Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

den Schlaf verursache; so lange wird man auch
glauben müssen, daß ein Körper in die Sele
würcken könne. Eben dieses gilt auch von
dem Bilsenkraut und Maßlach. Das erstere
benimt denen Menschen den Gebrauch ihrer
Vernunft, und des letzteren pflegen sich die
Türcken zu bedienen, wenn sie einmal recht
ausschweifend lustig seyn wollen. Sie nehmen
es alsdenn zu sich, und nachdem dieses gesche-
hen, unternehmen sie die allernärrischten Hand-
lungen; schlafen hernachmals eine Zeitlang dar-
auf, und wenn sie wieder erwachen, so wissen
sie von dem allen nichts, was seit der Zeit da
sie Maßlach zu sich genommen, mit ihnen vor-
gefallen. Wer wolte also wol zweifeln, daß
diese Veränderungen der Sele von denen ge-
brauchten Artzneyen herrühren, und da diesem
also ist; so kan auch niemand daran zweifeln,
daß der Körper in die Sele, und diese hinwie-
derum in ihn zurück würcke, wo man anders
nicht behaupten will, es passe sich dieses alles
nur durch ein wunderbares Ohngefehr zusam-
men. Ein solches Ohngefehr ist aber ein Et-
was das wir nicht wissen, aber eine Sache
von welcher die Mode fordert, daß man glau-
be und sage, man begreife sie auf das voll-
kommenste.

§. 37.

Jch kan nicht umhin bey dieser Gelegenheit
einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns
der berühmte Herr Haller berichtet, und die

man

den Schlaf verurſache; ſo lange wird man auch
glauben muͤſſen, daß ein Koͤrper in die Sele
wuͤrcken koͤnne. Eben dieſes gilt auch von
dem Bilſenkraut und Maßlach. Das erſtere
benimt denen Menſchen den Gebrauch ihrer
Vernunft, und des letzteren pflegen ſich die
Tuͤrcken zu bedienen, wenn ſie einmal recht
ausſchweifend luſtig ſeyn wollen. Sie nehmen
es alsdenn zu ſich, und nachdem dieſes geſche-
hen, unternehmen ſie die allernaͤrriſchten Hand-
lungen; ſchlafen hernachmals eine Zeitlang dar-
auf, und wenn ſie wieder erwachen, ſo wiſſen
ſie von dem allen nichts, was ſeit der Zeit da
ſie Maßlach zu ſich genommen, mit ihnen vor-
gefallen. Wer wolte alſo wol zweifeln, daß
dieſe Veraͤnderungen der Sele von denen ge-
brauchten Artzneyen herruͤhren, und da dieſem
alſo iſt; ſo kan auch niemand daran zweifeln,
daß der Koͤrper in die Sele, und dieſe hinwie-
derum in ihn zuruͤck wuͤrcke, wo man anders
nicht behaupten will, es paſſe ſich dieſes alles
nur durch ein wunderbares Ohngefehr zuſam-
men. Ein ſolches Ohngefehr iſt aber ein Et-
was das wir nicht wiſſen, aber eine Sache
von welcher die Mode fordert, daß man glau-
be und ſage, man begreife ſie auf das voll-
kommenſte.

§. 37.

Jch kan nicht umhin bey dieſer Gelegenheit
einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns
der beruͤhmte Herr Haller berichtet, und die

man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0122" n="92"/>
den Schlaf verur&#x017F;ache; &#x017F;o lange wird man auch<lb/>
glauben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß ein Ko&#x0364;rper in die Sele<lb/>
wu&#x0364;rcken ko&#x0364;nne. Eben die&#x017F;es gilt auch von<lb/>
dem Bil&#x017F;enkraut und Maßlach. Das er&#x017F;tere<lb/>
benimt denen Men&#x017F;chen den Gebrauch ihrer<lb/>
Vernunft, und des letzteren pflegen &#x017F;ich die<lb/>
Tu&#x0364;rcken zu bedienen, wenn &#x017F;ie einmal recht<lb/>
aus&#x017F;chweifend lu&#x017F;tig &#x017F;eyn wollen. Sie nehmen<lb/>
es alsdenn zu &#x017F;ich, und nachdem die&#x017F;es ge&#x017F;che-<lb/>
hen, unternehmen &#x017F;ie die allerna&#x0364;rri&#x017F;chten Hand-<lb/>
lungen; &#x017F;chlafen hernachmals eine Zeitlang dar-<lb/>
auf, und wenn &#x017F;ie wieder erwachen, &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ie von dem allen nichts, was &#x017F;eit der Zeit da<lb/>
&#x017F;ie Maßlach zu &#x017F;ich genommen, mit ihnen vor-<lb/>
gefallen. Wer wolte al&#x017F;o wol zweifeln, daß<lb/>
die&#x017F;e Vera&#x0364;nderungen der Sele von denen ge-<lb/>
brauchten Artzneyen herru&#x0364;hren, und da die&#x017F;em<lb/>
al&#x017F;o i&#x017F;t; &#x017F;o kan auch niemand daran zweifeln,<lb/>
daß der Ko&#x0364;rper in die Sele, und die&#x017F;e hinwie-<lb/>
derum in ihn zuru&#x0364;ck wu&#x0364;rcke, wo man anders<lb/>
nicht behaupten will, es pa&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich die&#x017F;es alles<lb/>
nur durch ein wunderbares Ohngefehr zu&#x017F;am-<lb/>
men. Ein &#x017F;olches Ohngefehr i&#x017F;t aber ein Et-<lb/>
was das wir nicht wi&#x017F;&#x017F;en, aber eine Sache<lb/>
von welcher die Mode fordert, daß man glau-<lb/>
be und &#x017F;age, man begreife &#x017F;ie auf das voll-<lb/>
kommen&#x017F;te.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 37.</head><lb/>
          <p>Jch kan nicht umhin bey die&#x017F;er Gelegenheit<lb/>
einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns<lb/>
der beru&#x0364;hmte Herr <hi rendition="#fr">Haller</hi> berichtet, und die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0122] den Schlaf verurſache; ſo lange wird man auch glauben muͤſſen, daß ein Koͤrper in die Sele wuͤrcken koͤnne. Eben dieſes gilt auch von dem Bilſenkraut und Maßlach. Das erſtere benimt denen Menſchen den Gebrauch ihrer Vernunft, und des letzteren pflegen ſich die Tuͤrcken zu bedienen, wenn ſie einmal recht ausſchweifend luſtig ſeyn wollen. Sie nehmen es alsdenn zu ſich, und nachdem dieſes geſche- hen, unternehmen ſie die allernaͤrriſchten Hand- lungen; ſchlafen hernachmals eine Zeitlang dar- auf, und wenn ſie wieder erwachen, ſo wiſſen ſie von dem allen nichts, was ſeit der Zeit da ſie Maßlach zu ſich genommen, mit ihnen vor- gefallen. Wer wolte alſo wol zweifeln, daß dieſe Veraͤnderungen der Sele von denen ge- brauchten Artzneyen herruͤhren, und da dieſem alſo iſt; ſo kan auch niemand daran zweifeln, daß der Koͤrper in die Sele, und dieſe hinwie- derum in ihn zuruͤck wuͤrcke, wo man anders nicht behaupten will, es paſſe ſich dieſes alles nur durch ein wunderbares Ohngefehr zuſam- men. Ein ſolches Ohngefehr iſt aber ein Et- was das wir nicht wiſſen, aber eine Sache von welcher die Mode fordert, daß man glau- be und ſage, man begreife ſie auf das voll- kommenſte. §. 37. Jch kan nicht umhin bey dieſer Gelegenheit einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns der beruͤhmte Herr Haller berichtet, und die man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/122
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/122>, abgerufen am 21.12.2024.