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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
Kräfte schlechterdings neu und ursprünglich in sich erzeuge,
sondern vielmehr, daß ihm der erste Keim dazu mitgethei-
let werde, und von einem andern ähnlichen Thiere abgehe:
dann aber sich weiter entwickele, und ein für sich bestehen-
des Thier mit seinen thierischen Maschinen und Kräften
ausbilde. Der erste Ursprung einer thierischen Maschine
mit ihren Lebensgeistern, §. 15. es mögen Nerven oder
Gehirn seyn, gehöret zu den dunkeln Geheimnissen der Na-
tur, von welchen wir nichts wissen.

§. 631.

Die Theile, die von einem Thiere zur Erzeugung eines
andern ihm ähnlichen abgehen, sind bey verschiedenen Thie-
ren auch sehr verschieden. Zuweilen sind es solche, die
dem Ganzen des Thieres ähnlich sind, wie bey den Poly-
pen, wo sich beyde voneinander getrennte Theile wieder zu
vollständigen Thieren ergänzen. Zuweilen sind es Eyer,
die einen besondern Bau haben, und woraus sich ein neues
Thier erzeuget. Alle diese Thiere bedürfen zu ihrer Er-
zeugung keines männlichen Samens. Das Doppelge-
schlecht bey den beweglichern, lebhaftern und künstlicher ge-
baueten Thieren, die mit gedoppelten (männ- und weibli-
chen) Werkzeugen zur Zeugung versehen sind, beweiset
schon, daß die Theilchen, aus welchen ähnliche Thiere ent-
stehen sollen, bey einigen einer besondern Zubereitung zu
ihrer Entwickelung bedürfen, die die Befruchtung heißt,
ohne daß man doch errathen kann, was eigentlich der
männliche Same zu dieser Entwickelung beytrage. Dieses
wird noch mehr bey den Thieren bestätiget, die beyderley
Geschlechter unter sich haben, indem weder die Eyer der
Weibchen, noch der Same der Männchen allein zur Er-
zeugung eines ähnlichen Thieres hinreichend ist; sondern
der letztere nothwendig, es sey nun in oder außer dem Leibe
des Weibchen, über die erstern ergossen werden muß, ehe
sie fähig sind, sich so zu entwickeln, daß ein drittes Thier
daraus entstehe. Hierzu bedurften die Thiere beyder Ge-

schlechter

III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
Kraͤfte ſchlechterdings neu und urſpruͤnglich in ſich erzeuge,
ſondern vielmehr, daß ihm der erſte Keim dazu mitgethei-
let werde, und von einem andern aͤhnlichen Thiere abgehe:
dann aber ſich weiter entwickele, und ein fuͤr ſich beſtehen-
des Thier mit ſeinen thieriſchen Maſchinen und Kraͤften
ausbilde. Der erſte Urſprung einer thieriſchen Maſchine
mit ihren Lebensgeiſtern, §. 15. es moͤgen Nerven oder
Gehirn ſeyn, gehoͤret zu den dunkeln Geheimniſſen der Na-
tur, von welchen wir nichts wiſſen.

§. 631.

Die Theile, die von einem Thiere zur Erzeugung eines
andern ihm aͤhnlichen abgehen, ſind bey verſchiedenen Thie-
ren auch ſehr verſchieden. Zuweilen ſind es ſolche, die
dem Ganzen des Thieres aͤhnlich ſind, wie bey den Poly-
pen, wo ſich beyde voneinander getrennte Theile wieder zu
vollſtaͤndigen Thieren ergaͤnzen. Zuweilen ſind es Eyer,
die einen beſondern Bau haben, und woraus ſich ein neues
Thier erzeuget. Alle dieſe Thiere beduͤrfen zu ihrer Er-
zeugung keines maͤnnlichen Samens. Das Doppelge-
ſchlecht bey den beweglichern, lebhaftern und kuͤnſtlicher ge-
baueten Thieren, die mit gedoppelten (maͤnn- und weibli-
chen) Werkzeugen zur Zeugung verſehen ſind, beweiſet
ſchon, daß die Theilchen, aus welchen aͤhnliche Thiere ent-
ſtehen ſollen, bey einigen einer beſondern Zubereitung zu
ihrer Entwickelung beduͤrfen, die die Befruchtung heißt,
ohne daß man doch errathen kann, was eigentlich der
maͤnnliche Same zu dieſer Entwickelung beytrage. Dieſes
wird noch mehr bey den Thieren beſtaͤtiget, die beyderley
Geſchlechter unter ſich haben, indem weder die Eyer der
Weibchen, noch der Same der Maͤnnchen allein zur Er-
zeugung eines aͤhnlichen Thieres hinreichend iſt; ſondern
der letztere nothwendig, es ſey nun in oder außer dem Leibe
des Weibchen, uͤber die erſtern ergoſſen werden muß, ehe
ſie faͤhig ſind, ſich ſo zu entwickeln, daß ein drittes Thier
daraus entſtehe. Hierzu bedurften die Thiere beyder Ge-

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[650/0674] III Th. Natur der Thiere im Ganzen. Kraͤfte ſchlechterdings neu und urſpruͤnglich in ſich erzeuge, ſondern vielmehr, daß ihm der erſte Keim dazu mitgethei- let werde, und von einem andern aͤhnlichen Thiere abgehe: dann aber ſich weiter entwickele, und ein fuͤr ſich beſtehen- des Thier mit ſeinen thieriſchen Maſchinen und Kraͤften ausbilde. Der erſte Urſprung einer thieriſchen Maſchine mit ihren Lebensgeiſtern, §. 15. es moͤgen Nerven oder Gehirn ſeyn, gehoͤret zu den dunkeln Geheimniſſen der Na- tur, von welchen wir nichts wiſſen. §. 631. Die Theile, die von einem Thiere zur Erzeugung eines andern ihm aͤhnlichen abgehen, ſind bey verſchiedenen Thie- ren auch ſehr verſchieden. Zuweilen ſind es ſolche, die dem Ganzen des Thieres aͤhnlich ſind, wie bey den Poly- pen, wo ſich beyde voneinander getrennte Theile wieder zu vollſtaͤndigen Thieren ergaͤnzen. Zuweilen ſind es Eyer, die einen beſondern Bau haben, und woraus ſich ein neues Thier erzeuget. Alle dieſe Thiere beduͤrfen zu ihrer Er- zeugung keines maͤnnlichen Samens. Das Doppelge- ſchlecht bey den beweglichern, lebhaftern und kuͤnſtlicher ge- baueten Thieren, die mit gedoppelten (maͤnn- und weibli- chen) Werkzeugen zur Zeugung verſehen ſind, beweiſet ſchon, daß die Theilchen, aus welchen aͤhnliche Thiere ent- ſtehen ſollen, bey einigen einer beſondern Zubereitung zu ihrer Entwickelung beduͤrfen, die die Befruchtung heißt, ohne daß man doch errathen kann, was eigentlich der maͤnnliche Same zu dieſer Entwickelung beytrage. Dieſes wird noch mehr bey den Thieren beſtaͤtiget, die beyderley Geſchlechter unter ſich haben, indem weder die Eyer der Weibchen, noch der Same der Maͤnnchen allein zur Er- zeugung eines aͤhnlichen Thieres hinreichend iſt; ſondern der letztere nothwendig, es ſey nun in oder außer dem Leibe des Weibchen, uͤber die erſtern ergoſſen werden muß, ehe ſie faͤhig ſind, ſich ſo zu entwickeln, daß ein drittes Thier daraus entſtehe. Hierzu bedurften die Thiere beyder Ge- ſchlechter

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/674>, abgerufen am 21.11.2024.