oder sonst gänzlich gehindert ist, so daß weder sein ge- wöhnlicher Schlag, noch auch nur das Zucken der Herzoh- ren noch übrig wäre, dennoch das blos thierische Leben noch eine Zeitlang fortsetzen können.
§. 712.
Der gänzliche thierische Tod muß auch erfolgen:
2. durch Alles, was die ursprüngliche thierische Le- benskraft des Gehirns, oder dessen, was seine Stelle ver- tritt, in Absonderung und Ausbreitung der Lebensgeister durchs ganze System der thierischen Maschinen gänzlich aufhebt, §. 710. und sobald alle thierische Wirkungen im Körper, die von dieser Kraft herrühren, völlig aufhö- ren, ist das Thier gänzlich todt. §. 639. So lange demnach die ursprüngliche thierische Lebenskraft des Gehirns auch nur noch im geringsten Grade fortdauret, oder, wenn auch diese völlig aufgehöret hat, so lange nur noch irgend eine thierische Wirkung im Körper übrig ist, die von ihr herrühret, kann man kein Thier für gänzlich todt halten. Die Trennung oder Zerstörung des Gehirns, oder jedes andern Theils des Systems der thierischen Maschinen, der diese ursprüngliche thierische Lebensverrichtung hat, jede Verletzung oder Hinderniß desselben, die sie gänzlich aufhebt, ist zwar eine hinlängliche Ursache des gänzlichen Todes eines Thieres: doch aber kann sein blos thierisches Leben noch so lange fortdauren, als von den bereits ab- geschiedenen Lebensgeistern noch einige in die Nerven über- gehen, oder so lange noch einiger Vorrath von den schon übergegangenen in ihnen übrig ist, daß sie fähig bleiben, Eindrücke sinnlich anzunehmen. Hieraus ist zu erklären, wie Thiere ihr ganzes Gehirn mit dem Kopfe, obgleich darinn allein alle ihre Lebensgeister abgeschieden und von da aus weiter verbreitet würden, oder andre diejenigen Theile des Systems ihrer thierischen Maschinen, worinn solches bey ihnen geschieht, zum Theil oder ganz verlie- ren, wie diese Theile bey ihnen tödtlich verletzet, oder sonst
gänzlich
6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
oder ſonſt gaͤnzlich gehindert iſt, ſo daß weder ſein ge- woͤhnlicher Schlag, noch auch nur das Zucken der Herzoh- ren noch uͤbrig waͤre, dennoch das blos thieriſche Leben noch eine Zeitlang fortſetzen koͤnnen.
§. 712.
Der gaͤnzliche thieriſche Tod muß auch erfolgen:
2. durch Alles, was die urſpruͤngliche thieriſche Le- benskraft des Gehirns, oder deſſen, was ſeine Stelle ver- tritt, in Abſonderung und Ausbreitung der Lebensgeiſter durchs ganze Syſtem der thieriſchen Maſchinen gaͤnzlich aufhebt, §. 710. und ſobald alle thieriſche Wirkungen im Koͤrper, die von dieſer Kraft herruͤhren, voͤllig aufhoͤ- ren, iſt das Thier gaͤnzlich todt. §. 639. So lange demnach die urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft des Gehirns auch nur noch im geringſten Grade fortdauret, oder, wenn auch dieſe voͤllig aufgehoͤret hat, ſo lange nur noch irgend eine thieriſche Wirkung im Koͤrper uͤbrig iſt, die von ihr herruͤhret, kann man kein Thier fuͤr gaͤnzlich todt halten. Die Trennung oder Zerſtoͤrung des Gehirns, oder jedes andern Theils des Syſtems der thieriſchen Maſchinen, der dieſe urſpruͤngliche thieriſche Lebensverrichtung hat, jede Verletzung oder Hinderniß deſſelben, die ſie gaͤnzlich aufhebt, iſt zwar eine hinlaͤngliche Urſache des gaͤnzlichen Todes eines Thieres: doch aber kann ſein blos thieriſches Leben noch ſo lange fortdauren, als von den bereits ab- geſchiedenen Lebensgeiſtern noch einige in die Nerven uͤber- gehen, oder ſo lange noch einiger Vorrath von den ſchon uͤbergegangenen in ihnen uͤbrig iſt, daß ſie faͤhig bleiben, Eindruͤcke ſinnlich anzunehmen. Hieraus iſt zu erklaͤren, wie Thiere ihr ganzes Gehirn mit dem Kopfe, obgleich darinn allein alle ihre Lebensgeiſter abgeſchieden und von da aus weiter verbreitet wuͤrden, oder andre diejenigen Theile des Syſtems ihrer thieriſchen Maſchinen, worinn ſolches bey ihnen geſchieht, zum Theil oder ganz verlie- ren, wie dieſe Theile bey ihnen toͤdtlich verletzet, oder ſonſt
gaͤnzlich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0739"n="715"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.</hi></fw><lb/>
oder ſonſt gaͤnzlich gehindert iſt, ſo daß weder ſein ge-<lb/>
woͤhnlicher Schlag, noch auch nur das Zucken der Herzoh-<lb/>
ren noch uͤbrig waͤre, dennoch das blos thieriſche Leben noch<lb/>
eine Zeitlang fortſetzen koͤnnen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 712.</head><lb/><p>Der gaͤnzliche thieriſche Tod muß auch erfolgen:</p><lb/><p>2. durch Alles, was die urſpruͤngliche thieriſche Le-<lb/>
benskraft des Gehirns, oder deſſen, was ſeine Stelle ver-<lb/>
tritt, in Abſonderung und Ausbreitung der Lebensgeiſter<lb/>
durchs ganze Syſtem der thieriſchen Maſchinen gaͤnzlich<lb/>
aufhebt, §. 710. und ſobald alle thieriſche Wirkungen im<lb/>
Koͤrper, die von dieſer Kraft herruͤhren, voͤllig aufhoͤ-<lb/>
ren, iſt das Thier gaͤnzlich todt. §. 639. So lange<lb/>
demnach die urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft des Gehirns<lb/>
auch nur noch im geringſten Grade fortdauret, oder, wenn<lb/>
auch dieſe voͤllig aufgehoͤret hat, ſo lange nur noch irgend<lb/>
eine thieriſche Wirkung im Koͤrper uͤbrig iſt, die von ihr<lb/>
herruͤhret, kann man kein Thier fuͤr gaͤnzlich todt halten.<lb/>
Die Trennung oder Zerſtoͤrung des Gehirns, oder jedes<lb/>
andern Theils des Syſtems der thieriſchen Maſchinen,<lb/>
der dieſe urſpruͤngliche thieriſche Lebensverrichtung hat,<lb/>
jede Verletzung oder Hinderniß deſſelben, die ſie gaͤnzlich<lb/>
aufhebt, iſt zwar eine hinlaͤngliche Urſache des gaͤnzlichen<lb/>
Todes eines Thieres: doch aber kann ſein blos thieriſches<lb/>
Leben noch ſo lange fortdauren, als von den bereits ab-<lb/>
geſchiedenen Lebensgeiſtern noch einige in die Nerven uͤber-<lb/>
gehen, oder ſo lange noch einiger Vorrath von den ſchon<lb/>
uͤbergegangenen in ihnen uͤbrig iſt, daß ſie faͤhig bleiben,<lb/>
Eindruͤcke ſinnlich anzunehmen. Hieraus iſt zu erklaͤren,<lb/>
wie Thiere ihr ganzes Gehirn mit dem Kopfe, obgleich<lb/>
darinn allein alle ihre Lebensgeiſter abgeſchieden und von<lb/>
da aus weiter verbreitet wuͤrden, oder andre diejenigen<lb/>
Theile des Syſtems ihrer thieriſchen Maſchinen, worinn<lb/>ſolches bey ihnen geſchieht, zum Theil oder ganz verlie-<lb/>
ren, wie dieſe Theile bey ihnen toͤdtlich verletzet, oder ſonſt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gaͤnzlich</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[715/0739]
6 Kap. Das Alter und der thieriſche Tod.
oder ſonſt gaͤnzlich gehindert iſt, ſo daß weder ſein ge-
woͤhnlicher Schlag, noch auch nur das Zucken der Herzoh-
ren noch uͤbrig waͤre, dennoch das blos thieriſche Leben noch
eine Zeitlang fortſetzen koͤnnen.
§. 712.
Der gaͤnzliche thieriſche Tod muß auch erfolgen:
2. durch Alles, was die urſpruͤngliche thieriſche Le-
benskraft des Gehirns, oder deſſen, was ſeine Stelle ver-
tritt, in Abſonderung und Ausbreitung der Lebensgeiſter
durchs ganze Syſtem der thieriſchen Maſchinen gaͤnzlich
aufhebt, §. 710. und ſobald alle thieriſche Wirkungen im
Koͤrper, die von dieſer Kraft herruͤhren, voͤllig aufhoͤ-
ren, iſt das Thier gaͤnzlich todt. §. 639. So lange
demnach die urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft des Gehirns
auch nur noch im geringſten Grade fortdauret, oder, wenn
auch dieſe voͤllig aufgehoͤret hat, ſo lange nur noch irgend
eine thieriſche Wirkung im Koͤrper uͤbrig iſt, die von ihr
herruͤhret, kann man kein Thier fuͤr gaͤnzlich todt halten.
Die Trennung oder Zerſtoͤrung des Gehirns, oder jedes
andern Theils des Syſtems der thieriſchen Maſchinen,
der dieſe urſpruͤngliche thieriſche Lebensverrichtung hat,
jede Verletzung oder Hinderniß deſſelben, die ſie gaͤnzlich
aufhebt, iſt zwar eine hinlaͤngliche Urſache des gaͤnzlichen
Todes eines Thieres: doch aber kann ſein blos thieriſches
Leben noch ſo lange fortdauren, als von den bereits ab-
geſchiedenen Lebensgeiſtern noch einige in die Nerven uͤber-
gehen, oder ſo lange noch einiger Vorrath von den ſchon
uͤbergegangenen in ihnen uͤbrig iſt, daß ſie faͤhig bleiben,
Eindruͤcke ſinnlich anzunehmen. Hieraus iſt zu erklaͤren,
wie Thiere ihr ganzes Gehirn mit dem Kopfe, obgleich
darinn allein alle ihre Lebensgeiſter abgeſchieden und von
da aus weiter verbreitet wuͤrden, oder andre diejenigen
Theile des Syſtems ihrer thieriſchen Maſchinen, worinn
ſolches bey ihnen geſchieht, zum Theil oder ganz verlie-
ren, wie dieſe Theile bey ihnen toͤdtlich verletzet, oder ſonſt
gaͤnzlich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/739>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.