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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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1 Abschn. überhaupt.
zucket, unterläuft mit Blute, schwillt an, wird entzündet,
und das Thier windet sich, weicht aus, begiebt sich hin-
weg, entspringt, fliegt fort, wehret sich, und giebt alle
Kennzeichen des Schmerzens, den es doch unmöglich em-
pfinden kann. Berühret man es endlich auf die Weise,
daß davon ein Kitzel entstehen würde, so begleiten diese Be-
rührungen alle Bewegungen, die sonst der wirkliche Kitzel
erreget, so daß einige solcher Thiere, durch die äußern sinn-
lichen Reizungen der Begattung, noch nach der Enthau-
ptung dazu vermocht worden. §. 274. 396.

§. 435.

Um es deutlich zu machen, wie die Nervenwirkungen
des äußern sinnlichen Eindrucks alle sowohl unmittelbare
als zufällige Seelenwirkungen der äußern Empfindung des-
selben ausdrücken können, §. 434. 97. muß man erwägen,
daß eine unmittelbare Nervenwirkung eines äußern sinnli-
chen Eindrucks, die nämlich an der berührten Stelle un-
mittelbar entsteht, §. 418. unmöglich zugleich eine See-
lenwirkung seiner äußern Empfindung auf andre Weise
seyn könne, als in so fern der äußere sinnliche Eindruck
durch den Nerven bis zum Gehirn geht, daselbst empfun-
den und zugleich so gewendet wird, daß er in demselben
Nerven durch seine ableitenden Faden, die eben dieselbe
mechanische Maschine thierisch regieren, bis zur berührten
Stelle zurückgeht; §. 188. 129. N. 3. das ist, er muß im
Gehirne in einen innern sinnlichen Eindruck von einer Vor-
stellung verwandelt werden. §. 121. Die unmittelbaren
Nervenwirkungen des äußern sinnlichen Eindrucks erfolgen
aber sogleich bey der Berührung, schon ehe er empfunden
werden kann, und haben also des Beystandes eines innern
gar nicht vonnöthen, §. 418. sie drücken die unmittelbaren
Seelenwirkungen seiner äußern Empfindung an der berühr-
ten Stelle ohne Schwierigkeit allein, ja schon vorläufig
aus. Mit den mittelbaren Nervenwirkungen des äußern
sinnlichen Eindrucks hingegen, durch andre Zweige eben

desselben
E e 4

1 Abſchn. uͤberhaupt.
zucket, unterlaͤuft mit Blute, ſchwillt an, wird entzuͤndet,
und das Thier windet ſich, weicht aus, begiebt ſich hin-
weg, entſpringt, fliegt fort, wehret ſich, und giebt alle
Kennzeichen des Schmerzens, den es doch unmoͤglich em-
pfinden kann. Beruͤhret man es endlich auf die Weiſe,
daß davon ein Kitzel entſtehen wuͤrde, ſo begleiten dieſe Be-
ruͤhrungen alle Bewegungen, die ſonſt der wirkliche Kitzel
erreget, ſo daß einige ſolcher Thiere, durch die aͤußern ſinn-
lichen Reizungen der Begattung, noch nach der Enthau-
ptung dazu vermocht worden. §. 274. 396.

§. 435.

Um es deutlich zu machen, wie die Nervenwirkungen
des aͤußern ſinnlichen Eindrucks alle ſowohl unmittelbare
als zufaͤllige Seelenwirkungen der aͤußern Empfindung deſ-
ſelben ausdruͤcken koͤnnen, §. 434. 97. muß man erwaͤgen,
daß eine unmittelbare Nervenwirkung eines aͤußern ſinnli-
chen Eindrucks, die naͤmlich an der beruͤhrten Stelle un-
mittelbar entſteht, §. 418. unmoͤglich zugleich eine See-
lenwirkung ſeiner aͤußern Empfindung auf andre Weiſe
ſeyn koͤnne, als in ſo fern der aͤußere ſinnliche Eindruck
durch den Nerven bis zum Gehirn geht, daſelbſt empfun-
den und zugleich ſo gewendet wird, daß er in demſelben
Nerven durch ſeine ableitenden Faden, die eben dieſelbe
mechaniſche Maſchine thieriſch regieren, bis zur beruͤhrten
Stelle zuruͤckgeht; §. 188. 129. N. 3. das iſt, er muß im
Gehirne in einen innern ſinnlichen Eindruck von einer Vor-
ſtellung verwandelt werden. §. 121. Die unmittelbaren
Nervenwirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks erfolgen
aber ſogleich bey der Beruͤhrung, ſchon ehe er empfunden
werden kann, und haben alſo des Beyſtandes eines innern
gar nicht vonnoͤthen, §. 418. ſie druͤcken die unmittelbaren
Seelenwirkungen ſeiner aͤußern Empfindung an der beruͤhr-
ten Stelle ohne Schwierigkeit allein, ja ſchon vorlaͤufig
aus. Mit den mittelbaren Nervenwirkungen des aͤußern
ſinnlichen Eindrucks hingegen, durch andre Zweige eben

deſſelben
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[439/0463] 1 Abſchn. uͤberhaupt. zucket, unterlaͤuft mit Blute, ſchwillt an, wird entzuͤndet, und das Thier windet ſich, weicht aus, begiebt ſich hin- weg, entſpringt, fliegt fort, wehret ſich, und giebt alle Kennzeichen des Schmerzens, den es doch unmoͤglich em- pfinden kann. Beruͤhret man es endlich auf die Weiſe, daß davon ein Kitzel entſtehen wuͤrde, ſo begleiten dieſe Be- ruͤhrungen alle Bewegungen, die ſonſt der wirkliche Kitzel erreget, ſo daß einige ſolcher Thiere, durch die aͤußern ſinn- lichen Reizungen der Begattung, noch nach der Enthau- ptung dazu vermocht worden. §. 274. 396. §. 435. Um es deutlich zu machen, wie die Nervenwirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks alle ſowohl unmittelbare als zufaͤllige Seelenwirkungen der aͤußern Empfindung deſ- ſelben ausdruͤcken koͤnnen, §. 434. 97. muß man erwaͤgen, daß eine unmittelbare Nervenwirkung eines aͤußern ſinnli- chen Eindrucks, die naͤmlich an der beruͤhrten Stelle un- mittelbar entſteht, §. 418. unmoͤglich zugleich eine See- lenwirkung ſeiner aͤußern Empfindung auf andre Weiſe ſeyn koͤnne, als in ſo fern der aͤußere ſinnliche Eindruck durch den Nerven bis zum Gehirn geht, daſelbſt empfun- den und zugleich ſo gewendet wird, daß er in demſelben Nerven durch ſeine ableitenden Faden, die eben dieſelbe mechaniſche Maſchine thieriſch regieren, bis zur beruͤhrten Stelle zuruͤckgeht; §. 188. 129. N. 3. das iſt, er muß im Gehirne in einen innern ſinnlichen Eindruck von einer Vor- ſtellung verwandelt werden. §. 121. Die unmittelbaren Nervenwirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks erfolgen aber ſogleich bey der Beruͤhrung, ſchon ehe er empfunden werden kann, und haben alſo des Beyſtandes eines innern gar nicht vonnoͤthen, §. 418. ſie druͤcken die unmittelbaren Seelenwirkungen ſeiner aͤußern Empfindung an der beruͤhr- ten Stelle ohne Schwierigkeit allein, ja ſchon vorlaͤufig aus. Mit den mittelbaren Nervenwirkungen des aͤußern ſinnlichen Eindrucks hingegen, durch andre Zweige eben deſſelben E e 4

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/463>, abgerufen am 21.12.2024.