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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
oder stets in einem andern Thiere, bloße Nervenwirkun-
gen der sinnlichen Eindrücke, und von der Mitwirkung
der thierischen Seelenkräfte so unabhänglich seyn, daß we-
der Kopf, noch Gehirn, noch eine Vorstellungskraft un-
entbehrlich erfodert würde, um sie hervorzubringen: ja,
wenn es Thiere ohne alle thierische Seelenkräfte giebt, de-
ren Körper nur so eingerichtet sind, daß die sinnlichen Ein-
drücke in ihre Nerven sich den mechanischen Maschinen
eben so mittheilen müssen, wie sie es thäten, wenn sie theils
empfunden, theils von eigenmächtigen sinnlichen Vorstel-
lungen hervorgebracht würden; so können solche Thiere alle
Seelenwirkungen angenehmer und unangenehmer äußerer
Empfindungen, Einbildungen, Vorhersehungen, etc. in
eben der Ordnung bewerkstelligen, §. 437 -- 439. und
sie würden auch eben die thierischen Folgen für oder wider
die Gesundheit in der thierischen Oeconomie haben, als ob
sie wirklich Seelenwirkungen derselben wären. §. 440.

§. 550.

Aus der Lust oder Unlust der sinnlichen Vorhersehun-
gen entsteht das Bestreben der Vorstellungskraft, welches
eine sinnliche Begierde oder Verabscheuung heißt, §.
81. 89. und wodurch die thierischen Seelenkräfte des Ge-
hirns angestrenget werden, um die materielle Jdee einer
gewissen vorhergesehenen Vorstellung vollständig hervorzu-
bringen. §. 83. Alle Seelenwirkungen der sinnlichen Be-
gierden oder Verabscheuungen durch die Nerven in die me-
chanischen Maschinen sind blos zusammengesetzet aus denen,
einer sinnlichen Vorhersehung und ihrer Lust oder Unlust.
§. 255. Da nun alle diese Seelenwirkungen durch die
bloßen Nervenkräfte der sinnlichen Eindrücke ersetzet wer-
den können, §. 549. so können sie auch die Seelenwir-
kungen der sinnlichen Begierden und Verabscheuungen
ersetzen.

§. 551.

Die blinden Triebe und Leidenschaften sind sinn-
liche Begierden oder Verabscheuungen, die sich blos da-

durch

II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
oder ſtets in einem andern Thiere, bloße Nervenwirkun-
gen der ſinnlichen Eindruͤcke, und von der Mitwirkung
der thieriſchen Seelenkraͤfte ſo unabhaͤnglich ſeyn, daß we-
der Kopf, noch Gehirn, noch eine Vorſtellungskraft un-
entbehrlich erfodert wuͤrde, um ſie hervorzubringen: ja,
wenn es Thiere ohne alle thieriſche Seelenkraͤfte giebt, de-
ren Koͤrper nur ſo eingerichtet ſind, daß die ſinnlichen Ein-
druͤcke in ihre Nerven ſich den mechaniſchen Maſchinen
eben ſo mittheilen muͤſſen, wie ſie es thaͤten, wenn ſie theils
empfunden, theils von eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vorſtel-
lungen hervorgebracht wuͤrden; ſo koͤnnen ſolche Thiere alle
Seelenwirkungen angenehmer und unangenehmer aͤußerer
Empfindungen, Einbildungen, Vorherſehungen, ꝛc. in
eben der Ordnung bewerkſtelligen, §. 437 — 439. und
ſie wuͤrden auch eben die thieriſchen Folgen fuͤr oder wider
die Geſundheit in der thieriſchen Oeconomie haben, als ob
ſie wirklich Seelenwirkungen derſelben waͤren. §. 440.

§. 550.

Aus der Luſt oder Unluſt der ſinnlichen Vorherſehun-
gen entſteht das Beſtreben der Vorſtellungskraft, welches
eine ſinnliche Begierde oder Verabſcheuung heißt, §.
81. 89. und wodurch die thieriſchen Seelenkraͤfte des Ge-
hirns angeſtrenget werden, um die materielle Jdee einer
gewiſſen vorhergeſehenen Vorſtellung vollſtaͤndig hervorzu-
bringen. §. 83. Alle Seelenwirkungen der ſinnlichen Be-
gierden oder Verabſcheuungen durch die Nerven in die me-
chaniſchen Maſchinen ſind blos zuſammengeſetzet aus denen,
einer ſinnlichen Vorherſehung und ihrer Luſt oder Unluſt.
§. 255. Da nun alle dieſe Seelenwirkungen durch die
bloßen Nervenkraͤfte der ſinnlichen Eindruͤcke erſetzet wer-
den koͤnnen, §. 549. ſo koͤnnen ſie auch die Seelenwir-
kungen der ſinnlichen Begierden und Verabſcheuungen
erſetzen.

§. 551.

Die blinden Triebe und Leidenſchaften ſind ſinn-
liche Begierden oder Verabſcheuungen, die ſich blos da-

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[544/0568] II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr. oder ſtets in einem andern Thiere, bloße Nervenwirkun- gen der ſinnlichen Eindruͤcke, und von der Mitwirkung der thieriſchen Seelenkraͤfte ſo unabhaͤnglich ſeyn, daß we- der Kopf, noch Gehirn, noch eine Vorſtellungskraft un- entbehrlich erfodert wuͤrde, um ſie hervorzubringen: ja, wenn es Thiere ohne alle thieriſche Seelenkraͤfte giebt, de- ren Koͤrper nur ſo eingerichtet ſind, daß die ſinnlichen Ein- druͤcke in ihre Nerven ſich den mechaniſchen Maſchinen eben ſo mittheilen muͤſſen, wie ſie es thaͤten, wenn ſie theils empfunden, theils von eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vorſtel- lungen hervorgebracht wuͤrden; ſo koͤnnen ſolche Thiere alle Seelenwirkungen angenehmer und unangenehmer aͤußerer Empfindungen, Einbildungen, Vorherſehungen, ꝛc. in eben der Ordnung bewerkſtelligen, §. 437 — 439. und ſie wuͤrden auch eben die thieriſchen Folgen fuͤr oder wider die Geſundheit in der thieriſchen Oeconomie haben, als ob ſie wirklich Seelenwirkungen derſelben waͤren. §. 440. §. 550. Aus der Luſt oder Unluſt der ſinnlichen Vorherſehun- gen entſteht das Beſtreben der Vorſtellungskraft, welches eine ſinnliche Begierde oder Verabſcheuung heißt, §. 81. 89. und wodurch die thieriſchen Seelenkraͤfte des Ge- hirns angeſtrenget werden, um die materielle Jdee einer gewiſſen vorhergeſehenen Vorſtellung vollſtaͤndig hervorzu- bringen. §. 83. Alle Seelenwirkungen der ſinnlichen Be- gierden oder Verabſcheuungen durch die Nerven in die me- chaniſchen Maſchinen ſind blos zuſammengeſetzet aus denen, einer ſinnlichen Vorherſehung und ihrer Luſt oder Unluſt. §. 255. Da nun alle dieſe Seelenwirkungen durch die bloßen Nervenkraͤfte der ſinnlichen Eindruͤcke erſetzet wer- den koͤnnen, §. 549. ſo koͤnnen ſie auch die Seelenwir- kungen der ſinnlichen Begierden und Verabſcheuungen erſetzen. §. 551. Die blinden Triebe und Leidenſchaften ſind ſinn- liche Begierden oder Verabſcheuungen, die ſich blos da- durch

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/568>, abgerufen am 21.11.2024.