mengenommen zu betrachten, wenn man von denen Veränderungen des Menschen ein ge- sundes Urtheil fällen will. Dieses ist in der That bloß und allein die Ursach, warum zwi- schen denen Metaphysickverständigen und Artz- neygelehrten, eine beständige Uneinigkeit ist, weil es denen letztern unmöglich fällt, die Har- monie in die Schulen der Meditrine einzu- führen, noch vielweniger aber, sie mit vor das Kranckenbette zu bringen. Es ist wahr, wir haben einige rare Exempel von Artzneyverstän- digen, welche die Harmonie zum Grunde ge- legt, und ein Lehrgebäude der Artzneygelahrheit darauf haben erbauen wollen. Allein es ist schade, daß dieses Werck nicht Fortgang ge- habt hat, welche Sache iedoch geduldige Ge- müther nur dem Wollen und nicht Wollen dieser neuen Artzneygelehrten schuld geben.
§. 9.
Die Meinungen, welche ich ietzo vorgetra- gen, zielen meistentheils dahinaus, die Ueberein- stimmung der Veränderungen des Körpers mit denen in der Sele begreiflich zu machen. Es ist nichts mehr übrig, als daß ich derer Jnflu- xionisten noch gedencke. Diese bilden sich ein, die Sele enthalte den Grund gewisser Ver- änderungen ihres Körpers gantz allein in sich, und wiederum könne man den hinreichenden Grund einiger Veränderungen in der Sele, allein aus der Kraft des Körpers bestimmen. Sie sind also denen Harmonisten gerade entge-
gen
mengenommen zu betrachten, wenn man von denen Veraͤnderungen des Menſchen ein ge- ſundes Urtheil faͤllen will. Dieſes iſt in der That bloß und allein die Urſach, warum zwi- ſchen denen Metaphyſickverſtaͤndigen und Artz- neygelehrten, eine beſtaͤndige Uneinigkeit iſt, weil es denen letztern unmoͤglich faͤllt, die Har- monie in die Schulen der Meditrine einzu- fuͤhren, noch vielweniger aber, ſie mit vor das Kranckenbette zu bringen. Es iſt wahr, wir haben einige rare Exempel von Artzneyverſtaͤn- digen, welche die Harmonie zum Grunde ge- legt, und ein Lehrgebaͤude der Artzneygelahrheit darauf haben erbauen wollen. Allein es iſt ſchade, daß dieſes Werck nicht Fortgang ge- habt hat, welche Sache iedoch geduldige Ge- muͤther nur dem Wollen und nicht Wollen dieſer neuen Artzneygelehrten ſchuld geben.
§. 9.
Die Meinungen, welche ich ietzo vorgetra- gen, zielen meiſtentheils dahinaus, die Ueberein- ſtimmung der Veraͤnderungen des Koͤrpers mit denen in der Sele begreiflich zu machen. Es iſt nichts mehr uͤbrig, als daß ich derer Jnflu- xioniſten noch gedencke. Dieſe bilden ſich ein, die Sele enthalte den Grund gewiſſer Ver- aͤnderungen ihres Koͤrpers gantz allein in ſich, und wiederum koͤnne man den hinreichenden Grund einiger Veraͤnderungen in der Sele, allein aus der Kraft des Koͤrpers beſtimmen. Sie ſind alſo denen Harmoniſten gerade entge-
gen
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mengenommen zu betrachten, wenn man von
denen Veraͤnderungen des Menſchen ein ge-
ſundes Urtheil faͤllen will. Dieſes iſt in der
That bloß und allein die Urſach, warum zwi-
ſchen denen Metaphyſickverſtaͤndigen und Artz-
neygelehrten, eine beſtaͤndige Uneinigkeit iſt,
weil es denen letztern unmoͤglich faͤllt, die Har-
monie in die Schulen der Meditrine einzu-
fuͤhren, noch vielweniger aber, ſie mit vor das
Kranckenbette zu bringen. Es iſt wahr, wir
haben einige rare Exempel von Artzneyverſtaͤn-
digen, welche die Harmonie zum Grunde ge-
legt, und ein Lehrgebaͤude der Artzneygelahrheit
darauf haben erbauen wollen. Allein es iſt
ſchade, daß dieſes Werck nicht Fortgang ge-
habt hat, welche Sache iedoch geduldige Ge-
muͤther nur dem Wollen und nicht Wollen
dieſer neuen Artzneygelehrten ſchuld geben.
§. 9.
Die Meinungen, welche ich ietzo vorgetra-
gen, zielen meiſtentheils dahinaus, die Ueberein-
ſtimmung der Veraͤnderungen des Koͤrpers mit
denen in der Sele begreiflich zu machen. Es
iſt nichts mehr uͤbrig, als daß ich derer Jnflu-
xioniſten noch gedencke. Dieſe bilden ſich
ein, die Sele enthalte den Grund gewiſſer Ver-
aͤnderungen ihres Koͤrpers gantz allein in ſich,
und wiederum koͤnne man den hinreichenden
Grund einiger Veraͤnderungen in der Sele,
allein aus der Kraft des Koͤrpers beſtimmen.
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/56>, abgerufen am 03.03.2025.
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