den Schlaf verursache; so lange wird man auch glauben müssen, daß ein Körper in die Sele würcken könne. Eben dieses gilt auch von dem Bilsenkraut und Maßlach. Das erstere benimt denen Menschen den Gebrauch ihrer Vernunft, und des letzteren pflegen sich die Türcken zu bedienen, wenn sie einmal recht ausschweifend lustig seyn wollen. Sie nehmen es alsdenn zu sich, und nachdem dieses gesche- hen, unternehmen sie die allernärrischten Hand- lungen; schlafen hernachmals eine Zeitlang dar- auf, und wenn sie wieder erwachen, so wissen sie von dem allen nichts, was seit der Zeit da sie Maßlach zu sich genommen, mit ihnen vor- gefallen. Wer wolte also wol zweifeln, daß diese Veränderungen der Sele von denen ge- brauchten Artzneyen herrühren, und da diesem also ist; so kan auch niemand daran zweifeln, daß der Körper in die Sele, und diese hinwie- derum in ihn zurück würcke, wo man anders nicht behaupten will, es passe sich dieses alles nur durch ein wunderbares Ohngefehr zusam- men. Ein solches Ohngefehr ist aber ein Et- was das wir nicht wissen, aber eine Sache von welcher die Mode fordert, daß man glau- be und sage, man begreife sie auf das voll- kommenste.
§. 37.
Jch kan nicht umhin bey dieser Gelegenheit einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns der berühmte Herr Haller berichtet, und die
man
den Schlaf verurſache; ſo lange wird man auch glauben muͤſſen, daß ein Koͤrper in die Sele wuͤrcken koͤnne. Eben dieſes gilt auch von dem Bilſenkraut und Maßlach. Das erſtere benimt denen Menſchen den Gebrauch ihrer Vernunft, und des letzteren pflegen ſich die Tuͤrcken zu bedienen, wenn ſie einmal recht ausſchweifend luſtig ſeyn wollen. Sie nehmen es alsdenn zu ſich, und nachdem dieſes geſche- hen, unternehmen ſie die allernaͤrriſchten Hand- lungen; ſchlafen hernachmals eine Zeitlang dar- auf, und wenn ſie wieder erwachen, ſo wiſſen ſie von dem allen nichts, was ſeit der Zeit da ſie Maßlach zu ſich genommen, mit ihnen vor- gefallen. Wer wolte alſo wol zweifeln, daß dieſe Veraͤnderungen der Sele von denen ge- brauchten Artzneyen herruͤhren, und da dieſem alſo iſt; ſo kan auch niemand daran zweifeln, daß der Koͤrper in die Sele, und dieſe hinwie- derum in ihn zuruͤck wuͤrcke, wo man anders nicht behaupten will, es paſſe ſich dieſes alles nur durch ein wunderbares Ohngefehr zuſam- men. Ein ſolches Ohngefehr iſt aber ein Et- was das wir nicht wiſſen, aber eine Sache von welcher die Mode fordert, daß man glau- be und ſage, man begreife ſie auf das voll- kommenſte.
§. 37.
Jch kan nicht umhin bey dieſer Gelegenheit einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns der beruͤhmte Herr Haller berichtet, und die
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den Schlaf verurſache; ſo lange wird man auch
glauben muͤſſen, daß ein Koͤrper in die Sele
wuͤrcken koͤnne. Eben dieſes gilt auch von
dem Bilſenkraut und Maßlach. Das erſtere
benimt denen Menſchen den Gebrauch ihrer
Vernunft, und des letzteren pflegen ſich die
Tuͤrcken zu bedienen, wenn ſie einmal recht
ausſchweifend luſtig ſeyn wollen. Sie nehmen
es alsdenn zu ſich, und nachdem dieſes geſche-
hen, unternehmen ſie die allernaͤrriſchten Hand-
lungen; ſchlafen hernachmals eine Zeitlang dar-
auf, und wenn ſie wieder erwachen, ſo wiſſen
ſie von dem allen nichts, was ſeit der Zeit da
ſie Maßlach zu ſich genommen, mit ihnen vor-
gefallen. Wer wolte alſo wol zweifeln, daß
dieſe Veraͤnderungen der Sele von denen ge-
brauchten Artzneyen herruͤhren, und da dieſem
alſo iſt; ſo kan auch niemand daran zweifeln,
daß der Koͤrper in die Sele, und dieſe hinwie-
derum in ihn zuruͤck wuͤrcke, wo man anders
nicht behaupten will, es paſſe ſich dieſes alles
nur durch ein wunderbares Ohngefehr zuſam-
men. Ein ſolches Ohngefehr iſt aber ein Et-
was das wir nicht wiſſen, aber eine Sache
von welcher die Mode fordert, daß man glau-
be und ſage, man begreife ſie auf das voll-
kommenſte.
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Jch kan nicht umhin bey dieſer Gelegenheit
einer Erfahrung Meldung zu thun, welche uns
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/122>, abgerufen am 03.03.2025.
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