Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

II Th. Nervenk. 2 Kap. des äuß. sinnl. Eindr.
kungen, und können sie, wie die natürlichen thierischen
Verrichtungen so vieler andrer Theile des thierischen Kör-
pers, ohne Beystand des Gehirns und der Vorstellungs-
kraft von Statten gehen? Man hat hierüber nicht solche
deutliche und entscheidende Versuche, als von andern Thei-
len. Gleichwohl lassen sich allerdings die Drüsen in aus-
geschnittenen Gedärmen reizen sich zu ergießen, welches ei-
ne unstreitige Nervenwirkung ist. H. op. min. T. 1. pag.
390. u. f. "Humorum a purgante medicamento copiosior
"adfluxus." p.
401.

§. 472.

Gesetzt aber, es mangelte gänzlich an so entscheiden-
den Versuchen, so beweist doch die Natur der Sache selbst
die Gewißheit, daß auch die natürlichen thierischen Ver-
richtungen der Drüsen bloße Nervenwirkungen, und zwar
besonders unmittelbare des äußern sinnlichen Eindrucks
seyn können und in vielen Fällen seyn müssen. Denn da
sie blos aus Adern bestehen, die mit Nerven verwickelt sind,
und einige in muskulöse Häute eingeschlossen, oder zwischen
Muskeln geleget sind, die ihre Ergießung befördern, an-
dre hingegen sich von selbst ergießen; §. 172. die natürli-
che thierische Verrichtung der Adern aber in jeder Absicht
eine unmittelbare Nervenwirkung des äußern sinnlichen
Eindrucks seyn kann, §. 460 und gewöhnlich ist; §. 461.
da ferner die Ergießung der kleinen Endungen der Adern
in solchen Drüfen, die nicht in muskulöse Häute oder zwi-
schen Muskeln eingeschlossen sind, durch unmittelbare Ner-
venwirkungen des äußern sinnlichen Eindrucks ebenfalls ge-
wöhnlich vollbracht wird, §. 462. 463. und endlich in
solchen mit Fleischhäuten oder Muskeln umgebenen Drü-
sen die Ergießung ebenfalls durch die unmittelbare Nerven-
wirkung des äußern sinnlichen Eindrucks in die Muskelfa-
sern und Muskeln bewerkstelliget werden kann, §. 448.
und sehr oft bewerkstelliget wird; §. 454. so ist kein Zwei-
fel, daß nicht das ganze natürliche thierische Geschäfte

der

II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
kungen, und koͤnnen ſie, wie die natuͤrlichen thieriſchen
Verrichtungen ſo vieler andrer Theile des thieriſchen Koͤr-
pers, ohne Beyſtand des Gehirns und der Vorſtellungs-
kraft von Statten gehen? Man hat hieruͤber nicht ſolche
deutliche und entſcheidende Verſuche, als von andern Thei-
len. Gleichwohl laſſen ſich allerdings die Druͤſen in aus-
geſchnittenen Gedaͤrmen reizen ſich zu ergießen, welches ei-
ne unſtreitige Nervenwirkung iſt. H. op. min. T. 1. pag.
390. u. f. „Humorum a purgante medicamento copioſior
„adfluxus.“ p.
401.

§. 472.

Geſetzt aber, es mangelte gaͤnzlich an ſo entſcheiden-
den Verſuchen, ſo beweiſt doch die Natur der Sache ſelbſt
die Gewißheit, daß auch die natuͤrlichen thieriſchen Ver-
richtungen der Druͤſen bloße Nervenwirkungen, und zwar
beſonders unmittelbare des aͤußern ſinnlichen Eindrucks
ſeyn koͤnnen und in vielen Faͤllen ſeyn muͤſſen. Denn da
ſie blos aus Adern beſtehen, die mit Nerven verwickelt ſind,
und einige in muskuloͤſe Haͤute eingeſchloſſen, oder zwiſchen
Muskeln geleget ſind, die ihre Ergießung befoͤrdern, an-
dre hingegen ſich von ſelbſt ergießen; §. 172. die natuͤrli-
che thieriſche Verrichtung der Adern aber in jeder Abſicht
eine unmittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen
Eindrucks ſeyn kann, §. 460 und gewoͤhnlich iſt; §. 461.
da ferner die Ergießung der kleinen Endungen der Adern
in ſolchen Druͤfen, die nicht in muskuloͤſe Haͤute oder zwi-
ſchen Muskeln eingeſchloſſen ſind, durch unmittelbare Ner-
venwirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks ebenfalls ge-
woͤhnlich vollbracht wird, §. 462. 463. und endlich in
ſolchen mit Fleiſchhaͤuten oder Muskeln umgebenen Druͤ-
ſen die Ergießung ebenfalls durch die unmittelbare Nerven-
wirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks in die Muskelfa-
ſern und Muskeln bewerkſtelliget werden kann, §. 448.
und ſehr oft bewerkſtelliget wird; §. 454. ſo iſt kein Zwei-
fel, daß nicht das ganze natuͤrliche thieriſche Geſchaͤfte

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0496" n="472"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi> Th. Nervenk. 2 Kap. des a&#x0364;uß. &#x017F;innl. Eindr.</hi></fw><lb/>
kungen, und ko&#x0364;nnen &#x017F;ie, wie die natu&#x0364;rlichen thieri&#x017F;chen<lb/>
Verrichtungen &#x017F;o vieler andrer Theile des thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;r-<lb/>
pers, ohne Bey&#x017F;tand des Gehirns und der Vor&#x017F;tellungs-<lb/>
kraft von Statten gehen? Man hat hieru&#x0364;ber nicht &#x017F;olche<lb/>
deutliche und ent&#x017F;cheidende Ver&#x017F;uche, als von andern Thei-<lb/>
len. Gleichwohl la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich allerdings die Dru&#x0364;&#x017F;en in aus-<lb/>
ge&#x017F;chnittenen Geda&#x0364;rmen reizen &#x017F;ich zu ergießen, welches ei-<lb/>
ne un&#x017F;treitige Nervenwirkung i&#x017F;t. <hi rendition="#aq">H. op. min. T. 1. pag.</hi><lb/>
390. u. f. <hi rendition="#aq">&#x201E;Humorum a purgante medicamento copio&#x017F;ior<lb/>
&#x201E;adfluxus.&#x201C; p.</hi> 401.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 472.</head><lb/>
              <p>Ge&#x017F;etzt aber, es mangelte ga&#x0364;nzlich an &#x017F;o ent&#x017F;cheiden-<lb/>
den Ver&#x017F;uchen, &#x017F;o bewei&#x017F;t doch die Natur der Sache &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die Gewißheit, daß auch die natu&#x0364;rlichen thieri&#x017F;chen Ver-<lb/>
richtungen der Dru&#x0364;&#x017F;en bloße Nervenwirkungen, und zwar<lb/>
be&#x017F;onders unmittelbare des a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindrucks<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nnen und in vielen Fa&#x0364;llen &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Denn da<lb/>
&#x017F;ie blos aus Adern be&#x017F;tehen, die mit Nerven verwickelt &#x017F;ind,<lb/>
und einige in muskulo&#x0364;&#x017F;e Ha&#x0364;ute einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, oder zwi&#x017F;chen<lb/>
Muskeln geleget &#x017F;ind, die ihre Ergießung befo&#x0364;rdern, an-<lb/>
dre hingegen &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t ergießen; §. 172. die natu&#x0364;rli-<lb/>
che thieri&#x017F;che Verrichtung der Adern aber in jeder Ab&#x017F;icht<lb/>
eine unmittelbare Nervenwirkung des a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen<lb/>
Eindrucks &#x017F;eyn kann, §. 460 und gewo&#x0364;hnlich i&#x017F;t; §. 461.<lb/>
da ferner die Ergießung der kleinen Endungen der Adern<lb/>
in &#x017F;olchen Dru&#x0364;fen, die nicht in muskulo&#x0364;&#x017F;e Ha&#x0364;ute oder zwi-<lb/>
&#x017F;chen Muskeln einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind, durch unmittelbare Ner-<lb/>
venwirkungen des a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindrucks ebenfalls ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich vollbracht wird, §. 462. 463. und endlich in<lb/>
&#x017F;olchen mit Flei&#x017F;chha&#x0364;uten oder Muskeln umgebenen Dru&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en die Ergießung ebenfalls durch die unmittelbare Nerven-<lb/>
wirkung des a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindrucks in die Muskelfa-<lb/>
&#x017F;ern und Muskeln bewerk&#x017F;telliget werden kann, §. 448.<lb/>
und &#x017F;ehr oft bewerk&#x017F;telliget wird; §. 454. &#x017F;o i&#x017F;t kein Zwei-<lb/>
fel, daß nicht das ganze natu&#x0364;rliche thieri&#x017F;che Ge&#x017F;cha&#x0364;fte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[472/0496] II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr. kungen, und koͤnnen ſie, wie die natuͤrlichen thieriſchen Verrichtungen ſo vieler andrer Theile des thieriſchen Koͤr- pers, ohne Beyſtand des Gehirns und der Vorſtellungs- kraft von Statten gehen? Man hat hieruͤber nicht ſolche deutliche und entſcheidende Verſuche, als von andern Thei- len. Gleichwohl laſſen ſich allerdings die Druͤſen in aus- geſchnittenen Gedaͤrmen reizen ſich zu ergießen, welches ei- ne unſtreitige Nervenwirkung iſt. H. op. min. T. 1. pag. 390. u. f. „Humorum a purgante medicamento copioſior „adfluxus.“ p. 401. §. 472. Geſetzt aber, es mangelte gaͤnzlich an ſo entſcheiden- den Verſuchen, ſo beweiſt doch die Natur der Sache ſelbſt die Gewißheit, daß auch die natuͤrlichen thieriſchen Ver- richtungen der Druͤſen bloße Nervenwirkungen, und zwar beſonders unmittelbare des aͤußern ſinnlichen Eindrucks ſeyn koͤnnen und in vielen Faͤllen ſeyn muͤſſen. Denn da ſie blos aus Adern beſtehen, die mit Nerven verwickelt ſind, und einige in muskuloͤſe Haͤute eingeſchloſſen, oder zwiſchen Muskeln geleget ſind, die ihre Ergießung befoͤrdern, an- dre hingegen ſich von ſelbſt ergießen; §. 172. die natuͤrli- che thieriſche Verrichtung der Adern aber in jeder Abſicht eine unmittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks ſeyn kann, §. 460 und gewoͤhnlich iſt; §. 461. da ferner die Ergießung der kleinen Endungen der Adern in ſolchen Druͤfen, die nicht in muskuloͤſe Haͤute oder zwi- ſchen Muskeln eingeſchloſſen ſind, durch unmittelbare Ner- venwirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks ebenfalls ge- woͤhnlich vollbracht wird, §. 462. 463. und endlich in ſolchen mit Fleiſchhaͤuten oder Muskeln umgebenen Druͤ- ſen die Ergießung ebenfalls durch die unmittelbare Nerven- wirkung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks in die Muskelfa- ſern und Muskeln bewerkſtelliget werden kann, §. 448. und ſehr oft bewerkſtelliget wird; §. 454. ſo iſt kein Zwei- fel, daß nicht das ganze natuͤrliche thieriſche Geſchaͤfte der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/496
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/496>, abgerufen am 21.11.2024.