuerst am Kör- per zu willkührlichen Muskeln umgewandelt. Zu der Zeit, wo es geschieht, hat die Längenaxe des Embryo zwei Hauptkrüm- mungen, die des Nackens und die der Sakralgegend. Zuerst an der letzteren und bald darauf an der ersteren tritt die Muskelfa- serbildung hervor. Sie dehnt sich von beiden Punkten so weit aus, daſs bald ein deutlicher Längsmuskel entsteht. Wir finden dann bei achtwöchentlichen Embryonen zu jeder Seite des obe- ren Centralrohres ein muskulöses Längsgebilde, wie es schon E. H. Weber (eck. Arch. 1827. S. 232. und Hildebrandt’s Anat. I. S. 405.) beschrieben hat. Es ist dieses aber nicht bloſs das Ru- diment des sacrolumbaris, sondern der beiden untersten Schich- ten der Rückenmuskeln. Denn mit weiterer Ausbildung der Ex-

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/294>, abgerufen am 21.11.2024.